E_1935_Zeitung_Nr.080
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10 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1935</strong> — N* 80<br />
Luftfahrt<br />
Der Flugzeugpropeller erhält<br />
eine Bremse.<br />
Der « gesunde Menschenverstand» nimmt<br />
als selbstverständlich an„dass ein nicht angetriebener<br />
Flugzeugpropeller um so weniger<br />
Luftwiderstand verursacht, je rascher er<br />
sich dreht, je weniger er also vom abgestellten<br />
Motor gebremst wird.<br />
Leider befindet sich der gesunde Menschenverstand<br />
dabei wieder einmal gänzlich auf<br />
dem Holzweg. In Wirklichkeit trifft nämlich<br />
gerade das Gegenteil zu. Dem Wissenschafter<br />
ist auch schon seit langem bekannt, dass<br />
man alles Interesse hätte, um nach dem Abstellen<br />
des Motors das Weiterdrehen des<br />
Propellers zu verhindern. Der nur noch vom<br />
Fahrtwind angetriebene Propeller ruft nämlich<br />
Luftwirbel hervor, die speziell dann,<br />
wenn der Motor in der Flügelvorderkante<br />
eingebaut ist, sehr unerwünscht sind, indem<br />
sie den Auftrieb vermindern. Er ist auch unangenehmen<br />
Erschütterungen unterworfen<br />
und macht es fast unmöglich, im Flug an<br />
dem betreffenden Motor Reparaturen vorzunehmen,<br />
wenn man das, wie z.B. bei einer<br />
mehrmotorigen Maschine, gerne möchte.<br />
Aus diesen und andern Gründen haben<br />
sich die Techniker auch schon seit längerer<br />
Zeit um die Konstruktion einer Propellerbremse<br />
bemüht. Erst vor drei Jahren kam<br />
jedoch in Frankreich eine Konstruktion heraus,<br />
die praktisch Eingang fand. Die Propellerbremse<br />
der « Etablissements D. F. ><br />
wurde seitdem bei einer Anzahl Flugzeuge<br />
der heutigen Air-France ausprobiert und<br />
dürfte sich bald weiter durchsetzen. Ihre<br />
Konstruktion ist durchaus einfach. An der<br />
Propellernabe ist eine Scheibe befestigt,<br />
welche gleichsam den einen Teil einer Plattenkupplung<br />
darstellt. Die zweite Hälfte dieser<br />
Plattenkupplung besteht aus einem Ring<br />
mit Ferodo-Belag. Soll der Propeller zum<br />
Stillstand abgebremst werden, so presst man<br />
durch Oeldruck mittels einer Anzahl am<br />
Kurbelgehäuse befestigter Zylinder den Ring<br />
gegen die Scheibe. Der Oeldruck wird durch<br />
eine kleine Handpumpe erzeugt. Damit der<br />
Pilot nicht versehentlich den Motor mit gebremstem<br />
Propeller laufen lassen kann, sind<br />
in der Druckleitung zwei automatische Sicherungen<br />
eingebaut. Die eine wirkt so, dass<br />
sofort beim Auftreten von Druck in der Lei-<br />
Die «Katapult-Schule» der englischen Luftflotte. Das Flugzeug-Katapult, das in der englischen Luftflotte überall dort verwendet wird, wo Raum- oder<br />
Zeitmangel den üblichen Start eines Flugzeuges nicht zulassen, wie z. B. bei Küstenstationen, Unterseebooten, Kriegs- und Flugzeugmutterschiffen;<br />
erfordert ganz besondere Geschicklichkeit vom Flugpiloten, daher werden in der englischen Trainingsschule Nr. 1 in Leuchars (Schottland) die Piloten<br />
besonders in Start des Flugzeuges vom Katapult ausgebildet. Oben: Ein Flugzeug im Moment des Abschusses vom Katapult Rechts: Das auf<br />
dem Katapult ruhende Flugzeug mit gestartetem Motor, fertig zum Abschuss.<br />
tung die Zündung kurzgeschlossen wird,<br />
während die zweite ein rotes Signallicht aufleuchten<br />
lässt. Die ganze Bremsausrüstung<br />
wiegt bei einem viermotorigen Flugzeug nur<br />
19 kg.<br />
Ausser aus den oben angegebenen Gründen<br />
hat sich im französischen Flugbetrieb<br />
die Ausrüstung der Propeller mit Bremsen<br />
auch deshalb als empfehlenswert erwiesen,<br />
weil man im Fall von Störungen in der<br />
Schmierung den betreffenden Motor sofort<br />
ganz stillsetzen kann und dann keine grösseren<br />
Motorschäden riskiert oder dass, unter<br />
gleichen Umständen, schon eingetretene Motorschäden<br />
nicht noch vergrössert werden.<br />
Zuhilfenahme des Querruders<br />
Auch aus Amerika kommen neuerdings<br />
ähnliche günstige Berichte. Das Problem<br />
wurde dort besonders vom Ingenieur4Inspektor<br />
des Bureaus of Air Commerce studiert<br />
und zu Konstruktionenreife entwickelt.<br />
Unter seiner Mitwirkung wurde eine Propellerbremse<br />
an Sikorsky-S. 42-Flugbooten der<br />
Pan American Airways ausprobiert, ebenfalls<br />
mit Erfolg. Es zeigte sich z. B., dass<br />
das viermotorige Flugboot dann, wenn der<br />
Propeller eines abgestellten Motors zum<br />
Stillstand gebremst wurde, lediglich mit dem<br />
Seitensteuer auf geradem Kurs gehalten<br />
werden konnte, während das Geradeaus-<br />
Fliegen bei abgestelltem gleichem Motor,<br />
aber nicht abgebremstem Propeller, noch die<br />
erforderte.<br />
Bei abgebremstem einem Propeller musste<br />
den übrigen Motoren auch weniger Gas gegeben<br />
werden, um die Maschine auf gleicher<br />
Höhe zu halten und die Landegeschwindigkeit<br />
war wesentlich geringer, weil in beiden<br />
Fällen nicht der Auftrieb des einen Flügels<br />
durch die turbulente Luft hinter dem langsam<br />
laufenden Propeller gestört wurde.<br />
Konstruktiv unterscheidet sich die amerikanische<br />
von der französischen Bremse dadurch,<br />
dass nicht Bremsplatten, sondern,<br />
ähnlich wie bei Automobilen, Bremstrommeln<br />
und Bremsbänder Anwendung finden.<br />
Die Betätigung der Propellerbremse geschieht<br />
jedoch auch hier mit Oeldruck. Die<br />
Propellerbremsausrüstung für das viermotorige<br />
Flugzeug wiegt ca. 23 kg.<br />
Die Sikorsky-Gesellschaft beabsichtigt<br />
nun, Propellerbremsen versuchsweise auch<br />
bei ihrem neuesten Typ S 43 einzubauen und<br />
sie dann eventuell allgemein zur Anwendung<br />
zu bringen.<br />
-s.<br />
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