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E_1928_Zeitung_Nr.091

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Er ist das Ideal aller. Der modernen Dame<br />

von der Avenue Wilson ebenso wie des kleinen<br />

Milchhändlers vom Boulevard Edgar<br />

Quinet. Wir leben in einem Jahrhundert, da<br />

unsere Sehnsucht mit der Kraft eines Benzinmotors<br />

voraneilt. Das Rad des Lebens?<br />

Das Volant. Es gibt keine Zeit für sentimentale<br />

Seufzer. Der Klackson gellt. Im Muse<br />

Cluny steht eine geschnitzte und vergoldete<br />

Kutsche aus dem 17. Jahrhundert, an der drei<br />

Jahre lang sechs Menschen gearbeitet haben.<br />

Ford stellt alle drei Minuten ein Auto her.<br />

Die Midinette vom Boulevard de la Bonne<br />

Nouvelle träumt von ihrem Weekend. Von<br />

einem Quadratmeter des riesigen Waldes<br />

von Saint-Germaine. Plakate streuen Frühlingsblüten<br />

in die grauen Gassen von Paris.<br />

Fahnen flattern. Der Autosalon verspricht<br />

Erfüllung aller Träume. Achtzehn Monate<br />

ö(redit. Das Gehirn arbeitet mit mehr Lärm<br />

als die metallene Maschine.<br />

Jubel erklingt vor den Expositionen jener<br />

Firmen, die neue Modelle kleiner Wagen ausstellen.<br />

Hasten und Drängen. Vor den Ständen<br />

ertönt ein Wortschwall von einem Lippenpaar,<br />

das sichtlich von Houbigant seine<br />

Röte bezog. Welch entzückendes Modell.<br />

Diese vollkommen schlanke Form wird mit<br />

dem Kostüm von Samaritaine de Luxe ein<br />

harmonisches Ganzes bilden. Der Zweisitzer<br />

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KLEINE<br />

WAGEN<br />

sieht aus, als wäre er aus der Rue de la Paix<br />

hervorgegangen. Vornehm elegante Formen.<br />

Man denkt unwillkürlich an Mademoiselle<br />

Coeffet, die eben zur Königin der Midinetten<br />

gewählt worden ist. Vergoldete Zigarrenspitzen<br />

senden rasch aufeinanderfolgend<br />

blaue Rauchwölkchen zum Himmel. Ringe<br />

blitzen an den nervös beweglichen Fingern.<br />

Schliesslich aber öffnet die Hand entschlossen<br />

die zierliche Tasche aus'Schlangenleder,<br />

um ein winziges Heft herauszuholen. Noch<br />

ein Blick streift den beigefarbenen Wagen<br />

und mit der dem Film abgeguckten Geste<br />

wird der Scheck unterschrieben. Man braucht<br />

es nur auszudenken! Selbst beim ärgsten Regenwetter<br />

kann man zum Rendez-vous nach<br />

Auteuil die zarten Silberschuhe anziehen.<br />

Und die Sporthandschuhe und Halstücher<br />

waren wohl niemals so schick wie heute.<br />

Die grösste Sensation aber — der neue<br />

5 PS! Welche Ueberraschung! 60 Kilometer<br />

in der Stunde. Sechs Liter Benzin pro 100<br />

Kilometer. Das bedeutet, den Boulevard<br />

Vangirard in vier Minuten passieren. Nein,<br />

jetzt wird man sich nicht mehr mit den<br />

Chauffeuren ärgern müssen. Das Täfelchen<br />

mit der Zahl 14,900 Francs tanzt vor den<br />

Blicken. Heute ist das Leben ganz anders.<br />

Es bietet auch den Verkäufern von „Felix,<br />

Die hellen Farben der Wagen strahlen.<br />

Potin. Romantik zu langfristigem Kredit an.<br />

Die schönste Freundin kann den Neid der<br />

Kameraden nicht so wecken, wie dieser Serienwagen.<br />

Die kleine Lisette aber lächelt<br />

und stellt sich die Wut der Kolleginnen von<br />

der Comedie Caumartin vor. Tausend Francs<br />

Anzahlung. Die Grübchen in den Wangen<br />

vertiefen sich. Das ist gar nicht so viel, müssen<br />

Sie wissen. Das Leben ist so schön. Man<br />

denkt da an sternenklare Nächte, da die Stille<br />

von dem Surren und Sausen des voll eingestellten<br />

Motors unterbrochen wird. Gleich<br />

Silberkettchen taucht der Wellenschaum im<br />

Hintergrunde auf.<br />

Die 'blassgrün-violette Innenaustattung verwandelt<br />

das Grand-Palais zu einem Traumparadies.<br />

Die hellen Stimmen der den offiziellen<br />

Katalog feilbietenden Verkäuferinnen<br />

gehen in dem ewigen Zuschlagen der Autotüren<br />

unter. Niemand achtet der stimmungsvollen<br />

Walzerklänge und Märsche. Die Wagen<br />

haben weichgepolsterte Sitze in denen<br />

man wie in einem englischen Klubsessel versinkt.<br />

Man muss aber darauf achten, dass<br />

der Strumpf über dem Knie keine «gefallenen»<br />

Maschen aufweise. Die ganze Auflage<br />

des täglich erscheinenden «L'Auto» ist vormittags<br />

schon vergriffen. Auto — das ist das<br />

Schlagwort von ganz Paris. Hunderttausend<br />

Wagen vermehrten den Autopark von Frankreich<br />

durchschnittlich pro Jahr. Nun, da die<br />

grossen Fabriken durch Herstellung von Serienwagen<br />

den Preis der kleinen Wagen auf<br />

ein Minimum herabgedrückt haben, wird sich<br />

der Automobilismus noch lebhafter entwikkeln.<br />

Die asphaltierten Strassen um Paris<br />

weisen Samstag und Sonntag eine Automobilfrequenz<br />

auf, die durchaus nicht hinter<br />

dem Verkehr der Elyseischen Felder zurückbleibt.<br />

Nun wird sie noch steigen. Monsieur<br />

^hiappe, der Schutzengel in Gestalt des energischen<br />

Präfekten von Paris, beabsichtigt die<br />

Regulierung und Umarbeitung der bisherigen<br />

Verkehrsordnung. Aber wenn auch das stillste<br />

Gässchen sich in das Wirrsal des Verkehres<br />

bei der Opera wandeln sollte, wird<br />

dies niemand hindern, sich nach dem Besitz<br />

eines eigenen Kleinautos zu sehnen. Der<br />

häusliche Herd? Der Raum zwischen dem Motor<br />

und dem vor dem rückwärtigen Fensterchen<br />

lustig schaukelnden Fetisch. Die Idylle<br />

des auf Pneumatiks dahinrasenden Heims!<br />

CINE<br />

OHNE: WOfcTE<br />

1 ' -<br />

Die Reise nach Thngsby<br />

Humoreske von F. J. Godfrey.<br />

Ich musste eine Geschäftsreise in den Norden<br />

Englands machen und erwähnte es im<br />

Club Bentley gegenüber. Ich sagte ihm nur,<br />

dass ich morgen abend um dieselbe Zeit in<br />

einem kleinen entlegenen Flecken in der<br />

Heide, nämlich in Thugsby zu sein hoffte.<br />

Bentley spitzte sofort die Ohren.<br />

«Das ist ja drollig,» sagte er, indem er<br />

sich im Sessel vorbeugte und mich interessiert<br />

ansah, « weil nämlich ein Onkel von mir<br />

dort ganz in der Nähe wohnt.»<br />

« So ? » sagte ich.<br />

« Ja !» fuhr er, sich offenbar erinnernd,<br />

fort. «Ich kenne das Stückchen Erde sehr<br />

gut, jeden Zoll breit. Uebrigens», fragte er<br />

plötzlich, «Du weist doch hoffentlich, wie<br />

man am schnellsten hinkommt ? »<br />

« Ja,» antwortete ich, « es steht bereits<br />

fest, dass...»<br />

«Weil», fuhr Bentley ohne weiteres fort,<br />

« Thugsby nämlich sehr unbequem zu erreichen<br />

ist. Es liegt an einer Nebenstrecke<br />

und...»<br />

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Sir Michaels Abenteuer.<br />

Roman ron K. 0. R. Browne.<br />

Copyright <strong>1928</strong> by Georg Müller, Verlag, München,<br />

(Fortsetzung vom Hauptblatt.)<br />

Der Zweisitzer und sein grosser Bruder<br />

hielten unter 3 der Terrasse. Mr. Moon half seiner<br />

Schwester aus dem Wagen und sie stiegen<br />

zusammen die Stufen hinauf. Als sie sich<br />

der Tür näherten, wurde diese von innen<br />

geöffnet. Mrs. Bytheway stand vor ihnen und<br />

blickte mit einem Gemisch von Genugtuung,<br />

Ueberraschung und Beunruhigung von einem<br />

zum andern. Genugtuung über die Rückkehr<br />

von Lady Fairlie, deren abschiedsloser Abgang,<br />

sie tief verletzt hatte; Ueberraschung,<br />

Mr. Moon in ihrer Gesellschaft zu sehen, und<br />

Beunruhigung, weil die Polizei bereits auf<br />

dem Wege hierher war.<br />

«Ich sah Sie aus meinem Schlafzimmerfenster»,<br />

sagte sie lebhaft, «und eilte herunter.<br />

Mr. Moon, wie freue ich mich, Sie wiederzusehen.<br />

Ich wusste nicht, dass Sie ein Bekannter<br />

von &<br />

«Mr. Moon», erklärte Lady Fairlie, «ist<br />

mein Bruder.»<br />

Mrs. Bytheway schaute ^verständnislos<br />

drein.<br />

«Ihr Bruder? Aber — aber — dann muss<br />

er ja Sir Michaels Onkel sein!<br />

«Ganz richtig», bestätigte Sir Michaels<br />

Onkel.<br />

«Aber», wandte Mrs. Bytheway ein, «als<br />

Sie hier waren —»<br />

«Erwähnte ich es nicht? Das ist richtig.<br />

Denn, sehen Sie, er weiss es nicht.»<br />

«Weiss was nicht?» fragte Mrs. Bytheway<br />

verwirrt.<br />

«Dass ich sein Onkel bin.»<br />

Mrs. Bytheways Mund blieb offen stehen,<br />

wodurch sie Aehnlichkeit mit einem sterbenden<br />

Fisch bekam. Lady Fairlie kam ihr zu<br />

Hilfe.<br />

«Können wir ungestört mit Ihnen sprechen,<br />

Mrs. Bytheway? Dann wollen wir Ihnen alles<br />

erklären. Ich fürchte, es ist etwas kompliziert.»<br />

Mrs. Bytheway raffte sich auf.<br />

«Ja natürlich! Natürlich, Lady Fairlie.<br />

Bitte, kommen Sie in den Salon!»<br />

Dort nötigte sie ihre Besucher zum Sitzen,<br />

nahm selbst Platz und bemühte sich, intelligent<br />

dreinzuschauen. Lady Fairlie schaute<br />

ihren Bruder an und nickte. Mr. Moon räusperte<br />

sich.<br />

«Die Sache ist die, Mrs. Bytheway, Sir Michael<br />

weiss nicht, dass ich sein Onkel bin,<br />

weil er nicht Sir Michael ist.»<br />

«Wie, bitte?»<br />

«Der junge Herr, den Sie als Sir Michael<br />

Fairlie kennen, ist nicht Sir Michael Fairlie.»<br />

Mrs. Bytheways Mund stand wieder und<br />

noch weiter offen; ihre Augen quollen so<br />

weit hervor, dass zu befürchten war, sie<br />

würden gleich herausfallen.<br />

«Nicht Sir Michael?» wiederholte sie<br />

schwach. «Aber das ist ja lach — Sie haben<br />

ihn doch selbst gesehen, Lady Fairlie!»<br />

«Ja,» sagte Lady Fairlie, «aber ich habe<br />

ihn zwölf Jahre nicht gesehen und hatte keinen<br />

Grund zu einem Verdacht.»<br />

«Aber», stammelte Mrs. Bytheway, «es<br />

kann nicht sein — ich meine, ich weiss, dass<br />

er Sir Michael ist.»<br />

«Nun,» warf Mr. Moon ein, «weil Sie in<br />

seinem Besitz einen an Sir Michael adressierten<br />

Brief fanden. Den hat er gestohlen. Der<br />

wirkliche Sir Michael war vor ein paar Tagen<br />

bei mir, also muss ich es wissen.»<br />

Mrs. Bytheway sass da, als sei ihr ein<br />

schwerer Gegenstand aufs Haupt gefallen.<br />

Durch den Nebel kam ihr plötzlich ein Gedanke.<br />

«Aber — wenn das wahr ist — warum haben<br />

Sie es nicht gesagt, als Sie hier waren?»<br />

Mr. Moon sah etwas töricht drein.<br />

«Das war wohl unverzeihlich von mir,<br />

fürchte ich, aber tatsächlich bat mich mein<br />

Neffe darum.»<br />

«Ihr Neffe? Sie meinen —»<br />

«Den wirklichen Sir Michael.»<br />

Mrs. Bytheway schüttelte hoffnungslos den<br />

Kopf.<br />

«Ich verstehe nicht! Warum tat er das?.<br />

Wie konnte er es tun? Wo ist er?»<br />

«Hier», sagte Mr. Moon.<br />

«Mrs. Bytheway fuhr heftig zusammen und<br />

schaute sich hastig im Zimmer um.<br />

«Hier?»<br />

«Mein Neffe», erklärte Mr. Moon, ist der<br />

Sekretär Ihres Mannes. Mr. Bytheway bot<br />

ihm die Stelle an und er nahm sie, teilweise,<br />

weil er ein junger Esel ist, teilweise weil er<br />

Ihrem Gatten aus einer schwierigen Lage helfen<br />

wollte und hauptsächlich, weil er sich in<br />

die Gouvernante Ihrer kleinen Tochter verliebt<br />

hatte.»<br />

(Fortsetzung folgt,}

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