Web_Spielfeld_November_Gesamt
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Als Spieler hatte es der 1,98 Meter große Matarazzo auf immerhin<br />
142 Regionalliga-Einsätze für Bad Kreuznach, Wehen,<br />
Münster, Wattenscheid und die zweite Mannschaft des 1. FC<br />
Nürnberg gebracht – zudem einmal im DFB-Pokal gespielt<br />
und sich beim „Club“ die Grundlage seiner heutigen Arbeit<br />
gesichert: Als spielender Co-Trainer machte er die ersten Trainerscheine<br />
und festigte seinen Wunsch nach dem Job an der<br />
Seitenlinie. Nach erfolgreichen Zeiten als Chef der U17 und<br />
U19 wechselte er diesen Sommer zur TSG Hoffenheim. Eine<br />
genau überlegte Entscheidung, für die er erneut die Distanz<br />
zur Familie – seine Frau, die ebenfalls US-amerikanische<br />
Wurzeln hat, hat er in seiner Zeit in Wehen kennengelernt<br />
– in Kauf nehmen musste: „Ich wollte nach insgesamt elf<br />
schönen Jahren in Nürnberg Stillstand vermeiden und den<br />
nächsten Schritt machen. Auch wenn es schwer ist, dass meine<br />
Familie in Nürnberg geblieben ist, war es genau der richtige<br />
Schritt für mich. Die Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln,<br />
sind hier top, auch und vor allem für Trainer. Hoffenheim hat<br />
deutschlandweit eines der besten Nachwuchsleistungszentren.“<br />
Und für den aufstrebenden Trainer Matarazzo gab es kaum<br />
ein passenderes Ziel, um seine eigenen Ziele zu verwirklichen:<br />
„Ich wollte durch den Wechsel zur TSG sicherstellen, dass ich<br />
gut bleibe und besser werde. Der Verein legt viel Wert auf<br />
die Trainerentwicklung, das war ein sehr reizvoller Punkt.<br />
Es gibt wenig Klubs, bei denen dieser Bereich solch einen<br />
Stellenwert hat.“<br />
„Ich wollte durch den Wechsel zur<br />
TSG sicherstellen, dass ich gut bleibe<br />
und besser werde.“<br />
PELLEGRINO MATARAZZO<br />
Nach knapp fünf Monaten im Kraichgau hat er den erneuten<br />
Schritt raus aus der Komfortzone nicht bereut. In seiner<br />
Wohnung in Hoffenheim fühlt er sich wohl – und auf dem<br />
benachbarten Trainingsgelände sowieso: „Ich habe mich gut<br />
eingelebt, jetzt hat Hoffenheim noch einen Einwohner mehr“,<br />
sagt er augenzwinkernd. Und fügt deutlich ernster an: „Die<br />
sportlichen Voraussetzungen sind hier natürlich überragend.<br />
Das Trainerteam hat zehn Mitglieder, die Infrastruktur ist<br />
beeindruckend mit Footbonaut und Helix, zudem habe ich<br />
jeden Tag einen eigenen Trainingsplatz zur Verfügung. Hier<br />
lässt es sich als Trainer hervorragend arbeiten.“<br />
Durch seine aktive Zeit weiß Matarazzo um die enorme Entwicklung<br />
des Klubs – mit dem SV Wehen trat er noch im<br />
Dietmar-Hopp-Stadion bei der TSG an, damals von Hansi Flick<br />
trainiert. Als „kleinen, seriösen und ruhigen“ Verein hatte er<br />
Hoffenheim damals wahrgenommen. Mittlerweile hat sich<br />
Im Jahr 2016 erhielt Pellegrino Matarazzo (Mitte) in Frankfurt die<br />
Uefa-Pro-Trainerlizenz. Links neben ihm: Der heutige TSG-Geschäftsführer<br />
Hansi Flick, damals noch beim DFB.<br />
das Image des Klubs gewandelt. Selbst in den USA, wo mittlerweile<br />
mehr Kinder Fußball als die klassischen Sportarten wie<br />
Baseball, Basketball und American Football spielen, hat die<br />
TSG ihren Ruf verbessert. In seinem Geburtsland boomt der<br />
Fußball, und die TSG Hoffenheim ist durch den sportlichen<br />
Erfolg, die innovativen Trainingsformen und natürlich den<br />
zahlreichen Nationalspielern nicht bloß Experten ein Begriff.<br />
Den Fußball im einstigen Fußball-Entwicklungsland verfolgt<br />
Matarazzo genau. Und so machte ihn das schmachvolle Ausscheiden<br />
des Nationalteams in der WM-Qualifikation traurig<br />
– es ist ein herber Rückschlag für die in den vergangenen<br />
Jahren so auf blühende Sportart. „Wir haben so viele Einwohner<br />
und vor allem Kinder, die den Sport betreiben. In Struktur<br />
und Ausbildung gibt es aber immer noch Probleme, darum<br />
können wir das große Potenzial noch immer nicht abrufen.“<br />
Vielleicht wird Matarazzo eines Tages dabei helfen, den Fußball<br />
in den USA auf ein neues Level zu heben. Als Inhaber<br />
der Uefa-Pro-Lizenz und mit seinem großen, im Land des<br />
Weltmeisters gesammelten Erfahrungsreichtum sowie dem<br />
Engagement in Hoffenheim ist er in seinem Heimatland ein<br />
gefragter Experte. Doch aktuell steht eine Rückkehr und ein<br />
damit verbundener Job in der Profi-Liga MLS nicht im Fokus.<br />
Der Wechsel nach Hoffenheim ist nicht als Kurzzeit-Projekt<br />
geplant, der lange Aufenthalt in Deutschland hat tiefe Spuren<br />
hinterlassen. „Es gefällt mir einfach sehr gut hier. Die Struktur,<br />
die Menschen, das Leben – alles ist sehr geordnet und<br />
funktioniert. Auch die soziale Absicherung ist top, das findet<br />
man in den USA so nicht. Ich schließe eine Rückkehr nicht<br />
aus, auch, weil ich so wieder bei meiner Familie wäre. Aber<br />
es gefällt mir einfach sehr gut in Hoffenheim. Und Heidelberg<br />
ist für mich die vielleicht schönste Stadt Deutschlands.“<br />
Es klingt, als müsse die Familie noch eine geraume Zeit auf<br />
ihren Auswanderer warten.<br />
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