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ERF Antenne 1112|2017 Meine Heimat Fremde Heimat

Das Magazin von ERF – Der Sinnsender

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EDITORIAL<br />

Wo das Herz<br />

aufwächst<br />

Vor kurzem war ich in Namibia und Südafrika unterwegs, um deutschsprachige<br />

Gemeinden zu besuchen. 3.000 Kilometer im Auto zwischen Windhoek<br />

und Swakopmund, Durban und Pretoria.<br />

Besonders haben mich dabei die deutschsprachigen und deutschstämmigen<br />

Afrikaner fasziniert: Sie sprechen deutsch, sie kochen deutsch, sie feiern<br />

Gottesdienst auf Deutsch – aber sie sehen sich als Namibier oder Südafrikaner.<br />

Deutschland ist nicht ihre <strong>Heimat</strong>, sondern das ferne Land, in das man<br />

vielleicht die Kinder zum Studieren hinschickt oder irgendwann mal Urlaub<br />

machen will. Aber ihre <strong>Heimat</strong>, das ist Afrika.<br />

Und in dieser <strong>Heimat</strong> sprechen und ticken nicht alle gleich. Denn in Namibia<br />

und Südafrika sind die „deutschen Afrikaner“ eine Minderheit, die immer wieder<br />

neu lernen muss, sich mit anderen Kulturen und Sprachen zu arrangieren.<br />

Das macht Mühe und erzeugt Spannungen. Denn vieles läuft nicht einfach<br />

so, wie sich „die Deutschen“ das so vorstellen. Es ist anstrengend, sich auf<br />

andere Kulturen einzustellen. Die Jüngeren tun sich meist leichter als die<br />

Älteren, wechseln im Alltag oft mühelos zwischen Deutsch, Englisch und<br />

Afrikaans hin und her. Aber alle „deutschen Afrikaner“ sagen mir: Dieses<br />

Miteinander der verschiedenen Sprachen und Kulturen ist der einzige Weg,<br />

in unserer <strong>Heimat</strong> eine gute Zukunft zu gewinnen.<br />

Ich habe dabei oft an Deutschland gedacht. An unsere oft verklemmten und<br />

ideologischen Debatten über Flüchtlinge und Integration, <strong>Fremde</strong>nfeindlichkeit<br />

und Rassismus.<br />

Ich weiß, dass unsere Situation in Deutschland eine andere ist als in Afrika.<br />

Und doch möchte ich von den „deutschen Afrikanern“ lernen. Man kann<br />

die eigene Prägung schätzen, ohne die von anderen herabzuwürdigen. Eine<br />

Gesellschaft muss nicht kulturell oder sprachlich einheitlich sein, um sich<br />

in ihr zu Hause zu fühlen. Und <strong>Heimat</strong> ist nicht da, wo viele so sind wie<br />

ich – <strong>Heimat</strong> ist da, wo das Herz aufwächst.<br />

Wir bleiben in Verbindung!<br />

Ihr<br />

Dr. Jörg Dechert

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