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Neumann - November 2017

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KULTUR Konzert<br />

9<br />

Southside Johnny and the Asbury Jukes geschrieben<br />

haben. Stimmt es, dass es sich dabei um Ihre<br />

erste Komposition handelt, die Sie selbst mochten?<br />

Stimmt. Das ist tatsächlich der erste gute Song den<br />

ich jemals geschrieben habe. Bei „I Don’t Want To<br />

Go Home“ habe ich mich aber auf die alten Helden<br />

der 40er und 50er Jahre zurückbesonnen und diese<br />

großartigen Pioniere des Rock’n’Roll studiert,<br />

die ironischerweise durch die British Invasion von<br />

1964 und Bands wie Beatles, Stones, Yardbirds oder<br />

Kings – also von Musikern, die die Helden unserer<br />

Jugend waren – in Rente geschickt wurden. Mir war<br />

damals klar, dass ich als Songwriter noch einmal<br />

die Schulbank drücken und herausfinden muss,<br />

worin der Ursprung von allem liegt. Für mich beginnt<br />

alles mit Jerry Leiber und Mike Stoller, dem<br />

genialen Komponisten-Duo, dass in den 50er und<br />

60er Jahren unter anderem die Songs für The Coasters,<br />

Elvis Presley und The Drifters geschrieben hat.<br />

Ich habe mich also hingesetzt und versucht, selbst<br />

einen Leiber-und-Stoller-Song zu schreiben. Daraus<br />

ist dann „I Don’t Want To Go Home“ entstanden.<br />

Und das war das erste Mal, dass ich das Gefühl<br />

hatte, da hast Du einen richtigen Song geschrieben’.<br />

Live haben Sie 15 Musiker neben sich auf der Bühne.<br />

Das klingt nach großem Spektakel?<br />

Oh ja! Aber wenn man ein Album aufnimmt, dass<br />

so groß ist, dann muss man das natürlich auch in<br />

dieser Größe auf die Bühne bringen. Ich will das Publikum<br />

schließlich nicht enttäuschen.<br />

Ernst. Ich habe im Moment fünf Drehbücher auf<br />

meinem Schreibtisch und die Rollen sind tatsächlich<br />

sehr unterschiedlich.<br />

Da Sie sich in der Vergangenheit politisch<br />

geäußert haben, komme ich nicht umhin, Sie zu<br />

fragen, was gerade in den USA passiert?<br />

Ja, mein Freund, das ist eine verrückte Zeit! Ironischerweise<br />

habe ich mich in den 80ern nahezu<br />

permanent zu politischen Themen geäußert,<br />

weil ich das Gefühl hatte, dass in den USA damals<br />

kaum jemand über Politik gesprochen hat. Heute<br />

kann man sich politischen Themen aber kaum<br />

noch entziehen. Nachrichtensendungen laufen im<br />

Fernsehen 24 Stunden an Tag. Darum habe ich die<br />

Gelegenheit genutzt, und mit „Soulfire“ mein erstes<br />

nicht-politisches Album überhaupt gemacht. Aber<br />

wir leben tatsächlich in dunklen Zeiten und ich<br />

weiß nicht, wie lange ich es noch aushalte, mich unpolitisch<br />

zu verhalten. Diese aktuellen Entwicklungen<br />

muss man mit Sorge beobachten. Ich hoffe aber,<br />

dass wir die Talsohle – den untersten Punkt, an dem<br />

es nicht mehr schlimmer werden kann – bereits erreicht<br />

haben und es danach wieder aufwärts geht.<br />

Vielleicht muss man manchmal erst ganz unten<br />

sein, bevor es wieder besser werden kann.<br />

Wie konnte das alles ausgerechnet im Land der<br />

Freiheit passieren?<br />

Das ist doch genau der Punkt. Die USA waren niemals<br />

ein Land der Freiheit. Das haben wir lediglich<br />

vorgegeben. Die Politik müsste eigentlich über<br />

wichtige Dinge sprechen. Aber wie soll ernsthaft<br />

diskutiert werden, wenn man einen Präsidenten<br />

hat, der sich komplett irrational verhält und<br />

mit schwachsinnigen Manövern von den wirklich<br />

wichtigen Themen ablenkt? Und Donald Trump ist<br />

sehr gut darin, Ablenkungsmanöver zu initiieren.<br />

Sollte es gerade deshalb nicht eine neue Initiative<br />

von Musikern geben, wie das Live-Aid-Projekt<br />

von Bob Geldorf oder Ihren „Sun City“-Song?<br />

Vielleicht sollten wir das wirklich machen, um eine<br />

grünere Zukunft zu erreichen. Ich weiß auch nicht,<br />

warum die grünen Parteien nicht erfolgreicher<br />

sind. In den USA brauchen wir ja überhaupt erst<br />

einmal eine Partei, die sich dazu bekennt, grün zu<br />

sein. Dabei ist es so offensichtlich, wo in der Zukunft<br />

die ganzen Jobs sein werden – nämlich in der<br />

Green Technology. Umweltschutz ist gut für das<br />

Klima, er ist gut für Jobs, er ist einfach rundum gut.<br />

Ich weiß wirklich nicht, warum das nicht mehr<br />

Menschen verstehen. Die Zukunft ist grün! Aber so<br />

lange wir in Amerika nur zwei Parteien haben und<br />

im Wahlkampf eine Menge Geld im Spiel ist, wird<br />

sich nichts ändern. Denn beide Parteien sind durch<br />

und durch korrupt. Die Fragen stellte Holger Berg<br />

LITTLE STEVEN & THE DISCIPLES OF SOUL<br />

25.11. | 20 Uhr | Im Wizemann | Stuttgart | littlesteven.com<br />

Wie viel Spaß macht es, selbst mal der Boss zu sein?<br />

Spaß ist vielleicht nicht das richtige Wort, denn es<br />

bedeutet in erster Linie eine Menge Extraarbeit. Es<br />

ist auf jeden Fall eine angenehme Erfahrung, aber<br />

auch fünfmal mehr Arbeit.<br />

Dafür gehört Ihnen aber auch die ganze Aufmerksamkeit<br />

auf der Bühne?<br />

Ja, aber das entspricht eigentlich nicht meinem Naturell.<br />

Ich sehe mich mehr als Producer und fühle<br />

mich hinter den Kulissen sehr wohl. Aber es macht<br />

schon Spaß der Bandleader zu sein.<br />

Lassen Sie uns über eine andere Leidenschaft von<br />

Ihnen sprechen: die Schauspielerei. Bei den „Sopranos“<br />

und in „Lilyhammer“ haben Sie Mafiosis<br />

gespielt. Möchten Sie nicht auch einmal einen<br />

durch und durch guten Typen verkörpern?<br />

Das weiß ich gar nicht so genau. An dem Gangster-Ding<br />

ist schon etwas dran, was mir gefällt.<br />

Denn das gibt mir die Chance, Sachen zu tun, die<br />

ich im realen Leben niemals machen würde. Na ja,<br />

manchmal wünsche ich mir, ich könnte ein paar<br />

der Sachen tatsächlich machen (lacht). Aber im<br />

<strong>November</strong> <strong>2017</strong>

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