HEINZ MAGAZIN ESSEN 05-2017
HEINZ Magazin Mai 2017, Ausgabe für Essen
HEINZ Magazin Mai 2017, Ausgabe für Essen
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KONZERTE<br />
TIPP DES MONATS<br />
Über<br />
Grenzen<br />
Kammermusikalischer Ausnahmezustand Zwei<br />
Künstler, ein Abend: Mit ihrem lang erwarteten und<br />
euphorisch gefeierten neuen Album „Gleisdreieck“<br />
kommt Joy Denalane am 6. Mai in die Essener Philharmonie.<br />
Dort erwartet sie Mihalj Kekenj alias MIKI,<br />
der im Rahmen seiner „TAKEOVER!“-Reihe anspruchsvollen<br />
Pop in ein klassisches Gewand kleidet. Die<br />
Zuschauer blicken einem spannenden Konzertabend<br />
entgegen.<br />
MIHALJ KEKENJ, © SAAD HAMZA<br />
E<br />
ine große Kunst ist es, scheinbar bedeutungsleeren Orten,<br />
die irgendwo zwischen Schutt und Schotter liegen, einen<br />
Zauber abzugewinnen. Der deutschen Soul- und R‘n‘B-<br />
Sängerin Joy Denalane ist dies kürzlich gelungen – auf ihrem neuen<br />
Album „Gleisdreieck“ macht sie sich in 17 dichten, atmosphärischen<br />
Songs auf die Suche nach den eigenen Wurzeln. Das Berliner Gleisdreieck,<br />
heute mitten in der Metropole gelegen, stellte für die 1973<br />
in West-Berlin geborene Joy Denalane jedoch vor dem Mauerfall tristen<br />
Stadtrand dar. In der Kurfürstenstraße wuchs die Tochter eines<br />
Südafrikaners und einer Heidelbergerin auf und erlebte somit die<br />
Zeit der Veränderungen hautnah. Kein Wunder also, dass sie sich irgendwann<br />
auf Identitätssuche begeben musste. Im ungemein eingängigen<br />
neuen Song „Alles leuchtet“ singt Denalane dann auch:<br />
„Da ist so viel da draußen // Jeder Schritt durch die Tür // Schreibt<br />
‘ne neue Geschichte // aufs leere Papier“ und später „Durch die Mauern<br />
um dich rum // Das Echo der Erinnerung.“ Tod, Trennung, aber<br />
auch Neuanfänge – auf „Gleisdreieck“ findet der Hörer zwei Pole der<br />
Emotionen.<br />
Zwischen zwei Welten bewegt sich auch Mihalj Kekenj, 1979 in<br />
Braunschweig geboren und bereits mit sechs Jahren Feuer und<br />
Flamme für Klassische Musik und die Violine. In Jugendjahren entdeckte<br />
er jedoch auch seine Leidenschaft für die Komposition und<br />
Produktion von soullastigen HipHop-Tracks; als MIKI startete der Musiker<br />
genreübergreifende Projekte, nutzte mal seinen HipHop-Background<br />
und mal den klassischen. Seit 2013 kommen auch Besucher<br />
der Essener Philharmonie in den Genuss seiner Arbeit – in unregelmäßigen<br />
Abständen trifft im Rahmen von „TAKEOVER! by MIKI“ Popkultur<br />
auf den klassischen Raum. Wie geht das zusammen? „So pathetisch<br />
es klingen mag: Musik ist eine Kunstform, die berühren soll“,<br />
verdeutlicht der Befragte. „Dies trifft auf beide Bereiche zu. Natürlich<br />
ist HipHop sehr textlastig – man findet jedoch sehr oft bestimmte<br />
Samples in der Klassik wieder.“ Die „TAKEOVER!“-Reihe darf also als<br />
logische Folge der beiden Vorlieben gesehen werden, als ein kammermusikalisches<br />
Format, das einen Ausnahmezustand beschreibt.<br />
Und genau diesen hat MIKI schon mit so manchen Stars in der Phil-<br />
22 | <strong>HEINZ</strong> | <strong>05</strong>.<strong>2017</strong>