Ghibellinia geht, Germania kommt! - Burschenschaftsgeschichte
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da flammte heiß das deutsche Herz,<br />
hoch Schwarz-Rot-Gold uns mahnend wallte:<br />
Alldeutschtum dein in Glück und Schmerz!<br />
Die Hochwacht, die wir einst erkoren<br />
zu Prag, der deutschgeweihten Stadt,<br />
wir geben nimmer sie verloren,<br />
wenn auch die Brust oft kampfesmatt.<br />
4. Ob slawisch du dich auch gekleidet<br />
und slawisch nun der Gasse Laut,<br />
ob ängstlich man die Deutschheit meidet,<br />
du bist aus deutschem Geist erbaut!<br />
Dich haben D e u t s c h e einst geschaffen<br />
mit deutschem Fleiß zur g o l d n e n Stadt;<br />
es war allzeit auch deutsch Gewaffen,<br />
das trutzig dich geschirmet hat! [...]<br />
Deutsche Studenten wurden von tschechischen als „Einbrecher“ bezeichnet,<br />
was regelmäßig Schlägereien auslöste. Letztere stützten sich dabei auf den<br />
tschechischen Reichsratsabgeordneten Graf Sternberg, der im Parlament mit Bezug<br />
auf die mittelalterliche deutsche Kolonisation ausgerufen hatte: „Wir haben in<br />
Böhmen nicht mehr Staatsbürger des Königreiches Böhmen, sondern wir haben<br />
Tschechen und Einbrecher.“ 1903, bei der Grundsteinlegung des Prager Hus-<br />
Denkmals, wurde der Festakt von beiden Seiten als „nationale Demonstration“<br />
genutzt, die in einer allgemeinen Straßenschlacht endete. 1904 gab es nach einer<br />
Prügelei zwischen jüdischen, tschechischen und deutschen Studenten weitere<br />
Auseinandersetzungen, weil die Tschechen die russischen „panslawistischen<br />
Niederlagen“ gegen Japan bedauerten, während die Deutschen sie feierten. Die Polizei<br />
verhängte für alle Verbindungen wie 1897/98 ein Farbenverbot, was den Prager<br />
Rektor Carl Rabl (1853–1917) als Eingriff in die akademische Selbstverwaltung so<br />
empörte, daß er die Korporierten ausdrücklich zum Farbentragen aufforderte. Dabei<br />
soll der von ihm geprägte Ausspruch „Farbe tragen heißt Farbe bekennen!“ erstmals<br />
gefallen sein. 60 Vier Jahre später, bei den „Ausschreitungen des tschechischen Pöbels<br />
anläßlich der Grundsteinlegung zum neuen Gebäude der Deutschen Universität“, die<br />
durch die hochgehenden Emotionen anläßlich des Anschlusses Bosniens an Österreich<br />
und des in Prag stattfindenden Panslawischen Kongresses noch gesteigert wurden,<br />
hatte sich die Situation so zugespitzt, daß das Standrecht ausgerufen wurde. Und zwar<br />
genau an dem Tag, an dem der Kaiser sein sechzigjähriges Regierungsjubiläum<br />
beging. 61 Schon 1907, bei der Einführung des allgemeinen und gleichen<br />
60 Rabl war Ehrenmitglied der Prager Sängerschaft Barden. Knoblich, Bardengeschichte (wie Anm. 1), S. 131,<br />
226. Schulze, Ssymank, Studententum (wie Anm. 5), S. 423. Siegl, Hochschulen (wie Anm. 10), S. 120.<br />
Wolmar, Prag (wie Anm. 46), S. 400. Böhm, Alma mater Pragensis (wie Anm. 22), S. 145, 177. Krail, Alma<br />
mater Pragensis (wie Anm. 22), S. 80.<br />
61 2. Dez. 1908. Als Studenten waren die Burschenschafter Hugo Jury (<strong>Ghibellinia</strong> Prag, Teutonia Wien) und<br />
Hans Friedrich Blunck (Teutonia Kiel, Allemannia Heidelberg) an der Organisation der deutschen Studenten<br />
beteiligt, der eine später NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter von Niederdonau, der andere Schriftsteller und<br />
Präsident der Reichsschrifttumskammer. Dvorak, Lexikon I/3 (wie Anm. 29), S. 44–45. Knoblich,