LS_Maerz
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Mit dem Rucksack entlang der Werra<br />
Thomas Niedlich wandert auf den Spuren von August Trinius / Teil 2<br />
Wandern<br />
Im „Landstreicher“ Dezember/ Januar<br />
veröffentlichten wir den ersten Bericht<br />
von Thomas Niedlich, der die Wege<br />
„nachwandert“, die einst der Wanderautor<br />
August Trinius (1851-1919) erwanderte<br />
und beschrieb. Im vergangenen<br />
Jahr lief Thomas Niedlich entlang der<br />
Werra von Bad Salzungen bis Hann.<br />
Münden, seine Wanderung wird er in<br />
einem Buch beschreiben, das in diesem<br />
Jahr erscheint.<br />
Vorab hat er uns einen Ausschnitt aus<br />
diesem Buch zur Verfügung gestellt.<br />
Auf seiner Wandertour macht er Bekanntschaft<br />
mit dem wunderschönen<br />
Rhönstädtchen Vacha, in dem er sich<br />
begeistert etwas länger aufhält.<br />
„Hinter der neuen Werrabrücke nutze<br />
ich den Seitenstreifen der Straße<br />
nach Vacha. Ich komme dabei am Unteren<br />
Kirstingshof, Unterzella und den<br />
Bahngleisen der Strecke zwischen Bad<br />
Salzungen und Vacha vorbei. Im Süden<br />
überragt der Oechsenberg mit seiner<br />
abgebrochenen Bergspitze den ehemaligen<br />
Grenzort an der Werra.<br />
Rundgang durch Vacha<br />
Mein Rundgang durch Vacha ist ein<br />
Gang durch die unterschiedlichsten<br />
Epochen der vergangenen Zeit. Manches<br />
scheint unvergänglich zu sein, so<br />
wie das von Trinius schon erwähnte<br />
Storchennest. Noch heute kehren jährlich<br />
die Störche auf ihren angestammten<br />
Sitz oben auf dem runden Steinturm<br />
zurück. Anderes dagegen hat viel<br />
von seinem alten Glanz verloren.<br />
Trinius schreibt noch, das zu seiner Zeit<br />
vier Bahnlinien Vacha kreuzten. Heute<br />
führt keine einzige mehr Züge mit<br />
Menschen in die Stadt. Was ehemals<br />
recht zentral angebunden war, liegt<br />
Grenzsicherungsanlagen sorgten dafür,<br />
dass niemand auch nur in die Nähe<br />
dieser alten Wegeverbindung zwischen<br />
Vacha und Philippsthal kam. Heute<br />
kann jedermann die Brücke ohne Behinderung<br />
in beide Richtungen überqueren.<br />
Auch ich schreite andächtig<br />
die leichte Steigung hoch zum Scheitelpunkt,<br />
bleibe oben stehen und schaue<br />
hinunter auf die träge dahinfließende<br />
Werra. Ein Bild beschaulicher Ruhe<br />
umfängt mich und lässt meine Gedanken<br />
ziellos davonfliegen. Wie mag es<br />
gewesen sein als die Brücke noch zweigeteilt<br />
war? Wie war es, als noch 3 Wasserläufe<br />
die Brückenbögen umspülten?<br />
Was dachten sich die Einwohner von<br />
Der Vitusbrunnen auf dem Marktplatz zu Vacha<br />
Wanderautor Thomas Niedlich<br />
heute nur noch abseits leicht zugänglicher<br />
Verkehrsströme. Straßen bilden<br />
die einzigen Zufahrten in den Ort, der<br />
noch bis zum Ende der 1980-er Jahre<br />
so abgelegen war, das kaum ein fremdes<br />
Gesicht die Stadt gesehen hat. Wie<br />
abgeschieden, wird mir an der Werra<br />
sehr anschaulich vor Augen geführt.<br />
Die heute frei zugängliche Steinbogenbrücke<br />
über die Werra war bis dahin<br />
ein Ort völliger Abgeschiedenheit.<br />
Vacha, als ihre Brücke zum Ende des 2.<br />
Weltkrieges gesprengt wurde und nach<br />
dem Wiederaufbau für sie die Benutzung<br />
auf Jahrzehnte unmöglich wurde?<br />
Viele Fragen und kaum Antworten.<br />
Losgelöst davon genieße ich die Stille<br />
am späten Nachmittag. Auf der Seite<br />
flussabwärts sind immer noch Relikte<br />
der Teilung zu sehen. Ein Stück ehemalige<br />
Grenzmauer sowie ein Wachturm<br />
erinnern an die schwierige und dunkle