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02-2018 DORTMUND HEINZ MAGAZIN

Heinz Magazin Februar 2018, Ausgabe für Dortmund

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KINO | TIPP DES MONATS<br />

Die Stille und der Fisch<br />

Modernes Märchen Mit „The Shape of Water“ bringt der mexikanische Filmemacher Guillermo del Toro einen<br />

der wohl ungewöhnlichsten Mitstreiter im große Rennen um die Prestige-Preise Hollywoods ins Spiel.<br />

Nicht zu Unrecht: Die skurrile Fantasy-Romanze hat Herz, starke Charaktere und viel zu sagen.<br />

R<br />

egisseur und Drehbuchschreiber Guillermo del Toro ist ein<br />

Freund der Monster. Ob in Hellboy, Blade oder Pans Labyrinth,<br />

immer sind die andersweltlichen Kreaturen mehr als fiese Ungeheuer.<br />

So auch das Fischwesen in „The Shape of Water“, das sich<br />

in einer Forschungseinrichtung der US-Regierung wiederfindet.<br />

Dort freundet sich die stumme Putzfrau Elisa mit dem aquatischen<br />

Humanoiden an und beschließt, ihn vor ruchlosen Regierungsfieslingen<br />

aus seinem Tank zu erretten. Das klingt nach „Free Willy“, ist<br />

aber viel mehr als bloße Fischrettung. „The Shape of Water“ ist ein<br />

modernes Märchen, das voller Zauber und Sinn für Ästhetik steckt,<br />

das das Wundersame im Ordinären liebt und gleichzeitig das ganz<br />

Normale im für uns Außergewöhnlichen erforscht. Geschickt verstrickt<br />

del Toro relevante Motive der 1960er, von Kalter-Krieg-Paranoia<br />

bis zu Rassismus, mit ganz persönlichen Themen und Empfindungen.<br />

Viel zu erzählen hat er über die Einsamkeit und das Außenseitersein,<br />

aber auch über unsere Arten der Kommunikation und<br />

unsere Möglichkeiten, Verbindungen zu anderen aufzubauen. Dabei<br />

scheut der Film nicht das Seltsamsein – er badet geradezu darin.<br />

Erinnern manche Szenen an detailverliebte Oden an die Schönheit<br />

des Lebens, wie man sie aus „Die fabelhafte Welt der Amelie“ kennt,<br />

so tauchen andere Momente tief in del Toros Vorliebe für das Morbide<br />

und Obskure. Was da wie Zuckerwatte mit Blutspritzern<br />

schmeckt und nicht selten überzogen fantastisch wirkt, ist letztlich<br />

aber immer an tief menschliche Emotionen gebunden. Das verdankt<br />

der Film auch seinen starken, komplexen Charakteren, die<br />

hier von einem durch die Bank starken Ensemble (am Beckenrand)<br />

getragen werden. Von Sally Hawkins, die hier ohne Worte alles zu<br />

sagen hat über Michael Shannon mit seiner abgründig düsteren Anziehungskraft<br />

und Richard Jenkins in einer der liebenswertesten Nebenrollen<br />

bis zu Doug Jones als Fischmensch. Rundum ein Film, der<br />

einiges wagt, der auch wirklich merkwürdige Wendungen nimmt,<br />

dem man aber immer folgen will. Vielleicht, weil Guillermo del Toros<br />

Leidenschaft für das Filmemachen, für seine Monster und für diese<br />

eigenwillige Geschichte in jeder Sekunde greifbar werden. Oder,<br />

weil man einfach bis zum letzten Augenblick zu verstehen versucht,<br />

wie ein Monster-Märchen der wohl menschlichste Film des Jahres<br />

sein kann.<br />

Lukas Vering<br />

❚ THE SHAPE OF WATER - Das Flüstern des Wassers USA 2017, R: Guillermo del Toro, D: Sally Hawkins, Michael<br />

Shannon, Richard Jenkins, Doug Jones, Octavia Spencer, Michael Stuhlbarg, Start: 15.2.<br />

52| <strong>HEINZ</strong> |<strong>02</strong>.<strong>2018</strong>

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