E_1934_Zeitung_Nr.028
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28 - <strong>1934</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Sportnachrichten<br />
Der VI. Grosse Preis von Monaco<br />
Das bei einer Rekordzahl von Zuschauern ausgefahrene Rennen bringt in letzter Minute<br />
einen Ueberraschungssies von Moll auf Alfa Romeo (Scuderia Ferrari). — Sein Stallgenosse<br />
Chlron verliert den fast sicheren ersten Platz und fällt an die zweite Stelle zurück.<br />
— Von 15 Startenden beendigen zehn das Rennen.<br />
Monte Carlo, 1. April <strong>1934</strong>.<br />
Dieses Rennen, mit dem die in mancher<br />
Hinsicht besonders bedeutsame Saison <strong>1934</strong><br />
ihren glanzvollen Auftakt erhält, vereinigt<br />
auf sich alle Voraussetzungen, die es nicht<br />
nur zu einem « Grossen Preis > im besten<br />
Sinne des Wortes stempeln, sondern ihm in<br />
der Reihe dieser autosportlichen Grossveranstaltungen<br />
eine unbestrittene Vorzugsstellung<br />
einräumen. Die kühne Wahl der Strecke<br />
mitten durch die mondäne Stadt, die seither<br />
an verschiedenen Orten nachgeahmt worden<br />
ist, ohne dass das Vorbild bis jetzt erreicht<br />
worden wäre, wie auch der Umstand, dass<br />
hier alljährlich die Maschinen und Fahrer<br />
ihre Feuertaufe zu bestehen haben, verhalfen<br />
dem Rennen zu einer Bedeutung und internationalen<br />
Popularität, wie sie in so kurzer<br />
Zeit nirgendswo erreicht werden konnte. Dazu<br />
kommt dieses Jahr die erstmalige Anwendung<br />
der neuen Rennformel, die seit<br />
ihrer Konzeption in der Fachwelt viel zu<br />
diskutieren gab und deren Auswirkungen<br />
heute noch umstritten sind.<br />
Die 3,18 km lange Piste weist zehn zum Teil äusserst<br />
heikle Kurven auf, von denen drei einen Radius<br />
von weniger als 7 Metern haben. Dazwischen<br />
ist der Anstieg vom Quai zum Kasino hinauf eingeschaltet<br />
mit einer Steigung von zirka 15 Prozent,<br />
dem ein ansehnliches Gefälle hinab an die Promenade<br />
längs des Meeres folgt. Diese Eigenart der<br />
Strecke, die dem Grossen Preis den Beinamen des<br />
Rennens der tausend Kurven (es werden bekanntlich<br />
hundert Runden ausgefahren) eingetragen hat,<br />
sorgt dafür, dass die erzielte Schnelligkeit sich in<br />
ganz bestimmten Grenzen hält. So steht der von<br />
Varzi letztes Jahr erreichte Rundenrekord auf<br />
i'59", was einem Stundenmittel von 96,201 km entspricht.<br />
Der ständige Wechsel zwischen ganz kurzen<br />
Geraden und Kurven, das fortwährende Auf<br />
und Ab der Höhenkurve zwingen zu einer solchen<br />
ausserordentlichen Beanspruchung von Getriebe,<br />
Hinterachse und Bremsen, dass vom maschinellen<br />
Standpunkt aus gesehen, der Enderfolg von diesen<br />
Organen abhängt. Der Motor dagegen wird nirgends<br />
maximal beansprucht, da die Strecken viel zu kurz<br />
sind, um die volle Entfaltung der Geschwindigkeit<br />
zu ermöglichen. Blättert man zurück in der allerdings<br />
kurzen, aber deswegen nicht minder fesselnden<br />
Geschichte dieses Rennens, so wird man das<br />
eben Gesagte bestätigt finden, indem die Ausfälle<br />
stets auf die nämlichen charakteristischen Defekte<br />
zurückzuführen sind.<br />
Unter diesem Gesichtswinkel betrachtet, ist nun<br />
das kommende Rennen um so interessanter, als<br />
durch die neue Formel die Maschinen in bezug auf<br />
ihre motorische Leistung einander ziemlich angeglichen<br />
sind und wohl durchwegs ihre 250 PS bei<br />
etwa 6000 Touren pro Minute liefern. Neben der<br />
Wahl des günstigsten Uebersetzungsverhältnisses<br />
spielt das Beschleunigungsvermögen und die<br />
Bremsleistung die entscheidende Rolle. Ersteres ist<br />
in bezug auf den damit zusammenhängenden Brennstoffkonsum<br />
von Bedeutung, letzteres wird wiederum<br />
Zeitunterschiede bewirken, die an und für sich<br />
unbedeutend sind, bei hundertfacher Vervielfältigung<br />
aber ausschlaggebend sein können. Dass dem so ist,<br />
dürfte die Tatsache illustrieren, dass an einzelnen<br />
Stellen der Strecke das Tempo auf kürzeste Distanz<br />
von weit über hundert Stundenkilometer brüsk auf<br />
beinahe 30 km/Std. reduziert werden muss.<br />
Wie in der Vorschau der letzten Woche bereits<br />
ausführlich dargelegt wurde, finden wir unter den<br />
in das Rennen eingesetzten Maschinen nur ganz<br />
wenige ausgesprochene Neukonstruktionen. Alfa Romeo<br />
und Maserati haben ihre bisherigen Typen nur<br />
insoweit abgeändert, als dies notwendig war, um<br />
sie mit der geltenden Formel in Einklang zu bringen.<br />
Sie waren vorab gezwungen, die Karosserien<br />
anzupassen, was durch deren Verbreiterung erreicht<br />
wurde. Mit Ausnahme von Varzi verfügen alle<br />
Fahrer der Scuderia Ferrari über das bereits bekannte<br />
2,653-1-Monoposto-ModelI. Varzi dagegen pilotiert<br />
eine Maschine, die auf etwas verkürztem<br />
Chassis über einen 3-1-Motor verfügt. Man weiss,<br />
dass Alfa Romeo zur Zeit mit einer Neukonstruktion<br />
beschäftigt sind, so dass dieses letztere Modell<br />
woh als Versuchstyp anzusehen ist.<br />
Viel Beachtung fand der Vierzylinder-Maserati,<br />
der Taruffi anvertraut worden ist. Es handelt sich<br />
zwar um ein bereits bekanntos Chassis, dagegen ist<br />
der 2,47-1-Motor neu. Es wurde bei diesem Modell<br />
hauptsächlich auf die Gewichtsverminderung gesehen.<br />
Wenn es auch nicht so schnell ist, wie die den<br />
Einzelfahrern Earl Howe, Etancelin, Siona und<br />
Straight gelieferten 3-1-Wagen, so hat es doch recht<br />
sute Aussichten, die übrigens durch die vorzügliche<br />
Trainigszeit am letzten Tage bestätigt werden. Ob<br />
das von Straight eingebaute Wilson-Getriebe ihm<br />
einen Vorteil einzutragen vermag, wird sich am<br />
Ostermontag zeigen.<br />
Nach dem nicht gerade überwältigenden Debüt<br />
des unter der neuen Formel gebauten 2,8-1-Bugatti<br />
in San Sebastian, war man um so mehr auf ihre<br />
jetzige Haltung gespannt. Der Konstrukteur von<br />
Molsheim scheint die Zwischenpause gründlich genutzt<br />
zu haben, denn in den Vortagen Hessen die<br />
Maschinen der offiziellen Mannschaft, wie auch diejenige<br />
von Nuvolari nichts zu wünschen übrig. Beste<br />
Figur machte bestimmt der Mantuaner, dessen erstaunliches<br />
Einfühlungsvermögen in die für ihn<br />
neue Maschine das beredte Zeugnis für seine glänzenden<br />
Qualitäten als Pilot abgibt. Leider ist Nuvolaris<br />
Debüt als Einzelfahrer auf Bugatti von ernsten<br />
Sorgen privater Natur umflort, indem sein<br />
jüngster Sohn schwer krank zu Hause liegt. Veyron<br />
startet auf einer 2,3-1-Maschine, die bereits letztes<br />
Jahr ihre Taufe mit Erfolg bestanden hat. Ergänzend<br />
sei noch erwähnt, dass Balestrero einen letztjährigen<br />
Alfa Romeo, 2,6 1, pilotiert, der aber kaum<br />
für einen der ersten Plätze in Frage kommen wird.<br />
Wer mit der Beteiligung der beiden neuen deutschen<br />
Marken gerechnet hatte, wurde leider enttäuscht.<br />
Ueber ihr Fernbleiben zirkulierten allerlei<br />
Meldungen. Die wahrscheinlichste ist die, dass einmal<br />
der Mercedeswagen noch nicht vollständig bereit<br />
ist und anderseits die Auto-Union deshalb nicht<br />
vertreten war, als von den deutschen Sportinstanzen<br />
Der Sieger von Monte Carlo. Guido Moll, mit seinem Alfa Romeo-Monoposto.<br />
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Eine packende Szene aus<br />
dem Training: Links oben<br />
rasen die Rennwagen die<br />
Steigung empor, um unten<br />
in tollen Tempi auf dem<br />
Quai wieder aufzutauchen.<br />
An der Spitze Chiron auf<br />
Alfa Romeo.<br />
der erste Start an einem inländischen Rennen gewünscht<br />
wurde. Wenn damit Monaco auch eine auszuprobieren. Die hierüber sorgfältig gesammel-<br />
Genf gezeigten Chrysler 8 Zyl. Airflow gründlich<br />
eigentliche Sensation entgangen ist, so darf man ten Daten werden in einer nächsten Nummer noch<br />
doch mit einem nicht minder spannenden Austrag einer näheren Würdigung unterzogen werden.<br />
rechnen, da sich doch drei Marken gegenüberstehen,<br />
die in den beiden letzten Jahren den Rennsport beherrschten.<br />
Was die Fahrer anbetrifft, so sind<br />
Das Training.<br />
neben den aus vielen internationalen Rennen als Wenn wir sagen, dass Monte Carlo in den Tagen<br />
vor dem Rennen das übliche Bild bot, so<br />
Sieger hervorgegangenen Kämpen etliche vielversprechende<br />
Vertreter der jüngeren Generation mitberücksichtigt<br />
worden, so dass es an den notwenstellung<br />
machen, der diesem Grossen Preis schon<br />
kann sich nur derjenige faievon die richtige Vordigen<br />
Kampfmomenten nicht fehlen wird.<br />
einmal beigewohnt hat. Die ganze prineipaute und<br />
das sehr zahlreiche internationale Publikum standen<br />
in seinem Banne. Schon das Training brachte<br />
Der Grosse Preis von Monaco hat seine weit<br />
über die engen Landesgrenzen hinausgehende Anzugskraft<br />
bestätigt. Was irgendwie in der Fach-<br />
um so höher einzuschätzen war, als sonst hier das<br />
erstaunliche Zuschauermassen auf die Beine, was<br />
welt und den Organisationen des Autosportes mitzählt,<br />
ist nach hier gekommen. Vorab die Deut-<br />
den Ausschlag gibt. Man war daher überrascht,<br />
mondäne Leben, das die Nacht zum Tage macht,<br />
schen haben der Veranstaltung das grösste Interesse in den so frühen Morgenstunden längs der Strecke<br />
entgegengebracht. Dr. Porsche, der Konstrukteur ein Publikum anzutreffen, das sonst erst in den<br />
des P-Rennwagens, der Rennleiter der Auto-Union, Abendstunden sich zum Korso auf den Boulevards<br />
Stuck, Prinz Leiningen, Garacciola u. a. m., waren einfindet. Den Probefahrten kommt nämlich dadurch<br />
schon eine ganz besondere Bedeutung zu,<br />
aufmerksame Beobachter. Auch die schweizerischen<br />
Sportkreise waren gut vertreten. Ihrem « Zug nach als sie offiziell chronometriert werden und auf<br />
dem Süden » haben wir es zu verdanken, dass wir das Rennen selbst nicht ohne Einfluss sind. Die<br />
in angenehmer und fachkundiger Gesellschaft die Startreihenfolge wird an Hand der Trainingsresultate<br />
bestimmt, indem die Fahrer mit den be-<br />
Reise nach hier mitmachen konnten, die uns zudem<br />
eine erste und überzeugende Gelegenheit bot, den in sten Runden Anspruch auf die vordersten Startplätze<br />
haben. Wer zudem die Runden nicht in der<br />
Mindestzeit von 2'12" zurücklegt, scheidet schon<br />
zum vorneherein aus. Besser als jede Schilderung<br />
vermag nachstehende Tabelle über die Resultate<br />
der Vortage das Kräfteverhältnis und die Aussichten<br />
auf Sieg und Platz zu illustrieren, die<br />
dann auch zu entsprechenden Kommentaren und<br />
Voraussagen Anlass gaben. Dass sich die Propheten<br />
aber auch diesmal mehrheitlich getäuscht haben,<br />
ergab das Schlussresultat des Rennens selbst.<br />
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Beste Rundenzeiten.<br />
Fahrer 1. Training 2. Training 3. Trainin?<br />
Balestrero 2'12" 2'08" 2'05"<br />
Benoist 2'06" 2'02" —<br />
Chiron 2'01" 2'00" 2'00"<br />
Dreyfus 2'02" 2'00" 1'59"<br />
Etancelin 2'03" 1'59" 2'00"<br />
Earl Howe 2'11" 2'08" —<br />
Lehoux 2'04" 2'01" 2'00"<br />
Moll 2'06" 2'00" 2'01"<br />
Nuvolari 2'0O" 1'59" 2'00"<br />
Siena " — — 2'05"<br />
Straight 2'05" 2'03" 2'02"<br />
Taruffi — 2'12" 2'00"<br />
Trossi 1'59" 1'58" 2'02"<br />
Varzi 2'03 l( 1'59" 1'58"<br />
Veyron 2'07" 2'08" 2'06"<br />
Wimille 2'04" 2'02'' 2'00"<br />
Ein kurzer Vergleich ergibt, dass die gefahrenen<br />
Zeiten sich von Tag zu Tag besserten und von<br />
Mann zu Mann nur sehr geringe Differenzen aufwiesen.<br />
Die Ueberraschung brachte der zweite Tag,<br />
an welchem nicht nur der bestehende Rekord von<br />
1'59" verschiedentlich egalisiert, sondern von Graf<br />
Trossi sogar um eine Sekunde verbessert wurde.<br />
Nicht nur auf Grund dieser Zeiten, sondern in Erwägung<br />
ihrer bisherigen Leistungen galten Varzi,<br />
Ghiron, Nuvolari und Etancelin als die aussichtsreichsten<br />
Anwärter auf den Sieg. Die Resultate<br />
verstärkten zudem die Auffassung, das zufolge den<br />
ziemlich gleichwertigen Maschinen mehr die persönlichen<br />
Eigenschaften der Fahrer den entscheidenden<br />
Ausschlag geben würden. Am ersten Tage<br />
fehlten zum Training nur Siena und Taruffi, deren<br />
Maschinen nioht rechtzeitig eingetroffen waren. Benoist,<br />
der sich nach sechsjährigem Unterbruch<br />
neuerdings dem Rennsport verschrieben hat, kollidierte<br />
am zweiten Tag mit den Sandsäcken und<br />
musste Forfait erklären, da die beschädigte Maschine<br />
nicht mehr rechtzeitig in Stand gestellt<br />
werden konnte. Auch Straight und Etancelin wurden<br />
im Verlaufe ihrer Proberunden aus der Bahn<br />
getragen, was am einen Ort eine Chassisverkrümmung,<br />
am anderen dagegen nur einen Leck im<br />
Benzintank eintrug. Die unermüdliche Arbeit der<br />
Mechaniker ermöglichte e« beiden, am Start zu erscheinen.<br />
Das Rennen.<br />
Monte Carlo, 2. April.<br />
Bestürzt stellte man am frühen Morgen des<br />
Ostermontag fest, dass auch der schönste<br />
blaue Himmel der Riviera ab und zu einem<br />
zudem noch recht unprogrammässigen Regen<br />
und nieder hängenden Wolkenbänken weichen<br />
muss. Aber wie dieser Witterungsumschlag<br />
unvermittelt herangezogen war, so<br />
rasch vermochte auch die Sonne das Regiment<br />
wieder anzutreten, so dass bei Rennbe-