07.11.2017 Aufrufe

Web_Spielfeld_November_Gesamt

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Region<br />

Auf den Fußballplätzen der Region ist<br />

Metin Aktay (Mitte) bekannt und beliebt.<br />

leme gesagt, schreibe doch einfach mal“, schildert er, wie er<br />

dazu kam, sein Leben auf Papier zu bringen. Im Dezember<br />

2013 fing Aktay an, nach den ersten 70 Seiten unterbrach er<br />

sein literarisches Schaffen für längere Zeit. Seine Frau, die<br />

aus Tschechien stammt, spürte, dass ihm das Schreiben gut<br />

tat und forderte ihn auf, doch weiterzumachen. So entstand<br />

das Buch, das in diesem Herbst erschienen ist.<br />

Die ersten Sätze seiner hammerharten Lebensgeschichte hatte<br />

er gleich zu Beginn formuliert: „Ist man gleich ein Ausländer,<br />

wenn man aussieht wie ein Ausländer? Ist man gleich ein<br />

Deutscher, wenn man einen deutschen Pass besitzt?“ 220 Seiten<br />

umfasst das im Ventura Verlag erschienene Taschenbuch<br />

(siehe Infokasten). Aktay erzählt, dass er für viele Türken kein<br />

Türke und für die Deutschen kein Deutscher ist. Wobei er<br />

sich im Kraichgau wohl fühlt und nur noch selten Vorurteilen<br />

oder offener Ablehnung ausgesetzt ist. Und nun kommt die<br />

TSG Hoffenheim ins Spiel.<br />

Die TSG wurde zum großen Halt<br />

Der Verein und viele seiner Mitglieder wurden zum großen Halt<br />

schon für den kleinen Metin und sind es bis heute geblieben.<br />

„Die Unterstützung von Hoffenheim war und ist wunderbar“,<br />

fasst Aktay seine Dankbarkeit zusammen. „Der Fußball und<br />

die TSG haben mich nie im Stich gelassen. Durch sie wurden<br />

mir deutsche Tugenden beigebracht, sie haben mir den Halt<br />

gegeben, den ich von meiner Familie nicht bekam“, erzählt<br />

Metin Aktay. „Ich habe bei der TSG am 21. März 1982 als<br />

Neunjähriger in der E-Jugend angefangen. Der Zusammenhalt,<br />

die Freundschaft und die Gemeinschaft waren toll. Edgar Neu<br />

und Dieter Kund waren meine ersten von mehreren Trainern,<br />

die Hoffenheimer waren.“ Im Verein erfuhr er Anerkennung<br />

und Akzeptanz. Zuhause gab es deshalb nicht selten Prügel,<br />

die Familie Becker wurde für ihn zum zweiten Elternhaus, was<br />

sie ihm verbieten wollten. „Ich war schon als kleiner Junge<br />

zerrissen. Den Kindergarten durfte ich nicht besuchen. Ich<br />

hatte die deutsche Sprache nicht gekonnt. Erst der Sport hat<br />

mir die Möglichkeit gegeben, sie zu erlernen“, sagt Aktay,<br />

der mittlerweile natürlich perfekt deutsch spricht – bis auf<br />

den badischen Einschlag.<br />

26 Jahre hat er in Hoffenheim gewohnt. Dort arbeitete sein<br />

Vater von 1980 bis 2008 als Zimmermann, ehe er in die Türkei<br />

zurückkehrte, aber noch regelmäßig zu Besuchen nach<br />

Deutschland kam. Metin hat zwei Brüder, von denen einer<br />

schon seit 30 Jahren in der Türkei lebt. Er selbst war seit 24<br />

Jahren nicht mehr dort. „Nur meine Schwester akzeptiert<br />

meine Lebensweise, obwohl sie strenggläubige Muslima ist“,<br />

erklärt Aktay. „Über die Schule und den Sport habe ich eine<br />

andere Kultur kennengelernt. In der Familie wurde türkisch<br />

gesprochen. Wenn ich tagsüber rausging, war ich in Deutschland,<br />

abends dann wieder in der Türkei. Als kleiner Junge<br />

war das ein Kulturschock.“<br />

SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 71

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!