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Ghibellinia geht, Germania kommt! - Burschenschaftsgeschichte

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Rücknahme Ende November 1897 – die endgültige erfolgte erst am 14. Okt. 1899 –<br />

gerade an den Universitäten in Prag und Wien den „schrecklichsten nationalistischen<br />

Kampf seit Beginn der konstitutionellen Regierung aus“, den „Badenisturm“. Im<br />

November und Dezember 1897 kam es zu Demonstrationen der deutschen Studenten<br />

Brünns. 37 Am 10. Nov. 1897 demonstrierten vor dem Wiener Parlamentsgebäude<br />

zwischen 1500 und zweitausend Studenten, die den „deutschvölkischen<br />

Abgeordneten“ – darunter der kompromißlose Badeni-Gegner Ernst Bareuther, Alter<br />

Herr der Prager Barden, der Wiener Universitätssängerschaft Ghibellinen und<br />

Ehrenmitglied der Prager Burschenschaft Teutonia 38 – begeisterte Ovationen brachten.<br />

Sie galten wie die Kundgebungen in den folgenden Wochen vor allem Karl Hermann<br />

Wolf, Gründungsmitglied und Alter Herr der Burschenschaft <strong>Ghibellinia</strong> Prag, der von<br />

Badeni auf Pistolen gefordert wurde und sich mit ihm schoß – Badeni behielt eine<br />

Kugel im Arm –, weil er seine im Parlament gemachte Bemerkung von der<br />

„polnischen Schufterei“ nicht zurücknehmen wollte. 39 Gegen die Demonstrationen<br />

schritt die Polizei ein, die schließlich eine „förmliche [...] Belagerung der<br />

Studentenschaft in der Universität“ begann, die nach dem Einsatz von Militär mit<br />

Verletzten und Verhaftungen endete. 40 Die Bewegung dehnte sich auch auf andere<br />

Hochschulen der Monarchie aus. 41 Nach Auffassung der Prager Studenten führten die<br />

Tschechen und anderen nichtdeutschen Nationalitäten der Monarchie „einen<br />

systematischen Entnationalisierungskampf gegen die Deutschen, die sie schon damals<br />

wie zu Hussens Zeiten ausrotten und vertreiben wollten“. 42 Im Wiener Parlament wie<br />

im böhmischen Landtag herrschte „Obstruktion“ und Handgreiflichkeiten zwischen<br />

Schauenburg, Silcher, Erk, Kommersbuch (wie Anm. 27), Nr. 94, 95. Hervorhebungen im Original.<br />

37 Lothar Selke, Die Technische Hochschule zu Brünn und ihr Korporationswesen, in: Europa Ethnica 2 (1975),<br />

S. 50–82, hier S. 65 f. Ders., Die Technische Hochschule zu Brünn und ihr Korporationswesen, in: Einst und<br />

Jetzt. Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung 44 (1999), S. 71–112, hier S. 89 f.<br />

38 Bareuther (1838–1905) kämpfte seit den frühen siebziger Jahren für die Festlegung der deutschen<br />

Amtssprache und für die administrative Trennung der deutschen und tschechischen Siedlungsgebiete in<br />

Böhmen. Er studierte Jura in Prag und Wien, 1858 Dr. iur., dann Rechtsanwalt in Wien, 1871 Mitglied des<br />

Böhmischen Landtags, 1873–1905 Reichsratsabgeordneter für Eger, Asch, Franzensbad und Roßbach, 1882–<br />

1885 Wiener Gemeinderat, 1894/95 Begründer des Bundes der Deutschen in Böhmen, 1895 Gründer der<br />

Wiener Evangelischen Gemeinde und einer der Führer der Los-von-Rom-Bewegung. Bareuther schloß sich im<br />

Reichsrat zunächst den Fraktionen der deutschen Vereinigten Linken an, 1873 dem Fortschrittsklub, dessen<br />

Mitbegründer er war, 1885 dem Deutschen Klub und der Deutschnationalen Vereinigung unter Dr. Otto<br />

Steinwender (pennale Burschenschaft Caranthania Klagenfurt, Burschenschaft Silesia Wien), 1898 dem<br />

Alldeutschen Verband unter Schönerer. Bareuther war Ehrenbürger der Stadt Asch. Dvorak, Lexikon I/1 (wie<br />

Anm. 29), S. 50. Höbelt, Kornblume (wie Anm. 15), S. 43, 55, 71, 94, 119, 122 f., 141, 154, 171 f., 174, 190,<br />

197, 250, 255, 318, 339 f.<br />

39 Clemens Weber, Karl Hermann Wolf (1862–1941), Diss. phil. Wien 1975, S. 136. Burger, Wohnout, Eine<br />

„polnische Schufterei“ (wie Anm. 35). Vgl. 30jähriges Stiftungsfest der Burschenschaft <strong>Ghibellinia</strong> zu Prag, in:<br />

Die Wartburg 20/12 (1910), S. 210–211. Höbelt, Kornblume (wie Anm. 15), S. 162. Siegl, Hochschulen (wie<br />

Anm. 10), S. 115.<br />

40 Whiteside, Schönerer (wie Anm. 15), S. 160 f. Molisch, Bewegung (wie Anm. 15), S. 190 f. Franzel,<br />

Sudetendeutsche Geschichte (wie Anm. 1), S. 285 f. Schulze, Ssymank, Studententum (wie Anm. 5), S. 423.<br />

Mölzer, Korporationen (wie Anm. 15), S. 191, 222. Höbelt, Kornblume (wie Anm. 15), S. 116 f., 150 f. Krail,<br />

Alma mater Pragensis (wie Anm. 22), S. 75–77. Siehe, wenn auch stark deutschnational gefärbt, dabei aber den<br />

Anteil der Studentenschaft betonend: Paul Molisch, Zur Geschichte der Badenischen Sprachenverordnungen<br />

vom 5. April und 22. April 1897, Wien 1923.<br />

41 ASZ 9 (1898), S. 169 f. Selke, Brünn (wie Anm. 37), S. 90.<br />

42 Lederer, Zimmermann, Kral, Brauner, Berichte der deutsch-academischen Verbindung (Prager deutschen<br />

Corps) über die Jahre 1893–97, 1897–98, 1898–99. Knoblich, Bardengeschichte (wie Anm. 1), S. 44.

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