E_1936_Zeitung_Nr.101
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AUTOMOBIL-REVUT! DIENSTAG, 15. DEZEMBER <strong>1936</strong> — N° 101<br />
falsche Fährte abdrängen, war sie doch nicht<br />
so ohne weiteres willens, auf die durch den<br />
motorisierten Strassentransport gebotenen<br />
Vorteile zu verzichten. Im Feuer der statistischen<br />
Erhebungen sollten alsdann die Waffen<br />
für die Verkehrsteilung als auch diejenigen<br />
für die Reorganisation der SBB. geschmiedet<br />
werden.<br />
Wie sich nun die Güterbeförderunj: mit Motorfahrzeugen<br />
im Monat September <strong>1936</strong> entwickelte,<br />
geht aus nachstehendem Bericht des<br />
Eidgenössischen Statistischen Amtes hervor:<br />
«Mit den Ergebnissen für September <strong>1936</strong><br />
liegen nunmehr die Angaben für ein ganzes<br />
Vierteljahr vor. Abgesehen von unwesentlichen<br />
Schwankungen weisen die drei monatlichen<br />
Zusammenstellungen die nämlichen<br />
Hauptmerkmale auf. So ist vor allem der Anteil<br />
der verschiedenen Transportarten am<br />
gesamten erfassten Güterverkehr ziemlich<br />
gleich geblieben; diese Verteilung im Berichtsmonat<br />
ist aus nachstehenden Prozentzahlen<br />
ersichtlich:<br />
Tranirort«<br />
•ew>rk;ml9tl(* Wtrk- ins No. 99.<br />
Der Löwenanteil der überhaupt ausgeführten<br />
Autotransporte entfällt zudem auf den<br />
Werkverkehr, so dass das Märchen der ruinösen<br />
Automobilkonkurrenz nicht länger aufrecht<br />
erhalten werden kann. Das Motorfahrzeug,<br />
mit dem man dem Schweizervolk als<br />
Besitzer der Bundesbahnen einen heillosen<br />
Schrecken in die Glieder zu jagen versuchte,<br />
erweist sich je länger je rnehr auf Grund der<br />
statistischen Erhebungen als haltloses Phantom.<br />
Die Reorganisation der SBB wie auch die<br />
IX*<br />
Familie und war ein ausgezeichneter Gatte und<br />
Vater.<br />
Seine engsten Mitarbeiter aber, die er mit<br />
seiner übertriebenen Einbildungskraft förmlich<br />
behexte, konnten die Art und Weise, mit welcher<br />
er sein Leben ständig gefährdete, nicht<br />
verstehen. Citroen hing sozusagen mit jedem<br />
Faden am Leben und konnte sich für alles begeistern<br />
und entflammen. Es gab für ihn nichts,<br />
dem er gleichgültig gegenüberstand. Alles<br />
interessierte ihn, alles wirkte auf ihn anziehend,<br />
in der Arbeit wie im Vergnügen.<br />
Als es schon sehr schlecht um ihn bestellt<br />
war, vermochte er die Schwere seines<br />
Gesundheitszustandes nicht einzugestehen.<br />
Seine Freunde behaupten, dass er nicht so<br />
schwer magenkrank war, wie die Aerzte sagten.<br />
Man nimmt deshalb auch an — nicht ohne<br />
eine gewisse Berechtigung übrigens — dass<br />
das moralische Leiden seiner Gesundheit derart<br />
zugesetzt hat.<br />
Die schönste Anerkennung, das grösste lob,<br />
welches er sich verdienen konnte, kam aus dem<br />
Munde seines französischen Konkurrenten Louis<br />
Renault, der mit aller Kraft und Aufrichtigkeit<br />
Sturm lief gegen die tendenziösen Gerüchte,<br />
welche bei der Nachricht auftauchten, Citroen<br />
beabsichtigte seine Bilanz vorzulegen.<br />
Renault war tief bewegt. Er suchte Gtroen<br />
TU entschuldigen und die Schwierigkeiten, mit<br />
denen eine Firma mit solchen Ausmassen zu<br />
kämpfen hatte, aufzuzeigen. Zudem wies er<br />
darauf hin, dass das Missgeschick, welches<br />
Citroen als dem eigentlichen Begründer der<br />
französischen Automobil-Industrie zugestossen<br />
war, schon morgen allen seinen Konkurrenten<br />
passieren konnte.<br />
Citroen nahm ein trauriges Ende. Sein Leben,<br />
das eine einzige Konstellation von Erfolg<br />
und Gelingen, von grossartigen Verwirklichungen<br />
darstellte, verdiente wahrhaftig einen andern<br />
Ausgang.<br />
Citroen ist zu früh, vielleicht aber auch zu<br />
spät gestorben.<br />
Zu spät, wenn man bedenkt, "dass es Ihm<br />
sehr wohl hätte möglich sein können, von der<br />
Katastrophe, von der Diskreditierung, der Undankbarkeit<br />
der breiten Massen für die ihnen<br />
geleisteten Dienste verschont zu werden.<br />
Zu früh, weil er die Sanierung seiner Betriebe<br />
nicht mehr erleben konnte, zu früh auch<br />
deshalb, weil ihm die Genugtuung nicht vergönnt<br />
war, zu konstatieren, dass er mit der<br />
Vorderradantriebs-Konstruktion, welche einen<br />
ausserordentlichen Erfolg darstellte, den richtigen<br />
Weg beschritten hatte.<br />
Aber so ist das Schicksal oftmals tragisch.<br />
Es wollte sich rächen. Ist es ihm gelungen?<br />
Neinl Citroens Werk besteht weiter. In seinen<br />
Betrieben ist kein Ruh'n noch Rasten, der<br />
Eiffelturm erhellt die dunkle Nacht. Alltäglich<br />
verlassen neue Automobile die gewaltigen Fabrikanlagen.<br />
Citroen hat doch recht gehabt 1<br />
zukünftige Verkehrsteilung hat somit in erster<br />
Linie bei der Schiene einzusetzen, obschon<br />
auch im gewerbsmässigen, Gütertransport<br />
Zustände herrschen, die nach einer<br />
durchgreifenden Bereinigung rufen. Es<br />
scheint denn auch, dass man an zuständiger<br />
Stelle nicht mehr die Augen vor diesen Tatsachen<br />
bewusst verschliessen will, sondern<br />
durch einen Umbau der Verkehrsteilungsvorlage<br />
den tatsächlichen Verhältnissen zu entsprechen<br />
versucht.<br />
« Ich denke, dass hier jeder die Namen<br />
der Mitglieder der Sternwarte recht gut<br />
kejint, und gerade Ihr Name, Herr Baron, ist<br />
ja in der letzten Zeit immer wieder anlässlich<br />
der Pläne von Professor Honiton in den<br />
<strong>Zeitung</strong>en aufgetaucht. Ich entsinne mich,<br />
Ihr Gutachten studiert zu haben, das ja wohl<br />
von ausschlaggebender Bedeutung für die<br />
Projekte des Amerikaners und die wissenschaftliche<br />
Welt überhaupt gewesen ist. Sie<br />
sind kein Verneiner des tollkühnen Experiments<br />
? »<br />
«Verneiner ? Nun, ich bin lange genug<br />
Warner gewesen; das geht aus allen meinen<br />
Gütachten hervor. Ich habe aus meinen Besorgnissen<br />
kein Hehl gemacht, und jeder<br />
andere hatte aus meinen Warnungen herausgehört,<br />
dass ich die Reise nach dem Mars<br />
für eine Unmöglichkeit halte, solange nicht<br />
bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind —<br />
nur Millington Honiton hörte alles andere<br />
heraus. Für diesen Eisenkopf sind diese Voraussetzungen<br />
erfüllt. Ich bin gestern morgen<br />
hier angekommen und habe bis in die Nachtstunden<br />
mit ihm und seinen Ingenieuren disputiert.<br />
Ich musste Honiton noch einmal eingehend<br />
über die neuesten Forschungsergebnisse<br />
der Temperaturverhältnisse auf dem<br />
Mars belehren, die für die immer geglaubte<br />
Bewohnbarkeit unseres rötlichen Nachbarn<br />
höllisch genug anzusehen sind — plus sieben<br />
Grad in den Aequatorgebieten stehen, wie<br />
unsere Strahlungsmesser feststellen, nur<br />
minus 68 Grad an den Polen und eine Mitteltemperatur<br />
von minus 23 Grad entgegen,<br />
und die Luft auf dem Mars — das haben alle<br />
bisherigen spektroskopischen Untersuchungen<br />
ergeben — ist so wenig mit Wasserdampf<br />
gesättigt und so dünn, dass auf dem<br />
Mars im günstigsten Fall ähnliche Bedingungen<br />
herrschen wie auf den höchsten Bergen<br />
unserer Erde. Honiton will das längst in<br />
seine Rechnung gestellt haben. Er sagt, er<br />
will sich dann eben hauptsächlich am Aequator<br />
aufhalten und im übrigen nur bei Anlässen<br />
wichtiger Natur atmen. Er hat genau so<br />
viel Humor wie Verwegenheit im Leibe, und<br />
an ihm liegt es bestimmt nicht, wenn das<br />
gigantische Wagnis noch in letzter Stunde<br />
scheitert.»<br />
« Das dachte ich mir, dachte ich mir immer<br />
», sagte der Direktor. « Das ist, wenn<br />
ich recht vermute, das Ergebnis, das Ihre<br />
gestrige Unterredung mit Professor Honiton<br />
zuwege brachte.»<br />
« O nein, keineswegs. Es ist etwas anderes.<br />
Nun dieser Krösus und seine, genau so<br />
wie er, in das Projekt verliebten Landsleute<br />
mit Hilfe ihrer geradezu brutalen Summen<br />
das Riesenkind auf die Beine gestellt und<br />
übermenschliche Hindernisse zu überwinden<br />
verstanden, fehlt noch eine Kleinigkeit, dass<br />
die Rakete am pünktlichen Termin, nämlich<br />
am 23. dieses Monats, dem Tage der grössten<br />
Marsannäherune: an die Erde, bemannt<br />
starten kann : die Bemannung.»<br />
< Ah ! Das nimmt mich wunder », rief der<br />
Direktor. « <strong>Zeitung</strong>snachrichten zufolge ist<br />
die Kajüte, wenn ich mich so ausdrücken<br />
darf, ja längst ausverkauft ! Ich las ja schon<br />
vor Wochen die Namen dieser Waghälse.<br />
Einer war ein Chinese —*-<br />
« Stimmt. Der gelbe junge Mann, ein Herr<br />
Füjensing von der Pekinger Sternwarte, ist<br />
auch heute noch bereit, sein Leben mit Professor<br />
Honiton zu wagen, und sagt fast mit<br />
denselben Worten, wie Honiton, er setzte<br />
sein Leben an die grosse Idee; gelange er<br />
nicht ans Ziel, so wolle er gern als Wahnwitziger<br />
gelten, wenn dann wenigstens sein<br />
Tod der Wissenschaft genützt habe. Alle<br />
andern bisherigen Fahrtteilnehmer sind abgesprungen.<br />
Der, auch von mir aufrechterhaltene<br />
Hinweis, dass nach menschlicher<br />
Voraussicht dieser Spaziergang .nach dem<br />
Mars einem 99prozentigen Selbstmord gleichkommt,<br />
hat jenen Voreiligen noch rechtzeitig<br />
Angst vor der eigenen Courage gemacht,<br />
und wer darf darüber lächeln, dass sie das<br />
Hasenpanier ergreifen ? Mit dem Chinesen<br />
allein kann und will Professor Honiton den<br />
Aufstieg nicht wagen. Zwei Mann sind allein<br />
zur Bedienung und Regulierung der komplizierten<br />
Instrumente und Handgriffe nötig.<br />
Fällt einer dieser beiden Männer auch nur<br />
vorübergehend aus und es spränge nicht sofort<br />
ein Ersatzmann ein, so wäre schon hierdurch<br />
die rettungslose Katastrophe heraufbeschworen.<br />
Ursprünglich war die Besatzung<br />
der Weltraumrakete auf sechs Köpfe vorgesehen.<br />
Honiton würde sich im Notfall jetzt<br />
mit drei Begleitern begnügen — das wäre<br />
aber auch das Aeusserste, was er sich selbst<br />
zugestehen darf. An Schlaf wäre dann schon<br />
gar nicht zu denken. Vorläufig hat er, wie<br />
gesagt, nur diesen unbeirrbar anhänglichen<br />
Füjensing, womit aber nicht gesagt sein soll,<br />
dass er schon die letzte Hoffnung aufgegeben<br />
hätte. Er hat inzwischen die Prämie, die ja<br />
schon jetzt schwindelhaft hoch war, heraufgesetzt<br />
— eine Prämie, die den Angehörigen<br />
des betreffenden Waghalses zugute kommen<br />
soll. Das dürfte wieder viele Meldungen bringen,<br />
trotz der sehr deutlichen Warnungssignale<br />
in der Presse — aber fraglich bleibt<br />
es, ob unter denen, die sich melden, auch<br />
wirklich brauchbare Passagiere gefunden<br />
werden. Aber nun entschuldigen Sie die Abschweifung<br />
— es ist nun einmal die brennende<br />
Tagesfrage und der Anlass, der mich<br />
in Ihre Stadt geführt hat.»<br />
« Aber bitte! Das ist mir ja alles höchst interessant,<br />
Herr Baron.»<br />
« Wie Sie sich denken können », fuhr Freiherr<br />
von Ruhl fort, «lag es nicht in meiner<br />
Absicht, Ihnen mit der Aufzählung dessen,<br />
was Professor Honiton treibt und hofft, Ihre<br />
kostbare Zeit zu rauben. Ich bitte trotzdem um<br />
Gehör und um Ihren Rat, verehrter Herr Direktor.<br />
Ich habe etwas auf dem Herzen, was<br />
sich nicht gut schriftlich erledigen lässt, und<br />
als ich mich in Ihrer Stadt sah, nahm ich die<br />
Gelegenheit wahr, zu Ihnen zu kommen.»<br />
«Ich stehe Ihnen ganz zur Verfügung, Herr<br />
Baron.» Der Direktor machte eine verbindliche<br />
Handbewegung und wusste genau, dass<br />
im nächsten Augenblick der Name Dietloff<br />
fallen würde. Er hatte sich nicht geirrt<br />
CFortsetzune folrt)