E_1929_Zeitung_Nr.109
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Deutsche Geldsorgen für den<br />
Strassenbau.<br />
Die Deutsche Studiengesellschaft für Automobilstrassenbau<br />
hielt dieser Tage in Berlin<br />
ihre Hauptversammlung ab. Ueber 400 Strassenbaufachleute<br />
aus allen Teilen Deutschlands<br />
hatten sich eingefunden.<br />
Die Vorträge der Tagung befassten sich<br />
hauptsächlich mit dem aktuellen Problem der<br />
Finanzierung des Landstrassenbaues. Ueber<br />
die Verwaltung und Finanzierung der Landstrassen<br />
in Nordamerika wurde auf Grund<br />
' der diesjährigen Studienreise einer Reihe von<br />
Strassenbau- und Automobilfachleuten nach<br />
den Vereinigten Staaten berichtet. Der Ausbau<br />
des nordamerikanischen Strassennetzes<br />
ist keineswegs beendet. Von den rund 4,8<br />
Millionen Kilometern Strassen kommen nur<br />
20 Prozent für den Motorfahrzeugverkehr in<br />
Frage. Drei Viertel aller Strassen sind<br />
Kieswege, der Anteil der Beton- und Asplialtstrassen<br />
am Gesamtnetz noch sehr gering.<br />
Durch verständnisvolle Zusammenarbeit<br />
der Bundesregierung mit den einzelnen<br />
Staaten ist trotzdem das nordamerikanische<br />
Strassennetz in den letzten zehn Jahren in<br />
erheblichem Umfange einheitlich ausgebaut<br />
worden. Für den Ausbau der Hauptdurchgangsstrassen<br />
werden jährlich 75 Millionen<br />
Dollar von der Bundesregierung den Staaten<br />
zur Verfügung gestellt. Die Staaten mit dem<br />
dichtesten Automobilverkehr erhalten die<br />
höchsten Zuschüsse. Ausser durch laufende<br />
Mittel, unter denen die Betriebsstoffsteuer mit<br />
einem Jahresauskommen von fast 450 Millionen<br />
Dollar an der Spitze steht, erfolgt die<br />
Finanzierung des Strassenbaues zu einem<br />
grossen Teil durch Anleihen.<br />
Die Aufnahme von<br />
Strassenbauanleihen im Auslande<br />
wird auch in Deutschland seit längerer Zeit<br />
empfohlen. Da das deutsche Inlandskapital<br />
für einen möglichst schnellen Ausbau des<br />
Landstrassennetzes nicht ausreicht, soll versucht<br />
werden, die erforderlichen Mittel durch<br />
langfristige Ausländsanleihen aufzubringen.<br />
Für endgültigen Ausbau des deutschen<br />
Strassennetzes sind rund fünf Milliarden<br />
Mark erforderlich. 600 Millionen Mark werden<br />
zurzeit jährlich für Strassenbauten verausgabt,<br />
davon 200 Millionen Mark für dauernde<br />
Ausbauarbeiten. Der Gesamtausbau<br />
wäre also in 25 Jahren beendigt. Würden jedoch<br />
im Jahre weitere 200 Millionen Mark<br />
aus Anleihen hinzukommen, so 'könnte der<br />
Ausbau in etwa zwölf Jahren durchgeführt<br />
U&tiK»R«2<br />
Keine Gymkhana, sondern das Verkelrrebild einer Strasse in einem Vorort© Londons nach den jjrossen<br />
Dezember-Ueberschwemmuneen.<br />
sein, wodurch nicht nur ungeheure Vorteile<br />
für den Verkehr, sondern auch eine erhebliche<br />
Verringerung der Unterhaltungskosten<br />
entstünden.<br />
Erforderlich für die Aufnahme von Auslandsanleihen<br />
ist jedoch ein einheitliches Zusammengehen<br />
aller Wegeunterhaltungspflichtigen<br />
sowie eine pianmässige Verteilung der<br />
Anleihemittel. Hierzu wird kein Wegediktator,<br />
etwa nach englischem Muster, notwendig<br />
sein, hingegen eine Zusammenarbeit aller<br />
StrassenbauverwaHungen. Als Kreditinstitut<br />
für die Beschaffung der Auslandsanleihen<br />
wurde eine Deutsche Strassenbau<br />
Kredit A.-G. vorgeschlagen, in der die Wegeunterhaltungspflichtigen<br />
den Ausschlag geben,<br />
daneben aber auch alle übrigen am<br />
Strassenbau interessierten Kreise vertreten<br />
sein sollen. Dieses Institut hätte nur die Anleihen<br />
zu vermitteln, die Kreditwürdigkeit<br />
der Anteihenehmer zu prüfen, sowie die Anleihemittel<br />
zu verteilen. Die Verwendung<br />
der Mittel sowie die Bauausführung im einzelnen<br />
soll dann nachwie vorvöHig den einzel«<br />
nen Strassenbaübehörderi überlassen bleihenv<br />
AUTOMOBIL-REVUE<br />
Das Ausland sei grundsätzlich bereit, Strassenbauanleihen<br />
auch nach Deutschland zu<br />
vergeben. Auch Präsident Hoover Hat kürzlich<br />
Strassenbauanleihen für das Ausland für<br />
besonders zweckrnässig erklärt, allerdings<br />
wohl nicht ohne Hinblick auf eine damit verbundene<br />
Erhöhung des nordamerikanischen<br />
AutoexporteSi<br />
Zu welchen Erfolgen<br />
der planniässige Ausbau<br />
der Hauptverkehrsstrassen in grossen Bezirken<br />
führt, zeigt das Beispiel des rheinischwestfälischen<br />
Industriegebietes. Hier hat der<br />
Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk seit 1925<br />
ein schon ziemlich umfangreiches, einheitliches<br />
Netz durchgehender Strassen für den<br />
Motorfahrzeugverkehr ausgebaut. Das Netz<br />
umfasst insgesamt 1340 Kilometer, von denen<br />
570 Kilometer neu gebaut werden müssen,<br />
während sich der Rest aus vorhandenen,<br />
zum Teil allerdings erheblich veränderten<br />
Strassenzügen zusammensetzt Etwa 100 Kilometer\<br />
dieses Strassennetzes sind bereits<br />
fertiggestellt Zurzeit wird vor allem eine<br />
<strong>1929</strong> — N» tOO<br />
leistungsfähige Verbindung vom Osten des<br />
Industriegebietes über Dortmund, Essen,<br />
Duisburg zur holländischen Grenze hergestellt;<br />
diese Arbeiten sollen in etwa zwei<br />
Jahren vollendet sein. Bei den neu ausgebauten<br />
Strassen wird der Motorfahrzeugverkehr<br />
vom Strassenbahn- und Fussgängersowie<br />
auch vom Anliegerverkehr getrennt<br />
denen besondere Fahrbahnen zugewiesen<br />
werden.<br />
Dieser Ausbau des Strassennetzes im<br />
rheinisch-westfälischen Industriegebiet ohne<br />
die Errichtung neuer Organisationen kann,<br />
wie die «B. Z.a. M.» ausführt, für die Schaffung<br />
eines einheitlichen deutschen Kraftwagenstrassennetzes<br />
in vieler Hinsicht als<br />
Vorbild dienen.<br />
Das a'gerische Strassenbauprogramm. Die<br />
algerische Finanzdelegation des Parlamentes<br />
hat in ihrer letzten Sitzung das Strassenbauprogramm<br />
Levy, des Finanzdelegierten, gutgeheissen.<br />
Darnach sollen dem 7500 km<br />
messenden Netze der Landstrassen noch<br />
4500 km Departementsstrassen und Gemeindestrassen<br />
mit grösserem Verkehr angegliedert<br />
und ebenfalls in das Bauprogramirt<br />
aufgenommen werden. Es sollen also im<br />
ganzen 12,000 km algerischer Strassen vollkommen<br />
verbessert oder neu angelegt werden<br />
und zwar in einheitlicher Weise. Die<br />
ganze ATbeit soll auf vier Jahre verteilt<br />
werden, sodass jährlich 3000 km hergestellt<br />
werden. Die gesamte Auslage hiefür ist auf<br />
eine Milliarde Papierfranken geschätzt, wozu<br />
sich aber noch die 114 Millionen Franken<br />
gesellen, die der Staat alijährlich für die nationalen<br />
Strassen ausgibt, und 80 Millionen<br />
Franken, welche die Departemente für die<br />
Instandhaltung der Departementsstrassen<br />
ausgeben. Für die Verzinsung des Baukred'ites,<br />
der sich auf jährlich 250 Millionen<br />
Franken beläuft, entrichtet der Staat im ersten<br />
Baujahr 16 Millionen, im zweiten 32<br />
Millionen, im dritten 48 Millionen und im<br />
vierten 64 Millionen. Nach Fertigstellung der<br />
Bauten sollen die Benutzer deT Strassen den<br />
Zinsen- und Amortisationsdienst übernehmen,<br />
bis das ganze Kapital abgeschrieben<br />
sein wird. Die Durchführung des Programms<br />
soll keinen grösseren Schwierigkeiten gegenüberstehen<br />
und die Arbeiten können in der<br />
vorgesehenen Frist von vier Jahren beendet<br />
werden. Das Material werden etwa 250 von<br />
den zahlreichen Steinbrüchen in Algerien liefern.<br />
Es müssen in Dienst gestellt werden 120<br />
Strassenwalzen, 30 Teerwagen und 250 Spezialfuhrwerke.<br />
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