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EUMEL IST AUSGEZOGEN<br />
Die Handpuppe Gretchen war als Maskottchen immer mit dabei, als es Silvia Glücklich nicht so gut ging. Tochter Talia ist froh, dass ihre Mutter wieder eigene Haare hat und<br />
keine Perücke braucht.<br />
Diagnose<br />
Krebs – und<br />
dann? Wie<br />
reagiert das<br />
Umfeld auf<br />
Betroffene und<br />
was würde<br />
ihnen in der<br />
dramatischsten<br />
Zeit ihres Lebens<br />
helfen?<br />
Ganz normale<br />
Gespräche und<br />
einen Lotsen<br />
hätte sich Silvia<br />
Glücklich<br />
gewünscht.<br />
Sie hat mit o7<br />
über diese<br />
schwere Zeit<br />
ihres Lebens<br />
gesprochen.<br />
16 | 17<br />
Es war Anfang Juni 2010,<br />
als sich ihr Leben veränderte:<br />
Unter der Dusche nahm<br />
sie zum ersten Mal diesen<br />
Knubbel in der Brust wahr.<br />
Silvia Glücklich aus Gindorf<br />
ging zur Frauenärztin. Neben<br />
der Aussage ‚machen Sie sich<br />
keinen Kopf, das ist nicht so<br />
schlimm‘, bekam sie eine<br />
Überweisung zu Mammografie<br />
und Biopsie. Danach<br />
hatte sie Klarheit: Brustkrebs,<br />
mittelaggressiv.<br />
Ende Juni wurde der 110<br />
Gramm schwere Tumor<br />
zusammen mit 13 Lymphknoten<br />
entfernt. Als vor der<br />
OP der Eingriffsort markiert<br />
wurde, nahm sie den Stift und<br />
malte sich eine Tür auf die<br />
linke Brust. Darauf schrieb<br />
sie „Eumel“, denn so nannte<br />
sie den Knubbel. „Der Krebs<br />
sollte für immer ausziehen.“<br />
Heute kann Silvia darüber<br />
lachen, damals ging die Qual<br />
erst richtig los: Acht Mal Chemotherapie<br />
im Drei-Wochenrhythmus.<br />
Die Haare fielen<br />
aus und „mit jeder Chemo<br />
mehr bekam ich mehr Knochenschmerzen,<br />
es ging mir<br />
immer schlechter. Und ich sah<br />
aus wie ein aufgeblasener Ballon<br />
durch die Medikamente.“<br />
Sie verlor den Geschmackssinn,<br />
der kam zum Glück<br />
inzwischen wieder. Aber das<br />
Gefühl in den Fingerkuppen<br />
und den Zehen hat sie noch<br />
nicht ganz zurück. Wie haben<br />
Familie und Umfeld reagiert?<br />
„Unterschiedlich. Meine<br />
Familie und enge Freunde<br />
haben mit mir zusammen<br />
gekämpft. Andere haben sich<br />
zurückgezogen.“ Ihnen sei es<br />
schwer gefallen, den Kontakt<br />
zu pflegen – dabei sei das<br />
ganz einfach: „Man wünscht<br />
sich ganz normale Gespräche<br />
über Dorfklatsch und alltägliche<br />
Dinge des Lebens. Keine<br />
Durchhalteparolen!“ Tochter<br />
Talia war damals im ersten<br />
Schuljahr: „Ich habe gedacht,<br />
das wäre so was wie eine<br />
Erkältung, die einfach wieder<br />
weggeht“, sagt sie rückblickend.<br />
Sie hat immer Fragen gestellt<br />
und hatte keine Angst, ihre<br />
Mutter zu verlieren. Bei Sohn<br />
Jannes (16) sah das anders<br />
aus. Nachdem er in der Schule<br />
erzählt hatte, dass seine<br />
Mutter Krebs hat, kam er ganz<br />
bestürzt nach Hause: „Er hat<br />
mich gefragt, ob ich wirklich<br />
sterben würde. Danach hat<br />
nur ungern darüber gespro-