ÖBVaktiv Nr. 88
Aktuelle Themen: Wie Sinnsuche unser Leben beeinflusst, Die stillen Helden vom Flughafen Wien, Supertramps: Menschen in ungewöhnlichen Berufen u.v.m
Aktuelle Themen: Wie Sinnsuche unser Leben beeinflusst, Die stillen Helden vom Flughafen Wien, Supertramps: Menschen in ungewöhnlichen Berufen u.v.m
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
IM GESPRÄCH<br />
IM GESPRÄCH<br />
„Was sich geändert hat, ist, dass sich Meldungen<br />
rasend schnell verbreiten“<br />
Mag. (FH) Wolfgang Hermann, Geschäftsführer der Agentur für<br />
Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), im Gespräch über<br />
seine Aufgaben, aktuelle Projekte sowie Themen rund um öffentliche<br />
Gesundheit, Produktwarnungen und Lebensmittelskandale.<br />
<strong>ÖBVaktiv</strong>: Als Geschäftsführer der AGES: Welche<br />
Projekte stehen gerade ganz oben auf Ihrer Agenda?<br />
Hermann: Für mich als Geschäftsführer der AGES<br />
sind Projekte und Forschungsaktivitäten prioritär, die<br />
kundenorientierte Lösungen für aktuelle und künftige<br />
Risiken und Gefahren bieten: Hauptaugenmerk liegt<br />
dabei auf der angewandten Forschung bei den Themen<br />
Zoonosen (zwischen Mensch und Tier übertragbare<br />
Krankheiten), Antibiotikaresistenzen, Anpassung an den<br />
Klimawandel und neue Technologien.<br />
© AGES<br />
<strong>ÖBVaktiv</strong>: Wenn Sie auf die letzten Jahre zurückblicken:<br />
Was hat sich in den Bereichen Ernährungssicherung und<br />
Lebensmittelsicherheit verändert?<br />
Hermann: Der Klimawandel und der Verlust fruchtbarer<br />
Böden sind Herausforderungen, denen wir uns seit<br />
geraumer Zeit stellen müssen und die uns auch in<br />
Zukunft beschäftigen werden. Generell kann man sagen,<br />
dass immer weniger Menschen auf weniger Fläche<br />
die Nahrungsmittel für die Weltbevölkerung erzeugen<br />
müssen. Das erfordert Innovationen im Pflanzenbau und<br />
Pflanzenschutz wie standortangepasste, umweltbewusste<br />
Produktions- und Bewirtschaftungssysteme oder Pflanzen,<br />
die Hitze und Trockenheit überstehen. Daneben treten<br />
aber auch bei uns neue wärmeliebende, invasive Pflanzen<br />
und Schaderreger vermehrt in Erscheinung und müssen<br />
bekämpft werden.<br />
Der globale Handel, aber auch veränderte Essgewohnheiten<br />
der Menschen haben dazu geführt, dass sich<br />
das Angebot an Lebensmitteln verändert hat. Diese<br />
Lebensmittel müssen aber ebenso den strengen Sicherheitsanforderungen<br />
genügen. In der Lebensmittelanalytik<br />
wurden enorme Fortschritte gemacht, wodurch wir<br />
heute Schadstoffe im Spurenbereich nachweisen können.<br />
Bei Krankheitserregern sind wir in der Lage, über<br />
Ganzgenom sequenzierung das Erbgut der Erreger zu<br />
bestimmen. Damit können wir auch schneller und gezielter<br />
Ausbrüche bei lebensmittelbedingten Erkrankungen<br />
abklären und weitere Erkrankungsfälle verhindern.<br />
Aber auch der Täuschungsschutz wird immer wichtiger.<br />
Das bedeutet, dass die Zusammensetzung von Lebensmitteln<br />
und die Werbebotschaft für diese heute viel<br />
genauer überprüft werden als noch vor wenigen Jahren.<br />
<strong>ÖBVaktiv</strong>: Stichwort Lebensmittelskandale: Täuscht es,<br />
oder steigt die Anzahl an Produktwarnungen, -rückrufen<br />
und weitreichenden Skandalen im Lebensmittelbereich?<br />
Was wird in Österreich dagegen unternommen?<br />
Hermann: Das täuscht. Die AGES veröffentlicht im<br />
Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und<br />
Frauen Informationen zu Produktwarnungen und<br />
Produktrückrufen. Im Schnitt sind das 42 Warnungen<br />
pro Jahr, wobei diese Zahl über die Jahre annähernd<br />
gleichgeblieben ist. Was sich geändert hat, ist der<br />
Umstand, dass sich derartige Meldungen rasend schnell<br />
über Medien, soziale Netzwerke und dergleichen<br />
ver breiten. Das gilt auch für Meldungen über Erkrankungen,<br />
die durch Lebensmittel verursacht wurden.<br />
Wie relevant eine derartige Information für die Menschen<br />
in Österreich ist, bleibt dabei aber oft auf der Strecke:<br />
Ist Österreich überhaupt betroffen, worin besteht das<br />
Risiko etc.<br />
Diese für die Konsumentinnen und Konsumenten so<br />
wichtigen Informationen bietet die AGES über ihre<br />
Website, über diverse Newsletter und Social-Media-Kanäle.<br />
Über eine eigens entwickelte App kann man diese Warnung<br />
sogar in Echtzeit direkt aufs Smartphone erhalten.<br />
<strong>ÖBVaktiv</strong>: Was kann jeder Einzelne für<br />
Maßnahmen treffen, um über die konsumierten<br />
Lebensmittel informiert zu sein und die richtigen<br />
Entscheidungen zu treffen?<br />
Hermann: Wahrnehmung und Umgang mit einem Risiko<br />
sind so unterschiedlich und individuell wie die Menschen<br />
selbst. Ein vermeintliches Risiko wird genauso bedroh lich<br />
empfunden wie ein reales. Wesentlich für die Konsumen <br />
tinnen und Konsumenten ist daher, dass sie qualitäts gesicherte<br />
Informationen zur Verfügung gestellt bekommen,<br />
auf deren Basis sie eine Entscheidung treffen können.<br />
Für uns als AGES ist es daher eine Verpflichtung, diese<br />
Informationen und Konsumententipps zur Verfügung<br />
zu stellen. Das tun wir, wie bereits erwähnt, auf unserer<br />
Homepage, über Newsletter und Social Media, aber auch<br />
über Interviews und Beiträge in TV, Radio und Printmedien.<br />
Bei Bedarf, so wie beim jüngsten Skandal um<br />
Fipronil in Eiern, richtet die AGES eine Telefonhotline<br />
für BürgerInnenanfragen ein.<br />
<strong>ÖBVaktiv</strong>: Die AGES hat auch für die öffentliche<br />
Gesundheit weitreichende Kompetenzen. Was sind<br />
derzeit die größten Risikofaktoren für die Gesundheit<br />
der Österreicherinnen und Österreicher?<br />
Hermann: Aus unserer Sicht sind die größten Risikofaktoren<br />
neben pathogenen Mikroorganismen in<br />
Lebensmitteln vor allem die Fehlernährung. Die AGES<br />
hat einen Risikokatalog erstellt, anhand dessen Risiken<br />
und ihre möglichen Auswirkungen auf Mensch, Tier,<br />
Pflanze und Umwelt erfasst, bewertet und Maßnahmen<br />
abgeleitet werden – immer auch in Hinblick auf das<br />
„One Health“-Konzept im öffentlichen Gesundheitsdienst,<br />
das die komplexen Zusammenhänge zwischen<br />
Mensch, Tier, Umwelt und Gesundheit berücksichtigt.<br />
Die AGES ist schon durch ihre Struktur bestens für<br />
dieses Konzept geeignet: Wir erstellen Diagnosen,<br />
Risikobewertungen und Arbeitspläne für effiziente und<br />
effektive Überwachungs programme in den Bereichen<br />
Human- und Veterinär medizin, Lebensmittelsicherheit,<br />
Arzneimittel und Medizinprodukte sowie Landwirtschaft<br />
und Strahlenschutz und bieten überdies eine Plattform<br />
für den interdisziplinären Austausch.<br />
■<br />
ÜBER AGES<br />
Die AGES ist Ansprechpartner von Behörden, Wirtschaft<br />
und Bevölkerung hinsichtlich human- und veterinär <br />
medizinischer Fragen, Fragen zu Medizinprodukten und<br />
Arznei mitteln, Fragen zur Lebensmittelsicherheit, Fragen<br />
im Bereich der Landwirtschaft und des Strahlenschutzes.<br />
Die AGES forscht und führt Untersuchungen<br />
als Referenz zentrale und Referenzlabor durch, erstellt<br />
Diagnosen und Risikobewertungen und erarbeitet<br />
Arbeits pläne für effiziente und effektive Überwachungsprogramme<br />
zur Früherkennung, Aufklärung und<br />
Problem lösung. 2016 wertete die AGES täglich 30.000<br />
Analyseergebnisse aus und verfasste 40.102 Gutachten.<br />
Quelle: Insurance Factory<br />
14<br />
15