Wisidanger 2.pdf - Wiesendangen
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Unterwegs<br />
Ende Februar, es ist kurz nach Mittag, ein sonniger Tag – für diese<br />
Jahreszeit ist es eigentlich viel zu warm. Heute müssen über hundert<br />
Briefe in <strong>Wiesendangen</strong> verteilt werden. Einige kann ich zu Fuss an<br />
die auf den Couverts stehenden Adressen verteilen, andere Bestimmungsorte<br />
liegen etwas weiter vom Dorfkern entfernt. Da heisst es<br />
dann Velohelm auf und ab geht die «Post».<br />
Doch bevor diese Verteilaktion starten kann, muss ich den Ortsplan<br />
von <strong>Wiesendangen</strong> nochmals konsultieren. Schliesslich will ich ja<br />
nicht einfach planlos und stets suchend im Dorf herumkurven. Wer<br />
weiss denn schon verlässlich, wo sich der Imbenweg oder der<br />
Rehweg befinden, oder wo genau die Wydenstrasse durchgeht?<br />
Hätten Sie es gewusst? Nun geht es los und die ersten Briefe in den<br />
benachbarten Wohnquartieren habe ich schnell verteilt. Dann per<br />
Rad durch <strong>Wiesendangen</strong>. Da folgt auch schon ein nächstes Problem.<br />
Wo ist denn nur der verflixte Briefkasten zu der Adresse? Nach<br />
und nach werden es immer weniger Schreiben, am späteren<br />
Nachmittag ist die Mission «Briefverteilung» zu Ende, und ich bin<br />
um einige Erfahrungen in Bezug auf meine Ortskenntnisse reicher.<br />
Nur, was hat das mit der Geschichte, die ich erzählen soll, zu tun?<br />
Also der Reihe nach …<br />
Vor einiger Zeit kamen wir als junge Familie nach <strong>Wiesendangen</strong>.<br />
Mitten im Dorf bei der Kirche sollte für die nächsten Jahre unser<br />
neues Zuhause sein. Dass daraus inzwischen beinahe ein Vierteljahrhundert<br />
wurde, war kaum voraussehbar. Schon damals mussten<br />
wir ziemlich rasch die Strassenbezeichnungen kennen, denn immer<br />
wieder fragten uns fremde Passanten oder Automobilisten nach dem<br />
kürzesten Weg zum gesuchten Ort. Allerdings hatte ich in dieser Zeit<br />
kaum Gelegenheit, selber alle Orte und Winkel des Dorfes zu entdecken.<br />
Durch meinen Beruf und mein Hobby hielt ich mich eben<br />
vorwiegend in der Stadt Winterthur auf. So leistete der Ortsplan<br />
seinerzeit schon gute Dienste, wenn wir nicht aus dem Gedächtnis<br />
heraus weiterhelfen konnten.<br />
Mit dem beruflichen Kürzertreten hat sich jetzt meine Präsenz vor<br />
Ort deutlich verbessert. Es bleibt mehr Zeit, um das Dorf zu<br />
«spüren». Plötzlich nehme ich Dinge wahr, die ich vorher kaum gesehen<br />
habe. Eigentlich begann es schon mit der Feier zum 1200jährigen<br />
Jubiläum. Die zur Gemeinde <strong>Wiesendangen</strong> gehörenden<br />
Weiler mit dem Bus zu besuchen, war wirklich eine glänzende Idee.<br />
So konnte ich es damals hautnah miterleben – <strong>Wiesendangen</strong> und<br />
seine Umgebung hat viel zu bieten.<br />
Auf Spaziergängen im oberen oder unteren Rebberg, nebst der stets<br />
präsenten und markanten Rauchfahne der Winterthurer Kehrichtverbrennungsanlage,<br />
die Fernsicht geniessen zu können, beeindruckt<br />
auch oft unsere auswärtigen Bekannten. Wenn sich dazu<br />
noch Feste im Berghof im ehemaligen Kuhstall feiern lassen, dann<br />
ist die Verblüffung über diesen Kleinod vollends gelungen.<br />
Wann haben Sie das Ortsmuseum im Schlossturm letztmals besucht?<br />
Kennen Sie den Sodbrunnen an der Schulstrasse? Übrigens,<br />
besuchen Sie einmal die Herrentrotte, wenn sich eine Gelegenheit<br />
dazu ergibt. Der über 300 Jahre alte, eichene Trottenbaum hat bis<br />
FOKUS<br />
vor wenigen Jahren noch als Traubenpresse gedient. Gut, ich gebe<br />
zu, es war bisher auch nicht gerade eine meiner Stärken, solche Orte<br />
aufzusuchen ... Neuerdings aber immer öfters.<br />
Klar, die Bautätigkeit hat in den letzten Jahren stets zugenommen,<br />
und es entstanden neue, farbenfrohe Wohnquartiere. Deutlich sichtbar<br />
wachsen sie zusammen mit den bestehenden Quartieren. Die<br />
Modernisierung des Ortes lässt sich kaum aufhalten und schreitet<br />
immer weiter voran. Das ist gut so. Doch nicht immer sind die Umsetzungen<br />
zum Vorteil des bisher stets liebevoll gepflegten Dorfcharakters<br />
gelungen. Obwohl ich sehr für das Moderne bin – ein<br />
farbenprächtiger Blumenschmuck auf einem Fensterbrett ist nach<br />
meiner Meinung immer noch schöner anzusehen als eintönige<br />
Steinklötze auf eingefärbtem Asphalt. Darum: Tragen wir weiterhin<br />
gemeinsam Sorge zum Ortsbild. So, dass unsere Nachfahren auch<br />
künftig voller Stolz sagen können: Das isch halt mis Wisidange!<br />
Walter Baer<br />
De <strong>Wisidanger</strong> 3