FernUni Perpektive | Herbst 2017
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<strong>FernUni</strong> Perspektive Seite 11<br />
Antrittsvorlesung von Prof. Osman Isfen<br />
Mit Fake News zum Wahlsieg?<br />
Alle sprechen über Fake News.<br />
Auch im politischen Betrieb nimmt<br />
ihre Bedeutung zu, besonders im<br />
HInblick auf die Bundestagswahl.<br />
Besonders an Donald Trump und<br />
der US-Präsidentenwahl führt bei<br />
der Beschäftigung mit Fake News<br />
kein Weg vorbei. So sollen die 20<br />
erfolgreichsten Falschmeldungen<br />
in der Endphase des vergangenen<br />
US-Wahlkampfes stärker verbreitet<br />
worden sein als die erfolgreichsten<br />
20 Berichte seriöser Medien.<br />
Etwa die Nachricht, Quellen der<br />
New Yorker Polizei würden belegen,<br />
dass Hillary Clinton im Zentrum<br />
eines internationalen Pädophilie-Rings<br />
stehe.<br />
Wie ist die Situation in Deutschland?<br />
Welche rechtlichen Instrumente<br />
kommen in Betracht? Und<br />
Prof. Dr. Osman Isfen wählte für seine Antrittsvorlesung das aktuelle Thema „Fake<br />
News“ aus. (Foto: <strong>FernUni</strong>versität, Martin von Hadel)<br />
wie sollte das deutsche Strafrecht<br />
reagieren? Damit beschäftigt sich<br />
Prof. Dr. Osman Isfen, Leiter des<br />
Lehrgebiets Wirtschaftsstrafrecht<br />
und Strafprozessrecht an der Fern-<br />
Universität in Hagen. Der Jurist griff<br />
den Umgang mit Fake News im<br />
Wahlkampf jetzt unter anderem bei<br />
seiner Antrittsvorlesung und beim<br />
Homecoming der Alumni auf. Denn<br />
ein Potential zur Manipulation des<br />
Wählerwillens kann Falschnachrichten<br />
nicht abgesprochen werden.<br />
Wissenschaftliche Untersuchungen<br />
zu tatsächlichen Auswirkungen stehen<br />
allerdings noch am Anfang.<br />
Hetzerische Kampagnen<br />
„Alle reden über Fake News, aber<br />
eigentlich meint jeder etwas anderes“,<br />
sagt Prof. Isfen.<br />
Fake News stellen bewusst unwahre<br />
Tatsachenbehauptungen auf, bei<br />
denen die Falschheit hinreichend<br />
offensichtlich sei. Sie werden aus<br />
politischen oder finanziellen Erwägungen<br />
mit einer Lenkungsabsicht<br />
in die Welt gesetzt. Insbesondere<br />
auf global vernetzten Medien entfalten<br />
sie eine schnelle Verbreitung<br />
mit erheblicher Breitenwirkung.<br />
„Sie haben mittlerweile das Potential,<br />
das öffentliche Meinungsbild<br />
in bestimmten Konstellationen entscheidend<br />
zu lenken“, betont Isfen.<br />
„Gerade in Zeiten der rasant schnellen<br />
Kommunikation eignen sie sich<br />
(Foto: Thinkstock, jax10289)<br />
für hetzerische Kampagnen, denen<br />
Betroffene fast machtlos ausgeliefert<br />
sind.“<br />
Verbreitet sind zum Beispiel<br />
Falschnachrichten über erfundene<br />
Vergewaltigungen oder andere Gewalttaten,<br />
die Geflüchteten oder<br />
sonstigen Randgruppen in die Schuhe<br />
geschoben werden. Fake News<br />
werden zudem für politische Kampagnen<br />
im Inland eingesetzt. Darüber<br />
hinaus werden sie für digitale<br />
Feldzüge aus dem Ausland gegen<br />
unliebsame Personen, Gesellschaften,<br />
Kulturen und politische Systeme<br />
instrumentalisiert.<br />
Lücken im Strafrecht<br />
Sollen nun massenhafte Strafverfahren<br />
gegen alle eingeleitet werden,<br />
die Fake News gelikt oder geteilt<br />
haben? Im deutschen Strafrecht<br />
gibt es eine Reihe von Vorschriften:<br />
Verleumdung, üble<br />
Nachrede, Volksverhetzung und<br />
Vortäuschen einer Straftat. Sie erfassen<br />
verschiedene Ausprägungen<br />
von Fake News, ohne speziell darauf<br />
zugeschnitten zu sein und lassen<br />
dadurch Lücken zu.<br />
„Damit sollte es sein Bewenden haben“,<br />
so die Einordnung von Osman<br />
Isfen. „Denn eine auf Fake<br />
News fokussierte Strafvorschrift<br />
müsste zwangsläufig sehr weit und<br />
damit unklar gefasst sein. Das würde<br />
zu unvermeidlichen Reibungen<br />
mit dem Bestimmtheitsgrundsatz<br />
unserer Verfassung führen.“ Der<br />
<strong>FernUni</strong>-Professor ist daher froh,<br />
dass sich die gegenwärtigen Bestrebungen<br />
in der Politik nicht auf<br />
das Strafrecht, sondern auf die Verbesserung<br />
der zivilrechtlichen Lage<br />
der Betroffenen sowie auf konsequent<br />
und zügig umzusetzende<br />
Löschpflichten der Plattformbetreiber<br />
konzentrieren. „Das ist<br />
der richtige Weg“, lautet seine Einschätzung.<br />
„Das Recht eines nationalen<br />
Staats in einem durchweg<br />
globalisierten Umfeld mit fast grenzenlosen<br />
Kommunikationsmöglichkeiten<br />
kann nur begrenzt etwas<br />
bewirken.“ Zumal es gegen Auswüchse<br />
der denkfaulen und emotionsgeleiteten<br />
Konsum-Mentalität<br />
in den Sozialen Medien wenig ausrichten<br />
könne. Oft seien Rezipientinnen<br />
und Rezipienten zu faul, um<br />
mit einfachsten Mitteln wie einer<br />
Google-Suche den Wahrheitsgehalt<br />
der Aussage in anderen Quellen zu<br />
überprüfen.<br />
Mündiger Medienkonsum<br />
Osman Isfen nimmt daher im Umgang<br />
mit Fake News auch die Universitäten<br />
in die Pflicht. Für Studierende<br />
der <strong>FernUni</strong>versität definiert<br />
er – unabhängig vom Fach – Medienkompetenz<br />
als Schlüsselqualifikation.<br />
„Der wichtigste Weg zum<br />
mündigen Medienkonsum führt<br />
über das qualitative Lesen und eine<br />
solide Sprachkultur“, befürwortet<br />
Isfen den Blick über den fachlichen<br />
Tellerrand in die Welt der klassischen<br />
Literatur. Anders als im Umgang<br />
mit Fake News im Wahlkampf<br />
sind die USA hier Vorbild. Beispielsweise<br />
ist „Law and Literature“ ein<br />
gängiges Lehrfach an Elite-Fakultäten<br />
wie Yale, Harvard und Stanford.<br />
can<br />
Aus den Fakultäten<br />
Rechtswissenschaftliche Fakultält<br />
Erster <strong>FernUni</strong>-Professor wurde 80<br />
Der erste Professor der <strong>FernUni</strong>versität,<br />
Prof. Dr. Ulrich Eisenhardt, wurde<br />
am 5. Juni 80<br />
Jahre alt. Zum 1.<br />
April 1975 wurde<br />
er an die<br />
neugegründete<br />
Hochschule<br />
auf den Lehrstuhl<br />
für Bürgerliches<br />
Recht und<br />
Unternehmensrecht<br />
berufen,<br />
nachdem er bereits<br />
im Jahr zuvor Mitglied im Gründungsausschuss<br />
geworden war. Eisenhardt<br />
war fast durchgängig Mitglied<br />
des Senats, zeitweise Prorektor<br />
und mehrfach Dekan des Fachbereichs<br />
Rechtswissenschaft. Im Jahre<br />
2002 wurde er emeritiert.<br />
Moot Court zum Arbeitsrecht<br />
Im Rahmen der „Woche des Arbeitsrechts“<br />
vom 2. bis 6. Oktober veranstaltet<br />
das Arbeitsgericht Hagen<br />
in Zusammenarbeit mit dem Wilhelm<br />
Peter Radt Stiftungslehrstuhl<br />
für Bürgerliches Recht, Gewerblichen<br />
Rechtsschutz, Internationales Privatund<br />
Zivilprozessrecht (Prof. Dr. Sebastian<br />
Kubis) einen arbeitsrechtlichen<br />
Moot Court. Bei dieser simulierten<br />
Gerichtsverhandlung zu einem<br />
fiktiven Fall auf dem Gebiet des Arbeitsrechts<br />
agieren Studierende als<br />
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte<br />
und vertreten jeweils eine Prozesspartei.<br />
Sie erstellen vorab in Teamarbeit<br />
die Klageschrift oder die Klageerwiderung<br />
und verhandeln in einem<br />
mündlichen Termin vor dem Arbeitsgericht<br />
Hagen.<br />
Zwei neue juristische<br />
Schriftenreihen<br />
Mit den „Hagener Juristischen Beiträgen“<br />
und den „Hagener Rechtswissenschaftlichen<br />
Schriften“ hat die<br />
Rechtswissenschaftliche Fakultät gemeinsam<br />
mit der Universitätsbibliothek<br />
zwei inhaltlich und konzeptionell<br />
interessante Schriftenreihen begründet.<br />
Der erste Band der „Hagener<br />
Juristischen Beiträge“ stammt aus der<br />
Feder eines Patentanwalts, der erfolgreich<br />
den weiterbildenden Masterstudiengang<br />
„Europäischer Gewerblicher<br />
Rechtsschutz“ absolviert hat.<br />
Deutsch-italienisches Symposium<br />
Prof. Dr. Karl August Prinz von Sachsen<br />
Gessaphe (Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht,<br />
Internationales Privatrecht<br />
und Rechtsvergleichung) hat an<br />
einem zweitägigen Symposium in der<br />
Villa Vigoni, Centro Italo-Tedesco per<br />
l‘Eccellenza Europea (Deutsch-Italienisches<br />
Zentrum für Europäische Exzellenz)<br />
teilgenommen und einen Vortrag<br />
zum Thema „Der Entzug des<br />
Pflichtteilsrechts nach deutschem Erbrecht“<br />
gehalten.<br />
Vortrag zum VW-Abgasskandal<br />
Prof. Dr. Osman Isfen (Wirtschaftsstrafrecht<br />
und Strafprozessrecht) hat<br />
bei der Deutschen Hochschule der Polizei<br />
in Münster einen Vortrag über die<br />
strafrechtliche Würdigung des VW-<br />
Abgasskandals gehalten.<br />
Promotionen<br />
Nadine Haubner. Schriftliche Arbeit:<br />
„Formularmäßige Schiedsvereinbarungen<br />
in Verbraucherverträgen<br />
– eine Untersuchung des deutschen<br />
und US-amerikanischen Rechts.“<br />
Erst-/Zweitgutachter/-in: Prof. Dr. Sebastian<br />
Kubis, Prof. Dr. Karl August<br />
Prinz von Sachsen Gessaphe.<br />
Elisabeth Mielke. Schriftliche Arbeit:<br />
„Die Publizität und andere Funktionen<br />
des Markenregisters – Eine Untersuchung<br />
des deutschen, französischen<br />
und US-amerikanischen Markenrechts<br />
sowie des Unionsmarkenrechts.“<br />
Erst-/Zweitgutachter/-in:<br />
Prof. Dr. Sebastian Kubis, Prof. Dr.<br />
Barbara Völzmann-Stickelbrock.