KUNSTINVESTOR AUSGABE JÄNNER 2018
KUNSTINVESTOR Kunst als Kapitalanlage AUSGABE JÄNNER 2018 Chefredakteur: Michael Minassian
KUNSTINVESTOR
Kunst als Kapitalanlage
AUSGABE JÄNNER 2018
Chefredakteur: Michael Minassian
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Dorotheum: „Es ist ein Blick zurück mit Freude!"<br />
Das satirische Werk - Art Cologne <strong>2018</strong><br />
Hope House - "Lichtblick" für Westlicht<br />
Caritas Charity-Auktion<br />
<strong>JÄNNER</strong> <strong>2018</strong>
KUNST.INVESTOR Editorial<br />
Liebe Leserinnen<br />
und Leser!<br />
So spannend war der Kunstmarkt noch nie: Die<br />
Kalender der Sammler und Kunstinvestoren sind voll.<br />
Auktionen, Ausstellungen und Previews, ein Termin jagt<br />
den nächsten. Und dem Geschäft mit den schönen<br />
Dingen mangelt es keineswegs an Härte, ganz im<br />
Gegenteil, auf der Suche nach neuen Kunden und<br />
Märkten bedarf es Flexibilität und Wandlungsfähigkeit.<br />
Der österreichische Kunstmarkt mit seiner prosperierenden<br />
Galerieszene boomt und Österreichs<br />
Auktionshäuser legen an Internationalität kräftig zu. Die<br />
allgemeine Wirtschaftssituation verunsichert den<br />
Geldmarkt, doch die Kunst behält ihren Wert, ist nicht<br />
vom Ölpreis und taumelnden Finanzmärkten abhängig.<br />
Ist nachhaltiges Kunstsammeln Luxus? Etwas Kostspieliges,<br />
Verschwenderisches, das man sich, wenn<br />
überhaupt, nur zum Vergnügen leisten kann? In der<br />
Kunstbranche sind die Fachleute der Überzeugung,<br />
dass dem nicht so ist. Vielleicht gerade in der<br />
Luxusbranche, die vom Image lebt, ist das Einhalten<br />
von diesen Kriterien kein Luxus, sondern beinharte<br />
Notwendigkeit. Der Inbegriff des Luxus ist offensichtlich<br />
nicht mehr das, was er einmal war. Das sind meine<br />
Gedanken, als ich mich mit dem Thema auseinander<br />
setzte. Was aber ist dann Luxus? Luxus kommt aus<br />
dem Lateinischen und bedeutet „verrenkt“ bzw. im<br />
übertragenen Sinn, abweichend vom Normalen. Heute<br />
steht es laut Duden für einen kostspieligen,<br />
verschwenderischen, den normalen Rahmen der<br />
Lebenshaltung übersteigenden, nicht notwendigen und<br />
nur zum Vergnügen betriebenen Aufwand. Wer heute<br />
Kunst sammelt, wird nicht mehr wie Orchideenzüchter<br />
belächelt. Kunstsammler sind kluge Menschen- halt<br />
„Verrenkte“ Weltbürger.<br />
Weil es bei allen Dingen des Lebens immer auf den<br />
richtigen Mix ankommt, wollen wir Sie nicht nur mit<br />
fundierten Hintergrundberichten, präzise recherchierten<br />
Topstorys, wichtigen Nachrichten und aktuellen Interviews<br />
begeistern. Zusätzlich wollen wir dieses Magazin<br />
auch mit dem Sonderteil Börse-Express als moderne<br />
Plattform zum Austausch wichtiger Investitionsinformationen<br />
anbieten.<br />
Viel Spaß wünscht Ihnen<br />
Michael Ruben Minassian<br />
IMPRESSUM: Medieneigentümer, Chefredakteur & Herausgeber: Michael Ruben Minassian,<br />
Mail: michael.minassian@kunstinvestor.at , Telefon: +43 1/ 236 53.1312 Verlagsadresse: MN Online & Content GmbH,<br />
1110 Wien, Brehmstrasse 10/4.OG, Geschäftsführung: Markus Bauer, ATU 65091955, FN 330453k, Tel: +43 1/ 91920- 9045 DW,<br />
Fax: +43 1/2981298, Website:www.kunstinvestor.at, Cover-Foto: © Dorotheum, Auktion "Aus aristokratischem Besitz"<br />
30.01.<strong>2018</strong>, Anonymer Künstler um 1830, Franz Pichler, Edler von Deeben in der Uniform der Arcierenleibgarde umgeben von<br />
seiner Familie, Schätzwert Euro 3.000,- bis 4.000,-
KUNST.INVESTOR News<br />
Lichtblick für WestLicht<br />
Polaroid Originals und Öffentliche<br />
Hand als neue Partner im Gespräch<br />
August Sander, Jungbauern, 1914 © SK Stiftung Kultur,<br />
VG-Bildkunst, Bonn, Courtesy Fotosammlung OstLicht<br />
Gute Aussichten für WestLicht: Nachdem der<br />
Schauplatz für Fotografie vor dem Jahreswechsel um<br />
seinen Fortbestand bangen musste, besteht inzwischen<br />
konkrete Hoffnung auf eine Zukunft des Hauses.<br />
Angespornt von rund 20.000 UnterstützerInnen, die<br />
eine Petition zum Erhalt von WestLicht unterzeichnet<br />
hatten, hat sich ein Triumvirat zusammengefunden,<br />
dessen Förderung den Ausstellungsbetrieb auch in den<br />
kommenden Jahren garantieren würde: Verhandlungen<br />
laufen mit der Leica Camera AG, die sich als bisheriger<br />
Hauptsponsor für eine künftige Teilfinanzierung<br />
gewinnen ließ. Darüber hinaus ist Polaroid Originals als<br />
neuer Partner im Gespräch. Positive Signale kamen<br />
auch vom Bund, der sich voraussichtlich erstmals an<br />
der Finanzierung von WestLicht beteiligen wird und<br />
damit ein starkes Zeichen für Fotografie in Österreich<br />
setzen würde. Begleitet von einem vielfältigen<br />
Vermittlungs- und Vortragsangebot zeigt WestLicht mit<br />
The Polaroid Project noch bis Ende Februar die<br />
Sofortbildfotografie an der Schnittstelle von Kunst und<br />
Technologie mit Arbeiten von Ansel Adams bis Andy<br />
Warhol. Nach den Foto- und Kamera-Auktionen im<br />
März plant WestLicht mit einem herausragenden<br />
Klassiker der Fotografiegeschichte in das neue<br />
Lebensjahr zu starten: August Sander und sein<br />
epochaler Porträtzyklus Menschen des 20.<br />
Jahrhunderts. (Foto: © Fotomuseum Westlicht)
KUNST.INVESTOR News<br />
JOSEF MIKL<br />
Das satirische Werk<br />
Josef Mikl, Das Wunderpferd oder auch Zauberpferd, 1948 © Wien Museum<br />
Im Zentrum der Ausstellung über den österreichischen<br />
Maler Josef Mikl steht ein einzigartiger Bestand von<br />
Skizzenbüchern, Textblättern, Episkopbildern und<br />
Heften, der durch eine Schenkung von Brigitte<br />
Bruckner-Mikl an das Wien Museum MUSA kam. In<br />
pointierten Darstellungen und bissigen Satiren reagierte<br />
Mikl auf seine Zeitgenossen und die Kunstszene dieser<br />
Zeit. Es entstanden abenteuerliche Geschichten wie<br />
etwa in den Skizzenheften „Wunderpferd“ und<br />
„Kulturtagung in Worpswede“. Mit seiner wohl<br />
bekanntesten Figur, der Journalistenfresserin<br />
Hawranek, schaffte er sich ein Ventil gegenüber Kritik:<br />
„Vor vielen Jahren, als die Erde noch flach was, zerbiss<br />
die Hawranek schon Zeitungen und Redakteure.“ Wie<br />
wichtig ihm sein satirisches Werk schließlich war,<br />
beweisen seine sieben Publikationen, die er ab den<br />
60er Jahren – großteils im Selbstverlag – veröffentlichte.<br />
Mit der Schenkung werden nun auch<br />
Skizzenbücher und -hefte präsentiert, die bisher der<br />
Öffentlichkeit weitgehend verborgen blieben. Einige der<br />
Arbeiten sind in sich geschlossene Bild-Text-<br />
Kombinationen, andere wiederum beinhalten oft nur<br />
wenige Seiten umfassende Gedanken. Dank der nun<br />
erfolgten Aufarbeitung erweist sich sein satirisches<br />
Werk als noch viel umfangreicher als ursprünglich<br />
angenommen. Der Künstler trennte diese<br />
Gesellschaftssatire von seinem malerischen Werk, das<br />
mit den Decken- und Wandbildern im Großen<br />
Redoutensaal der Wiener Hofburg nach dem Brand von<br />
1992 einen Höhepunkt erreichte. Durch den in dieser<br />
Ausstellung gelegten Fokus auf das satirische Werk<br />
werden Mikls Persönlichkeit, seine Sicht auf<br />
Zeitgenossen und die Kulturszene näher beleuchtet.<br />
[Foto: MUSA - 1. Februar bis 1. April <strong>2018</strong>]
KUNST.INVESTOR News<br />
Keith Haring, ohne Titel, September1982 (Copyright © Keith Haring Foundation)<br />
Keith Haring<br />
Die Albertina widmet Keith Haring (1958–1990), der<br />
<strong>2018</strong> 60 Jahre alt geworden wäre, eine umfassende<br />
Retrospektive. Die Schau beleuchtet das Schaffen des<br />
amerikanischen Ausnahmekünstlers sowohl aus<br />
kunsthistorischer als auch aus formaler Sicht. Der<br />
Schwerpunkt liegt auf Harings einzigartiger<br />
Zeichensprache, die sich als künstlerisches Alphabet<br />
wie ein roter Faden durch sein Schaffen zieht. In seinen<br />
U-Bahn-Bildern, Gemälden, Zeichnungen und<br />
Skulpturen verschreibt sich Haring sozialer<br />
Gerechtigkeit und stetiger Veränderung. Die Strahlkraft<br />
seines Werks ist bis heute ungebrochen, sein Einfluss<br />
auf Zeitgenoss_innen sowie nachfolgende<br />
Künstlergenerationen gewaltig. Die Ausstellung ist von<br />
16. März bis 24. Juni <strong>2018</strong> zu sehen. (Foto: ©<br />
Albertina)
KUNST.INVESTOR News<br />
ART COLOGNE <strong>2018</strong><br />
Top-internationale Galerien und<br />
zahlreiche Newcomer zeigen<br />
höchste Qualität in allen<br />
Angebotssegmenten<br />
200 etablierte internationale Galerien und hochkarätige<br />
Newcomer aus 31 Ländern: Die 52. ART COLOGNE<br />
(19. bis 22. April <strong>2018</strong>) versammelt ein Teilnehmerfeld,<br />
das in dieser Qualität in Deutschland einzigartig ist. Im<br />
Sektor „GALERIEN“ präsentieren renommierte Galerien<br />
ein außergewöhnliches und hochqualitatives Angebot<br />
der Klassischen Moderne, Nachkriegskunst und<br />
Zeitgenössischen Kunst. Mit dem Sektor NEUMARKT<br />
präsentiert ART COLOGNE erneut einen kritischen<br />
Einblick in die Praktiken und Interessen der neuesten<br />
Generation von Galerien. Besonders erwähnenswert im<br />
zeitgenössischen Bereich sind internationale<br />
Schwergewichte wie Gagosian, Hauser + Wirth, Lisson,<br />
Thaddaeus Ropac, White Cube, Kamel Mennour, Pearl<br />
Lam, nächst St. Stephan und Gio Marconi sowie<br />
führende Galerien Deutschlands wie Sprüth Magers,<br />
Michael Werner, Gisela Capitain, Karsten Greve, Daniel<br />
Buchholz, Max Hetzler, Konrad Fischer, Eigen + Art,<br />
Nagel Draxler, NEU sowie die König Galerie. Zu den<br />
neuen Galerien, die zum ersten Mal teilnehmen oder<br />
zurückkehren, gehören Lisson Gallery aus London /<br />
New York / Hongkong, Kamel Mennour aus Paris /<br />
London, Gio Marconi aus Mailand, Buchmann aus<br />
Berlin / Lugano, CLEARING aus Brüssel / New York,<br />
Erika Deak aus Budapest , Nanzuka aus Tokio und<br />
Zilberman aus Istanbul / Berlin. Internationale<br />
Teilnehmer des Modernen und Nachkriegssektors<br />
runden das Programm ab und schaffen eine Brücke zu<br />
einer internationalen Perspektive, von wichtigen<br />
Galerien wie Lahumière und Le Minotaure aus Paris bis<br />
Whitestone und Taguchi aus Tokio sowie Lorenzelli und<br />
Kanalidarte aus Italien. Zu den Galerien, die zum ersten<br />
Mal teilnehmen oder nach Abwesenheit zurückkehren,<br />
gehören: Lelong aus Zürich / Paris / New York, Julian<br />
Sander aus Köln, Kanalidarte aus Bescia, Ernst Hilger<br />
aus Wien und Setareh aus Düsseldorf.Die<br />
COLLABORATIONS beinhalten 22 ausgewählte<br />
kuratierte Projekte, die von 36 Galerien präsentiert<br />
werden und jeden Aspekt der kollaborativen Praxis<br />
zeigen. Highlights sind Werke von Olga Balema und<br />
Juliette Blightman, präsentiert von Isabella Bortolozzi<br />
und Fons Welters, eine Einzelpräsentation von Isa<br />
Melsheimer, gezeigt von nächst St. Stephan sowie<br />
Esther Schipper und Jocelyn Wolff, oder eine<br />
Präsentation von der Wolfgang-Hahn-Preisträgerin<br />
Haegue Yang (Galerie Barbara Wien & Wien Verlag),<br />
deren Retrospektive im Rahmen der ART COLOGNE<br />
im Museum Ludwig zu sehen ist. (Foto: Art Cologne)
KUNST.INVESTOR News<br />
Jubiläumsauktion der<br />
Galerie Artmark<br />
Hans Staudacher, Mischtechnik auf Papier, Rufpreis € 2.000<br />
Die Galerie Artmark in der Singerstraße 17 feiert ihr 30-<br />
jähriges Bestehen mit einer Auktion, die RESSLER<br />
KUNST AUKTIONEN am Montag, 22. Januar <strong>2018</strong> in der<br />
Galerie durchführen wird. 170 Werke zeigen nicht nur<br />
einen Querschnitt der Ausstellungen der letzten Jahre,<br />
es wurden auch Bilder aus der seinerzeitigen<br />
Übernahme der Galerie Contact integriert. Thomas und<br />
Maria Mark, die Galeristen, haben ihre Galerie<br />
ursprünglich in einer aufgelassenen Fabrik in Spital am<br />
Pyhrn gegründet. Schon bald begann sich, begleitet<br />
von den Ratschlägen von Peter Baum (damals Direktor<br />
des Lentos in Linz) und Peter Assmann (damals<br />
Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums)<br />
die Ausrichtung der Galerie abzuzeichnen: die „Poesie<br />
des Wenigen“, wie Thomas Mark es einmal<br />
ausgedrückt hat. Das Sensorium für eine extrem<br />
zurückhaltende, strenge Ästhetik zu wecken, wurde die<br />
zentrale Intention und das Markenzeichen der Galerie<br />
Artmark. Es gibt zahlreiche Bilder von Peter Krawagna,<br />
Karl Mostböck und Maria Moser, aber auch die überaus<br />
stringenten Formen von Künstlern wie Hannes<br />
Schwarz, Hermann Painitz, Edit Lajos, Helmut Senf,<br />
Gottfried Fabian und Claudia Hirtl sind prominent<br />
vertreten. Die Auktion startet mit einem Trommelwirbel<br />
von 17 Werken von Hans Staudacher; darunter so<br />
extrem Rares wie das „Familienbild II“ aus 1959/1962<br />
mit integrierten Schuhen, Rufpreis € 5.000. (Foto:<br />
Ressler Kunst Auktionen)
KUNST.INVESTOR News<br />
Edit Lajos, Little D, Acryl auf Leinwand, 95 x 106 cm, 2013, Rufpreis € 2.500<br />
Peter Krawagna, Drachenflieger, Öl auf Leinwand, 60 x 72 cm, 2000, Rufpreis € 3.000
KUNST.INVESTOR News<br />
Robert Zeppel-Sperl, Palast der Sinne, Acryl auf Papier, 88 x 62 cm, 1981, Rufpreis € 900
KUNST.INVESTOR News<br />
Robert Gschwandtner, Landschaft mit Merkur und Io, Mischtechnik und PVC Schläuche, 52 x 42 cm, 2015, Rufpreis € 2.500
KUNST.INVESTOR News<br />
Anna Witt, Unter dem Pflaster, 2017, Courtesy die Künstlerin und Galerie Tanja Wagner, Berlin<br />
Anna Witt<br />
Anna Witts künstlerische Praxis ist performativ,<br />
partizipativ und politisch: Sie schafft Situationen, die<br />
zwischenmenschliche Beziehungen und Machtverhältnisse<br />
ebenso reflektieren wie Konventionen des<br />
Sprechens und Handelns. Immer wieder geht Witt<br />
Fragen der Subjektbildung nach, wie wir werden, wer<br />
wir sind, was wir tun, woran wir glauben, wofür wir<br />
kämpfen und wie dieses soziale Selbst mit<br />
gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen zusammenhängt. Dafür entwirft<br />
sie Versuchsanordnungen, die den zufällig oder<br />
spezifisch ausgewählten ProtagonistInnen stets<br />
Möglichkeiten individueller Artikulation und Autorschaft<br />
einräumen. Für die Einzelausstellung im Belvedere 21<br />
entwickelt Anna Witt eine neue Arbeit, die die lokale<br />
Situation eines großen städtischen Entwicklungsgebiets<br />
in Hinblick auf Imaginationen einer optimierten Arbeitsund<br />
Lebenswelt beleuchtet. Welchen Wert schreiben<br />
wir welcher Tätigkeit zu? Was bedeutet es, diese<br />
Tätigkeit zu unterbrechen oder gar niederzulegen?<br />
Welche Rolle spielt politische Organisation in diesem<br />
Zusammenhang und welches visuelle Vokabular setzt<br />
sie ein? Als Ausgangspunkt dienen Anna Witt zum<br />
einen virtuelle Renderings der angrenzenden Viertel<br />
rund um den Hauptbahnhof, zum anderen reale<br />
Erfahrungen von Menschen, die hier in<br />
unterschiedlichen Bereichen vom Bauwesen über Bahn<br />
und Service bis hin zu Banking und Investment<br />
arbeiten- Kuratorin: Luisa Ziaja. Dauer 28. Februar bis<br />
27. Mai <strong>2018</strong> (Foto: 21 er Haus)
KUNST.INVESTOR News<br />
Günter Brus, Portfolio Ana IV, 1964/2004, mit Anna Brus, Foto: Khasaq (Siegfried Klein), © Belvedere, Wien<br />
Günter Brus- „Unruhe nach dem Sturm“<br />
Anlässlich seines achtzigsten Geburtstags würdigt das<br />
Belvedere 21 das Gesamtwerk von Günter Brus mit<br />
einer umfassenden Retrospektive.Passend zum<br />
Jahresmotto „Spirit of ’68“, das <strong>2018</strong> als Klammer für<br />
die gesamten Aktivitäten des Belvedere 21 fungiert,<br />
wird mit dieser Ausstellung Günter Brus als großer<br />
Kunstrebell der 1960er- Jahre gewürdigt. Fünfzig Jahre<br />
nach der radikalen Aktion Kunst und Revolution zeigen<br />
wir, dass Brus nie aufgehört hat sich weiterzuentwickeln<br />
und seine künstlerischen Mittel immer<br />
wieder neu zu erfinden, so Stella Rollig,<br />
Generaldirektorin Belvedere und Belvedere21. Günther<br />
Brus gehört heute zu den wesentlichen internationalen<br />
künstlerischen Positionen in Österreich. Als Vertreter<br />
des Wiener Aktionismus thematisiert der Künstler in<br />
den 1960er Jahren mit eindringlicher Präsenz die<br />
physische und psychische Verfasstheit des<br />
Menschen und die Ausgesetztheit des Individuums<br />
gegenüber gesellschaftlichen Regelwerken. Mit<br />
seinem radikalen, körperbezogenen und performativen<br />
Werk gelingt es ihm, sich von der „Marke“ Wiener<br />
Aktionismus zu lösen und sich als wesentlicher<br />
Wegbereiter der internationalen Aktions- und<br />
Performancekunst in die Geschichte einzuschreiben.<br />
1970 wendet sich Günter Brus von der Aktionskunst<br />
ab und beschäftigt sich zunehmend mit dem<br />
Medium Zeichnung, mit „Bild- Dichtungen“ und<br />
Theaterarbeiten. Ein Anliegen dieser Schau ist die<br />
umfassende Präsentation der ausgewählten Serien.<br />
Neben den bekannten Aktionsfotos, ergänzt um bisher<br />
kaum gezeigtes Material, werden Brus’ serielle<br />
Zeichnungen und „Bild-Dichtungen“, darunter der 160-<br />
teilige Zyklus Leuchtstoffpoesie und Zeichenchirurgie,<br />
in ihrer Gesamtheit gezeigt. Insgesamt sind rund 120<br />
Werkzyklen und Werke mit mehr als 700 Einzelobjekten<br />
in der Ausstellung zu sehen, darunter Filme und bisher<br />
unbekannte Werkserien. (Foto: © Belvedere)
KUNST.INVESTOR News<br />
Simon Fujiwara<br />
Hope House<br />
Hope House, 2017, Ausstellungsansicht, Dvir Gallery, Tel Aviv, 2017. Foto: Elad Sarig<br />
Das Hope House ist eine Rekonstruktion des Anne<br />
Frank Hauses, die im Kunsthaus Bregenz in<br />
Originalgröße nachgebaut wird. Die ambitionierte<br />
Installation — ein Gebäude in einem Gebäude, ein<br />
Museum in einem Museum — ist von dem Bastel-<br />
Bausatz zum Zusammensetzen des Modells des Anne<br />
Frank Hauses inspiriert, den Fujiwara im Shop des<br />
Museums in Amsterdam erworben hatte. Zum ersten<br />
Mal ist es nun möglich, das Anne Frank Haus als<br />
gigantische Skulptur über drei Stockwerke hinweg im<br />
Kunsthaus Bregenz zu erleben. Genau wie im<br />
originalen Wohnhaus sind es enge, schwach<br />
beleuchtete Korridore, durch die sich die Besucher<br />
schlängeln müssen, bevor sie zu einer Reproduktion<br />
des Bücherschranks gelangen, der die Familie Frank<br />
ab 1942 vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten<br />
in Deutschland verbarg. Ein Unterschied ist<br />
allerdings zu verzeichnen: Im Hope House hängen<br />
Kunstwerke an den Wänden, die Räume sind mit<br />
alltäglichen Gegenständen und Artefakten ausgestattet<br />
— ein Schreibtisch ist vorhanden, ein Tagebuch und<br />
ein Stift, eine mit Postern bestückte Schlafzimmerwand.<br />
Auf dem Dachboden ist Katzenfutter über den<br />
Holzfußboden verstreut, aber es ist keine Katze in<br />
Sicht, und tatsächlich scheint niemand mehr dort zu<br />
wohnen. Welche Erfahrung können Besucher aus<br />
dieser Re-konstruktion mitnehmen? Finden wir uns mit<br />
tragischen Ereignissen aus der Geschichte konfrontiert<br />
oder blicken wir in einen Spiegel, der uns unsere<br />
heutige Lebenswelt zeigt — in der nichts mehr so ist,<br />
wie es scheint? Im krassen Gegensatz zur soliden und<br />
minimalistischen Architektur des Kunsthaus Bregenz<br />
unternimmt das Hope House nicht den Versuch, ein<br />
echtes architektonisches Erlebnis zu vermitteln — und<br />
schon gar nicht eine authentische Erfahrung des Anne<br />
Frank Hauses. Es ist die Kopie einer Kopie und basiert<br />
auf einem Produkt, das auf dem freien Markt käuflich zu<br />
erwerben ist: eine Tatsache, aus der kein Hehl gemacht<br />
wird. Bei einem Besuch des Anne Frank Hauses hatte<br />
Fujiwara in Erfahrung gebracht, dass ein Großteil des<br />
heutigen Hauses eine Rekonstruktion ist — entstanden,<br />
um einen historischen Eindruck zu erzeugen. Für die<br />
Millionen von Besuchern, die das Haus Jahr für Jahr<br />
aufsuchen, scheint dies jedoch keinen Einfluss auf die<br />
Intensität des emotionalen Erlebens vor Ort zu haben.<br />
Warum nur? Es sind diese Widersprüche, die Fujiwara<br />
sensibel und genau aufgreift. Sein Universum ist voller<br />
komplexer und irrationaler Narrative und bringt eine<br />
unverwechselbare Praxis hervor, in der sich Video,<br />
Installation, Skulptur und Performance miteinander<br />
verbinden. Für Fujiwara ist es unsere Sehnsucht nach<br />
Fantasiewelten — jenseits aller Authentizität und sogar<br />
jenseits der Wahrheit —, die einige der von uns am<br />
meisten geschätzten Aspekte der Menschlichkeit<br />
fördert: Mitgefühl, Kreativität und Idealismus. Foto:<br />
[KUB Kunsthaus Bregenz. Dauer von 27. Jänner bis 8.<br />
April <strong>2018</strong>]
KUNST.INVESTOR News<br />
Anne Frank Haus Modell (Detail), 2017
KUNST.INVESTOR Dorotheum<br />
2,34 Millionen Euro für "Liegende Fau" von Egon Schiele, das beste Kunstauktions-Ergebnis in Österreich
KUNST.INVESTOR Dorotheum<br />
Dorotheum<br />
„Es ist ein Blick zurück<br />
mit Freude!“<br />
Weltrekordpreis 792.500 Euro für Emilio Vedovas Großformat „Tensione“<br />
Das Dorotheum konnte im erfolgreichen Geschäftsjahr<br />
2017 zahlreiche Spitzenergebnisse erzielen. An erster<br />
Stelle dabei das beste Kunstauktions-Ergebnis in<br />
Österreich, nämlich 2,34 Millionen Euro für eine seit<br />
fast 90 Jahren in österreichischem Privatbesitz<br />
befindliche Zeichnung von Egon Schiele.<br />
Weltrekordpreis waren 792.500 Euro für Emilio<br />
Vedovas 1959 datiertes Großformat „Tensione“ bei der<br />
Auktion „Zeitgenössische Kunst“. Mit den<br />
Schwerpunkten Informel und CoBrA setzte das<br />
Dorotheum neue Akzente und konnte seine Position am<br />
internationalen Markt ausbauen. Bei den Gemälden des<br />
19. Jahrhunderts gab es im April mit 1,54 Millionen<br />
Euro das beste Ergebnis, das je in dieser Sparte im<br />
Dorotheum erreicht wurde, und zwar für das Gemälde<br />
zur Verlobung der späteren Kaiserin Elisabeth von<br />
Österreich, dem von Carl Theodor von Piloty und Franz<br />
Adam gemalten historisch bedeutsamen Porträtbild<br />
„Kaiserin Elisabeth von Österreich als Braut zu Pferd in<br />
Possenhofen“. Bei einer der besten Altmeister-<br />
Auktionen in der Geschichte des Dorotheum im April<br />
führte ein ursprünglich auf einer Hochzeitstruhe angebrachte<br />
Meisterwerk der Frührenaissance die<br />
Verkaufscharts an: „Die Schlacht von Pharsalos“ von<br />
Apollonio di Giovanni erreichte hervorragende 674.000<br />
Euro. Klassische Fahrzeuge spielen beim Dorotheum<br />
immer in der höchsten Liga mit und glänzen mit<br />
Verkaufsraten von fast 100 Prozent. Bei der<br />
herbstlichen Classic Expo Salzburg wechselte ein 1952<br />
Mercedes Benz 300 S Cabriolet für 563.000 Euro den<br />
Besitzer. Bei der Frühjahrsauktion setzte sich ein Horch<br />
853 Sportcabriolet aus dem Jahre 1938 mit knapp<br />
500.000 Euro an die Spitze. (Foto: © Dorotheum)<br />
Beste Altmeister-Auktionen in der Geschichte des Dorotheum: „Die Schlacht von Pharsalus“<br />
von Apollonio di Giovanni für hervorragende 674.000 Euro
KUNST.INVESTOR Dorotheum<br />
Das beste Ergebnis für 19. Jahrhundert im Dorotheum: 1,54 Millionen Euro für das Gemälde „Kaiserin Elisabeth<br />
von Österreich als Braut zu Pferd in Possenhofen“ von Carl Theodor von Piloty und Franz Adam
KUNST.INVESTOR Dorotheum<br />
Ein 1952 Mercedes Benz 300 S Cabriolet für 563.000 Euro
UNST.INVESTOR Dorotheum<br />
Charity-Auktion<br />
Auktion zum Wiener Opernball <strong>2018</strong> im<br />
Rahmen der „Quadrille fürden guten Zweck“<br />
im Palais Dorotheum<br />
Rahimi & Rahimi, Peace & Love-Teppich, Rufpreis € 3.000,-<br />
Für den guten Zweck wird am 24. Jänner <strong>2018</strong> u. a. der<br />
Entwurf von dem italienischen Modeduo Dolce &<br />
Gabbana zu der Swarovski Tiara für die Debütantinnen<br />
des heurigen Wiener Opernballs versteigert. Für das<br />
detailreiche Schmuckstück ließen sich Dolce &<br />
Gabbana von der Mozart-Oper „Le nozze di Figaro“<br />
inspirieren: „Giovani liete – fiori spargete!“ (Muntere<br />
Jugend, streue Blumen!) heißt es in der achten Szene<br />
des ersten Aktes – ein gesungenes Bild, das sich in<br />
dem floralen Design der Tiara auf poetische Weise<br />
widerspiegelt. Hier treffen zarte Blumen auf organisch<br />
geschwungene Blätter, kreiert aus 702 Swarovski<br />
Kristallen und „Xirius Chatons“ in den Farben „Crystal“<br />
und „Golden Shadow“ sowie sechs roséfarbenen Blüten<br />
aus Emaille, die jedes einzelne Diadem zieren.<br />
Versteigert wird auch ein Einzelstück vom<br />
Aushängeschild des aktuellen österreichischen<br />
Modedesigns Lena Hoschek: Eine Collector Couture<br />
Dress mit von Hand genähten Blüten. Weiters zu<br />
ersteigern: eine Augarten Porzellan-Figur, Wolfgang<br />
Amadeus Mozart, mit Beschriftung „Le nozze di Figaro“,<br />
ein Unikat-Teppich sowie drei Originalzeichnungen zu<br />
den Wiener Opernball-Benefizpostkarten von Tenor<br />
und Staatsopern-Ensemblemitglied Benedikt Kobel. Der<br />
Erlös der Versteigerung geht an die Caritas Projekte<br />
„Die Gruft“ sowie Superar. Seit 30 Jahren ist die „Gruft“<br />
Wiens wohl bekannteste Caritas-Einrichtung für<br />
obdachlose Menschen. Superar ist eine europäische<br />
Initiative die sich zum Ziel gesetzt hat, Gesang,<br />
Instrumentalunterricht und Tanz im Leben von Kindern<br />
und jungen Menschen zu verankern, und engagiert sich<br />
für ein respektvolles Zusammenleben und<br />
gesellschaftliche Integration. Die Versteigerung erfolgt<br />
durch das Dorotheum im Namen der Caritas.<br />
Besichtigung: 17. bis 24. Jänner <strong>2018</strong> (12:00 Uhr) im<br />
Palais Dorotheum. (Foto: © Dorotheum)
KUNST.INVESTOR Dorotheum<br />
Lena Hoschek Atelier, Collector Couture Dress; Einzelstück, Größe 36, Rufpreis € 1.400,-
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging<br />
Arthur Hagen Reck, 1974, Schrift: Herrn Dr. Navratil..., Farbstift Johann Scheiböck, Henst, 1970, Bleistift,<br />
Farbstift, Rudolf Limberger, Ohne Titel, undatiert, Farbstift Preis: 13% USt 15.820 €
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging<br />
Navratils Künstlergästebuch<br />
Johann Hauser, Hase, 1971, Bleistift Johann Hauser, Hase, 1976, Bleistift<br />
Johann Hauser, Hase, 1970, Bleistift, Farbstift Johann Hauser, Hase, 1977,<br />
Bleistift, Farbstift Preis: 13% USt 13.560 €<br />
DDr. Leo Navratil, Gründer des Gugginger Zentrums für<br />
Kunst-Psychotherapie, war ein unermüdlicher Förderer<br />
der heute als Vertreter der Art Brut weltberühmten<br />
Künstler. Mit vielen verband ihn auch eine sehr<br />
persönliche Beziehung. Davon zeugt sein „Gästebuch“<br />
aus den 60er und 70er Jahren, dessen Ursprung ein<br />
altes Kunstbuch war. In diesem einzigartigen und<br />
authentischen Dokument verewigten sich zahlreiche<br />
Gugginger Künstler wie Johann Hauser, August Walla,<br />
Oswald Tschirtner oder Rudolf Limberger, aber auch<br />
Zeitgenössische Künstler auf Besuch, wie Alfred<br />
Hrdlicka, Franz Ringel oder Arnulf Rainer, die zu<br />
Besuch kamen, hinterließen darin Zeichnungen, Texte<br />
oder Widmungen. Einige zeichneten wiederholt und<br />
immer wieder auf derselben Seite oft im Abstand von<br />
mehreren Jahren hinein, wie etwa Johann Hauser bei<br />
seinen „Hasen“. 1970 fand in der „Galerie nächst St.<br />
Stephan“ die erste Ausstellung der Gugginger Künstler<br />
statt, die ein großer Erfolg wurde. Viele Interessierte<br />
kamen, Bilder wurden verkauft und Navratil begann<br />
seine „Patienten-Künstler“ unermüdlich zu fördern.<br />
Unter anderem begann er ein Kunstbuch mit<br />
eingeklebten, farbigen Abbildungen als Zeichenvorlage<br />
für die Künstler aus Gugging, wie etwa Johann Hauser<br />
oder Oswald Tschirtner, zu verwenden. In Anlehnung<br />
an die Ausstellung und den Katalog "Navratils Künstler-<br />
Gästebuch.!", die im Jahre 2015 im Museum Gugging<br />
stattfand, ist es bis 14. Februar <strong>2018</strong> auch in der<br />
Galerie Gugging zu sehen. (Foto: Galerie Gugging)
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Franz Kamlander, Frau, undatiert, Farbstift Erich Zittra, Hasen, undatiert, Bleistift, Farbstifte Rudolf Limberger,<br />
Ohne Titel, undatiert, Farbstift Preis: 13% USt 8.700 €
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging<br />
August Walla, Guggingerbach, undatiert, Bleistift Preis: 13% USt 13.560 €
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging<br />
Ferdinand Kauer, Frau, undatiert, Wachskreide Rudolf Limberger, Ohne Titel, undatiert, Farbstift Preis: 13% USt 2.830 €
KUNST.INVESTOR Galerie Gugging<br />
Johann Hauser, Frau, 1971, Bleistift Preis: 13% USt 28.250 €
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KUNST.INVESTOR Kommentar – Otto Hans Ressler<br />
Kunst bedeutet Veränderung<br />
‚… und das ist, was die Kunst für uns tut‘<br />
Foto: © Ressler Kunst Auktionen<br />
Die Aufgabe der Kunst ist Veränderung. Kunst ist dazu<br />
da, alternative Vorstellungen von Realität zu entwickeln<br />
und damit neue Wirklichkeiten zu erschaffen; sie dient<br />
dazu, Wahrnehmungsmuster – und damit Denkmuster<br />
– und damit Handlungsmuster – zu verändern. Ihre<br />
Aufgabe ist es, Fragen zu stellen, ja infrage zu stellen.<br />
Kunstwerke werden, hat Leonardo da Vinci einmal<br />
gesagt, nicht mit dem Pinsel, sondern mit dem Kopf<br />
gemalt. Und deshalb ist die Kunstgeschichte eine<br />
Abfolge von Weiterentwicklungen, Traditionsbrüchen,<br />
Stiländerungen – und damit Revolutionen unserer<br />
Sehgewohnheiten. Jedes Mal, wenn es zu einer<br />
solchen Veränderung kommt, brechen heiße Debatten<br />
aus, regieren Missverständnisse. Aber am Ende setzt<br />
sich das Neue meist durch. Denn in Wahrheit<br />
produziert die Kunst keine Bilder, sie produziert Ideen,<br />
Haltungen, Perspektiven – und mithilfe der Bilder<br />
werden diese Ideen und Haltungen und Perspektiven in<br />
die Herzen und Hirne von Menschen verpflanzt. „Der<br />
Mensch, das Augenwesen, braucht das Bild.“ Leonardo<br />
da Vinci hat das gesagt: Sehen ist Glauben. Das hat<br />
nichts mit bornierter Ungläubigkeit oder müder Skepsis<br />
zu tun. Oft würden wir nur zu gerne glauben, uns von<br />
der Freude und dem Optimismus derer, die –<br />
vermeintlich – etwas gesehen haben, anstecken<br />
lassen. Aber wir müssen es selbst sehen! Wir sind<br />
darauf konditioniert, nur zu glauben, was wir mit<br />
eigenen Augen wahrgenommen haben. Die Augen sind<br />
unsere wichtigsten Sinnesorgane. Wir vertrauen auf<br />
das, was sie uns zeigen. Wir glauben, was wir sehen.<br />
Wer sieht, sieht ein, sagte einst Kokoschka. Nur was<br />
wir sehen, erleben wir nicht mehr als Fiktion, sondern<br />
als Wahrheit: Jetzt erst wissen wir es wirklich. Ohne<br />
Bilder gibt es keine Möglichkeit, diese Einsicht zu<br />
gewinnen. Denn Bilder sind Botschaften. Sie verfügen<br />
zwar über keine Worte; aber sie bedürfen der Worte<br />
auch nicht. Bilder sind Botschaften, die verbal gar nicht<br />
mitteilbar wären. Auch der intellektuellen Auseinandersetzung<br />
über Bilder sind damit Grenzen gesetzt. Wenn<br />
Josef Albers, einer der ganz Großen des letzten<br />
Jahrhunderts, erklärt hat, man sehe die Kunst gar nicht<br />
an, sondern die Kunst sehe einen an, dann meinte er<br />
damit, dass es an uns liege, an unserer Aufnahmebereitschaft,<br />
an unserer intuitiven Empfänglichkeit, ob<br />
und was wir bei der Betrachtung eines Kunstwerks<br />
entdecken und empfinden. Erleben, Empfinden,<br />
Erfahren, das kann uns niemand abnehmen. Kein<br />
anderer Mensch kann Maßstab dafür sein, was ein Bild<br />
für uns bedeutet; welche Gedanken es in uns<br />
hervorruft; welche Gefühle es in uns weckt; woran es<br />
uns erinnert. Die von der Kunstwissenschaft entwickelte<br />
Bildbeschreibung ist nur ein (unzureich-ender) Versuch,<br />
uns bei dieser Begegnung zu begleiten. Und selbst,<br />
wenn man sämtliche Theorien über einen Künstler,<br />
über einen Stil, über ein Werk gelesen hätte, genügte<br />
das nicht. Denn sie alle teilen die Erinnerungen nicht,<br />
die nur wir selbst haben; sie wissen nichts von den<br />
Gefühlen, die nur wir selbst empfinden.
KUNST.INVESTOR Kommentar – Otto Hans Ressler<br />
All das Wissen über Kunst und Künstler hat gegenüber<br />
der eigenen Fähigkeit, zu sehen und damit etwas zu<br />
entdecken, etwas zu erfahren, den uneinholbaren<br />
Nachteil, nur über Worte zu verfügen. Und Worte<br />
genügen nicht. Worte reichen nicht aus, wenn es um<br />
Bilder geht. Denn was ist Kunst? Es gibt unendlich viele<br />
Antworten auf diese Frage. Aber die eine, richtige,<br />
gültige Antwort gibt es nicht. Es kann sie gar nicht<br />
geben. Die Frage ist falsch gestellt. Und zwar nicht nur,<br />
weil die Kunst selbst die Antwort in die Irre führt,<br />
sondern weil uns die Antwort möglicherweise gar nicht<br />
weiter brächte. Wir irren, wenn wir glauben, dass es<br />
darauf ankomme zu wissen, was Kunst ist; wir<br />
verbinden damit die völlig falsche Erwartung, wir<br />
könnten Kunst verstehen, wenn wir wüssten, was sie<br />
ist. Denn es sind eine Fülle von Dingen, die die Kunst<br />
ausmachen: Es sind die Motive, die dargestellt werden,<br />
der Stoff, der Inhalt, die Botschaft, die zum Ausdruck<br />
gebracht werden soll. Es sind die Farben und Formen,<br />
alles, was im Kunstwerk Gestalt erhält. Es ist der<br />
Künstler mit seiner Biografie, und wir selbst mit unserer<br />
Biografie, wenn wir ein Kunstobjekt betrachten. Es ist<br />
die Zeit, in der und aus der heraus wir es tun. Es sind<br />
die wirtschaftlichen, sozialen, politischen, religiösen,<br />
kulturellen Bedingungen, unter denen Kunst entsteht –<br />
und gesehen wird. Es ist das Wissen, das wir über<br />
Kunst entwickelt haben, es sind die Kunstgeschichte<br />
und die Kunsttheorien. Aber so bedeutsam all dies ist:<br />
Ist es auch bedeutsam für die Kunst selbst? Hängt die<br />
Wirkung eines Kunstwerks wirklich davon ab, was wir<br />
darüber wissen? Muss man, um anders zu fragen,<br />
wissen, wie man atmet, um Luft zu bekommen? Denn<br />
man kann die Motive, die dargestellt werden, die<br />
Botschaft, die zum Ausdruck gebracht wird, man kann<br />
die Farben und Formen, den Künstler und seine<br />
Geschichte, ja sogar uns selbst und unsere eigene<br />
Geschichte, die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen,<br />
religiösen und politischen Bedingungen einer Zeit, man<br />
kann die Kunstgeschichte und die Kunsttheorien<br />
verstehen – und dennoch keine Ahnung haben, was<br />
Kunst bedeutet. Denn die Motive, der Stoff, der Inhalt,<br />
die Botschaft, die Farben, die Formen, der Künstler,<br />
seine Biographie, unsere Biographie, die Zeit und die<br />
Zeiten davor, die Kunstgeschichte und die<br />
Kunsttheorien, all das ist nicht das Wesen der Kunst.<br />
All das erklärt nicht, weshalb die Kunst die Kraft besitzt,<br />
die Sichtweise auf eine Gesellschaft – und damit die<br />
Sichtweise dieser Gesellschaft, und damit die<br />
Gesellschaft selbst – zu verändern. All das erklärt nicht<br />
ihr subversives Potential, Wissenschaft, Pädagogik,<br />
Medizin, Ökologie, Wirtschaft, kurz alle Optionen des<br />
Denkens und Handelns der Menschheit, zu verändern.<br />
Es erklärt nicht die unbezwingbare, befreiende Kraft der<br />
Kunst. Um Kunst erfahren und erleben zu können,<br />
müssen wir sie gar nicht verstehen. Denn Kunst zu<br />
erfahren, Kunst zu erleben, das steckt in uns. Jeder<br />
Mensch ist ein Künstler, hat Joseph Beuys einmal<br />
gesagt. Wir alle tragen das Künstlerische in uns – in der<br />
Art, wie wir die Welt wahrnehmen. Wir sind nicht nur<br />
befähigt, Kunst zu produzieren; mehr noch sind wir zur<br />
Wahrnehmung befähigt; zu einer Art der Wahrnehmung,<br />
die künstlerisch ist. Niemand könnte sonst<br />
das Künstlerische einer Gestaltung erleben. Nicht die<br />
Antwort auf die Frage „Was ist Kunst?“ ist wichtig.<br />
Wichtig ist eine ganz andere Frage. Und die Antwort<br />
darauf gibt die Kunst selbst – und zwar dadurch, wie sie<br />
ist! Die Kunst ist die Antwort auf Frage nach der Kunst.<br />
Es geht darum, und nur darum, wie etwas gestaltet<br />
wurde, wie es uns anspricht, wie es uns erscheint, wie<br />
es für uns zugänglich wird. Es geht darum, wie etwas<br />
durch ein Kunstwerk zu einem Wert für uns wird. Wir<br />
sind zu dieser Wahrnehmung befähigt. Es ist eine<br />
künstlerische Fähigkeit, wie wir Gegenstände, unsere<br />
Umwelt, andere Menschen reflektieren. Wir tun das<br />
ununterbrochen, wir ziehen ununterbrochen unsere<br />
Schlüsse. Gäbe es diese Befähigung zur<br />
Wahrnehmung nicht, gäbe es auch keinen Grund, über<br />
die Gegenstände und unsere Umwelt und andere<br />
Menschen nachzudenken.
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KUNST.INVESTOR Kommentar – Otto Hans Ressler<br />
Natürlich wäre die Welt auch ohne Kunst vorstellbar.<br />
Wir können das Was der Kunst auch außerhalb der<br />
Kunst finden. Es braucht sie nicht, um die Motive, die<br />
Stoffe, die Inhalte, die Botschaften zu vermitteln. Ginge<br />
es bei der Kunst nur um das, was sie mitteilt, um das,<br />
was sie uns an Erkenntnissen bringt, wäre der Aufwand<br />
mit dem Kunstwerk einigermaßen übertrieben. Da wäre<br />
es einfacher und besser, die Künstler würden sich<br />
hinsetzen und sagen, was sie zu sagen haben.Aber es<br />
geht um das Wie! Es geht um die Art und Weise, wie<br />
etwas gestaltet wurde, denn nur dadurch können wir<br />
wahrnehmen, worum es geht. Wir können den Sinn nur<br />
erfassen durch unsere Sinne – das ermöglicht Kunst!<br />
Dass wir einen Sinn nur erfassen können durch unsere<br />
Sinne, hat Folgen nicht nur für das Verstehen der Welt,<br />
sondern ebenso für unsere Fähigkeit zur Wahrnehmung.<br />
Indem Kunst zu den Sinnen spricht,<br />
entwickelt sie unsere Fähigkeit, das Wie im Sinnlichen<br />
bewusst zu erleben. Kunst macht uns das Wie unseres<br />
Wahrnehmens bewusst. „Kunst macht sichtbar“, hat<br />
Paul Klee dieses Phänomen einmal erklärt. Das Wie<br />
der Kunst, die Art und Weise der Kunst, das<br />
Künstlerische der Kunst, macht sichtbar, wie wir sehen.<br />
Wir werden uns bewusst, dass unsere Sinne nicht allein<br />
Empfangsgeräte für Informationen, für unser Denken<br />
sind. Kunst hilft uns, unsere Sinne zu entfalten. In der<br />
Kunst liegt die Möglichkeit, Wahrnehmen bewusst als<br />
produktive Tätigkeit zu erleben und zu entwickeln. Im<br />
Gegensatz zum logischen Denken behandeln wir das<br />
Wahrnehmen allzu oft wie ein Stiefkind. Wenn wir<br />
wahrnehmen, nehmen wir in der Regel nicht wahr, wie<br />
das geschieht. Wenn wir etwas sehen, verschwenden<br />
wir keinen Gedanken an das Auge, das sieht. Kunst<br />
macht uns bewusst, dass Wahrnehmen etwas<br />
Wichtiges ist, etwas Sinnliches, etwas, das alles<br />
verändern kann; denn durch die Kunst wird der Akt der<br />
Wahrnehmung reflektiert, und das heißt letztlich: dass<br />
wir schärfer, genauer, weiter, tiefer, konkreter,<br />
komplexer, lebendiger empfinden. Kunst wirkt durch die<br />
Sinne für die Sinne. Kunst gestaltet Wahrnehmung.<br />
Warum das so wichtig ist, wurde in einer Szene aus<br />
dem Film „Der Klub der toten Dichter“ auf den Punkt<br />
gebracht. Der Film handelt von einer Abschlussklasse<br />
an einem amerikanischen Internat; sein Held ist ein<br />
Lehrer für englische Literatur, der seinen Schülern zu<br />
vermitteln versucht, dass es die Aufgabe jedes<br />
Menschen sei, etwas zum Leben beizutragen, das nur<br />
er beitragen kann. Mr. Keating fordert seine Schüler zu<br />
selbständigem Handeln auf, zu freiem Denken, dazu,<br />
die Welt immer wieder aus neuen Blickwinkeln zu<br />
betrachten. Sie sollen sich mehr zutrauen, ausloten, wo<br />
ihre Möglichkeiten liegen – und ihre Chancen nützen.<br />
Er will seinen Schülern nicht nur die Welt der Poesie<br />
und der schönen Dinge des Lebens nahe bringen; er<br />
macht ihnen klar, dass Kunst und Poesie die Schlüssel<br />
sind, um herauszufinden, was in jedem von ihnen<br />
steckt, wozu jeder von ihnen fähig ist, worin der Sinn<br />
ihres Lebens besteht. Poesie und Kunst seien nichts,<br />
das man lernen und wiederholen müsse; denn ein<br />
Gedicht sei nicht ein gelungenes Versmaß, nicht eine<br />
an bestimmte Regeln gebundene Vermittlung eines<br />
Inhalts, einer Geschichte: Man müsse sie mit dem<br />
Herzen nachvollziehen, man müsse sie in sich<br />
entdecken, man müsse sie leben, erleben. Man müsse<br />
sie zu einem Instrument für sich selbst machen; zu<br />
einem Instrument, mit dem man Gefühle ausdrücken<br />
und vermitteln könne. „Wir lesen und schreiben<br />
Gedichte nicht zum Spaß. Wir lesen und schreiben<br />
Gedichte, weil wir zur Spezies Mensch zählen. Und die<br />
Spezies Mensch ist von Leidenschaft erfüllt. Medizin,<br />
Jura, Technik sind notwendig. Aber Poesie, Schönheit,<br />
Romantik, Liebe sind die Freuden unseres Lebens.“ Er<br />
zitiert den amerikanischen Dichter Walt Whitman: „Die<br />
immer wiederkehrenden Fragen: Wozu bin ich da?<br />
Wozu nützt dieses Leben?“ Und seine Antwort: „Damit<br />
du hier bist. Damit das Leben nicht zu Ende geht. Damit<br />
das Spiel des Lebens weiter besteht und du deinen<br />
Vers dazu beitragen kannst.“ Das ist, was die Kunst für<br />
uns tut.
KUNST.INVESTOR WestLicht<br />
The Polaroid Project<br />
© Ellen Carey, Pulls (CMY) 1997, Courtesy Jayne H. Baum Gallery, NYC,<br />
NY and M+B Gallery, LA, CA / The Polaroid Collection<br />
Polaroid! Die Marke ist längst zum universellen Mythos<br />
geworden. Sie hat Gebrauchsweisen initiiert, die – ein<br />
Blick auf Instagram genügt – die Alltagsfotografie noch<br />
heute beeinflussen. An der Schnittstelle von Kunst und<br />
Technologie zeigt die Ausstellung das Phänomen<br />
Polaroid zum ersten Mal in seiner gesamten Breite.<br />
Herausragende Künstlerinnen und Künstler – von Ansel<br />
Adams bis Andy Warhol – haben im Medium der<br />
Sofortbildfotografie neue Wege beschritten und die<br />
Ästhetik einer Ära geprägt. Ihren einzigartigen Werken<br />
stellt The Polaroid Project mit Kameramodellen,<br />
Konzepten und Prototypen jene innovative Technik an<br />
die Seite, die diese visuelle Revolution überhaupt erst<br />
ermöglichte. Wien – dank der Initiative von Peter Coeln<br />
seit 2010 die neue Heimat der International Polaroid<br />
Collection – ist die erste Station der Ausstellung in<br />
Europa. Präsentiert werden rund 200 Polaroids von<br />
knapp 100 Fotografinnen und Fotografen, von den<br />
Anfangstagen der Corporation bis heute, mit einem<br />
Schwerpunkt auf der zweiten Hälfte des 20.<br />
Jahrhunderts. Neben diesen Unikaten in den<br />
charakteristischen Formaten – vom bekannten SX-70<br />
Schnappschuss mit seinem weißen Rahmen (8,8x10,7<br />
cm) bis zum faszinierend detailreichen 20x24 Inch<br />
Großformat (50x60 cm) – demonstriert der Fokus auf<br />
die Technik der Sofortbildfotografie, dass die Kreativität<br />
von Unternehmensgründer Edwin Land und seinem<br />
Team derjenigen der Kunstschaffenden in nichts<br />
nachstand. Bevor die Firma in den 1990er-Jahren den<br />
Anschluss an die digitale Entwicklung verpasste, war<br />
Polaroid ein Synonym für visionäre Technologie,<br />
vergleichbar nur mit dem Status von Apple zum Beginn<br />
des neuen Jahrtausends. Nicht von ungefähr zählte<br />
Steve Jobs zu den größten Bewunderern von Land und<br />
seinen Erfindungen. Das Phänomen Polaroid ist, auch<br />
als analoger und einzigartiger Gegenentwurf zur Masse<br />
digitaler Bilder, gerade in der jüngeren Generation<br />
populärer denn je. Eine Traditionsmarke wie Leica hat<br />
erst kürzlich ihre erste Sofortbildkamera auf den Markt<br />
gebracht. Und The Impossible Project, das nach der<br />
Pleite von Polaroid das Sofortbildverfahren<br />
wiederbelebte, firmiert – mit neuen Filmen und einer<br />
neuen Kamera im Gepäck – inzwischen unter dem<br />
legendären Namen in frischem Gewand: Polaroid<br />
Originals.
KUNST.INVESTOR WestLicht<br />
Auke Bergsma Woman Walking 1981 Polaroid SX-70 Time Zero © Auke Bergsma, Courtesy Fotosammlung OstLicht
KUNST.INVESTOR WestLicht<br />
Polaroid selbst arbeitete von seiner Gründung an eng<br />
mit Fotografinnen und Fotografen zusammen. Zu den<br />
frühesten Beratern von Edwin Land gehörte kein<br />
Geringerer als Ansel Adams, Übervater der<br />
amerikanischen Landschaftsfotografie. Im sogenannten<br />
Artist Support Program stellte die Corporation sowohl<br />
arrivierten Größen als auch unbekannten Talenten der<br />
Kunst- und Fotoszene Filmmaterial und Kameras zur<br />
Verfügung und erhielt im Gegenzug nicht nur Feedback<br />
zu ihren Produkten, sondern auch ausgewählte Werke<br />
für die Sammlung. Für Künstlerinnen und Künstler<br />
boten die Erfindungen aus dem Hause Land eine<br />
Spielwiese, die sie auf ihre je eigene Art und Weise<br />
nutzten und damit der Fotografie neue Impulse<br />
verliehen. In den Arbeiten spiegeln sich die<br />
unterschiedlichen künstlerischen Temperamente, aber<br />
auch die Charakteristika von Material und Technik: Das<br />
Studiosetting der massiven 20x24 Kamera lud zur<br />
Inszenierung aufwendiger Stillleben und zu akribischen<br />
Porträtsitzungen ein, der Objektcharakter der SX-70<br />
Polaroids stiftete zu Collagen und Übermalungen an,<br />
und das handliche 4x5 Format und der Polacolor Film<br />
eigneten sich hervorragend für Ausschnitte aus dem<br />
Alltag. Die sofortige Verfügbarkeit der Aufnahme –<br />
obwohl nach heutigen, digitalen Maßstäben „sofort“ in<br />
Zeiten von Polaroid ein durchaus dehnbarer Begriff war<br />
– übte eine gewaltige Faszination auf Kunstschaffende<br />
aus. Sie erlaubte etwa den spontanen Austausch mit<br />
den Modellen und ein Höchstmaß an Kontrolle über<br />
den Arbeitsprozess, der buchstäblich und direkt in den<br />
eigenen Händen lag. Dieser Austausch zwischen der<br />
Kunst und dem Unternehmen bildete die Grundlage der<br />
spektakulären Polaroid Collection, mit Standorten in<br />
Cambridge, USA, und Amsterdam. The Polaroid Project<br />
vereint erstmals in einer Ausstellung den<br />
amerikanischen mit dem europäischen Teil der<br />
Sammlung, der sogenannten International Polaroid<br />
Collection, die 2010, nach dem Bankrott der<br />
Corporation durch den Einsatz von Peter Coeln und<br />
WestLicht vor dem Ausverkauf gerettet werden konnte<br />
und seitdem in Wien beheimatet ist. Mit zusätzlichen<br />
Leihgaben von den Künstlern und Künstlerinnen selbst<br />
und deren Nachlässen zeigt die Ausstellung auf den<br />
internationalen Stationen ihrer Tournee das Phänomen<br />
Polaroid an der Schnittstelle von Kunst und<br />
Technologie erstmals in seiner gesamten Breite. Mit<br />
Polaroids von Nobuyoshi Araki, Sibylle Bergemann,<br />
Anna & Bernhard Blume, Guy Bourdin, Ellen Carey,<br />
Helen Chadwick, Chuck Close, Marie Cosindas,<br />
Barbara Crane, Philip- Lorca diCorcia, Joan<br />
Fontcuberta, Toto Frima, Luigi Ghirri, Richard Hamilton,<br />
Robert Heinecken, Gottfried Helnwein, Jan Hnizdo,<br />
David Hockney, Barbara Kasten, David Levinthal, Ulrich<br />
Mack, Robert Mapplethorpe, James Nitsch, Robert<br />
Rauschenberg, Lucas Samaras, Fazal Sheikh, William<br />
Wegman, Erwin Wurm u. v. a. The Polaroid Project ist<br />
eine Koproduktion von WestLicht. Schauplatz für<br />
Fotografie, Wien, mit OstLicht. Galerie für Fotografie,<br />
Wien, dem MIT Museum, Cambridge, Massachusetts<br />
und der Foundation for the Exhibition of Photography,<br />
Minneapolis / New York / Paris / Lausanne; kuratiert<br />
von Deborah G. Douglas, William A. Ewing, Barbara P.<br />
Hitchcock, Rebekka Reuter und Gary Van Zante. [Foto:<br />
WestLicht. Dauer bis 25 Februar <strong>2018</strong>]
KUNST.INVESTOR WestLicht<br />
Andy Warhol Andy Sneezing 1978 Polaroid SX-70 © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts Inc.<br />
VBK Wien 2017, Courtesy Fotosammlung OstLicht
KUNST.INVESTOR WestLicht<br />
Gottfried Helnwein Untitled 1987 Polaroid 20x24 Polacolor © DACS 2017, Courtesy Fotosammlung OstLicht
KUNST.INVESTOR WestLicht<br />
Dennis Hopper Los Angeles, Back Alley 1987 Polaroid SX-70 © Dennis Hopper, Courtesy The Hopper Art Trust
KUNST.INVESTOR Belvedere<br />
Aleah Chapin, The Last Droplets Of The Day, 2015. Foto: Martin Url<br />
© Aleah Chapin, Courtesy of Flowers Gallery London and New York, Sammlung Klöcker, Bad Homburg v. d. Höhe.<br />
Die Kraft des Alters<br />
Kein Lebensabschnitt ist in unserer Gesellschaft mit<br />
derart kontroversiellen Zuschreibungen besetzt wie<br />
das Alter. Während einerseits die Werbeindustrie<br />
neue verheißungsvolle Begriffe wie Woopies, Best<br />
Agers oder Medioren für die anwachsende<br />
Käuferschicht jenseits der 65 findet, sind Personen<br />
schon ab 50 auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr<br />
vermittelbar. Die Filmindustrie zeigt uns rüstige<br />
Junggebliebene, die Kosmetikindustrie unterstützt den<br />
vorherrschenden Jugendkult mit unzähligen Anti-<br />
Aging-Produkten. Künstlerinnen und Künstler haben in<br />
diesem Diskurs rund um das Alter oft Gegenentwürfe<br />
zum gängigen Modell. In Die Kraft des Alters werden<br />
zahlreiche historische und aktuelle künstlerische<br />
Zugänge rund um das Thema Alter gezeigt. Bis 4.<br />
März <strong>2018</strong> ist im Unteren Belvedere die erste<br />
medienübergreifende Ausstellung zu dieser<br />
hochaktuellen Thematik zu sehen. Stella Rollig,<br />
Generaldirektorin des Belvedere: „Es ist eine der<br />
großen Fragen unserer Zeit, wie wir mit dem<br />
Älterwerden umgehen, zumal die Lebenserwartung<br />
deutlich zunimmt. Statt Wertschätzung für das Alter<br />
besteht reale Diskriminierung und Ausgrenzung. Die<br />
Ausstellung im Belvedere zeigt Bilder des Alters, die<br />
Stärke, Schönheit und Freude vermitteln: die Kraft der<br />
späten Jahre.“ Man müsse schon sehr lange leben, „um<br />
jung zu werden”, meinte Pablo Picasso, der in seinen<br />
letzten beiden Lebensjahren an die 200 Werke schuf<br />
und mit 91 Jahren starb. Picasso ist nur einer von 105<br />
Künstlerinnen und Künstlern, deren insgesamt 174<br />
Werke in der aktuellen Ausstellung des Belvedere zu<br />
sehen sind. Sie alle stellen sich den drängenden<br />
Fragen, die das Alter(n) in unserer Gesellschaft<br />
aufwirft. Denn Alter ist nicht nur ein biologischer<br />
Prozess, sondern auch eine kulturelle Konstruktion. Es<br />
wird gegenwärtig nicht als natürlicher<br />
Lebensabschnitt wie Kindheit, Jugend und<br />
Erwachsenenalter erfasst. Begriffe wie „Anti-Aging“<br />
beschreiben das Altern als etwas Pathologisches, das<br />
therapiert werden muss. In unserem aktuell<br />
vorherrschenden, defizitären Altersmodell werden alte<br />
Menschen weitgehend marginalisiert. Dabei trifft das<br />
„Doing-aging“ Frauen ungleich härter als Männer.
KUNST.INVESTOR Belvedere<br />
Joyce Tenneson, Christine Lee, 2002 - © Joyce Tenneson
KUNST.INVESTOR Belvedere<br />
Maria Lassnig, Schmetterling, 1975, Eigentum der Artothek des Bundes, Dauerleihgabe im Belvedere, Wien, © Maria Lassnig Stiftung
KUNST.INVESTOR Belvedere<br />
Alex Katz, Red Sweater, 1999, Sammlung Klöcker, Bad Homburg v.d.Höhe, Foto: Martin Url/© Bildrecht, Wien, 2017<br />
Gemäß einem seit Jahrhunderten gültigen<br />
Schönheitsideal werden sie immer noch vorrangig<br />
nach ihrer Jugendlichkeit beurteilt, schneller als alt<br />
wahrgenommen und früher aus der öffentlichen<br />
Wahrnehmung gefiltert. Kuratorin Sabine Fellner stellt<br />
die Frage: „Braucht unsere Gesellschaft Nachhilfe<br />
darin, wie man den letzten Lebensabschnitt bewältigt,<br />
und wenn ja, warum? Fehlen etwa die richtigen Leitund<br />
Vorbilder? Hat die Kunst neue, „Alter-native“<br />
Entwürfe anzubieten?“ Die Zukunftsforschung<br />
entwickelt längst eine neue Sicht auf das Alter. Statt die<br />
„Vergreisung“ der Gesellschaft zu beklagen, fordert<br />
sie eine Neudefinition der Lebensphasen und eine<br />
„Altersbejahung“, die die Vorteile der zunehmenden<br />
Lebenserwartung aufzeigt. Ebenso haben<br />
Kunstschaffende eine alternative Sicht auf den letzten<br />
Lebensabschnitt und illustrieren, dass Alter tatsächlich<br />
auch für Erfahrung, Lebensweisheit, Macht,<br />
Kontemplation, Würde, Lebenslust, Triumph über<br />
gesellschaftliche Konventionen und Produktivität<br />
steht. So entwickelte Maria Lassnig ihre Malerei bis zu<br />
ihrem Tod im Alter von 95 Jahren beständig weiter und<br />
Künstler_innen wie Arnulf Rainer, Daniel Spoerri, Joan<br />
Semmel oder Margot Pilz sind jenseits der Achtzig<br />
ungebrochen produktiv. In der vorliegenden<br />
Ausstellung werden überlieferte Traditionen der<br />
Darstellung auf Geschlechterrollen und<br />
Rollenzuweisungen überprüft. Gegenwärtige Diskurse<br />
werden spezifischen Bildern des Alter(n)s der letzten<br />
rund hundert Jahre gegenübergestellt. Anhand von<br />
sechs Themenkomplexen – Ewige Jugend/stolzes<br />
Alter, Vergänglichkeit, Einsamkeit/Verbundenheit, neue<br />
Freiheit, Muße und Erinnerung – werden neue<br />
Perspektiven auf das Alter gezeigt. Jenseits von<br />
Altersverklärung und Alterspessimismus gelingt es<br />
Künstler_innen, Chancen wie auch Grenzen des<br />
Alterns realistisch differenziert wahrzunehmen, und<br />
jene Qualitäten herauszufiltern, die speziell das Alter<br />
besitzt. Mittels unterschiedlicher künstlerischer Medien<br />
veranschaulichen sie kritisch, einfühlsam, aber auch mit<br />
Ironie, Witz und Humor, wie das Alter in all seinen<br />
Facetten auf wertschätzende Weise in unser Leben<br />
integriert und wie Solidarität und Verbundenheit<br />
zwischen den Generationen gelebt werden kann. Die<br />
mit internationalen Positionen zusammengestellte<br />
Schau präsentiert neben zahlreichen Werken aus der<br />
eigenen Belvedere Sammlung hochkarätige Leihgaben<br />
aus in- und ausländischen Museen und Sammlungen.<br />
(Foto: Belvedere)
KUNST.INVESTOR Belvedere<br />
Eric Fischl, Frailty is a Moment of Self Reflection, 1996- © Eric Fischl, Foto: © Dorothy Zeidman
KUNST.INVESTOR Belvedere<br />
Heidi Harsieber, x-ray, 2001 - © Bildrecht, Wien, 2017
KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien<br />
FAQ, Le Dictateur, 2016, Foto: Kunsthalle Wien 2017<br />
Publishing as an Artistic<br />
Toolbox: 1989–2017<br />
Offprint London in der Tate Modern, La Art Book Fair im<br />
MOCA in Los Angeles, Editionale in Köln, MIA Miami<br />
international Art Fair, NY Art Book Fair – in den letzten<br />
Jahren haben internationale Kunstbuchmessen<br />
genauso zugenommen wie die Kunstbuch-<br />
Sammlungen in den Museen zeitgenössischer Kunst.<br />
Inspiriert davon und als Gegenposition zur<br />
allgegenwärtigen Digitalisierung, zu eBooks und<br />
eReadern, widmet die Kunsthalle Wien dem Kunstbuch<br />
bzw. von Künstler/innen herausgegebenen und<br />
gestalteten Zeitschriften eine umfangreiche<br />
Ausstellung. Welche Rolle spielen Kunstbücher heute?<br />
Wie haben sich Künstler/innen das Publizieren für ihre<br />
spezifische Praxis zu eigen gemacht? Und wie hat sich<br />
die Wahrnehmung von Kunstbüchern verändert? Das<br />
Ausstellungsprojekt Publishing as an Artistic Toolbox:<br />
1989–2017 zielt darauf ab, die Potenziale des<br />
Publizierens – in Form von Büchern, Zeitschriften,<br />
Journalen, künstlerischen Interventionen oder Websites<br />
– als Medium und Kontext zu erforschen, in dem<br />
Information distribuiert und Kunst produziert wird. Seit<br />
den 1960er Jahren ist das Veröffentlichen von Büchern<br />
zu einem beliebten künstlerischen Experimentierfeld<br />
geworden. Es hat sich zudem als alternativer Raum<br />
eines uneingeschränkten individuellen oder kollektiven<br />
Diskurses etabliert. Statt das Augenmerk auf die bereits<br />
historisierte und erforschte Periode der 1960er und<br />
1970er Jahre zu richten, vermittelt die Ausstellung, wie<br />
eine junge Generation von Künstler/innen das Verlegen<br />
als produktives Werkzeug in ihre eigene Praxis<br />
integriert. Der Schwerpunkt liegt auf der Zeit von 1989<br />
bis 2017, wobei 1989 als symbolisches Datum<br />
verstanden wird, das die Umstellung vom Analogen<br />
zum Digitalen markiert, gilt 1989 doch als das<br />
Geburtsjahr des World Wide Web. Auf politischer<br />
Ebene wird die Zäsur durch den Fall der Berliner Mauer<br />
markiert.
KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien<br />
Le Dictateur, 2006/2016, Foto: Kunsthalle Wien 2017<br />
West Studio, Foto: Nathan Murell - Foto: Kunsthalle Wien 2017
KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien<br />
Publishing as an Artistic Toolbox: 1989–2017 entfaltet<br />
sich in einem Zusammenspiel von elf verschiedenen<br />
Sektionen, die sich sowohl im Ausstellen materieller<br />
Exponate als auch in einem Off-Site-Projekt und einer<br />
Vielzahl von Veranstaltungen manifestieren: So wurden<br />
für einen Bereich der Ausstellung Künstler/innen, in<br />
deren Werk das Publizieren eine bedeutende Rolle<br />
spielt, eingeladen, Titel zu nennen, die ihre<br />
Wahrnehmung von Büchern sowie ihre künstlerische<br />
Praxis beeinflusst haben. In den Erklärungen zur<br />
jeweiligen Auswahl finden sich so intime Passagen wie<br />
die von Michael Dean, der über das Collins Mini Gem<br />
English Dictionary von 1989, das als Promo-Giveaway<br />
Waschpulverboxen beigelegt war, meinte: „Ganze<br />
Nachmittage verbrachte ich damit, an den Seifenduftgeschwängerten<br />
Seiten zu schnüffeln … dieses<br />
Lexikon war das einzige Stück Literatur, das ich in die<br />
Finger kriegen konnte. Eine ganze Scheiß-Ewigkeit<br />
lang.“ Martin Beck wiederum führt Die Passion nach<br />
G.H. (aus Clarice Lispector, The Complete Stories, New<br />
Directions, New York 2015) an und erklärt „…<br />
verwirrend und auf seltsame Weise faszinierend –<br />
tatsächlich berauschend. Ich markierte Phrasen, Sätze<br />
und Passagen und verwendete einen Auszug in einem<br />
zeitschriftenartigen Kunstwerk, an dem ich damals<br />
arbeitete.“<br />
Und Nathalie Du Pasquier hebt in allen genannten<br />
Publikationen die Parallelen bzw. spannenden<br />
Abweichungen zwischen dem Präsentieren von Kunst<br />
im Ausstellungsraum und zwischen zwei Buchdeckeln<br />
hervor. Die Bibliothek als Medium sowie als Porträt<br />
einer Persönlichkeit wird in einer kleinen, temporär<br />
zugänglichen Satelliten-Ausstellung thematisiert: Franz<br />
West hatte seine Bibliothek im Wiener Studio in selbst<br />
gebauten Regalen untergebracht. Die dort<br />
gesammelten Bücher dienten in vielen Fällen auch als<br />
Notizbücher. Für die Ausstellung wurde eine Gruppe<br />
von Künstler/innen eingeladen, eines dieser Bücher zu<br />
wählen und – ganz im West‘schen Sinne – diesem eine<br />
künstlerische Intervention hinzuzufügen. Ein vom<br />
Sammler/Verleger Gregorio Magnani kuratierter<br />
Buchladen ist ebenso Teil der Ausstellung wie eine vom<br />
Kunstbuch-Sammler Christoph Schifferli ko-kuratierte<br />
Sektion, die sich der Geschichte künstlerischer<br />
Interventionen in Zeitschriften und Zeitungen widmet.<br />
Denn neben dem Kunstbuch sind auch die von<br />
Künstler/innen herausgegebenen Zeitschriften für das<br />
Thema relevant. Hat doch die Zeitschrift als wichtiges<br />
Instrumentarium künstlerischer Produktion bereits eine<br />
lange Tradition. Die Autorin und Journalistin Filipa<br />
Ramos lädt vor Ort zur Diskussion mit Verleger/ innen<br />
von Zeitschriften, die ihren Arbeitsbereich auf das<br />
Verlegen von Büchern erweitert haben. In einem<br />
separaten Bereich der Ausstellung stellt Filipa Ramos<br />
Projekte vor, die zwischen Druck und Digitalität<br />
oszillieren und Mischformen zwischen Kunstbuch und<br />
kuratorischem Experiment darstellen. Publishing as an<br />
Artistic Toolbox: 1989–2017 verwandelt den<br />
Ausstellungsraum nicht in eine Bibliothek, einen<br />
Lesesaal oder eine begehbare Enzyklopädie, sondern<br />
versteht sich als räumlicher Index, der die<br />
Besucher/innen einlädt, die ausgestellten Materialien in<br />
der Ausstellung zu erleben. [Kunsthalle Wien. Dauer:<br />
8.11 - 28/1 <strong>2018</strong>]
KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien<br />
THE THING Quarterly Issue 24, 2014, Foto: Kunsthalle Wien 2017<br />
THE THING Quarterly Issue 28, 2015, Foto: Kunsthalle Wien 2017
KUNST.INVESTOR Genusskunst<br />
Aux Gazelles – Savoir Vivre in Wien<br />
Le Restaurant, Le Club, Le Design<br />
Mit "mehr Funktion und weniger Folklore" ist das gemeinsam entwickelte Design-Konzept von Christine Ruckendorfer<br />
und Architekt Alberto Bach perfekt definiert. Bach zeichnet mit seinem Büro Albertoni für viele internationale<br />
Prestigebauten verantwortlich und hält Nichts von unnötigem Chi Chi, lauten Farben und orientalischen Klischees.<br />
Beide wollten dem Aux Gazelles mehr Spielraum und Bewegung geben. Das Licht wird durch die Neugestaltung tief in<br />
den Raum geholt. Auch die Séparées wurden neu interpretiert. "Ich wollte zwei unterschiedliche, elegante Welten<br />
kreieren, das Restaurant mit dem großzügigen Gastgarten ist eine helle frische Sommerwelt von großer Klarheit",<br />
erklärt Bach. "Verbindend dazu finden sich Designelemente, die klar und schwungvoll sind, mit klassisch<br />
marokkanischen Elementen." Eine Formsprache, die in Abwandlungen immer wieder zum Einsatz kommt. Ruckendorfer<br />
Für Ruckendorfer ist das Ergebnis "ein zeitgemäßes Lokal auf internationalem Niveau, ohne folkloristisch zu sein." Auf<br />
2000 Quadratmeter wird "Savoir Vivre in Wien" geboten: Essen, Trinken, Tanzen, Verwöhnen, Entspannen &<br />
Genießen. Neue Features, wie "Lunch Bazaar", "Signature Drinks", "After Work-Shower" und anderes mehr erwarten<br />
den Gast. "Orient Light" nennt sich das frische Food-Konzept, vielfältig, spannend und ideal für die heißen<br />
Sommermonate in der City. Im "Lunch Bazaar" werden mittags feine Variationen in Form von libanesischen Mezze-<br />
Gerichten und marokkanischen Vorspeisen das Aux in Form eines All You Can Eat-Buffets angeboten. Abends können<br />
diese auch à la Carte bestellt werden. Als Mittagsmenü gibt es Rindsbrochettes mit gratinierten Zucchini, Lammköfte im<br />
Tomaten-Zimtfonds mit Dijon Senf und gegrillte Calamari & Garnelen mit Spargel-Fenchel-Salat. Abends kommt<br />
regional-österreichisches zum Einsatz, wie bei der Tajine mit Mariazeller Saibling, knusprigem Rinderprosciutto und<br />
Granatapfel, einem zarten Kalbsgulasch, Couscous und Kichererbsen. Vegetarier werden mit Gemüse-Tajine oder<br />
gebackenen Kartoffeln mit Arganöl, Koriander mit Limetten-Sauerrahmdip verwöhnt.
KUNST.INVESTOR Genusskunst<br />
Wüstentee on the Rocks meets Bloody Mary<br />
Eine schöne Bar braucht exzellente Drinks! Daher hat sich das Aux Gazelles-Team gleich mehrere feine Signature-<br />
Drinks überlegt. So wird der berühmte marokkanische Minztee, an dem bereits Winston Churchill im La Mamounia<br />
schlürfte, im Sommer "on the rocks" serviert. Zum Feierabend gibt es eine alkoholische Version des Traditionsgetränks<br />
aus der Sahara, gemixt mit Gin. Oder ein Gimlet, das berühmt, berüchtigte Getränk der Britischen Navy, favorisiert von<br />
Ernest Hemingway und bekannt aus den Philip Marlowe-Krimis. Apropos Hemingway: Zu Beginn einer heißen Bar-<br />
Nacht darf ein perfekter Bloody Mary nicht fehlen. Dieser Klassiker wird im Aux Gazelles nach einer klandestinen<br />
Rezeptur eines jamaikanischen Barmans gemixt.<br />
After Work-Shower<br />
Raus aus dem Job und rein in den Feierabend! Doch wo bitte, machen Mann und Frau sich nach einem anstrengenden<br />
Arbeitstag frisch und fein? Nicht jeder wohnt im City-Loft um die Ecke. Hammam und Salon de Beauté schaffen Abhilfe.<br />
Für 15,- Euro können sich Aux Gazelles-Gäste von 17 bis 20 Uhr duschen, entspannen und für den Abend zu Recht<br />
machen. Im Preis inkludiert sind: Handtuch, Erfrischungsgetränk (hausgemachte Limonaden und Eistees).<br />
Verwöhnprogramm für Body & Soul<br />
Eine alte Hammam-Tradition besagt: Politik, Geld und Sorgen bleiben draußen! Insofern sind Hammam & Salon de<br />
Beauté nicht gerade der geeignete Ort für das nächste Business Meeting, wohl aber um sich von Kopf bis Fuß<br />
verwöhnen zu lassen und zu entspannen. Auf 500 Quadratmetern befinden sich ein klassisches Dampfbad,<br />
Behandlungs- und Entspannungsräumlich-keiten in bester Orient-Manier. Hammamcis verwöhnen mit Waschungen,<br />
Peelings, wohlriechenden Salben und einer Haarwäsche – falls gewünscht. Mehr Info unter www.auxgazelles.at
BÖRSE<br />
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Meistgelesen: Die ‘Hingucker’ des Tages <br />
LUXUS<br />
Die Autoshow in Tokio brachte einen Marcedes SL600, bestückt mit Swarovski-Kristallen<br />
Foto: Kiyoshi Ota/Bloomberg<br />
Swarovski<br />
verhilft<br />
Daimler zu<br />
neuem Glanz<br />
600.000 zu Diamanten geformte Swarovski-<br />
Kristalle zieren die neueste Kreation des japanischer<br />
Tuners D.A.D., die dieses<br />
Wochenende auf der Autoshow in Tokio<br />
vorgestellt wurde. Getunt wurde ein Mercedes<br />
SL600, der nun um rund eine Million<br />
US-Dollar zu erwerben ist. - einer silbern,<br />
der andere golden. Die erste Wagen wurde<br />
bereits verkauft und wird auf den Straßen<br />
von Dubai glitzern.<br />
03<br />
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BÖRSE EXPRESS<br />
INTERVIEW<br />
GEORG FOLIAN<br />
Warimpex liegt mir am<br />
Herzen – und aber auch<br />
auf der Geldbörse<br />
Robert Gillinger<br />
robert.gillinger@boerse-express.com<br />
Wenige Tage vor seinem freiwilligen Ausscheiden<br />
zu Jahreswechsel aus dem Warimpex-Vorstand<br />
traf sich der langjährige CFO<br />
Georg Florian mit dem Börse Express. Warf<br />
einen Blick zurück, aber auch noch vorne.<br />
BÖRSE EXPRESS: Mit welchem Gefühl blicken Sie nach 30 Jahren<br />
als Warimpex-Vorstand Ihrem letzten Arbeitstag entgegen?<br />
GEORG FOLIAN: Mit einem sehr guten: die Firma ist gut<br />
aufgestellt, es geht ihr gut – die Mannschaft ist motiviert –<br />
ich übergebe an die Jugend – perfekt. 70 ist ein Alter, wo<br />
man noch bei halbwegs vollem Bewusstsein abtreten kann<br />
– und es ist besser man tritt selbst ab, als man wird abgetreten.<br />
„...Daher ist es<br />
wichtig, dass<br />
Dividenden<br />
gezahlt werden.”<br />
Neben Warimpex begleitete Sie auch die bildende Kunst Zeit Ihres<br />
Lebens. Wird dieses Engagement<br />
nun forciert? (Anm. Als Sponsor unterstützt<br />
Georg Folian seit 2016 den<br />
Kunstraum Nestroyhof und jährlich<br />
findet im Semper Depot eine große<br />
Ausstellung statt, die die aktuellen<br />
Arbeiten eines ausgewählten österreichischen<br />
Künstlers im Kontext seiner gesamten künstlerischen Entwicklung<br />
zeigt. Diese Ausstellungen werden jeweils mit einem<br />
umfangreichen Katalog dokumentiert)<br />
An meinem jetzigen Engagement wird sich nichts ändern.<br />
Ich möchte Künstler fördern, aber nicht mit Ankäufen, sondern<br />
einer Ausstellungs-Organisation. Davon haben wesentlich<br />
mehr Leute etwas, als wenn etwa ich mir das Gemälde<br />
zu Hause aufhängen würde.<br />
Gegründet wurde Warimpex ursprünglich als Waren Im- und Export-Gesellschaft,<br />
was noch im Namen steckt. Wie kam es, den Geschäftsfokus<br />
von stark mobilen Geschäften in das Gegenteil, immobile<br />
Geschäfte zu drehen?<br />
Ursprünglich lieferte Warimpex viele Produkte etwa für<br />
Hotelbauten und hatte sich bei der staatlichen ungarischen<br />
Einkaufsgesellschaft einen guten Namen gemacht. Als es Anfang<br />
der 1980er-Jahre zum ersten österreichischen Kredit für<br />
den Ausbau touristischer Infrastruktur – damals über 300<br />
Millionen US-Dollar – in Ungarn gab, war genau diese Einkaufsgesellschaft<br />
mit der Abwicklung betraut. Wir wurden<br />
Der nun Ex-CFO der Warimpex, Georg Folian nahm sich Zeit<br />
für ein Gespräch auch abseits von Zahlen.<br />
Foto: VE/Draper<br />
gefragt, ob wir nicht gleich für ein ganzes Hotel-Projekt anbieten<br />
möchten, gewannen die Ausschreibung, erfüllten den<br />
Auftrag zur Zufriedenheit des Kunden, dieser empfahl uns<br />
der tschechischen staatlichen Einkaufsgesellschaft weiter<br />
und so begann der Umstieg ins Immobile, wie Sie sagen.<br />
Sie verkauften heuer Ihre Anteile an Vienna House (Anm. früher<br />
Vienna International Hotelmanagement), gab bzw. gibt es auch Überlegungen,<br />
Ihre Warimpex-Anteile zu verkaufen?<br />
Nein – dazu vielleicht zur Vorgeschichte: Mit Vienna House<br />
wollten wir eine große österreichische Hotelmanagementgesellschaft<br />
schaffen. Was auch gelang und viel Interesse großer<br />
internationaler Namen weckte. Warimpex selbst nutzte<br />
Vienna House für das Management des Großteils unserer Hotels<br />
– womit wir sehr zufrieden waren, uns aber damit in<br />
eine gewisse Zwickmühle brachte: Denn ein neuer Betreiber<br />
könnte uns hierbei theoretisch<br />
„Es ist besser<br />
man tritt selbst<br />
ab, als man wird<br />
abgetreten.”<br />
rasch Probleme bereiten. Also<br />
entschlossen wir uns zu einer<br />
Art Paket-Verkauf. Und Vienna<br />
House bekommt nun zusätzlich<br />
die Möglichkeit, nach<br />
Asien zu expandieren – und bekommt<br />
in Europa mehr Häuser als bisher verantwortet.<br />
Warimpex soll sich weiter entwickeln. Unser Geschäft ist<br />
die Entwicklung neuer Projekte, diese langfristig auszufinanzieren,<br />
langfristig zu bewirtschaften und wenn der Preis<br />
einmal stimmt, wird verkauft. Zum Börsegang 2007 sagten<br />
wir, dass auf einen Verkauf zwei bis drei Neuprojekte kommen<br />
…<br />
… gilt das heute auch noch – die Preise haben sich seit damals auf<br />
allen Ebenen verändert?<br />
Zehn Jahre war es nicht so, jetzt wieder schon.
BÖRSE EXPRESS<br />
INTERVIEW<br />
Abschließend zur Frage des Anteilsverkaufs: Warimpex<br />
liegt mir am Herzen – und aber auch auf der Geldbörse:<br />
daher ist es wichtig, dass Dividenden gezahlt werden.<br />
Hätten Sie die 70 auch ohne den heurigen Hotel-Portfolioverkauf zum<br />
Rückzug aus dem operativen Geschäft genutzt?<br />
Höchstwahrscheinlich nein. Es ist einfacher ein gut funktionierendes<br />
Unternehmen zu<br />
„Von einer Ausstellungs-Organisation<br />
haben<br />
wesentlich mehr<br />
Leute etwas, als<br />
wenn etwa ich<br />
mir das Gemälde<br />
zu Hause aufhängen<br />
würde.“<br />
übergeben, als eines, bei dem<br />
an mehreren Schrauben zu<br />
drehen ist.<br />
Ihnen folgt Ihr Sohn Daniel Folian<br />
als CFO. Alexander Jurkowitsch,<br />
Sohn von CFO Franz<br />
Jurkowitsch sitzt ebenfalls im Vorstand.<br />
Wo ziehen Sie die Grenze<br />
zwischen Familien- und börsenotiertem<br />
Unternehmen. Und sehen<br />
Sie in dieser – Ihrer – Konstellation<br />
Vorteile, da vielleicht eher an einem<br />
Strang gezogen wird, als wenn externe Manager die Unternehmensgeschicke<br />
leiten?<br />
Es ist etwa 50/50 – Hälfte Familie, Hälfte Streubesitz, mit<br />
ein paar großen polnischen Pensionsfonds. Ich hätte auch<br />
nichts dagegen, auf 25 bis 30 Prozent zu gehen – neue Aktionäre<br />
bringen meistens neue Ideen.<br />
Familienunternehmen sind eher auf Langfristigkeit und<br />
Stabilität ausgerichtet, im Gegensatz zum klassischen börsenotierten<br />
Unternehmen, das auf Schnelllebigkeit ausgerichtet<br />
ist, nur der Augenblick ist wesentlich.<br />
Ich glaube, dass der Mix aus Börse und Familie ein gesunder<br />
ist – vielleicht ist mit ein Zeichen dafür, dass die Mitarbeiter-Fluktuation<br />
bei uns sehr gering ist.<br />
Das Geld aus dem Vienna House-Verkauf könnten Sie nutzen, um<br />
die unter Buchwert notierende Warimpex-Aktie von der Börse rückzukaufen.<br />
Gibt es Überlegungen in diese Richtung?<br />
Nein.<br />
Was macht man sonst im aktuellen Niedrigzinsumfeld mit so viel<br />
Geld?<br />
Ich habe meine Investitionen mit sehr viel Fremdkapital<br />
getätigt, dieses wird jetzt abgebaut. Wirtschaftlich wäre ein<br />
Leverage zwar weiter besser, aber ich muss auch an die Zukunft<br />
meiner Erben denken. Und die Zinsen können sich<br />
sehr rapide und rasch ändern – dann sähe die Welt ganz anders<br />
aus: unbelastet schläft man ruhiger.<br />
Im Gegensatz zur Immofinanz bleibt Warimpex in Russland und<br />
baut das Engagement sogar aus. Was sehen Sie dort für eine Story?<br />
Es ist ein Unterschied, ob man z.B. im Bürobereich eine<br />
gut gehende Rechtsanwaltskanzlei als Mieter hat, die ihre fixierten<br />
Mieten immer und pünktlich bezahlt, oder etwa im<br />
Einzelhandelsbereich mit einer auch durch die Sanktionen<br />
gedrückten Kaufkraft konfrontiert ist, was durch den umsatzabhängigen<br />
Mietanteil zu einem Einnahmen-Entfall<br />
führt. Wenn deine Mieter dann auch noch internationale<br />
Multis sind, die mit einer Halbierung des Rubels gegen den<br />
Euro konfrontiert sind…<br />
Für die russische Wirtschaft selbst gibt es durch die Sanktionen<br />
aber auch positive Effekte – die heimische Produktion<br />
etwa im Lebensmittelbereich stößt in die sanktionierten<br />
Bereiche hinein. Ich halte Russland für ein wirtschaftlich<br />
sehr entwicklungsfähiges Land – ein Rückzug steht bei uns<br />
somit nicht auf der Agenda.<br />
Es ist auffallend, dass die Warimpex-Assets im Norden Osteuropas<br />
angesiedelt sind. Ziehen Sie für diese Region damit so eine Art wirtschaftlichen<br />
Konvergenzgürtel ein.<br />
Jein. Wir arbeiten an sich nur in Ländern, in denen wir<br />
Büros und Mitarbeiter vor Ort haben. Denn wer sich mit<br />
einem Land nicht richtig beschäftigt, wird keinen Erfolg<br />
haben. Rumänien ist aber ein Markt, den wir schön langsam<br />
aufbauen. Tschechien hingegen haben wir zuletzt eher abgebaut<br />
– auch, da unser Prager Mitarbeiter bereits 70 Jahre<br />
ist und die tschechische Wirtschaft mittlerweile derart entwickelt<br />
ist, dass sie uns nicht mehr brauchen.<br />
„Unser Geschäft<br />
ist die Entwicklung<br />
neuer<br />
Projekte, diese<br />
langfristig auszufinanzieren,<br />
langfristig zu<br />
bewirtschaften<br />
und wenn der<br />
Preis einmal<br />
stimmt, wird<br />
verkauft.“<br />
Sie erwähnten die tschechische<br />
Konvergenz zu Westeuropa - wer<br />
wird das als Nächster schaffen?<br />
Ungarn und in ein paar Jahren<br />
Polen.<br />
Welche Entscheidung bereitete<br />
Ihnen – geschäftlich betrachtet – die<br />
größten Kopfschmerzen?<br />
Langfristig eigentlich keine –<br />
kurzfristig, als Banken bei uns<br />
unbedingt eine Zinsabsicherung<br />
wollten, wir zustimmten,<br />
was eine falsche Entscheidung<br />
war. Damals haben die Banken<br />
gut verdient.<br />
Welchen Ratschlag von Ihnen hätten Sie gern bereits in jungen Jahren<br />
gehabt?<br />
Pomale, pomale sagen die Tschechen dazu - es wird nie so<br />
heiß gegessen, wie’s im ersten Augenblick aussieht.<br />
Ein Ratschlag an die neue Regierung, der nicht nur Sie, sondern<br />
auch die nachfolgende Generation betrifft…<br />
Stabilität und Kontinuität in der Steuer- und Wirtschaftspolitik.<br />
Eine gute Idee wäre die One-Stop-Verwaltung. Und<br />
keine Neidgefühle in der Bevölkerung wecken.
BÖRSE EXPRESS<br />
BRANCHE IMMOBILIEN<br />
MARKT ÖSTERREICH<br />
Die Rekordflut endet<br />
Der österreichische Investmentmarkt gibt Grund zum<br />
Jubeln: mit rund 4,8 Milliarden Euro an Investmentvolumen<br />
wurde 2017 ein All Time High erreicht. Ein<br />
Trend, der sich im gesamten Jahr 2017 gezeigt hat, ist jener<br />
von großvolumigen Investments: bei 11 Transaktionen war<br />
das Investmentvolumen größer als 100 Millionen Euro. „Erwähnen<br />
muss man allerdings auch, dass wir Forward Deals<br />
nun bereits mit dem Signing berücksichtigen – bis 2016 war<br />
das Closing ausschlaggebend“, so Georg Fichtinger, Head of<br />
Investment Properties CBRE.<br />
Die bedeutendste Assetklasse im Jahr 2017 war die der Büroimmobilien,<br />
auf die rund 65% aller Investments entfielen,<br />
Retailimmobilien mit ca. 12% und Wohnimmobilien mit ca.<br />
11% folgen auf den Rängen 2 und 3.<br />
Für mehr als die Hälfte – rund 51% - aller Investments sind<br />
deutsche Investoren verantwortlich, ca. 30% der Transaktionen<br />
wurden von Österreichern getätigt. Internationale Investoren<br />
– hier vor allem französische und luxemburgische –<br />
wickelten rund 19% der Investments ab.<br />
Die Spitzenrenditen haben in allen Assetklassen im Jahr<br />
2017 noch einmal leicht nachgegeben: Büroimmobilien 3,90%<br />
(2016: 4,00%), High Street Retail 3,30% (2016: 3,40%) Einkaufszentren<br />
4,00% (2016: 4,10%), Fachmarktzentren 5,60% (2016:<br />
5,70%). „Nach so einem Rekordjahr ist es nicht einfach, eine<br />
Prognose abzugeben. Wir gehen davon aus, dass <strong>2018</strong> ein<br />
gutes Jahr wird, der Rekordwert von 2017 wird allerdings<br />
nicht mehr erreicht“, so Fichtinger, der mit seinem Team<br />
zehn Deals im Jahr 2017 abwickelte.<br />
Büromarkt Wien. Der Büromarkt in Wien kommt langsamer<br />
in die Gänge als erwartet. Wurden 2016 noch ca. 329.000 m²<br />
vermietet, so ist das Vermietungsvolumen im Jahr 2017 auf<br />
ca. 192.000 m² zurückgegangen und lag damit sogar unter<br />
dem Niveau von 2015.<br />
„Die geringe Vermietungsleistung korreliert mit dem Fertigstellungsvolumen.<br />
Im Jahr 2017 wurden rund 154.000 m²<br />
neuer Büroflächen fertiggestellt, von denen allerdings bereits<br />
Anfang 2017 ca. 70% vorvermietet oder eigengenutzt waren“,<br />
so Olivia Prinz, Associate Director Office Agency CBRE.<br />
Fertiggestellt wurden 2017 u.a. der Orbi Tower, Euro Plaza<br />
6, Denk Drei, Post am Rochus, QBC 3 & 4. Für <strong>2018</strong> wird ein<br />
höheres Fertigstellungsvolumen erwartet, rund 282.000 m²<br />
neuer Büroflächen sollen bis zum Ende des Jahres fertiggestellt<br />
werden, wie z.B. THE ICON VIENNA und Austria Campus<br />
sowie Inno Plaza.<br />
Etwa 40% der Neuvermietungen entfielen auf die Innere<br />
Stadt, Erdberg mit 16% und der Hauptbahnhof mit 14% der<br />
Vermietungen waren ebenfalls beliebte Bürostandorte in<br />
Wien. Am wenigsten vermietet wurde im Norden von Wien<br />
mit nur rund 1% aller Vermietungen.<br />
Gewerbeimmobilien gerankt nach Dividendenrendite<br />
Name Dividendenrendite*<br />
ATRIUM EUROPEAN REAL ESTATE 8,35<br />
KLEPIERRE 5,34<br />
UNIBAIL-RODAMCO SE 5,07<br />
BRITISH LAND CO PLC 4,39<br />
UBM DEVELOPMENT AG 4,16<br />
ALSTRIA OFFICE REIT-AG 4,01<br />
TLG IMMOBILIEN AG 3,66<br />
Median 3,59<br />
PSP SWISS PROPERTY AG-REG 3,59<br />
IMMOFINANZ AG 3,54<br />
CA IMMOBILIEN ANLAGEN AG 2,92<br />
S IMMO AG 2,58<br />
PATRIZIA IMMOBILIEN AG 0,85<br />
TAG COLONIA-IMMOBILIEN AG 0,00<br />
REGUS PLC 0,00<br />
WARIMPEX 0,00<br />
DO DEUTSCHE OFFICE AG 0,00<br />
Gewerbeimmobilien nach Empfehlungskonsens<br />
Name<br />
Konsens**<br />
REGUS PLC 5,00<br />
WARIMPEX 5,00<br />
UBM DEVELOPMENT AG 4,60<br />
KLEPIERRE 4,47<br />
CA IMMOBILIEN ANLAGEN AG 4,38<br />
PATRIZIA IMMOBILIEN AG 4,38<br />
S IMMO AG 4,25<br />
Median 4,16<br />
TLG IMMOBILIEN AG 4,08<br />
UNIBAIL-RODAMCO SE 4,00<br />
ATRIUM EUROPEAN REAL ESTATE 4,00<br />
BRITISH LAND CO PLC 3,63<br />
ALSTRIA OFFICE REIT-AG 3,53<br />
PSP SWISS PROPERTY AG-REG 2,83<br />
IMMOFINANZ AG 2,38<br />
TAG COLONIA-IMMOBILIEN AG -<br />
DO DEUTSCHE OFFICE AG -<br />
Quelle: Bloomberg; Stand 10. Jänner <strong>2018</strong><br />
* in Prozent ** von 1 bis 5, je höher desto besser<br />
Dienstleister (rund 35%) und der öffentliche Sektor (ca. 23%)<br />
waren die aktivsten Neumieter 2017, Unternehmen aus der<br />
Computer & High Tech Branche sind für ca. 15% der Neuanmietungen<br />
verantwortlich gewesen, Handel, Infrastruktur<br />
und Gewerbe für ca. 14%.
BÖRSE EXPRESS<br />
BRANCHE IMMOBILIEN<br />
Die Mieten haben sich 2017 nur marginal verändert, in Spitzenlagen<br />
blieben sie konstant bei 26,00 Euro/m²/Monat, in<br />
guten Lagen stieg sie auf 17,00 Euro/m²/Monat (2016:<br />
16,50/m²/Monat), in durchschnittlichen Lagen muss man mit<br />
14,55 Euro/m²/Monat (2016: 14,25/m²/Monat) rechnen.<br />
Die Leerstandsrate hat sich weiter nach unten bewegt und<br />
beträgt zu Jahresende 2017 4,9% in Wien (2016: 5,3%).<br />
„Wir sehen allgemein wieder ein höheres Interesse an größeren<br />
Flächen als noch vor wenigen Jahren“, so Prinz, die mit<br />
dem CBRE Office Team 28% aller Vermietungen in Wien im<br />
Jahr 2017 begleitete.<br />
<strong>2018</strong> sollte sich die Vermietungsleistung in Wien wieder erhöhen,<br />
allerdings wird sich auch die Leerstandsrate aufgrund<br />
der hohen Neubautätigkeit wieder auf mehr als 5% bewegen.<br />
„Rund die Hälfte der neu errichteten Flächen des Jahres <strong>2018</strong><br />
ist bereits vorvermietet oder eigengenutzt. Einige Flächen<br />
werden allerdings auch wieder frei, da z.B. die Bank Austria<br />
Standorte zusammenlegt und in den Austria Campus übersiedelt“,<br />
so Prinz.<br />
Retailmarkt Österreich. Mit 32 Neueintritten im Jahr 2017<br />
ist der österreichische Retailmarkt stabil (2016: 37 Neueintritte,<br />
2015: 32 Neueintritte). Zu den neuen Marken und Unternehmen<br />
am österreichischen Markt zählen u.a. XXL Sports,<br />
Under Armour, Urban Outfitters, Tod’s, OVS und asics. „Nach<br />
wie vor sind die Neueintritte sehr stark von der Fashion- und<br />
Sportbranche getrieben. Hier gibt es offensichtlich noch Potenzial<br />
in Österreich. Wobei die Neueintritte für ihre ersten<br />
Stores entweder auf die Wiener Innenstadt oder eines der großen<br />
Shopping Center setzen“, so Walter Wölfler, Head of Retail<br />
Österreich & CEE bei CBRE.<br />
2017 wurden rund 79.500 m² neue Retailflächen fertiggestellt,<br />
der Großteil entfiel auf Erweiterungen (Designer Outlet<br />
Parndorf, Phase II des Huma XI) bzw. auf Umbauten<br />
ehemaliger Baumax Standorte (FMZ Inzersdorf, FMZ Stadlau,<br />
etc.). Etwa 46.000m² der neuen Flächen sind in Einkaufszentren<br />
entstanden, der Rest in Fachmarktzentren.<br />
„Für <strong>2018</strong> erwarten wir weniger neue Flächen in Einkaufsund<br />
Fachmarktzentren als in den vergangenen Jahren. Der<br />
Retailmarkt in Österreich ist allerdings – im Vergleich zu anderen<br />
Märkten wie insbesondere den USA – stabil, vor allem<br />
in den sehr guten und guten Lagen“, so Wölfler. „Eigentümer<br />
und Händler bleiben aber gefordert, auf die Herausforderungen<br />
durch das geänderte Konsumentenverhalten zu reagieren.<br />
Stichworte hier sind etwa Omnichanneling, Schaffung<br />
von Einkaufserlebnissen, etc.“<br />
Zum Jahresende lagen die Spitzenmieten für High Street Retail<br />
(in Wien) bei 310,00 Euro/m²/Monat, in Einkaufszentren<br />
bei 120,00 Euro/m²/Monat und in Fachmarktzentren bei 14,00<br />
Euro/m²/Monat.<br />
Immobilientrends in der CEE Region. In den CEE Core Ländern<br />
– Polen, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Ungarn –<br />
wurde mit rund 11 Milliarden Euro 2017 annähernd das Investmentvolumen<br />
von 2016 (11,3 Milliarden) erreicht. Der<br />
stärkste Markt war Polen mit einem Gesamtvolumen von ca.<br />
4,5 Milliarden, gefolgt von Tschechien mit 3,4 Milliarden und<br />
Ungarn mit 1,67 Milliarden Euro. Sowohl Polen als auch<br />
Tschechien sind leicht rückläufig, während in Ungarn und<br />
in Rumänien mehr investiert wurde als in den Vorjahren.<br />
„Vor allem in Ungarn können wir einen kontinuierlichen<br />
und linearen Anstieg des Investmentvolumens feststellen in<br />
den letzten fünf Jahren. Dies ist vor allem auf die relativ<br />
hohen Renditen und die Tatsache zurückzuführen, dass die<br />
aktuelle ungarische Regierung im Vergleich zu Polen oder<br />
USA nicht mehr als so ungewöhnlich betrachtet wird“, so<br />
Andreas Ridder, Geschäftsführer CBRE Österreich und Chairman<br />
CEE.<br />
Die Renditen in einigen CEE Ländern sind noch attraktiv<br />
und hoch, da sie – im Gegensatz zu anderen europäischen<br />
Ländern und Städten wie Wien, Berlin, Paris oder London –<br />
ihr zyklisches Rendite-Tief bzw. einen neuen Höchstwert noch<br />
nicht erreicht haben. So sind Budapest, Bukarest und Bratislava<br />
noch nicht am zyklischen Tief angekommen, die Renditen<br />
in diesen Städten liegen zwischen 6 und 7,5%.<br />
„Warschau und Prag sind auf dem Niveau von Westeuropa,<br />
was bedeutet, dass auch dort bereits das zyklische Tief erreicht<br />
wurde im Jahr 2017“, so Ridder.<br />
Büros sind nach wie vor sehr gefragt in den CEE Ländern.<br />
2017 wurden 1,59 Millionen m² Büroflächen in den Städten<br />
Warschau, Prag, Bratislava, Bukarest und Budapest vermietet.<br />
Die hohe Nachfrage ergibt sich aus dem Trend der Business<br />
Service Center, die nach wie vor laufend in den CEE Ländern<br />
eröffnet werden. „Große Konzerne lagern ihre Back Office<br />
Agenden in den zentral- und osteuropäischen Raum aus, dafür<br />
werden mehr und mehr Büroflächen benötigt“, so Ridder. Die<br />
attraktivsten Standorte für Business Service Centers sind die<br />
CEE Core Märkte bzw. Städte. Von den rund 1.400 Business<br />
Centers in der Region befinden sich 900 in Polen – daher ist<br />
auch in Warschau die Nachfrage für neue Büroflächen am<br />
größten.<br />
Die Spitzenmieten für Büros sind weitgehend stabil, in Bratislava<br />
(17,00 Euro/m²/Monat) und Prag (21,00/m²/Monat) ist<br />
sie leicht angestiegen, in Budapest (21,00/m²/Monat) etwas gefallen.<br />
„Warschau bleibt auch 2017 die teuerste CEE Bürohauptstadt<br />
mit einer Spitzenmiete von rund 23,00<br />
Euro/m²/Monat.<br />
Warschau hat den höchsten Bestand an Büroflächen, allerdings<br />
auch mit rund 12,5% die höchste Leerstandsrate in der<br />
Region. In allen anderen Städten der CEE Region liegt die Leerstandsrate<br />
unter 10%.<br />
„<strong>2018</strong> erwarten wir in den CEE Ländern weiter eine enorm<br />
hohe Büronachfrage parallel zum höchsten Wirtschaftswachstum<br />
in Europa und dem nicht enden wollenden Prozess<br />
der Verlagerung von Back Office Aktivitäten von West- nach<br />
Osteuropa“, so Ridder >red
BÖRSE EXPRESS<br />
AKTIEN WIEN<br />
TRADING-UPDATE OMV<br />
Trotz Gegenwind weiter<br />
auf Kurs Zielerreichung<br />
Die Erstreaktion der Aktie auf die Veröffentlichung des<br />
Trading Updates der OMV zum 4. Quartal war negativ.<br />
Negativ war zu diesem Zeitpunkt aber auch die Entwicklung<br />
des Ölpreises - aber auch der Wiener Gesamtmarkt<br />
war erst auf Richtungssuche. Ein schnelles Fazit: Wenn, findet<br />
sich im Geschäftsbereich Raffinerie das Haar in der Suppe.<br />
Denn in der Förderung sollte das abgelaufene 4. Quartal einen<br />
weiteren Ergebnissprung gebracht haben, was mit eine Folge<br />
des gegen Jahresende vollzogenen Einstiegs beim russischen<br />
Erdgasfeld Juschno Russkoje ist. Derart stieg die OMV-Förderung<br />
in 4. Quartal auf im Schnitt 377.000 Barrel Öl-Äquivalent<br />
pro Tag. 315.000 waren es im Vorjahresquartal und 341.000<br />
im Vorquartal (Q3) - Anm.: Juschno Russkoje ist seit Anfang<br />
Dezember inkludiert. Der durchschnittlich realisierte Ölpreis<br />
stieg dabei von 45,4 auf 55,6 US-Dollar pro Barrel (47,3 waren<br />
es im Q3).<br />
Nicht ganz so rund läuft es im Bereich Raffinierie. Die Bereichsmarge<br />
stieg zwar im Jahresvergleich von 5,59 auf 5,68<br />
US-Dollar je Barrel - im Q3 waren es aber 7,04. Auch die Retailund<br />
Commercial-Margen fielen im 4. Quartal gegenüber dem<br />
Q3, heißt es. Gleichzeitig wurden mit 4,95 Mio. Tonnen weniger<br />
Raffinerieprodukte verkauft - letztes Jahr waren es 7,87<br />
Mio. Tonnen, letztes Quartal 5,39 Millionen. Mit ein Grund:<br />
Im Schwechater Steamcracker kam es nach einem mechanischen<br />
Fehler zu einem zweiwöchigen Stillstand. <br />
OMV, die Konkurrenz und ihre Fundamentaldaten<br />
CEO Rainer Seele<br />
Das sagen die Analysten<br />
Kaufen Halten Verkaufen<br />
Empfehlungen 7 6 6<br />
Konsensrating*: 3,16<br />
Foto: OMV<br />
Quelle: (Bloomberg 5x/BE)<br />
Kursziel 52,2 Euro Kurspotenzial -6%<br />
Quelle: Bloomberg: * von 1 bis 5, je höher desto besser<br />
Stand per 12. Jänner≠, Quelle: Bloomberg<br />
Perf. YTD (%) Kurs MA-50* MA-200* Potenzial (%)-Konsens** KGV Div.Rendite K/BW<br />
Rosneft 10,26 323,80 303,42 311,98 16,12 4,27 12,36 3,07 0,88<br />
Gazprom PJSC 10,17 144,55 132,98 125,03 9,13 4,17 4,58 5,68 0,28<br />
LUKOIL PJSC 9,52 3688,00 3369,49 3012,53 5,70 4,83 7,18 5,58 0,80<br />
Repsol SA 7,43 15,86 15,38 14,79 5,33 3,62 10,83 5,07 0,77<br />
Tatneft PJSC 6,70 510,40 486,72 408,61 -3,41 3,29 9,06 6,63 1,49<br />
Galp Energia SGPS 5,87 16,34 15,84 14,56 1,01 3,44 23,73 3,13 2,66<br />
Statoil ASA 5,51 185,70 170,67 154,36 -8,45 3,03 17,77 3,86 1,94<br />
Eni SpA 5,51 14,59 14,05 13,91 9,66 3,44 25,65 5,51 1,06<br />
OMV AG 4,90 55,74 52,76 48,23 -1,33 3,16 11,33 2,36 1,61<br />
TOTAL SA 4,85 48,23 47,30 45,81 9,89 4,27 16,55 4,14 1,58<br />
Gazprom Neft 3,61 254,05 252,63 217,30 7,46 4,00 4,96 4,86 0,79<br />
Royal Dutch Shell 3,33 2596,00 2450,44 2247,04 4,01 3,82 18,37 5,36 1,49<br />
Sasol Ltd 2,06 43973,00 42602,47 39929,38 2,34 3,43 12,60 2,83 1,21<br />
BP PLC 1,84 531,90 507,86 472,87 2,46 3,69 23,79 5,58 1,47<br />
Surgutneftegas 1,56 28,41 28,69 27,89 7,00 2,62 5,03 2,24 0,32<br />
Novatek PJSC 1,11 682,00 674,70 651,62 11,44 4,00 9,09 2,14 2,78<br />
Quelle: Bloomberg, * 50- bzw. 200-Tage-Durschnittslinie, **Konsens (von 1 bis 5, je höher desto besser)
BÖRSE EXPRESS<br />
INTERVIEW<br />
ALOIS WÖGERBAUER<br />
„Ich erwarte keine<br />
Bewertungsausdehnung“<br />
Robert Gillinger<br />
robert.gillinger@boerse-express.com<br />
Alois Wögerbauer schaffte mit dem 3 Banken<br />
Österreich-Fonds 2017 die beste Performance<br />
unter den Österreich-Aktienfonds.<br />
Was ihm warum trotzdem missfiel - und<br />
was ihm mit Blickrichtung auf das neue Anlagejahr<br />
gefällt, darüber mehr im Interview.<br />
BÖRSE EXPRESS: Was war Ihre größte Enttäuschung im heurigen<br />
Jahr an der Wiener Börse?<br />
ALOIS WÖGERBAUER: Grundsätzlich, dass man eine<br />
BAWAG-Aktie überteuert an die Börse bringt und die heimischen<br />
Privatanleger völlig außen vor lässt und nicht<br />
einmal ordentliche Werbung in Österreich macht. Auf<br />
Einzeltitelebene etwa die Immofinanz, die vom Boom<br />
des Marktes einmal mehr kaum profitiert hat – Portfolio,<br />
Strategie und auch Management überzeugen nicht.<br />
Ich wundere mich, dass viele meiner Branchenkollegen<br />
da immer wieder höhere Kurse herbeireden wollen. Ich<br />
sehe sie nicht.<br />
„Es ist erfreulich,<br />
dass Wien<br />
2017 zu den<br />
besten Börsenplätzen<br />
international<br />
gehört –<br />
das hören die<br />
zahlreichen heimischen<br />
Jammerer<br />
ungern.”<br />
Und wer oder was wird positiv<br />
hervorgestrichen?<br />
Bei über 40 Prozent Performance<br />
des 3 Banken Österreich-Fonds<br />
ist die Liste<br />
natürlich lang. Es ist erfreulich,<br />
dass Wien 2017 zu den<br />
besten Börsenplätzen international<br />
gehört – das hören die<br />
zahlreichen heimischen Jammerer<br />
ungern. Auf Einzeltitelebene<br />
eine AT&S, wo man als<br />
treuer langjähriger Aktionär<br />
endlich belohnt wurde. Immotitel wie CA Immo, BUWOG<br />
und s Immo, weil dort ein aktionärsfreundliches gutes Management<br />
aktiv ist. Erfreulich ist auch, dass traditionelle<br />
Österreich-Qualität á la voestalpine gut funktioniert hat.<br />
Alois Wögerbauer, GF und Fondsmanager 3 Banken Generali<br />
Investment<br />
Foto: beigestellt<br />
Am deutlichsten unterschätzt habe ich leider, wie rasch<br />
Rainer Seele die OMV positiv verändert hat.<br />
Ihre drei größten relativen Übergewichtungen zum ATXPrime zu<br />
Jahresstart im Fonds - und warum?<br />
Vienna Insurance Group, weil die führende Marktstellung<br />
in Osteuropa sich zu<br />
„Am deutlichsten<br />
unterschätzt<br />
habe ich leider,<br />
wie rasch Rainer<br />
Seele die OMV<br />
positiv verändert<br />
hat.“<br />
wenig im Kurs zeigt – etwas<br />
mehr Aktionärsfreundlichkeit<br />
wäre aber wünschenswert.<br />
Agrana als defensives dividendenstarkes<br />
Investment. Strabag,<br />
weil die Aktie nach den<br />
jüngsten Rückschlägen günstig<br />
ist.<br />
Und die Entwicklung des Gesamtmarkts<br />
sehen Sie wie?<br />
Die Konjunkturlage in Osteuropa ist gut. Das wird dazu<br />
führen, dass das Interesse ausländischer Investoren am<br />
Wiener Markt noch zunimmt. Ich erwarte aber keine Bewertungsausdehnung.<br />
Wenn die Kursentwicklung in etwa<br />
dem entspricht, was die Unternehmen an Gewinnsteigerungen<br />
ausweisen können, dann sollte <strong>2018</strong> ein Plus von<br />
sechs bis sieben Prozent möglich sein. Entschieden wird<br />
das aber nicht in Wien – sondern an den internationalen<br />
Märkten und von EZB & Co. <<br />
Fonds Express<br />
http://www.boerse-express.com/nl<br />
web 2.0 newsletter<br />
jeden Montag
BÖRSE EXPRESS<br />
GRAFIK<br />
Aktien 2017: Wertentwicklung und die Treiber<br />
(Quelle: Deutsche AM)<br />
2017 war ein hochprofitables Jahr für Aktieninvestoren. Alle<br />
großen Indizes legten zu und so gut wie alle Prognosen wurden<br />
übertroffen (unsere eigenen eingeschlossen). Betrachtet<br />
man aber die Treiber, so kann man einige interessante Beobachtungen<br />
machen:<br />
Die Unternehmensgewinne stiegen rund um den Globus an.<br />
Einstellige Wachstumsprognosen stellten sich als zu konservativ<br />
heraus. Viele Unternehmen konnten über die vergangenen<br />
zwölf Monate ihre Gewinne um zweistellige<br />
Prozentraten erhöhen. Bei den Bewertungen zeigt sich jedoch<br />
ein differenziertes Bild: Die US-Märkte antizipierten eine Entlastung<br />
durch die Steuerreform, was sich in steigenden Bewertungen<br />
widerspiegelt. Die bereits relativ hohen<br />
Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) stiegen noch weiter an. Bei<br />
europäischen sowie japanischen Indizes hingegen sanken die<br />
Bewertungen, wodurch die gesamte Wertenwicklung unterhalb<br />
des Gewinnwachstums lag. In einigen Märkten schafften<br />
es jedoch die Dividenden, die in Europa<br />
traditionellerweise etwas höher ausfallen, dem Gesamtindex<br />
noch zu einer zweistelligen Wertenwicklung zu verhelfen.<br />
Die Schwellenländer wurden von Mittelzuflüssen unterstützt,<br />
auch dort stiegen die KGVs an.<br />
Die Bewertung der US-Aktien scheint die Steuerentlastungen<br />
bereits zu reflektieren. Auch der andere wichtige Treiber,<br />
die vergleichsweise hohe Gewichtung und das gleichzeitig<br />
überdurchschnittliche Abschneiden von Technologiewerten,<br />
dürfte den Zenit erreicht haben. Insofern sehen wir Aufholpotenzial<br />
bei anderen Märkten.<br />
BElogs<br />
www.be24.at<br />
Meinung, Analysen,<br />
Anlage,<br />
Life...
BÖRSE EXPRESS<br />
BELOG VON BE24.AT<br />
VON WOLFGANG MATEJKA<br />
MATEJKA & PARTNER AM SOWIE BELOGGER AUF BE24.AT<br />
Der Lockruf, der im<br />
Halse steckt<br />
Die halbe Welt wünscht es sich. Das Allheilmittel<br />
gegen depressive Wirtschaften, cash flow-arme<br />
Staatsfinanzen, fantasielose Notenbanken oder<br />
historisch festgefahrene Volkswirte: die Inflation sollte<br />
endlich einmal steigen.<br />
Seit Jahren lesen wir vom Inflationskorridor der Notenbanken<br />
und über die mit einer Überschreitung dessen<br />
unterer Grenze von (zumeist) 2% erwarteten<br />
Segnungen des Wirtschaftsaufschwunges samt optimierter<br />
Steuerbarkeit dessen. Selbst auf die Gefahr hin, die<br />
eigene, persönliche Inflation als Maßstab für die Bewegung<br />
der Staatlichen zu nehmen und das Ausbleiben von<br />
„Ganze Heerscharen<br />
von Volkswirten<br />
sind seit<br />
Monaten dem Übel<br />
auf der Spur, das<br />
da im Verborgenen<br />
seine Kräfte<br />
ausspielt und die<br />
arme Inflation<br />
nicht und nicht<br />
ans Tageslicht der<br />
Wahrheit entlässt.<br />
deren Sprung über die 2%<br />
Marke frustriert zur<br />
Kenntnis zu nehmen, die<br />
öffentlichen Inflationserwartungen<br />
bleiben noch<br />
immer gedämpft.<br />
Die Verfechter der berühmten<br />
„Phillips-Kurve“,<br />
also dem direkten Zusammenhang<br />
zwischen Arbeitslosigkeit<br />
und<br />
Inflation sind, nachdem<br />
sich dieser historisch so<br />
gefestigte Konnex zwischen<br />
sinkender Arbeitslosigkeit<br />
und steigender<br />
Inflation nicht und nicht<br />
Foto: Pixabay/Wildfaces<br />
einstellt, ohnehin bereits tief im Lager der Depressiven<br />
angekommen. Ganze Heerscharen von Volkswirten sind<br />
daher seit Monaten dem Übel auf der Spur das da im Verborgenen<br />
seine Kräfte ausspielt und die arme Inflation<br />
nicht und nicht ans Tageslicht der Wahrheit entlässt. Sie<br />
finden aber nichts, zumindest keiner traut sich zu<br />
sagen, er hätte nichts gefunden. Und daher übt sich<br />
jeder Berufene darin zu erklären, warum denn die Anstiege<br />
bei Energiekosten, Rohstoffen, Mieten und, ja<br />
genau, auch Löhnen ganz klar und logisch die Inflation<br />
heuer nicht wirklich zum Steigen bringen werden. Ziemlich<br />
fantasievolle Diskurse blühen da plötzlich auf. Aber<br />
für uns „Empfänger“ dieser Weisheiten gilt es aufzupassen.<br />
Volkswirte haben keine Benchmark oder Performancevorgabe.<br />
Könnte wichtig in der Beobachtung sein<br />
und uns alle zu parallelem Verwenden des Hausverstandes<br />
zwingend anregen. Vielleicht um schmerzhafte Erkenntnisse<br />
im Nachhinein zu vermeiden.<br />
Nun, wenn die aktuellen Parameter an der Preisfront<br />
(Energie, Löhne, etc. …) alle stimmen, dann ist es nur<br />
eine Frage der Zeit bis sich in einer Konjunktursituation<br />
wie der heutigen diese Preisanstiege durch die Wirtschaft<br />
arbeiten. Manche schneller, manche langsamer,<br />
aber am Ende wird das Inflation sein. Die passiert dann<br />
und greift umgehend in unsere Wirtschafts- und daher<br />
auch Börsenszenarien ein. Dann werden zuerst die Renditekurven<br />
heftiger diskutiert werden, dann sollten sich<br />
auch die Notenbanken wieder zu Wort melden (wetten,<br />
die verlängern ihre Beobachtungszeiträume um nur ja<br />
nicht den Griff aufs Rad der Zeit abgeben zu müssen),<br />
dann wird die Sektorallokation an die Aktienmärkte<br />
drängen, die Volatilität zieht nach langen Jahren wieder<br />
zuerst in die Renten- dann wieder Aktienmärkte ein und<br />
je nach Grad der Inflationsdynamik müssten sich auch<br />
Währungen anpassen. Es wird rund gehen, und das in<br />
den letzten Jahren so salbungsvoll erhoffte Manna aus<br />
dem Inflationshimmel wird für viele ein wenig mehr<br />
Stress und Arbeit bedeuten, als zuvor erwartet.<br />
Natürlich wird eine Normalisierung der Kapitalmarktrelationen<br />
allein deswegen nicht so schnell passieren,<br />
weil dies bedeuten würde, dass die Anleiherenditen sich<br />
auf ein Maß deutlich über der Inflation begeben müssten.<br />
Gerade das Gegenteil ist ja derzeit, dank der bisherigen<br />
Notenbankkäufe der Fall. Der Begriff „negative<br />
Realrendite“ wurde ja erst in den letzten Jahren für uns<br />
„normal“. Auch klar, dass zuerst die jeweiligen Staatsschulden<br />
durch die Inflationskur durch müssen und so<br />
einem gnädigen Schrumpfungsprozess folgen dürfen<br />
bevor sie wieder in die Freiheit kritischer Kapitalmärkte<br />
entlassen werden. Verjüngungskur dank (versteckter?)<br />
Inflation. Ob das nicht das wahre Ziel von Draghi und<br />
seinen Finanzministern war? Egal, unangenehm war es<br />
bis jetzt sicher keinem von ihnen.<br />
Was uns aber aufwecken sollte, ist die Phalanx an Inflationskandidaten<br />
aus der Preisecke die allesamt bereits<br />
nach oben tendieren.
BÖRSE EXPRESS<br />
GRAFIK DER WOCHE<br />
Inflationserwartungen anhand inflationsindexierter Staatsanleihen<br />
(Quelle: Deutsche AM)<br />
In den vergangenen Tagen wurde an den Märkten viel darüber<br />
spekuliert, dass sich der lange Bullenmarkt in<br />
Staatsanleihen vielleicht doch noch langsam<br />
dem Ende neigt. Seit mehr als 35 Jahren<br />
haben Staatsanleihen wie US-Treasuries und<br />
deutsche Bundesanleihen stattliche Gesamterträge<br />
geliefert. Wegen fallender Inflationsraten<br />
schrumpften die Zinsen immer weiter.<br />
Und wenn die Zinsen fallen, steigen die Anleihekurse,<br />
besonders am langen Ende. Seit<br />
mindestens einem Jahrzehnt befürchten Pessimisten,<br />
dass das nicht immer so gut weiter<br />
gehen kann. Irgendwann würden die Zinsen wieder steigen.<br />
Nun gibt es gute Gründe zu glauben, dass wir langsam<br />
„Was steckt<br />
hinter der<br />
Unruhe an den<br />
Anleihenmärkten<br />
in den<br />
vergangenen<br />
Tagen?“<br />
auf einen Wendepunkt zusteuern könnten. Wegen der US-<br />
Steuersenkungen schauen momentan viele auf das steigende<br />
Emissionsvolumen und Anzeichen,<br />
dass China weniger US-Treasuries kaufen<br />
könnte. Dazu kommen die schwellenden Sorgen<br />
über das Schwinden der Unterstützung<br />
durch unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen.<br />
Ein dritter Faktor wird allerdings<br />
vergleichsweise wenig diskutiert. Seit fast<br />
zwei Jahren steigen die Inflationserwartungen,<br />
wie man sie aus den Zinsen inflationsindexierte<br />
Staatsanleihen ableiten kann. Der<br />
Anstieg war zwar bisher recht moderat, aber ziemlich stetig,<br />
wie unser Chart der Woche zeigt.<br />
BElogs<br />
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Meinung, Analysen,<br />
Anlage,<br />
Life...
BÖRSE EXPRESS<br />
INTERVIEW<br />
HEIKO GEIGER<br />
Beträchtliches<br />
Aufwärtspotenzial bei<br />
Banken der Eurozone<br />
Robert Gillinger<br />
robert.gillinger@boerse-express.com<br />
Das Fixkupon Express Zertifikat auf den EuroStoxx<br />
Banks Index von Vontobel wurde<br />
zum Zertifikat des Monats Dezember gewählt.<br />
Heiko Geiger im Interview über hohe<br />
Indexstände an den Börsen und die Reaktion<br />
der Anleger darauf, was für europäische<br />
Bankaktien spricht - und über den<br />
neuen Crypto-Schwerpunkt bei Vontobel.<br />
„Aufgrund der<br />
hohen Indexstände<br />
wollen<br />
Anleger zunehmend<br />
flexibel<br />
sein und keine<br />
allzu langen<br />
Haltezeiten<br />
mehr eingehen.”<br />
BÖRSE EXPRESS: Was spricht für europäische Bankaktien?<br />
HEIKO GEIGER: Angesichts der potenziellen Ertragskraft<br />
der Banken der Eurozone und ihrer Bewertungen erkennen<br />
die Analysten von Vontobel ein beträchtliches Aufwärtspotenzial.<br />
Außerdem scheinen die meisten Banken<br />
der Eurozone ausreichend kapitalisiert zu sein und ihre<br />
Bewertungen sehen attraktiv aus. Die positiven Gewinnkorrekturen<br />
(Verhältnis der<br />
Aufwärts- zu Abwärtskorrekturen<br />
der Gewinnprognosen<br />
der Analysten) für die Banken<br />
der Eurozone deuten darauf<br />
hin, dass der Sektor von<br />
einem besseren Konjunkturumfeld<br />
profitiert. Es ist<br />
daher nicht überraschend,<br />
dass das Hauptrisiko für<br />
unser Anlagethema ein Konjunkturabschwung<br />
oder eine<br />
Rezession ist.<br />
Und warum haben Sie sich für die Produktvariante Express entschieden?<br />
Es hätte ja auch ein Index-Zertifikat oder anderes sein<br />
können?<br />
Bei einem Indexzertifikat haben Anleger ein lineares Risiko<br />
zu tragen. Bei der Expressvariante hingegen haben<br />
Anleger die Chance auf eine vorzeitige Rückzahlung von<br />
5 Prozent p.a. plus eine anfängliche Barriere bei 70 Prozent<br />
des Anfangsreferenzkurses.<br />
1,5 Jahre Laufzeit ist eher unüblich – ist das ein Zufall, oder fordern<br />
Anleger verstärkt zwischenjährige Produkte?<br />
Aufgrund der hohen Indexstände wollen Anleger zunehmend<br />
flexibel sein und keine allzu langen Haltezeiten<br />
Heiko Geiger, Vontobel<br />
mehr eingehen. Daher haben wir mit eher kurzfristigen<br />
Anlageprodukten reagiert, die einen Lebenszyklus von 1-<br />
1,5 Jahren haben. Bei halbjähriger Beobachtung der Tilgungslevel<br />
können Anleger somit opportunistisch mit<br />
Expressfunktion am Markt agieren, ohne ihr Kapital für 3<br />
bis 5 Jahre zu allokieren.<br />
Was ist für Sie die erwähnenswerte Eigenschaft dieses Produkts?<br />
Dies lässt sich schnell zusammenfassen: Das Produkt<br />
kann während der Laufzeit vorzeitig zurückgezahlt werden.<br />
Dies ist der Fall, wenn an einem Bewertungstag der<br />
jeweilige Referenzpreis des Basiswerts auf oder über 100<br />
Prozent des Anfangsreferenzkurses liegt. Ist das der Fall,<br />
wird das Produkt vorzeitig zum Nennbetrag (1000 Euro)<br />
„Es steht immer<br />
noch der Kupon<br />
im Vordergrund.“<br />
zurückgezahlt. Der Anleger<br />
erhält zusätzlich, unabhängig<br />
von der Wertentwicklung<br />
des Basiswerts, an jedem Bonuszahlungstag<br />
(halbjährlich)<br />
eine Express-Zahlung in<br />
Höhe von 25,03 Euro (entspricht<br />
5,00% p.a. des Nennbetrags von 1000 Euro).<br />
Foto: beigestellt<br />
Die großen Aktienmärkte feiern seit vielen Monaten immer neue<br />
Rekordstände. Hat sich die Produktnachfrage bei Ihnen zuletzt<br />
mehr in Richtung Absicherung verschoben, oder wird mehr gehebelt<br />
um möglichst viel von der Bewegung mitzunehmen?<br />
Ich würde sagen, dass die Anleger sich des Risikos bewusst<br />
sind und auch gelernt haben, dass Emittenten im<br />
aktuellen Zins- und Volatilitätsumfeld bei gleichbleibendem<br />
Kupon nicht mehr die Barrieren darstellen können<br />
wie noch vor 1 bis 2 Jahren. Daher steht immer noch der
BÖRSE EXPRESS<br />
INTERVIEW<br />
Kupon im Vordergrund. Ebenso sehen wir eine weiter anhaltende<br />
große Nachfrage nach Hebelprodukten.<br />
Mit Blick auf <strong>2018</strong>. Gibt es von Ihrem Haus eine Erwartung an die<br />
Entwicklung etwa in Europa, vielleicht speziell Deutschland? Und<br />
was wäre denn die daraus folgende zu präferierende Produktkategorie?<br />
Wir erwarten auch für<br />
„Renditeoptimierungsprodukte<br />
wie Bonus-Capund<br />
Express-Zertifikate<br />
oder<br />
Aktienanleihen<br />
könnten heuer<br />
für Anleger interessant<br />
sein.“<br />
<strong>2018</strong> weder eine Rezession<br />
noch eine Überhitzung der<br />
Märkte. Auch für <strong>2018</strong> könnten<br />
die Voraussetzungen für<br />
eine weitgehend ungestörte<br />
Konjunktur in den meisten<br />
Ländern gegeben sein. Daher<br />
könnten erneut Renditeoptimierungsprodukte<br />
wie<br />
Bonus-Cap- und Express-Zertifikate<br />
oder Aktienanleihen<br />
für Anleger interessant sein.<br />
Zur Beimischung könnten<br />
auch diverse Technologiethemen wie Künstliche Intelligenz,<br />
Industrie 4.0 oder Digitale Märkte und Handelsplätze<br />
interessant sein.<br />
Vontobel ist immer sehr schnell, wenn es um Produkte auf Trends<br />
geht – und meine damit nicht nur Bitcoin-Zertifikate. A.) sind das<br />
Produkte, die auch gefragt sind, oder mehr medialer Hype? Und<br />
ist für Sie bereits z.B. ein neuer Branchentrend zu erkennen, für<br />
den Sie sich die Auflage einen Themenzertifikats vorstellen können.<br />
Für die Platzierung von Themenzertifikaten gibt es<br />
push- und pull-Effekte. Auf der einen Seite suchen Anleger<br />
nach handelbaren Marktzugängen zu gewissen Trendthemen<br />
(pull-Effekt) und zum anderen sind auch wir<br />
ständig auf der Suche nach interessanten Anlagetrends,<br />
die sich für Themenzertifikate eignen (pull-Effekt)<br />
Ist <strong>2018</strong> etwas Spezielles von Vontobel zu erwarten?<br />
Eine <strong>2018</strong>er-Neuheit bei Vontobel ist die erste Ausgabe<br />
des „Crypto Research Reports“ von Incrementum, welchen<br />
interessierte Leser bei Vontobel kostenlos anfordern<br />
können. Darüber hinaus wird es einen neuen Krypto-<br />
Newsletter geben, in dem wir unsere Anleger regelmäßig<br />
zum Thema Blockchain und Kryptowährungen informieren.<<br />
Mehr zum Zertifikat des Monats als Wiederholung siehe nächste<br />
Seite<br />
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ETC<br />
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UND LIQUIDE
BÖRSE EXPRESS<br />
ZERTIFIKATE<br />
EMISSION<br />
Mit der Erste Group zu<br />
8,5 Prozent in einem Jahr<br />
Redaktion<br />
redaktion@boerse-express.com<br />
Die Erste Group startet mit drei Aktienanleiohen<br />
auf ihre eigene Aktie ins neue Jahr.<br />
Je nach Risikoneigung des Anlegers gibt es<br />
Zinskupons von 4,5 bis 8,5 Prozent. Und<br />
einen Schutz gegen Kursverluste von bis zu<br />
20 Prozent.<br />
Die Erste Group hat im dritten Quartal gut verdient.<br />
Wie das österreichische Geldhaus mitteilte, stieg der<br />
Gewinn zwischen Juli und September um 7,6 Prozent<br />
auf 363 Mio. Euro. Der Hauptgrund für die gute Entwicklung<br />
liegt in der besseren wirtschaftlichen<br />
Entwicklung in vielen Ländern in Zentral- und Osteuropa,<br />
in denen die Erste Group aktiv ist.<br />
Einlagen steigen trotz Zinstief. Gleichzeitig konnte die Risikovorsorge<br />
weiter zurückgefahren werden. Die Quote notleidender<br />
Kredite sank zum Vorquartal um 0,4<br />
Prozentpunkte auf 4,3 Prozent. Das ist der niedrigste Wert<br />
seit 2008. Weiter erfreulich: Die Bank gewährte mehr Kredite<br />
und auch die Einlagen erhöhten sich – trotz der niedrigen<br />
Zinsen. Der Zinsüberschuss konnte dadurch nahezu<br />
stabilisiert werden.<br />
Die Erste Group sieht sich daher auf einem guten Weg,<br />
die für das Jahr 2017 gesetzten Ziele – eine Eigenkapitalverzinsung<br />
(ROTE) von über zehn Prozent und eine höhere<br />
Dividende – zu erreichen und die Markterwartungen zu erfüllen.<br />
Für 2016 hatte die Bank einen Euro je Anteilsschein<br />
an seine Aktionäre ausgeschüttet.<br />
Bei Bilanzvorlage gab die Bank zudem einen kleinen Vorgeschmack<br />
auf das Jahr <strong>2018</strong>. Erste Group rechnet dank<br />
eines weiteren Nettokreditwachstums sowie Zinserhöhungen<br />
in Rumänien und Tschechien mit einer leicht verbesserten<br />
Ertragslage. Die Risikokosten sollen auf einem<br />
niedrigen Niveau verharren und die Eigenkapitalverzinsung<br />
auch im kommenden Jahr bei über zehn Prozent liegen.<br />
Zudem kündigte Bankchef Andreas Treichl auch für die<br />
nächsten Jahre langsam steigende Dividendenausschüttungen<br />
an.<br />
Aktie im Rallye-Modus. Die guten Geschäftszahlen sowie<br />
die sich verbessernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
spiegeln sich auch im Chart wider. In der Ein-Jahres-Jahres-Perspektive<br />
legte der Kurs der Erste Group-Aktie um fast<br />
30 Prozent zu. Vom im Juni 2016 markierten Zwischentief<br />
bei 18,87 Euro sind es sogar 90 Prozent Plus. Damit gehört<br />
der Anteilschein zu den Top-Performern im österreichischen<br />
ATX-Index.<br />
Investment mit Teilschutz. Wer sich angesichts der starken<br />
Kursgewinne lieber etwas vorsichtiger positionieren<br />
möchte, könnte eine neue Protect Aktienanleihe von Erste<br />
Group interessant finden. Das Papier ist mit einem Kupon<br />
von 6,5 Prozent ausgestattet, der am Laufzeitende in einem<br />
Jahr in jedem Fall zur Auszahlung kommt. Zudem wird die<br />
Anleihe zum Nennwert getilgt, wenn der Kurs der Erste<br />
Group-Aktie niemals die Barriere von 80 Prozent des Ausübungspreises<br />
berührt oder unterschreitet. Wenn die Barriere<br />
allerdings verletzt wird und die Erste Group-Aktie am<br />
Laufzeitende nicht wieder über ihrem Anfangsreferenzpreis<br />
notiert, erhalten Anleger statt des Nennbetrags Erste Group-<br />
Aktien entsprechend des vorab definierten Bezugsverhältnisses<br />
geliefert.<br />
Die Erste Group hat zwei weitere Varianten auf sich aufgelegt:<br />
Mehr Risiko nimmt der Anleger mit der „8,50 % Aktienanleihe<br />
auf Erste Group Bank AG <strong>2018</strong>-2019” auf sich -<br />
dafür gibt’s den höheren Zinskupon. Hierbei handelt es sich<br />
um eine klassische Aktienanleihe ohne Teilschutz. Heißt,<br />
der Aktienkurs sollte am Schluss über seinem Startwert liegen<br />
- sonst kommt es, wie bei der 6,5-Prozent-Variante zur<br />
Aktienlieferung ins Depot.<br />
Weniger Risiko gibt es bei der „4,50 % Protect Pro Aktienanleihe<br />
auf Erste Group Bank AG <strong>2018</strong>-2019”. Hier ist wieder<br />
ein Teilschutz von 80 Prozent des Startwerts inkludiert.<br />
Diese Barriere wird aber nur am letzten Handelstag beobachtet<br />
- eventuelle zwischenzeitliche Kursrücksetzer werden<br />
nicht beachtet. <<br />
INFO 6,50 % PROTECT AKTIENANLEIHE AUF ERSTE<br />
GROUP BANK AG<br />
ISIN: AT0000A1Z7R3<br />
Barriere: 80 Prozent<br />
Produktkategorie: Aktienanleihe<br />
Barriere-Beobachtung: laufend<br />
Nennbetrag: 1000 Euro<br />
Basiswert: Erste Group-Aktie<br />
Zinskupon: 6,5%<br />
Begebungstag: 31.01.<strong>2018</strong><br />
mehr zum Produkt<br />
Ausübungspreis: Schlusskurs<br />
vom 30.01.<strong>2018</strong><br />
Bewertungstag: 29.01.2019
BÖRSE EXPRESS<br />
ZERTIFIKATE<br />
OPTIONSSCHEIN<br />
Die Folgen der Steuern<br />
werden noch unterschätzt<br />
Robert Gillinger<br />
robert.gillinger@boerse-express.com<br />
Die Deutsche Bank erwartet zu Jahresende<br />
den S&P-500-Index bei 3000 Punkten. Per<br />
Optionsschein lässt sich die erzielbare Rendite<br />
deutlich steigern. Hier als Beispiel ein<br />
Schein der HVB (UniCredit).<br />
Die Rekordflut vor allem der US-Börsen scheint mehr<br />
und mehr Anlegern leicht suspekt. Doch zumindest<br />
die zu Wochenschluss offiziell mit JPMorgan, Wells<br />
Fargo und BlackRock gestartete US-Berichtssaison untermauerte<br />
für die Marktteilnehmer die zuvor gesehenen<br />
Kurssteigerungen - es gab etwa im S&P 500-Index den<br />
nächsten Rekord ine iner mittlerweile langen Serie an Rekorden<br />
- Schlusskurs 2786,24 Punkte. Was weitere Index-<br />
Investment mit Blick auf die Kursziele der Analysten zu<br />
Jahresende verhalten attraktiv aussehen lässt: der Bloomberg-Konsens<br />
liegt bei 2855 Punkten - das wäre ein Plus<br />
zum Jetzt von 2,4 Prozent. Außer das Investment wird<br />
etwa durch den Einsatz eines Call-Optionsscheins gehebelt<br />
- im folgenden Fall mit einem Faktor von knapp 20.<br />
So funktioniert’s. Mit diesem Optionsschein der HVB<br />
(UniCredit) erwirbt der Anleger das Recht, aber nicht die<br />
Pflicht, den S&P-500-Index am 17. Dezember 2019 zu 3000<br />
Punkten zu kaufen - egal wie hoch dieser zu diesem Zeitpunkt<br />
notiert. Der aktuelle Hebel des Investments liegt<br />
bei knapp 20. Warum 3000 Punkte? Blickt man auf die Gewinnschätzungen<br />
der Analysten, die zu ihren Indexzielen<br />
führen, ist zu vermuten, dass bei vielen die Folgen der US-<br />
Steuerreform noch nicht eingerechnet sind. Deutsche<br />
Bank-Analyst Binky Chadha hat das jedenfalls gemacht.<br />
Sein Fazit zur Steuerreform: die US-Unternehmensgewinne<br />
steigen heuer um 11 Prozent stärker als ohne Reform.<br />
Lässt man den nun höherem Gewinn auf die faire<br />
Bewertung einfließen, erhöht sich für Chadha das Indexziel<br />
von bisher durchschnittlichen 2850 Punkten auf 3000<br />
Punkte. Sollte sich diese Erwartungen als zu optimistisch<br />
herausstellen, haben Anleger mit diesem Schein noch die<br />
Chance auf Zielerreichung für ein weiteres Jahr.<br />
Wissen. Der Kennzahlenkasten zum Optionsschein ist<br />
diesmal umfangreicher als üblich. Und keine Sorge, Sie<br />
müssen jetzt nicht unter Umständen irgendwo nachschlagen,<br />
wofür etwa das Rho steht. Eine Seite später gibt<br />
es eine Erklärung zu den ‘Griechen’ des Kapitalmarkts. <<br />
S&P 500-Index seit 2017<br />
Foto: Bloomberg<br />
Quelle: (Bloomberg)<br />
INFO HVB CALL OPTIONSSCHEIN BEZOGEN AUF DEN<br />
S&P 500 (PRICE RETURN) INDEX<br />
ISIN DE000HW94W22<br />
Theta: 0,00<br />
Emittent UniCredit Bank AG Hebel: 19,29<br />
Produkttyp: Optionsschein Omega: 6,37<br />
Basiswert: S&P-500-Index Gamma: 0,0<br />
Basispreis: 3000 Punkte Rho: 0,15<br />
Bezugsverhältnis: 0,01 Ausübungsart: europäisch<br />
Abstand Basispreis: -7,8% Emissionstag: 20.12.2017<br />
Delta: 0,33<br />
Letzter Bewertungstag:<br />
17.12.2019<br />
Vega: 0,11<br />
Mehr dazu hier
BÖRSE EXPRESS<br />
ZERTIFIKATE<br />
WISSEN<br />
Der Lebenszyklus eines<br />
Optionsscheins<br />
Redaktionr<br />
redaktion@boerse-express.com<br />
Die Erste Group beschäftigt sich im Rahmen<br />
ihres aktuellen Investment Kompass<br />
mit wichtigen Kennzahlen für die Bewertung<br />
von Optionsscheinen. Hier die Zusammenfassung.<br />
Optionsscheine gehören bei Anlegern zu den beliebtesten<br />
strukturierten Produkten, was nicht zuletzt<br />
an deren relativ einfacher Funktionsweise liegt.<br />
Grundsätzlich handelt es sich um Wertpapiere, welche<br />
dem Inhaber das Recht geben, einen Basiswert (beispielsweise<br />
eine Aktie) kaufen oder verkaufen zu können. Bei<br />
einem Kaufoptionsschein, welcher auch „Call“ genannt<br />
wird, erwerben Anleger das Recht, den Basiswert („Underlying“)<br />
zu einem späteren Zeitpunkt zu einem vorher<br />
vereinbarten Preis („Strike“), kaufen zu können. Umgekehrt<br />
gewährt ein Verkaufsoptionsschein, auch „Put“ genannt,<br />
dem Inhaber das Recht, den Basiswert zu einem<br />
vorher festgesetzten Preis verkaufen zu können.<br />
Ein Kauf-Optionsschein weist am Laufzeitende einen positiven<br />
Wert auf, wenn der Kurs des Underlyings über dem<br />
Strikepreis („im Geld“) liegt. Notiert das Underlying hingegen<br />
auf („am Geld“) oder unter („aus dem Geld“) dem<br />
Strikepreis, verlieren Sie Ihr eingesetztes Investment. Mit<br />
einem Verkaufsoptionsschein verhält es sich genau umgekehrt.<br />
Während der Laufzeit, also während des Lebenszyklus<br />
eines Optionsscheins, gibt es eine Vielzahl von Einflussfaktoren,<br />
welche den Preis bestimmen – die wichtigsten<br />
sind der Preis des Basiswerts, die Volatilität, die Restlaufzeit<br />
und der Marktzins. Um deren Preiseinfluss zu beschreiben,<br />
wurde eine Reihe von Kennzahlen entwickelt,<br />
die auch als „Griechen“ bezeichnet werden. Dabei muss<br />
bei all diesen Kennzahlen beachtet werden, dass sie jeweils<br />
ceteris paribus, also unter der Bedingung, dass alle<br />
anderen Einflussfaktoren unverändert bleiben, zu betrachten<br />
sind. Zudem handelt es sich um dynamische<br />
Kennzahlen. Das heißt, ihr Wert kann sich im Zeitablauf<br />
ändern.<br />
Delta, Gamma und Omega. Optionsscheine, die „weit aus<br />
Foto: Pixabay/geralt<br />
dem Geld“ sind, werden von Preisänderungen des Basiswertes<br />
verhältnismäßig wenig berührt und haben daher<br />
ein „Delta“ nahe null. Je mehr sich der Basiswert dagegen<br />
in die „richtige“ Richtung bewegt, der Optionsschein also<br />
„im Geld“ notiert, desto mehr nähert sich das Delta einem<br />
Wert von eins (Calls) bzw. minus eins (Puts).<br />
In enger Verbindung zum Delta steht das Gamma. Es ist<br />
letztlich die Steigung des Delta und gibt an, wie stark das<br />
Delta anwächst, wenn der Kurs des Basiswerts um einen<br />
Euro steigt.<br />
Ebenfalls eng mit dem Delta verbunden ist der theoretische<br />
Hebel, der auch als Omega bezeichnet wird. Das<br />
Omega gibt an, um wieviel Prozent der Preis eines Optionsscheins<br />
steigen oder fallen sollte, wenn sich der Kurs<br />
des Basiswerts um ein Prozent verändert.<br />
Theta und Vega. Das Theta ist ein Maß für den Zeitwertverlust,<br />
den ein Optionsschein hinnehmen muss, wenn<br />
bis auf den Zeitablauf alle übrigen Größen konstant bleiben.<br />
Das Theta kann die Änderung des Optionsscheinpreises<br />
prozentual oder absolut angeben und sich darüber<br />
hinaus auf tägliche, wöchentliche oder monatliche Änderungen<br />
des Zeitwerts beziehen.<br />
Den wichtigen Einfluss der erwarteten Volatilität auf<br />
den Optionsscheinpreis bildet das Vega ab. Wie das Theta<br />
kann es, je nach Definition, zu erwartende absolute oder<br />
prozentuale Veränderungen des Optionsscheinpreises beschreiben,<br />
allerdings in Abhängigkeit von einer Veränderung<br />
der impliziten Volatilität um einen Prozentpunkt.<br />
Ein kleiner Wert für das Vega drückt somit eine relative<br />
Unempfindlichkeit des Optionsscheinpreises gegenüber<br />
Volatilitätsänderungen aus
BÖRSE EXPRESS<br />
BELOG VON BE24.AT<br />
VON CHRISTOPHE BERNARD<br />
CHEFANALYST VONTOBEL & BELOGGER AUF BE24.AT<br />
Wird der Euro <strong>2018</strong> wieder<br />
glänzen?<br />
„Der Euro dürfte<br />
<strong>2018</strong> nicht wieder<br />
der Gewinner<br />
sein, denn er<br />
muss seine<br />
jüngsten<br />
Wertzuwächse<br />
verarbeiten.“<br />
Frei nach einem (fälschlicherweise) Mark Twain zugeschriebenen<br />
Spruch könnte man sagen: Die Berichte<br />
über den Tod des Euro sind stark übertrieben. Vor<br />
nicht allzu langer Zeit zweifelten Experten am langfristigen<br />
Überleben der Währung. Außerdem war das gesetzliche<br />
Zahlungsmittel der Eurozone zu einem beliebten<br />
Sündenbock wirtschaftlich kriselnder europäischer Länder<br />
geworden. Doch fünf Jahre nach dem Höhepunkt der<br />
europäischen Schuldenkrise ist der Euro wieder stabil<br />
und glaubwürdig. Nach seinem überraschenden Höhenflug<br />
im letzten Jahr erscheint<br />
sein kurzfristiges<br />
Potenzial allerdings begrenzt.<br />
Wir bevorzugen<br />
<strong>2018</strong> unter anderem<br />
Schwellenländerwährungen.<br />
Im Rückblick auf die<br />
Währungsentwicklungen<br />
im Jahr 2017 fällt vor allem<br />
die Stärke der europäischen<br />
Währung auf. Sie gewann<br />
gegenüber allen anderen Hauptwährungen an Wert, insbesondere<br />
gegenüber dem US-Dollar (+14 Prozent). Das<br />
lag hauptsächlich an den folgenden drei Faktoren:<br />
1. Anfang 2017 war der Euro gegenüber dem US-Dollar<br />
gemessen an der Kaufkraftparität deutlich unterbewertet.<br />
Allein schon dies deutete auf Aufwärtspotenzial hin<br />
(siehe Grafik 1).<br />
2. Die wirtschaftliche Entwicklung der Europäischen<br />
Währungsunion übertraf die Konsenserwartungen deutlich.<br />
So wuchs das reale Bruttoinlandprodukt (wahrscheinlich)<br />
um 2.4 Prozent, während Ende 2016 1.6<br />
Prozent prognostiziert worden waren. Verglichen mit der<br />
US-Wirtschaft, die 2017 (wahrscheinlich) um 2.3 Prozent<br />
zulegte, ist das ein gutes Ergebnis.<br />
3. Die Wahl des proeuropäischen Zentrumspolitikers Emmanuel<br />
Macron zum französischen Präsidenten verlieh<br />
dem Euro kräftigen Auftrieb, da sie das wahrgenommene<br />
politische Risiko sinken ließ. Gleichzeitig schaffte es die<br />
Trump-Regierung nicht, Reformen für mehr Wachstum<br />
zügig zustande zu bringen. Das enttäuschte die hohen Erwartungen,<br />
die nach der Wahl im November 2016 entstanden<br />
sind.<br />
Mittelfristig erwarten wir, dass der Euro aufgrund des<br />
Leistungsbilanzüberschusses der Eurozone weiter in<br />
Richtung 1,25–1,30 US-Dollar steigt. Die kurzfristigen<br />
Aussichten sind jedoch weniger rosig. Wir bleiben bei<br />
unserer neutralen Haltung und raten den Kunden daher<br />
nicht, jetzt dem Euro hinterherzulaufen. Diese Meinung<br />
beruht auf Folgendem:<br />
1. Unsere internen kurzfristigen Modelle zeigen eine<br />
Überbewertung gegenüber dem US-Dollar an. Wir sehen<br />
den fairen Wert derzeit im Bereich 1,10–1,15 US-Dollar.<br />
2. Die US-Währung ist überverkauft und die Erwartungen<br />
bezüglich des US-Wirtschaftswachstums sind konservativ,<br />
sodass positive Überraschungen<br />
möglich sind.<br />
Außerdem müssen die<br />
Marktteilnehmer die drei<br />
Zinserhöhungen, welche<br />
die US-Notenbank für dieses<br />
Jahr in Aussicht gestellt hat, erst noch einpreisen.<br />
„Seine mittelfristigen<br />
Aussichten<br />
bleiben aber<br />
intakt.“<br />
Foto: dpa<br />
3. Vor den demnächst stattfindenden Parlamentswahlen<br />
in Italien dürften wieder politische Risiken aufkommen.<br />
Für weiteren Gegenwind könnten die noch immer ergebnislosen<br />
Koalitionsgespräche in Deutschland und die politische<br />
Hängepartie in Katalonien sorgen.<br />
Alternativen zum Euro im Norden und Süden. Eine Alternative<br />
könnte nahe liegen. Die schwedische Krone ist<br />
‘billig’ gegenüber dem Euro. Zudem dürfte sie davon profitieren,<br />
dass die Konjunktur kräftig anzieht und die Inflation<br />
in der Nähe des 2-Prozent-Ziels der schwedischen<br />
Notenbank liegt. Ferner glauben wir, dass die Riksbank<br />
vor der Europäischen Zentralbank zu einer restriktiveren<br />
Geldpolitik übergehen wird. Die Krone ist <strong>2018</strong> unsere<br />
bevorzugte Währung.
BÖRSE EXPRESS<br />
BELOG VON BE24.AT<br />
Grafik 1: Die Aussichten des Euro gegenüber dem US-<br />
Dollar erschienen Ende 2016 mäßig<br />
Grafik 2: Schwellenländerwährungen mit deutlich höheren<br />
Realrenditen als ihre Industrieländerpendants<br />
Quelle: Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel<br />
Die Überbewertung des Schweizerfranken gegenüber<br />
dem Euro baut sich langsam, aber sicher ab. Unser Kursziel<br />
von 1,20 ist jetzt fast erreicht, und wir beabsichtigen,<br />
auf diesen Niveaus das Euro-Engagement unserer<br />
Schweizerfranken-Portfolios abzusichern. Auch wenn die<br />
Schwäche der Schweizer Währung zu EUR/CHF-Wechselkursen<br />
über 1.20 führen könnte, unterschätzen wir die<br />
fundamentale Attraktivität<br />
„Unserer<br />
Einschätzung<br />
nach dürfte die<br />
schwedische<br />
Krone <strong>2018</strong><br />
gegenüber dem<br />
Euro zulegen.“<br />
des Franken nicht: Die<br />
langfristige Stärke der Währung<br />
ist auf den hohen<br />
strukturellen Leistungsbilanzüberschuss<br />
sowie den<br />
beneidenswert ausgeglichenen<br />
Haushalt der Schweiz<br />
zurückzuführen. Darüber<br />
hinaus wäre der Schweizerfranken<br />
bei enttäuschendem<br />
Weltwirtschaftswachstum eine nützliche<br />
Diversifikationsquelle.<br />
Yen könnte schwächeln, Pfund als große Unbekannte.<br />
Obwohl der japanische Yen attraktiv bewertet ist, dürfte<br />
er aufgrund der Entschlossenheit der Bank of Japan, den<br />
Märkten reichlich Liquidität bereitzustellen, in nächster<br />
Zeit schwach tendieren. Das britische Pfund bleibt indes<br />
die große Unbekannte. Es ist die am günstigsten bewertete<br />
Hauptwährung, doch die Unsicherheit im Zusammenhang<br />
mit den Brexit-Verhandlungen dürfte anhalten<br />
und sein Potenzial begrenzen.<br />
Wenn sich unser zentrales Szenario bewahrheitet (Weiterhin<br />
'Goldilocks), dürften sich die Schwellenländerwährungen<br />
<strong>2018</strong> gut entwickeln. Ihre Realrenditen sind<br />
nämlich wesentlich höher als die der Industrieländerwährungen<br />
(siehe Grafik 2). Gleichzeitig sind die Schwellenländerwährungen<br />
nicht überbewertet und robuster<br />
als früher, insbesondere im Vergleich mit der Phase des<br />
sogenannten ‘Taper Tantrum’ im Mai und Juni 2013. Damals<br />
brachen sie ein, da die Investoren eine abrupte<br />
Straffung der US-Geldpolitik befürchteten.<br />
„ Insgesamt<br />
bevorzugen wir<br />
aber Schwellenländerwährungen.<br />
Für sie<br />
sprechen das<br />
günstige globale<br />
Umfeld, die<br />
angemessenen<br />
Bewertungen und<br />
die sowohl<br />
nominalen als<br />
auch realen<br />
Renditevorteile.“<br />
http://www.be24.at<br />
Fazit: Der Euro dürfte <strong>2018</strong><br />
nicht wieder der Gewinner<br />
sein, denn er muss seine<br />
jüngsten Wertzuwächse<br />
verarbeiten. Seine mittelfristigen<br />
Aussichten bleiben<br />
aber intakt. Unserer<br />
Einschätzung nach dürfte<br />
die schwedische Krone<br />
<strong>2018</strong> gegenüber dem Euro<br />
zulegen. Insgesamt bevorzugen<br />
wir aber Schwellenländerwährungen.<br />
Für sie<br />
sprechen das günstige globale<br />
Umfeld, die angemessenen<br />
Bewertungen und<br />
die sowohl nominalen als<br />
auch realen Renditevorteile.<<br />
BElogs<br />
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Die künftige Stärke des<br />
Euro wird unterschätzt<br />
Robert Gillinger<br />
robert.gillinger@boerse-express.com<br />
Die Deutsche Bank erwartet zu Jahresende<br />
einen Euro/US-Dollar-Wechselkurs von 1,30.<br />
Per Optionsschein lässt sich die erzielbare<br />
Rendite deutlich steigern. Hier als Beispiel<br />
ein Scjein der Societe Generale.<br />
Die Deutsche Bank ist dem Kreis der größten Euro-<br />
Bullen beigetreten und rät Anlegern zu Euro-Dollar-<br />
Käufen mit Ziel 1,30 US-Dollar in diesem Jahr.<br />
Aktuell werden an den Märkten 1,205 Greenback je Gemeinschaftswährung<br />
gezahlt. Doch warum sollte der Euro<br />
gegen den US-Dollar an Wert gewinnen, wenn doch die<br />
USA im Zinserhöhungszyklus viel weiter sind - und die EZB<br />
sogar erst beim Thema Reduzierung der Anleihenkäufe angelangt<br />
ist - das Wort Zinserhöhung dort noch nicht einmal<br />
in den Mund genommen wurde?<br />
„Im Verlauf des Jahres <strong>2018</strong> wird sich der Markt zwischen<br />
den sich duellierenden Reflationskräften in den USA<br />
und Europa bewegen. Wir gehen davon aus, dass die europäischen<br />
Kräfte gewinnen werden und würden EUR/USD<br />
kaufen mit Ziel 1,30 für das Jahr”, sagt dazu George Saravelos,<br />
Co-Leiter Devisen-Research bei der Deutsche Bank<br />
in einem Bloomberg-Gespräch. Und: „Der Euro hat seit Beginn<br />
der Tapering-Phase der EZB nur um 10% zugelegt, was<br />
darauf hindeutet, dass die Euro-Sensibilität gegenüber der<br />
EZB-Straffung wahrscheinlich weiterhin weit größer sein<br />
wird als bei der Fed. Der Markt reagiert nicht sehr empfindlich<br />
auf die Straffung der Fed, weil er nicht glaubt, dass<br />
diese sehr weit kommen wird”, sagt Saravelos. Im Gegensatz<br />
dazu haben die Märkte die Straffung der EZB laut dem<br />
DB-Spezialisten nicht vollständig eingepreist, und es gebe<br />
Spielraum für Fonds, ihre europäischen Investments zu erhöhen;<br />
das mache es schwer, positive europäische Ströme<br />
im Jahr <strong>2018</strong> zu bekämpfen.<br />
Geht die Rechnung der Deutschen Bank auf, gewinnt der<br />
Euro im Laufe des Jahres gegen die US-Devise somit rund<br />
acht Prozent an Wert - vor Spesen. Mehr könnten Anleger<br />
daraus mit Hilfe eines Optionsscheins machen.<br />
So funktioniert’s. Mit einem Optionsschein erwirbt der<br />
Anleger das Recht, aber nicht die Pflicht, einen bestimmten<br />
Basiswert zu einem bestimmten Basispreis (Strike)<br />
während einer bestimmten Zeitspanne (American Style)<br />
oder zu einem bestimmten Zeitpunkt (European Style) zu<br />
kaufen (Call-Optionsschein) oder zu verkaufen (Put-Optionsschein).<br />
Optionsscheine haben gegenüber einem Direktinvestment<br />
den Vorteil, dass bereits mit vergleichbar<br />
kleinen Beträgen Gewinne erzielt werden können, und<br />
zwar aufgrund des Hebeleffektes. In unserem Beispiel<br />
zahlt man für die Option, 100 Euro zu Jahresende um 130<br />
US-Dollar kaufen zu können, 1,205 Euro - der theoretische<br />
Hebel des eingesetzten Kapitals liegt damit bei 100, nach<br />
Spesen, der Differenz aus An- und Verkaufskursen etc.<br />
kommt man noch auf knapp 85. <<br />
Euro/US-Dollar seit 2000<br />
INFO OPTIONSSCHEIN CALL EUR/USD<br />
ISIN DE000SE33HY5<br />
Emittent Societe Generale<br />
Produkttyp: Optionsschein<br />
Basiswert: Euro/US-Dollar<br />
Basispreis: 1,30<br />
Bezugsverhältnis: 100<br />
Foto: Bloomberg<br />
Quelle: (Bloomberg)<br />
Ausübungsart: europäisch<br />
Bewertungstag: 14.12.<strong>2018</strong><br />
Letzter Bewertungstag:<br />
05.12.2022<br />
1. Handelstag: 11.03.2016<br />
Mehr dazu hier
BÖRSE EXPRESS<br />
Doktor Schiwago hätte investiert.<br />
Russische Wertpapiere<br />
an der Wiener Börse<br />
handeln und Auslandsspesen<br />
sparen.<br />
wienerborse.at/global-marketl-mark t<br />
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