Ghibellinia geht, Germania kommt! - Burschenschaftsgeschichte
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das schirmen wir mit unserm Blute,<br />
dann bleiben wir der Väter wert,<br />
die Sprache ist der Schild, der gute,<br />
das deutsche Lied ist unser Schwert!<br />
1888 wurde Schönerer mit Kerker und Adelsverlust bestraft, da er mit einigen<br />
Anhängern die Redaktion des „Neuen Wiener Tagblattes“ verwüstete, als dieses<br />
vorzeitig den Tod Kaiser Wilhelm I. meldete. Seinen Anhängern galt die Verurteilung<br />
als „Kabinettsjustiz“. Schönerer zog sich danach aus der Politik zurück und trat nur<br />
noch einmal beim Badenisturm 1897 hervor. 28 Allerdings hatte er beim deutschen<br />
Bürgertum der Monarchie mit seinem Rassenantisemitismus keinen Erfolg mehr, sein<br />
Erbe traten die beiden neuen Massenparteien an, die Sozialdemokraten und die<br />
Christlichsozialen unter Führung von Viktor Adler und Karl Lueger, beides ehemalige<br />
Mitarbeiter Schönerers und Alte Herren verschiedener Korporationen. 29 Das „nationale<br />
Lager“ versank in einer „heillosen Zersplitterung“, „die antisemitischen Parteien<br />
verschwendeten ihre Hauptkraft in Streitereien untereinander“, und erst in der letzten<br />
Dekade vor dem Ende der Monarchie wurde das deutschnationale Parteienspektrum<br />
auf Reichsratsebene zur stärksten politischen Kraft. 30 Um die Jahrhundertwende<br />
standen jedoch nur zahlreiche „unverfälscht deutsche“ Studenten weiter zu Schönerer<br />
und seinen Ideen, dessen „Häuflein“ sie einzig und allein „als echte Deutschnationale<br />
gelten lassen wollten“. 31 Der erste österreichische allgemeine Studententag 1893 – den<br />
auch die Prager Verbindungen zahlreich besuchten – versicherte ihn ihrer Treue. 32 Der<br />
Nachwuchs der von Schönerer ausgelösten Bewegung ging „nun fast nur mehr aus<br />
burschenschaftlichen Kreisen hervor“. 33<br />
Besonders ins Auge fallend ist das Engagement der Hochschüler in der<br />
Nationalitätenfrage. 34 1879 entließ Kaiser Franz Joseph das liberale Kabinett des<br />
28Helwig Valentin, Der Prozeß Schönerer und seine Auswirkungen auf die parteipolitischen Verhältnisse in<br />
Österreich, in: Österreich in Geschichte und Literatur 5 (1972), S. 56–65. Höbelt, Kornblume (wie Anm. 15), S.<br />
45 f., 141. Mölzer, Korporationen (wie Anm. 15), S. 211 f. Vgl. Tébenszky, Thessalia Prag (wie Anm. 21), S.<br />
18 f.<br />
29Adler (1852–1918) gehörte seit 1870 der Burschenschaft braune Arminia Wien an, Lueger (1844–1910) seit<br />
1862 den katholischen Wiener Verbindungen Hilaria und Norica. Horst Grimm, Leo Besser-Walzel, Die<br />
Corporationen. Handbuch zu Geschichte, Daten, Fakten, Personen, Frankfurt a. M. 1986, S. 237, 325. Helge<br />
Dvorak, Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft, Bd. I: Politiker, Teilbd. 1: A–E, Heidelberg<br />
1996, Teilbd. 2: F–H, Heidelberg 1998, Teilbd. 3: I–L, Heidelberg 1999, Teilbd. 4: M–Q, Heidelberg 2000, hier<br />
I/1, S. 5–6.<br />
30Bei den Reichsratswahlen im Juni 1911 mit 32 % der Stimmen. Höbelt, Kornblume (wie Anm. 15), S. 270 f.,<br />
277–290.<br />
31Harald Seewann, Das „Waidhofener Prinzip“. Die versuchte Ehrabsprechung Juden gegenüber als<br />
Manifestation studentischen Antisemitismus an österreichischen Hochschulen im Jahre 1896, in: Einst und Jetzt.<br />
Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung 40 (1995), S. 149–190, hier S. 154. Gekürzt<br />
auch in: Burschenschaftliche Blätter 2 (1999), S. 91–98. Mölzer, Korporationen (wie Anm. 15), S. 215, 222.<br />
Höbelt, Kornblume (wie Anm. 15), S. 76 f.<br />
32Franz Pawikowski, Geschichte der Wiener Burschenschaft „Silvania“, Wien 1926, S. 49.<br />
33Max Doblinger, Studententum, Burschenschaft und deutsche Einheitsbewegung in Graz bis 1880, Graz, Wien,<br />
Leipzig 1921 (Neudruck 1996 als: Schriftenreihe des Steirischen Studentenhistoriker-Vereins, Folge 23), S. 72.<br />
Höbelt, Kornblume (wie Anm. 15), S. 72–79 zur Rolle der Korporationen als eine „Basis“ innerhalb der<br />
deutschnationalen Bewegung in Österreich.<br />
34Robert A. Kann, Das Nationalitätenproblem der Habsburgermonarchie. Geschichte und Ideengehalt der<br />
nationalen Bestrebungen vom Vormärz bis zur Auflösung des Reiches im Jahre 1918, 2 Bde., Graz, Köln 1964