Neumann - November 2017
Das Magazin für Kultur & Lifestyle
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Lesungen<br />
UNTERHALTUNG<br />
Sven Regener geht wieder mit seinem guten Freund Lehmann auf Lesetour<br />
„Man erscheint gerne mal zauselig...“<br />
im Kopf statt, genau wie Romane schreiben, und<br />
dann würde sich das gegenseitig blockieren, wenn<br />
man das gleichzeitig versucht.<br />
Kommt es vor, dass Sie Ideen, die ursprünglich die<br />
Basis für einen Songtext gedacht waren, letztendlich<br />
anderweitig nutzen und umgekehrt?<br />
Es gibt Motive, die in Songs auftauchen und vielleicht<br />
auch mal in einem Roman. Aber das sind seltene<br />
Ausnahmen und sie fallen nicht besonders auf.<br />
Als Sänger von Element Of Crime verzaubert er mit wunderschöner Popmusik, er<br />
schreibt Drehbücher und ist zudem ein erfolgreicher Autor, der die Hörbuchversionen<br />
seiner Werke höchstpersönlich einliest: Sven Regener. Mit seinem neuesten<br />
Roman „Wiener Straße“, den der gebürtige Bremer nun auf einer Lesetour vorstellt,<br />
widmet sich der 56-Jährige erneut seinem liebsten Protagonisten.<br />
Herr Regener, mit „Wiener Straße“ kehren Sie erneut<br />
zum Charakter Herr Lehmann zurück. Was<br />
fasziniert Sie persönlich an dieser Figur, die Sie<br />
immer wieder zu neuen Roman anregt?<br />
Er ist mir ein guter Freund geworden. Wobei wir<br />
ehrlicherweise sagen müssen, dass Frank Lehmann<br />
in „Wiener Straße“ eher eine Nebenrolle spielt. Aber<br />
alle Figuren um ihn herum sind ja ebenso meine Geschöpfe<br />
und da ich die Geschichten eher über Figuren<br />
finde, kann man da immer irgendwie weitermachen.<br />
Hatten Sie bereits mit dem ersten Roman im Hinterkopf,<br />
seine Geschichte weiterzuerzählen beziehungsweise<br />
auszuleuchten?<br />
Nun ja, wie schon gesagt, bei „Wiener Straße“ geht<br />
es eher um Leute wie H.R. Ledigt, die Wiener Aktionisten<br />
der ArschArt-Galerie, Erwin Kächele und<br />
so weiter, da sind andere Leute in den Vordergrund<br />
gerückt. Aber um die Frage zu beantworten: nein.<br />
So lange kann ich im Voraus nicht planen. Die Idee<br />
für „Wiener Straße“ hatte ich zuerst am Ende des<br />
Schreibprozesses von „Der kleine Bruder“.<br />
Eine sicherlich oft gestellte Frage, nichtsdestotrotz:<br />
Wie sehr sehen Sie sich selbst in der Figur<br />
als auch in seinen Erlebnissen?<br />
Ich liebe sie alle und kann mich auch mit allen bis zu<br />
einem gewissen Grad identifizieren. Zugleich sind<br />
sie alle anders als ich, das ist wichtig, ich möchte<br />
eigentlich keinen Roman über mich schreiben, aber<br />
irgendwie bringt man natürlich immer sein eigenes<br />
Seelenfleisch mit rein.<br />
Vieles von dem, was Herr Lehmann geschieht,<br />
haben Sie selbst erlebt: Fällt es manchmal schwer<br />
eine Grenze zu ziehen? Zu sagen, hier portraitiere<br />
ich eine real existierende Person zu offensichtlich?<br />
Nein, das Problem habe ich nicht. Und meine Erlebnisse<br />
waren eigentlich auch andere. Also genau<br />
so wie in dem Buch ist es nie gewesen, das sei mal<br />
festgestellt. Das mit den real existierenden Personen<br />
wollte ich tatsächlich immer tunlichst vermeiden,<br />
weil einen das als Autor unfrei macht, wenn<br />
man zu nah an diesen Personen dran ist.<br />
Sie sind bekannterweise nicht nur als Autor, sondern<br />
auch als Musiker und Drehbuchautor aktiv.<br />
Überschneiden sich die Arbeitsprozessen?<br />
Nein, während ich an einem Roman schreibe, kann<br />
ich keinen Song schreiben und umgekehrt auch<br />
nicht. Aber man kann immer noch Konzerte spielen<br />
oder dergleichen. Songtexte schreiben findet viel<br />
Wie arbeiten Sie generell? Sind Sie ein akribischer<br />
Schreiber, der sich täglich ein gewisses Arbeitspensum<br />
verschreibt oder ist dies gänzlich<br />
von der akuten Lust am Schreiben abhängig?<br />
Eher das Letztere. Ich denke gerne lange nach, bevor<br />
ich etwas aufschreibe, wälze es vorher im Kopf<br />
herum, spreche Dialoge durch, sowas. Man erscheint<br />
dadurch gerne mal zauselig, weil man mit<br />
sich selbst zu reden scheint...!<br />
Mit „Wiener Straße“ gehen Sie erneut auf Lesetour.<br />
Wie wichtig ist es Ihnen, Ihre Texte dem der<br />
Leserschaft persönlich vorzutragen?<br />
Ich habe einen eigenen Sound im Schreiben und<br />
wenn ich lese, gebe ich noch mal einen speziellen<br />
Sound dazu. Für mich ist das sehr reizvoll und ich<br />
kann nur hoffen, dass es das für die Leute auch ist.<br />
Gibt es dabei Momente, in denen Sie feststellen<br />
müssen, dass Passagen nicht jene Wirkung erzielen,<br />
die Sie sich damit erhofft haben?<br />
Ja klar, aber das kann tausend Gründe haben. Am einen<br />
Abend so, am anderen so, woran immer das dann<br />
gelegen haben kann. Man kann ja auch Witze verhauen,<br />
Stellen verstolpern, sich verhaspeln, sowas<br />
ist nie frei von Risiko. Aber das kennt ja jeder Theaterschauspieler<br />
auch. Da ist auch nicht jeden Abend<br />
alles gleich. Aber meistens klappt es. Das Wichtigste<br />
ist für mich die Konzentration, die darf ich nicht verlieren<br />
und meistens passiert das auch nicht.<br />
Sowohl als Autor als auch als Musiker kennen<br />
Sie das Tourleben bestens. Ist dies eine Notwendigkeit<br />
oder ein ganz besonders geschätzter Teil<br />
ihrer Arbeit und Ihres Lebens?<br />
Es ist eher eine Notwendigkeit. Gut sind die Abende,<br />
lang wird der Tag auf Tour, so ist es nun mal. pa<br />
SVEN REGENER Wiener Straße - Lesung<br />
11.11. | 20 Uhr | Stuttgart | Theaterhaus | Siemensstr. 11 |<br />
svenregener.de<br />
Foto: Charlotte Goltermann<br />
<strong>November</strong> <strong>2017</strong>