Mitteilungen des Kreisbauernverbandes Pinneberg Nr. 2
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In Betriebsprüfungen bei<br />
Schlachthöfen ist Streit über die<br />
Frage entstanden, ob es sich bei<br />
den sog. Vorkosten, insbesondere<br />
für den Transport <strong>des</strong> Schlachtviehs<br />
durch den Schlachthof, um<br />
eine Entgeltminderung hinsichtlich<br />
<strong>des</strong> gelieferten Schlachtviehs<br />
<strong>des</strong> Landwirts oder um ein<br />
Entgelt für eine eigenständige<br />
sonstige (Transport-) Leistung<br />
<strong>des</strong> Schlachthofs an den Landwirt<br />
handelt. Der Unterschied<br />
besteht darin, dass im Falle einer<br />
Entgeltminderung dieses vom<br />
vereinbarten Entgelt abgezogen<br />
wird und auf den so ermittelten<br />
Endpreis die Umsatzsteuerpauschalierung<br />
angewandt werden<br />
kann. Diese Behandlung ist die<br />
bisher gängige Praxis. Im Falle<br />
einer eigenständigen sonstigen<br />
Leistung <strong>des</strong> Schlachthofs an<br />
den Landwirt wäre diese mit 19<br />
% Umsatzsteuer gegenüber dem<br />
Landwirt abzurechnen, was bei<br />
pauschalierenden Tierhaltungsbetrieben<br />
mangels Vorsteuerab-<br />
Mit dem am 1.1.2002 in Kraft<br />
getretenen Schuldrechtsmodernisierungsgesetz<br />
wurden die<br />
Regelungen <strong>des</strong> Bürgerlichen<br />
Gesetzbuches (BGB) zur Gewährleistung<br />
und zur Haftung<br />
wesentlich neu gestaltet. Diese<br />
Regelungen gelten nunmehr<br />
auch für alle Kaufverträge, an<br />
denen Landwirte als Verkäufer<br />
oder Käufer beteiligt sind. Bisherige<br />
Sondervorschriften, wie das<br />
Viehkaufrecht und § 24 Saatgutverkehrsgesetz<br />
wurden ersatzlos<br />
aufgehoben. Hinzu kommen vielfältige<br />
neue Regelungen zur Erhöhung<br />
der Qualität und Sicherheit<br />
im Lebensmittelbereich, die<br />
maßgeblich die Mangelfreiheit<br />
auch landwirtschaftlicher Produkte<br />
aus der Primärproduktion<br />
bestimmen.<br />
Vor diesem Hintergrund haben<br />
sich die Gewährleistungs- und<br />
Haftungsrisiken auch der Landwirte<br />
beim Verkauf ihrer landwirtschaftlichen<br />
Produkte verändert.<br />
Gerade die Erzeugung, Produktion<br />
und der Verkauf landwirtschaftlicher<br />
Produkte, sei es<br />
pfl anzlicher oder tierischer Art,<br />
ist mit vielfältigen Einfl ussfaktoren<br />
verbunden, die nicht in Gänze<br />
von den Produzenten kalkulierbar<br />
sind. Daher gilt es, erhöhte Risiken<br />
aus den neuen gesetzlichen<br />
Vorkosten könnten zukünftig umsatzsteuerpfl ichtig sein<br />
zugsberechtigung zu Mehrbelastungen<br />
führt.<br />
Letztgenannte Auffassung wird<br />
offensichtlich seit Ende 2010 von<br />
der Finanzverwaltung vertreten<br />
und innerhalb der Finanzverwaltung<br />
verbreitet, wie sich aus<br />
einem Schreiben <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums<br />
der Finanzen an das<br />
Bun<strong>des</strong>zentralamt für Steuern<br />
ergibt. Wird die neue Auffassung<br />
der Finanzverwaltung fl ächendeckend<br />
und möglicherweise sogar<br />
rückwirkend angewandt, ergeben<br />
sich für Schlachthöfe und<br />
pauschalierende landwirtschaftliche<br />
Betriebe hohe Steuernachforderungen.<br />
Der Deutsche Bauernverband<br />
hat sich <strong>des</strong>halb gemeinsam mit<br />
dem Deutschen Raiffeisenverband<br />
in einem Schreiben an den<br />
Staatssekretär im BMF, Dr. Beus,<br />
gewandt. In diesem Schreiben<br />
verweisen wir darauf, dass mit<br />
dem Aufl aden <strong>des</strong> Schlachtviehs<br />
Handlungsempfehlungen für künftige Vertragsabschlüsse<br />
- Druschfrüchte<br />
Grundlagen sorgfältig zu prüfen<br />
und Möglichkeiten einer sachgerechten<br />
Risikominimierung im<br />
Rahmen der Privatautonomie<br />
durch zulässige Vertragsgestaltung<br />
auszuschöpfen.<br />
Schriftliche Verträge sind wichtig.<br />
Dies kann über den Weg von individuellen<br />
Vereinbarungen erfolgen.<br />
Entgegen der bisher weit<br />
verbreiteten Praxis Kaufverträge<br />
gerade im Bereich der Landwirtschaft<br />
„per Handschlag“ abzuschließen,<br />
ist mehr denn je die<br />
Wahrung der Schriftform geboten.<br />
Im Interesse einer zweifelsfreien<br />
Nachweisführung sollten die wesentlichen<br />
Eckpunkte individuell<br />
getroffener vertraglicher Regelungen<br />
schriftlich niedergelegt<br />
werden. Dies betrifft vor allem<br />
Fragen der Beschaffenheitsvereinbarung,<br />
Ausschluss der<br />
Gewährleistung (für bestimmte<br />
Mängel), Verkürzung der Gewährleistungsfristen,<br />
Angabe<br />
vorhandener Mängel, Ergebnisse<br />
von Verkaufsuntersuchungen sowie<br />
individuelle Gewährleistungs-<br />
und Haftungsausschlüsse.<br />
Keine Garantie geben.<br />
Strikteste Zurückhaltung ist<br />
auf den LKW <strong>des</strong> Schlachthofs<br />
oder <strong>des</strong>sen Beauftragten am<br />
Hof <strong>des</strong> Landwirts letzterer keinen<br />
Einfl uss mehr auf die Tiere<br />
nehmen kann. Denn hierzu ist<br />
in den allgemeinen Verkaufsbedingungen<br />
geregelt, dass „mit<br />
der Übergabe das Unternehmen<br />
über die Tiere frei im Rahmen<br />
<strong>des</strong> vertraglich vereinbarten<br />
Zwecks und eigenverantwortlich<br />
verfügen kann“. Unabhängig<br />
vom tatsächlich erst später stattfi<br />
ndenden Eigentumsübergang<br />
hat der Landwirt daher ab dem<br />
Zeitpunkt der Verladung keinerlei<br />
Zugriff auf die Tiere mehr.<br />
Da es umsatzsteuerlich entscheidend<br />
ist, zu welchem Zeitpunkt<br />
die Verschaffung der Verfügungsmacht<br />
erfolgt, ist unseres Erachtens<br />
die Verladung <strong>des</strong> Schlachtviehs<br />
am Hof <strong>des</strong> Landwirts<br />
der entscheidende Zeitpunkt.<br />
Demnach wurden die Kosten für<br />
den Transport zu Recht als Entgeltminderung<br />
hinsichtlich der<br />
hingegen geboten, wenn Geschäftspartner<br />
von Landwirten<br />
die Abgabe von zusätzlichen Garantieerklärungen<br />
für bestimmte<br />
Beschaffenheitsmerkmale landwirtschaftlicher<br />
Produkte oder<br />
anderer Umstände verlangen.<br />
Unabhängig vom Wortlaut einer<br />
Garantieerklärung (ich garantiere,<br />
ich versichere, ich erkläre ….)<br />
wird hierdurch für den Landwirt<br />
als Verkäufer ein erheblich erhöhtes<br />
Haftungsrisiko begründet<br />
und zwar in dreierlei Hinsicht:<br />
1. Wenn das Garantieversprechen<br />
nicht eingehalten wird, kann<br />
sich der Landwirt nicht darauf<br />
berufen, ihn träfe kein Verschulden.<br />
Vielmehr muss er wegen<br />
der Garantieerklärung ohne Entlastungsmöglichkeit<br />
haften d.h.<br />
ggfs. Schadensersatz leisten.<br />
2. Darüber hinaus können sich<br />
die Landwirte auf Vereinbarungen<br />
zu Gewährleistungs- und<br />
Haftungsbeschränkungen in den<br />
Kaufverträgen und aus Allgemeinen<br />
Geschäftsbedingungen nicht<br />
berufen, wenn sie eine Garantie<br />
für die Beschaffenheit der Kaufsache<br />
übernommen haben.<br />
3. Außerdem bewirkt die Abgabe<br />
einer Garantieerklärung eine vertraglich<br />
begründete<br />
Erweiterung der gesetzlichen<br />
Haftung. Insoweit besteht in aller<br />
Regel die Gefahr, dass für<br />
Lieferung <strong>des</strong> Landwirts an den<br />
Schlachthof behandelt. Diese<br />
Sichtweise entspricht der bisher<br />
gängigen Praxis, die bislang<br />
auch in Betriebsprüfungen unbeanstandet<br />
blieb. Die geänderte<br />
Beurteilung der Finanzverwaltung<br />
ist überraschend und kann<br />
von den Betroffenen, zu denen<br />
neben den Schlachtunternehmen<br />
und den landwirtschaftlichen Erzeugern<br />
auch die Viehhändler<br />
zählen, nicht unmittelbar umgesetzt<br />
werden.<br />
Ob es dauerhaft bei der geänderten<br />
und für pauschalierende<br />
Betriebe nachteiligen Steuerrechtsinterpretation<br />
der Finanzverwaltung<br />
bleibt, müssen wir<br />
abwarten. Der Bauernverband<br />
setzt sich jedenfalls weiter dafür<br />
ein, die bisherige Handhabung<br />
fortzuführen.<br />
Ulrich Goullon Bauernverband<br />
Schleswig-Holstein e.V.<br />
diese vertraglich begründete<br />
Haftungserweiterung kein Versicherungsschutz<br />
im Rahmen der<br />
Betriebshaftpflichtversicherung<br />
besteht. Die Betriebshaftpfl icht<br />
<strong>des</strong> Landwirts tritt dann nicht ein<br />
und er muss den Schaden alleine<br />
tragen.<br />
Vor diesem Hintergrund und nach<br />
Auswertung der Erfüllungshindernisse<br />
bei den Getreide - Vorkontrakten<br />
2010 infolge extremer<br />
Trockenheit bzw. Dauerregen<br />
gibt der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern<br />
e. V. sowie<br />
der Bauernverband Schleswig-<br />
Holstein e. V. seinen Mitgliedern<br />
gemeinsame Empfehlungen/<br />
Hinweise, die bei der künftigen<br />
Vertragsgestaltung berücksichtigt<br />
und gegenüber dem Handel<br />
durchgesetzt werden sollten.<br />
Auch wenn die AGB <strong>des</strong> Handels<br />
bereits Regelungen zu einigen<br />
Punkten enthalten, können Sie<br />
mit Ihren Vertragspartnern abweichende<br />
Vereinbarungen treffen.<br />
Es gilt dann der Vorrang der<br />
individuellen Vertragsabrede.<br />
Die Handlungsempfehlungen<br />
können in der Kreisgeschäftsstelle<br />
angefordert werden.<br />
<strong>Pinneberg</strong>er Bauernbrief 2/2011 5