Stadtmagazin Eitorf, Windeck, Ruppichteroth
Ausgabe 8, September 2017
Ausgabe 8, September 2017
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Aktuelle Reportage<br />
Logbucheintrag: Plötzlich hörten wir ein Kratzen,<br />
Fauchen und Wimmern, das nicht aus dem<br />
Schlafraum kam. Als lauere etwas unter den<br />
Planken. „Mary Celeste“, flüsterte Mali, als erkläre<br />
das alles. „Ist dir eingefallen, woher du den<br />
Namen kennst?“, fragte Chris. „Ja“, antwortete<br />
Mali mit zitternder Stimme, „das hier ist ein verdammtes<br />
Geisterschiff.“<br />
Zehn Meilen nördlich der Andamanen spielt sich<br />
bei Dauerregen auf leicht bewegter See ein Drama<br />
im Indischen Ozean ab. Vierzehn Teenager<br />
auf dem angeblichen Schulschiff „Marie“ finden<br />
sich mitten in einem Alptraum wieder. Nach und<br />
nach sind die Erwachsenen, Lehrer und Besatzung,<br />
spurlos verschwunden. Die technischen<br />
Geräte werden sabotiert. Der Tod ist schon an<br />
Bord. Ein entschlüsselter Funkspruch enthält eine<br />
grausame Aufgabe. Die Schüler befinden<br />
sich in den Händen eines unbekannten Erpressers.<br />
Dann taucht die erste Leiche auf. Was hat<br />
das mysteriöse Marburg-Virus im verseuchten<br />
Wasser damit zu tun? Und welche Rolle spielt<br />
der Lehrer und Impfstoff-Erfinder Detering?<br />
Mit „Deadwater. Das Logbuch“ – hat Tobias<br />
Rafael Junge aus Schabernack sein erfolgreiches<br />
Debüt als Jugendbuchautor vorgelegt. Im Februar<br />
erschien der Jugendthriller im Dressler-<br />
Verlag, wurde auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt<br />
und unter drei-bis vierhundert Jugendbucheinsendungen<br />
gewann es den ersten Preis<br />
in der Kategorie der Jugendbücher für 10- bis<br />
14-Jährige den Leipziger Lesekompass. Das<br />
Stadt Magazin wollte den 35-Jährigen Autor<br />
kennenlernen.<br />
Guten Tag, Herr Junge. Ist es ein Schabernack,<br />
oder wie kommt ein Neubrandenburger<br />
ausgerechnet ins entlegene Schabernack?<br />
Die Familie meiner Frau kommt aus <strong>Eitorf</strong>. Wir<br />
wohnen im Haus ihres Onkels, der in Schabernack<br />
ein Tonstudio hat. Ich bin in Zehdenick<br />
groß geworden, ein Ort mit 1300 Einwohnern in<br />
Neubrandenburg. Als ich 16 Jahre alt war, sind<br />
wir nach Hessen gezogen. Ich habe in Gießen<br />
Germanistik und Geschichte studiert und meine<br />
spätere Frau kennengelernt, die Kunstgeschichte<br />
studierte. Vor fünf Jahren sind wir mit unserer<br />
heute sieben Jahre alten Tochter nach <strong>Windeck</strong><br />
gekommen. Unsere zweite Tochter ist eine<br />
waschechte Schabernackerin. Sie wurde zuhause<br />
geboren und ist jetzt drei Jahre alt. So wie ich<br />
gehört habe, ist sie das erste Kind nach vierzig<br />
oder fünfzig Jahren, das wieder im Ort geboren<br />
wurde.<br />
„Deadwater. Das Logbuch“ ist nicht Ihre erste<br />
Veröffentlichung und auch nicht Ihr erstes<br />
Buch. Wie kamen Sie zur Schriftstellerei?<br />
Ich habe eigentlich Lehramt studiert und lange<br />
mit mir gehadert bis ich das Studium abgebrochen<br />
habe. Während des Studiums haben wir<br />
26<br />
„Deadwater. Das Logbuch“<br />
Über Rollenspiele zur Schriftstellerei<br />
sehr häufig in der Gruppe Tisch-Rollenspiele gespielt<br />
– natürlich privat, nicht während der Vorlesungen.<br />
Zusammen wird eine Geschichte gesponnen.<br />
Ich begann fantasievolle Abenteuer<br />
für Spiele zu schreiben, daraus wurden Beiträge<br />
für verschiedene Rollenspielsysteme für die Fantasy-Ecke<br />
und für Science Fiction, die veröffentlich<br />
wurden. Mit „Elyrion“ bewarb ich mich bei<br />
einem Abenteuerwettbewerb. Ich habe ihn gewonnen,<br />
es wurde auch als Buch verlegt. Auch<br />
Kurzgeschichten wie „Der gläserne Himmel“<br />
(Aus: Die Wächterchroniken), „Die Jungfrau im<br />
Fels (Aus: Berggeister) oder „Adam“ (Aus: Menschmaschinen<br />
– Eine Steamcyberpunk-Anthologie)<br />
wurden veröffentlicht.<br />
Foto: Dressler-Verlag<br />
Ihr Jugendbuch bedient eine ganz andere<br />
Richtung?<br />
Die Entstehungsgeschichte ist bewegt. Bei Oetinger<br />
34, der Talentfabrik im Kinder- und Jugendbuchbereich<br />
des Oetinger Verlagshauses,<br />
gab es eine Ausschreibung. Ich habe mit zwei<br />
unterschiedlichen Ideen für ein Mädchen- und<br />
ein Jungenbuch mitgemacht und ein Exposé und<br />
eine Schreibprobe eingereicht. Nach zwei Wochen<br />
kam eine Absage für das Mädchenbuch.<br />
Zwei Tage später rief der Verlag an. Zwei Bewerber,<br />
der eine war ich, waren noch im Rennen für<br />
das Jungenbuch. Ich musste nochmal eine<br />
Schreibprobe schicken, dann kam ganz schnell<br />
die Zusage. Der Verlag hatte ganz konkrete Vorstellungen.<br />
Das Buch sollte in der Gegenwart<br />
spielen, es sollten zum Beispiel Action und<br />
Abenteuer und wenig Liebe vorkommen. Ich<br />
selbst habe auch Vorschläge gemacht. Es gab<br />
ein Treffen in Hamburg, wo ich das Konzept vorgestellte.<br />
Reiche Gören werden auf ein Schulschiff<br />
geschickt, Menschen verschwinden.<br />
Auch Umweltverschmutzung und Kinderarbeit<br />
werden thematisiert. Ich wollte, dass alle 14 Jugendlichen<br />
vollwertige Protagonisten und<br />
glaubwürdige Charaktere sind. Sie kommen im<br />
Logbuch zu Wort. Es ist ein modernes Abenteuerbuch<br />
geworden, bei dem die Anbindung an<br />
die Zivilisation gekappt wird. Ich habe eine Vorliebe<br />
für die See, es ist der letzte übrig gebliebene<br />
Abenteuerspielplatz und ist den Naturgewalten<br />
ausgeliefert.<br />
Jugendliche sprechen eine eigene Sprache.<br />
Wie sind Sie damit umgegangen?<br />
Ich habe mir keine großen Gedanken gemacht.<br />
Man trifft als Erwachsener nie Ton der Jugend.<br />
Ich habe mich bemüht keine ausufernden Sätze<br />
zu schreiben. Ich mag Bilder und Metaphern.<br />
Ich glaube auch, dass Jugend gerne eine schöne<br />
Sprache in leichtem Tonfall hat. Die zahlreichen<br />
Randnotizen im Buch sind ein bisschen rotziger.<br />
Die Jury vom Leipziger Lesekompass lobte<br />
„Deadwater. Das Logbuch“ als Mischung aus<br />
„Herr der Fliegen“ und einem Ökothriller.<br />
Mittlerweile ist die zweite Auflage erschienen.<br />
Das ich den Leipziger Lesekompass gewonnen<br />
habe, war sehr hilfreich. Das ist ja eine gute<br />
Empfehlung für Leser. Ich bin aber auch sehr<br />
glücklich, dass es im Dressler-Verlag, der zur<br />
Oetinger-Verlagsgruppe gehört, erschienen ist.<br />
Hier erscheinen Autoren wie Cornelia Funke.<br />
Sie arbeiten manchmal auch mit Ihrer Frau<br />
Mia Steingräber zusammen, die von Beruf Illustratorin<br />
ist?<br />
Wir haben zusammen die Kurzgeschichte<br />
„Adam und Lotte“ geschrieben. Mit dem Autorenpaar<br />
Judith und Christian Vogt aus Aachen<br />
bringen wir das Groschenheft „Die Grüne Fee“<br />
heraus, dass übers Netz vertrieben wird<br />
(www.eis-und-dampf.de/die-gruene-fee). Wir<br />
machen alles selbst und keiner redet uns rein.<br />
Fast alle Illustrationen macht meine Frau. Wir haben<br />
einen blog und sind auf Steampunk-Veranstaltungen<br />
(Anmerkung der Redaktion: Kunstgenre<br />
bei dem moderne und futuristische technische<br />
Funktionen mit Kleidung und Materialien<br />
des viktorianischen Zeitalters verknüpft werden)<br />
und Rollenspiel-Conventions. Damit wird man<br />
nicht reich, das ist eine Herzensangelegenheit.<br />
„Deadwater. Das Logbuch“ ist im Dressler-Verlag<br />
für Jugendlich ab 12 Jahre erschienen. Das<br />
Buch ist broschiert und auf 224 Seiten mit Zusatzmaterialien<br />
wie GPS-Daten, Routen, Karten<br />
und coolen Aussprüchen der jungen Abenteurer<br />
aufgemacht.<br />
Es ist erhältlich im Buchhandel für 9,99 Euro unter<br />
der ISBN-13: 978-3-7915-0049-2.