buchreport.express 45/2017
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uchreport.<strong>express</strong> Nr. <strong>45</strong> · 9. November <strong>2017</strong><br />
15<br />
HANDEL Feltrinelli und Messaggerie wollen E-Commerce bündeln<br />
Die italienische Antwort<br />
Es gilt als eine der erfolgreichen Antworten auf die Herausforderung des<br />
globalen Handelsdisruptors Amazon: In Deutschland haben große Buchhändler<br />
ihre E-Book-Aktivitäten mit der Tolino-Allianz erfolgreich als Gegengewicht<br />
zu Amazon/Kindle gebündelt.<br />
In Italien ist jetzt eine Schulterschluss-Antwort geplant, die über eine<br />
E-Book-Allianz hinausgeht und sogar den kompletten E-Commerce umfassen<br />
soll: La Feltrinelli, die Buchhandelssparte der Gruppo Feltrinelli, mit<br />
mehr als 120 Buchläden im Land präsent, und der Medienhändler Messaggerie<br />
Italiane (ME) haben sich zu einem Joint Venture zusammengetan,<br />
um die führende E-Commerce-Plattform im Land aufzubauen. Die wäre<br />
zugleich durch die stationäre Präsenz als Multichannel-Anbieter unterwegs.<br />
Erste Einzelheiten:<br />
■An der strategischen Partnerschaft ist Feltrinelli mit 50,1% und Messaggerie<br />
über seine Buchtochter Emmelibri mit 46,9% beteiligt; weitere 3%<br />
hält Argo, die Holding des Buchfilialisten Libraccio, der seit 2016 die meisten<br />
Messaggerie-Buchhandlungen betreibt.<br />
■Die Plattform führt die drei bestehenden Online-Shops IBS.it (ME), Lafeltrinelli.it<br />
sowie Libraccio.it zusammen, Letzterer setzt mit seinem Schwerpunkt<br />
Secondhand- und Schulbuch einen zusätzlichen Akzent.<br />
■Im E-Book-Bereich kommt (wie bei der Tolino-Allianz ) Kobo als Technologiepartner<br />
ins Spiel: Feltrinelli arbeitet schon seit einigen Jahren direkt<br />
mit den Kanadiern, Emmelibri ist seit einigen Jahren Tolino-Partner.<br />
Die noch namenlose E-Commerce-Plattform ist ganz klar eine Kampfansage<br />
an Amazon, der in Italien erst seit 2010 im Markt ist und im<br />
E-Book-Bereich seit 2014 mit dem Buchfilialisten Giunti als Kindle-Vertriebspartner<br />
verbandelt ist. Ohne den großen Wettbewerber namentlich<br />
zu nennen, betonen die drei Partner in einem Statement nachdrücklich,<br />
dass es sich bei dem Joint Venture um eine „rein italienische Alternative zu<br />
globalen E-Commerce-Playern“ handelt. Ansonsten wird noch nicht viel<br />
herausgelassen. Schließlich muss das Kartellamt in Rom den ambitionierten<br />
Deal noch abnicken, was auch deshalb nicht unkompliziert ist, weil die<br />
Partner auch verlegerisch in der Branchenlogistik aktiv sind.<br />
■ DATEI<br />
Italiens Buchmarkt <strong>2017</strong><br />
Nach einer Reihe von Krisenjahren sieht<br />
sich der italienische Buchmarkt wieder stabiler<br />
aufgestellt. So zumindest interpretiert<br />
der Verlegerverband Assoziazione Editore<br />
Italiane (AIE) die jüngst veröffentlichten<br />
Zahlen, die ein Umsatzplus von 1,2% auf<br />
2,56 Mrd Euro ausweisen.<br />
Wachstumspotenzial sieht der Verband vor<br />
allem im digitalen Bereich, der sich in Italien<br />
bislang langsam entwickelt hat, aber<br />
zunehmend Fahrt aufnimmt:<br />
▪ 323 Mio Euro wurden mit digitalen Produkten<br />
(E-Books, Datenbanken und Online-<br />
Serviceangebote für Fachinformation) umgesetzt,<br />
das ist eine Steigerung um 15,8%.<br />
▪ Der Marktanteil liegt bei 12,6% (zum Vergleich<br />
2011: 5,2%).<br />
▪ Zum Digitalumsatz haben E-Books<br />
63 Mio Euro beigesteuert (+23,5%).<br />
▪ Insgesamt haben rund 4,2 Mio Italiener<br />
E-Books gelesen (2015: 4,7 Mio).<br />
▪ 81.035 E-Books sind 2016 neu erschienen<br />
(+29,6%).<br />
▪ Das digitale Lesemedium der Wahl<br />
scheint in Italien das Smartphone zu sein,<br />
denn die Zahl der verkauften E-Reader sank<br />
um 9,4% auf 900.000 Geräte, die der Tablets<br />
um 7,6% auf 2,4 Mio.<br />
<strong>buchreport</strong><br />
HANDEL US-Buchkette Book World schließt alle Läden<br />
Ausblutende Einkaufszentren<br />
Wenn es einem Buchfilialisten schlecht geht, spricht sich das normalerweise<br />
frühzeitig herum. Nicht so im Falle der US-Kette Book World, deren<br />
Räumungsverkauf aus heiterem Himmel kam. Seit einer Woche werden<br />
alle Bücher, Geschenkartikel und Zeitschriften mit hohen Rabatten verkauft:<br />
Spätestens am 15. Januar sollen die Lichter endgültig ausgehen.<br />
In einem Brief an die Lieferanten erklärt Vorstandsmitglied Mark<br />
Dupont das überraschende Aus für die <strong>45</strong> Filialen damit, dass die Umsätze<br />
seit 12 Monaten im Sinkflug sind. Er hofft jedoch, für einzelne Läden, die<br />
weiterhin schwarze Zahlen schreiben, neue Eigentümer zu finden.<br />
Als Schuldigen für die Umsatzrückgänge macht Dupont in erster Linie<br />
die anhaltende Migration der Kunden ins Internet aus, die die Einkaufszentren,<br />
in denen sich Book World bevorzugt angesiedelt hat, ausbluten.<br />
Sobald ein Ankermieter aussteigt, was offensichtlich immer häufiger geschieht,<br />
beginne der „Überlebenskampf“, schreibt er.<br />
■ DATEI<br />
Buchkette Book World<br />
Book World ist der größte Buchhändler im<br />
Mittleren Westen:<br />
▪ Die erste Filiale von Book World wurde<br />
1976 von William Steur in Rhinelander,<br />
Wisconsin gegründet und befindet sich bis<br />
heute in Familienbesitz.<br />
▪ Die <strong>45</strong> Läden sind durchschnittlich knapp<br />
300 qm groß.<br />
▪ Book World unterhält seine Filialen vorwiegend<br />
in Einkaufszentren in ländlichen<br />
Regionen weitab von Großstädten.<br />
Studien des US-Buchhändlerverbandes<br />
zeigen, dass gerade in diesen dünn besiedelten<br />
Landstrichen überdurchschnittlich<br />
viel online bestellt wird.<br />
<strong>buchreport</strong>