E_1936_Zeitung_Nr.094
E_1936_Zeitung_Nr.094
E_1936_Zeitung_Nr.094
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
fJO 94 _ FREITAG, 20. NOVEMBER <strong>1936</strong> AUTOMOBIL-REVUE :t<br />
Vom Saumweg zur hochalpinen Autostrasse<br />
Der Sustenpass, eine Querverbindung vom<br />
Aare- zum Reusstal, dürfte in der Reihe der<br />
zahlreichen Alpenübergänge wohl zu den romantischsten<br />
Gebirgspässen der Schweiz gehören.<br />
In historischer, vor allem aber in<br />
militärischer Hinsicht kommt diesem Passe,<br />
trotzdem er nicht im Zuge der handelspolitisch<br />
so wichtigen alpinen Nord-Südverbindungen<br />
liegt, grosse Bedeutung zu.<br />
Vor Jahrzehnten schon beschäftigte man<br />
sich mit Projekten für den Ausbau dieser<br />
Verbindung Innertkirchen-Wassen zur leistungsfähigen<br />
Fahrstrasse. Die Zeit allein<br />
vermochte diese Pläne nicht zur Reife zu<br />
bringen; erst unter dem Drucke von Krise<br />
und Arbeitslosigkeit konnten sich die diesbezüglichen<br />
Bestrebungen zu einer Aktion<br />
verdichten, deren Bauprojekte nun endlich<br />
ernstliche Aussicht auf Erfolg besitzen. Bereits<br />
letztes Jahr haben denn auch die Regierungen<br />
der Kantone Bern und Uri dem<br />
eidg. Departement des Innern Berichte und<br />
Kostenvoranschläge zum Projekt einer neuen<br />
Sustenstrasse unterbreitet und in denselben<br />
die ca. 46 km lange Strassenbaute generell<br />
besprochen. Diesen Berichten nun ist zu entnehmen,<br />
dass das<br />
bernische Teilstück<br />
des Sustensträsschens, wie es heute noch<br />
existiert, in der ersten Hälfte des vorigen<br />
Jahrhunderts allmählich vom Fuss- und<br />
Saumweg zum Fahrsträsschen ausgebaut<br />
wurde. Vor allem in den 80er Jahren des<br />
19. Jahrhunderts kamen erhebliche Verbesserungsarbeiten<br />
zur Durchführung, die die<br />
Freigabe des Teilstückes Innertkirchen-<br />
Gadmen für den Verkehr mit Motorrädern<br />
.und Personenautomobilen bis zu 6 Plätzen<br />
erlaubte. Diese ca. 18 km lange Strecke<br />
weist eine Breite von 3 m bis 3 m 60 auf;<br />
von Obermaad (ca. 600 m östlich Gadmen)<br />
bis Steingletscher ist der Weg nur noch<br />
2 m 50 breit und einzig mehr für Motorräder<br />
und Pferdekarren benutzbar. Nicht weniger<br />
als 30 Spitzkehren führen über die ca. 450 m<br />
hohe. Steilstufe vom Gadmentalboden nach<br />
Bäregg hinauf. Vom Hotel Steingletscher<br />
weg bis zur Passhöhe hat das Strässchen<br />
durchaus Saumwegcharakter, ist aber beispielsweise<br />
für Gebirgsartillerie noch gut benutzbar.<br />
Dass sich dies bernische Teilstück<br />
des Sustenpasses noch in verhältnismässig<br />
gutem Zustande befindet, ist vornehmlich<br />
einem angemessenen Unterhalt des Strässchens<br />
zuzuschreiben, wobei anzuführen wäre,<br />
wie beispielsweise die Trockenmauern weniger<br />
durch die Einwirkungen des Verkehrs<br />
als durch diejenigen der Witterung leiden<br />
resp. baufällig werden.<br />
Hinsichtlich der<br />
bisherigen Vorarbeiten für eine neue<br />
Sustenstrasse<br />
erfährt man aus diesen Berichten weiter,<br />
dass bereits im Jahre 1901 dem bernischen<br />
Grossen Rat eine Motion eingereicht worden<br />
war, welche den Bundesbehörden in<br />
Verbindung mit dem Kanton Uri ein Projekt<br />
für den Bau einer Fahrstrasse über den<br />
Susten vorzulegen anstrebte. Im Jahre 1904<br />
unterbreitete der von der bernischen Regierung<br />
mit der Projektausarbeitung beauftragte<br />
Ingenieur Anselmier seine Studie. Die<br />
Baukosten der 28,4 km langen Strecke Innertkirchen-Passhöhe<br />
veranschlagte er auf<br />
2,750,000 Fr. Am 18. Oktober 1905 wurde<br />
dem Bundesrate das Gesamtprojekt Bern-<br />
Uri für die 51,5 km lange Strecke Innertkirchen-Wassen<br />
vorgelegt; die veranschlagten<br />
Baukosten beliefen sich auf 5,490,000 Fr.,<br />
was einem durchschnittlichen Kilometersatz<br />
von 106,900 Fr. entsprach. Die Finanzierung<br />
des Projektes stiess in der Folge dann auf<br />
Schwierigkeiten; es kamen die Kriegs- und<br />
Nachkriegsjahre und mit ihnen drängten sich<br />
andere, momentan wichtigere Probleme in<br />
den Vordergrund.<br />
Erst der seit Mitte der 20er Jahre sich<br />
mächtig entwickelnde Autotourismus vermochte<br />
den Bestrebungen zum Ausbau des<br />
Sustenpasses neuen Impuls zu verleihen. Vor<br />
allem dankt man es dem im Jahre 1928 konstituierten<br />
Aktionskomitee für den Bau der<br />
Sustenstrasse, dessen grosser Energie, sowie<br />
dem initiativen Einsetzen seiner Mitglieder, I<br />
dass es seither um dies Projekt nie mehr still<br />
wurde, dass dessen Realisation, trotz allen Widerständen<br />
und ungeachtet der Bremsmanöver<br />
selbst im Einzugsgebiet der - Strasse,<br />
heute endlich in greifbare Nähe gerückt ist.<br />
Inzwischen wurde , nämlich die Frage des<br />
Ausbaues unserer Älpenstrassen inkl. Erstellung<br />
neuer alpiner Übergänge auf breitester<br />
Basis aufgerollt und im Bundesbeschluss<br />
über den Ausbau der Strassen und des<br />
Strassennetzes im Alpengebiet, datiert vom<br />
4. April 1935, haben die Vorarbeiten für den<br />
Bau einer Sustenstrasse nunmehr ihre bundesrechtliche<br />
Grundlage gefunden.<br />
Der grosse Erfolg der Wehranleihe hat<br />
ein Letztes getan; das für die Verwirklichung<br />
des Projektes wichtigste Problem,<br />
die Lösung der<br />
finanziellen Seite<br />
der ganzen Angelegenheit, erscheint in neuem<br />
Lichte und die durch die letzten Monate<br />
geschaffene psychologische Neuorientierung<br />
unseres Volkes dürfte sich auch hier fördernd<br />
und erleichternd auswirken. Strategisch<br />
betrachtet kommt der Sustenstrasse<br />
mit Rücksicht auf die wichtige Rolle der<br />
Gotthardstellungen in unserm Verteidigungssystem<br />
unter allen Strassenbauten die<br />
grösste Bedeutung zu; ihre Erstellung liegt<br />
in erster Linie im Interesse der Landesverteidigung.<br />
Und war unser Volk vor nicht<br />
allzulanger Zeit bezüglich der Belange dieser<br />
letztern noch recht geteilter Meinung, so<br />
darf man heute doch wieder die Erfordernisse<br />
unserer Wehrhaftigkeit diskutieren und<br />
in den Vordergrund stellen, ohne als Militarist<br />
verschrien zu werden — für diese Einsicht<br />
haben die rings um unser Land vor sich<br />
gehenden Kräfteverschiebungen gesorgt.<br />
Nun zur<br />
Linienführung der neuen Sustenstrasse.<br />
Das zur Ausführung vorgeschlagene Projekt<br />
sieht eine Strassenbreite von 6 m vor,<br />
gegenüber 4 m 80 bei der Vorlage Anselmier.<br />
Bei der Detailbearbeitung sind für die<br />
Einzelheiten des Ausbaues die von der Vereinigung<br />
schweizerischer Strassenfachmänner<br />
aufgestellten Bergstrassen-Normalien für<br />
Hauptstrassen massgebend. Als Versteinung<br />
der Fahrbahn wurden vorgesehen: ein Steinbett<br />
von 25 cm Stärke und eine Bekiesung<br />
von 10—12 cm; darüber soll ein staubfreier<br />
Belag zur Ausführung kommen.<br />
Das neue Projekt strebt nach Möglichkeit<br />
eine gestreckte, flüssige Linienführung an,<br />
sucht Wendeplatten (Kehren) auf ein Minimum<br />
zu beschränken, Lawinenzüge und<br />
starke Steigungen zu vermeiden. Die zum<br />
Teil recht starken Abweichungen von der<br />
im Projekt Anselmier vorgesehenen Linienführung<br />
liegen nicht allein in der Anpassung<br />
der Vorlage an den modernen Motorfahrzeugverkehr<br />
begründet, sondern sind ebensosehr<br />
durch die inzwischen erreichte hohe<br />
Vervollkommnung der Strassenbautechnik<br />
bedingt.<br />
Im allgemeinen versucht sich die Trassierung<br />
an eine maximale Steigung von 8 %<br />
zu halten; an wenigen Stellen nur wird diese<br />
8,6 %, und einzig auf zwei Strecken von<br />
400 resp. 800 m Länge solche von 9 % betragen.<br />
Der Ausgangspunkt der neuen Sustenstrasse<br />
liegt in Innertkirchen (Grimselstrasse),<br />
und es folgt diese in ihrem ersten<br />
Teil dem Gadmental. Nach dem Zusammenfluss<br />
der Gadmer- und Triftwasser schiebt<br />
sich ein Querriegel in die Talmulde, dessen<br />
Ueberwindung eine Strassenentwicklung mit<br />
höchstzulässigem Gefälle erfordert. Dann<br />
folgt die Strasse neuerdings dem nunmehr<br />
offenen Talboden bis Obermaad. Ein weiterer,<br />
mächtiger Querriegel beim Zusammenfluss<br />
der Gadmer- und Wendenwasser verlangt<br />
zu seiner Ueberwindung neuerdings<br />
Längenentwicklungen bis Bäregg. Von da an,<br />
durch die sogenannte Höll, bis zum Hotel<br />
« Steingletscher » entwickelt sich die Linienführung<br />
längs des rechtsufrigen Steilhanges,<br />
und zwar ungefähr in Uebereinstimmung mit<br />
dem bestehenden Strässchen. Ob dem Steingletscherhotel<br />
(1866 m), holt die" Strasse zu<br />
einer mächtigen Schlaufe aus", um in kühner<br />
Linienführung die Passhöhe (2262 m) zu erreichen.<br />
Diesem generellen Projekt entspricht ein<br />
Kostenvoranschlag<br />
von 11,6 Mill. Fr. Hievon entfallen 1,42 Mill.<br />
auf Erstellung eines staubfreien Belages, so<br />
dass die reinen Baukosten 10,18 Mill. Fr.<br />
betragen. Diese Summen sind, trotzdem sie<br />
nur als generell bewertet werden dürfen,<br />
keineswegs rohe Schätzungen, sondern stützen<br />
sich auf das Projekt Anselmier. Nachfolgende<br />
Zusammenstellung zeigt die Verteilung<br />
der Baukosten auf die verschiedenen<br />
Teilstrecken :<br />
Oestlioh der Passhöhe recken sich die nördlichen<br />
Ausläufer des Fleckistockes in die Höhe. Links<br />
Griesenhörnli, Mitte Stücklistock mit den Kalchtalwänden.<br />
An diesem Seelein zwischen Stuhlwang und Passhöhe<br />
soll die neue Sustenstrasse vorbeiführen. Im<br />
Hinteigrund sind Thierberggruppe und Steingletscher<br />
ersichtlich.<br />
Ein 80 m a fassender Felsblock, der kürzlich durch<br />
die Macht einer Lawine aus dem Gadmerwasser etwa<br />
150 m weit hinaufgeschleudert wurde.<br />
Er ist da.!<br />
Der neue Triumph<br />
Worte sagen nichts - man muss ihn<br />
sehen, man muss ihn fahren! Dann<br />
staunt man Ober seine Leistungen,<br />
seine Qualität, seine Linienführung -<br />
und seinen vorteilhaften Preis.<br />
Direkte Fabrikvertretung — Ausstellung — Ersatzteillager — Service<br />
KREUZ-GARAGE - Zollikerstrasse 9<br />
beim Kreuzplatz - Telephon 26.826<br />
J. HAUSER, ZÜRICH