soziologie heute Dezember 2009
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44 <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> <strong>Dezember</strong> <strong>2009</strong><br />
Soziologische<br />
Begriffe<br />
- leicht und verständlich<br />
Funktionalismus<br />
Hierunter versteht man eine theoretische<br />
Betrachtung, welche auf der Idee gründet,<br />
dass soziale Ereignisse aufgrund der von<br />
ihnen geleisteten Funktion für die Gesellschaft<br />
erklärt werden können. Die Gesellschaft<br />
wird als ein Gefüge von Teilen, die<br />
miteinander verbunden sind und sinnvoll<br />
zusammenwirken, verstanden.<br />
Einzelne Aspekte einer Gesellschaft werden<br />
im Kontext ihres spezifischen sozialen<br />
und kulturellen Gefüges untersucht<br />
und analysiert. Malinowskis Studie über<br />
das Tauschsystem des Kula-Rings ist ein<br />
klassisches Beispiel für diese Forschunrichtung.<br />
In Kombination mit Aspekten<br />
des Strukturalismus (Struktur-Funktionalismus)<br />
beherrschte er lange die europäische<br />
Sozialanthropologie. Wichtige<br />
Vertreter dieser Schule sind beispielsweise<br />
Bronislaw Malinowski, A.R. Radcliffe-<br />
Brown oder Raymond Firth.<br />
symbolischer Interaktionismus<br />
Dieser theoretische Ansatz wurde von<br />
Georg Herbert Mead entwickelt. Der<br />
symbolische Interaktionismus beschäftigt<br />
sich mit der Interaktion zwischen<br />
Personen. Mead legte grossen Wert auf<br />
die Rolle von Symbolen und Sprache als<br />
zentrale Elemente aller menschlicher<br />
Interaktion. Nach ihm ist die Kommunikation<br />
jener Faktor, der die Entwicklung<br />
des Menschen als soziales Wesen bedingt<br />
hat, da menschliche Kommunikation bzw.<br />
Interaktion über „signifikante Symbole“<br />
geschieht. Die Bedeutung eines Symbols<br />
wird bei allen Mitgliedern der Gesellschaft<br />
gleich interpretiert.<br />
Meads Schüler, Herbert Blumer, stellte<br />
1981 Grundannahmen zum Symbolischen<br />
Interaktionismus auf, u.a.:<br />
Menschen handeln gegenüber Dingen<br />
auf der Grundlage der Bedeutungen, die<br />
diese Dinge für sie besitzen.<br />
Die Bedeutung der Dinge entsteht durch<br />
soziale Interaktion.<br />
Die Bedeutungen werden durch einen interpretativen<br />
Prozess verändert, den die<br />
Person in ihrer Auseinandersetzung mit<br />
den ihr begegnenden Dingen benutzt.<br />
repräsentative Stichprobe<br />
In der Sozialforschung versteht man<br />
hierunter ein Werkzeug, welches versucht,<br />
die Merkmale der betrachteten<br />
Gruppe mit jener der Grundgesamtheit<br />
in Übereinstimmung zu bringen.<br />
In der Empirie dient das Stichprobenverfahren<br />
der Ermittlung einer repräsentativen<br />
Stichprobe. Man unterscheidet<br />
folgende Typen von Auswahlverfahren:<br />
Zufalls-Stichprobe (Random) - jedes<br />
Element der Grundgesamtheit hat die<br />
gleiche Wahrscheinlichkeit, in die Stichprobe<br />
zu gelangen. Nur bei Zufallsstichproben<br />
sind, wenn man es genau nimmt,<br />
die Methoden der induktiven Statistik<br />
anwendbar.<br />
Systematische Stichproben-Auswahlverfahren<br />
(z.B. Quoten-Stichprobe) -<br />
hier bestimmen subjektive Erwägungen<br />
die Auswahl der Zielpersonen. Zuerst<br />
erfolgt eine Einteilung der Elemente der<br />
Grundgesamtheit in Gruppen. Anschliessend<br />
wird der Anteil der einzelnen<br />
Gruppen an der Grundgesamtheit bestimmt.<br />
Die Stichprobe ist so anzulegen,<br />
dass diese möglichst genau so aussieht<br />
wie in der Grundgesamtheit.<br />
teilnehmende Beobachtung<br />
Eine weit verbreitete Forschungsmethode,<br />
bei welcher der (die) ForscherIn an<br />
den Aktivitäten der untersuchten Gruppe<br />
teilnimmt.<br />
Dieser Methode liegt die Annahme zugrunde,<br />
dass durch die Teilnahme bzw.<br />
die unmittelbare Erfahrung der Situation<br />
Aspekte des Handelns und Denkens beobachtbar<br />
werden, welche beispielsweise<br />
aus Dokumenten oder Gesprächen kaum<br />
ersehen werden könnten.<br />
Restringierter/elaborierter Code<br />
Damit bezeichnet man einen Sprachstil, der<br />
auf einem stark entwickelten kulturellen<br />
Vorverständnis aufbaut. Dadurch bedürfen<br />
viele Ideen nicht mehr einer verbalen Formulierung.<br />
Diese Bezeichnung geht auf Basil Bernstein<br />
zurück. Bernstein stellte in den 1960er-Jahren<br />
die Defizithypothese in der Soziolinguistik<br />
auf. U.a. meinte er, dass die Sprache<br />
der Unterschicht defizitär gegenüber der<br />
Sprache der Mittelschicht sei und unterschied<br />
dabei den restringierten Code und<br />
den elaborierten Code.<br />
Die Mittel- und Oberschicht bedienen sich<br />
eines elaborierten (formal language), die<br />
Unterschicht eines restringierten Codes<br />
(public language). Geht man nun davon<br />
aus, dass beide Codes unterschiedlich leistungsfähig<br />
sind, so kann man in weiterer<br />
Folge auch einen Unterschied beider Gesellschaftsschichten<br />
hinsichtlich ihrer Wahrnehmung<br />
und ihres Denkens unterstellen.<br />
Ethnozentrismus<br />
Mit Ethnozentrismus wird die Tendenz bezeichnet,<br />
die Ideen oder Handlungen einer<br />
anderen Kultur unter Bezug auf die eigene<br />
Kultur zu interpretieren. Oftmals werden<br />
dabei die eigene Rasse, Kultur, Gesellschaft<br />
usw. höher bewertet.<br />
Eine sogenannte „ethnozentrierte Person“<br />
ist jemand, der unfähig bzw. unwillig ist,<br />
andere Kulturen relativ zu seinen eigenen<br />
Kriterien zu betrachten.