E_1938_Zeitung_Nr.006
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BERN, Freitag, 21 Januar <strong>1938</strong> Automobil-Revue - II. Blatt, Nr. 6<br />
^Japanische ^^c<br />
als Jlerrenfakrerm<br />
Zwei Jahrtausende begegnen sich . . .<br />
Frl. Hatakiama, Tochter eines japanischen Grossindustriellen, muss am. Nachmittag<br />
für «ehrenwerte» Gäste ihres Vaters eine Teezeremonie abhalten.<br />
Hiezu muss sie sich eine besondere Haartracht zurecht machen lassen, eine<br />
Prozedur, die den ganzen Vormittag in Anspruch nimmt. Die Mädchen des<br />
Hauses bei der Arbeit die Haarhaube mit vielen Hilfsmitteln herzurichteu...<br />
(Photo W. Conitz)<br />
«Wir sind die kleinen Mädchen von Takarazuka . ...»<br />
Junge, zehnjährige Schülerinnen der Takarazuka Mädchen-Oper zwischen<br />
Kobe und Osaka, wo sich die jungen Japanerinnen zu zukünftigen Revuestars<br />
ausbilden lassen können. Wenn sie als sechs- bis achtjährige kleine<br />
Schülerinnen z. B. in die Takarazuka Mädchenoper von den Eltern gebracht<br />
werden — dann haben sie nach lOjähriger Ausbildung ihre westlichen<br />
Schwestern schon weit überholt, da sie losgelöst vom Elternhaus, in einem<br />
Theater-Boardinghaus schlafen und wenige Schritte nebenan in die «Opernschule»<br />
gehen, wo sie vom ersten Schuljahre körperlich und geistig auf<br />
ihren künftigen Beruf vorbereitet werden. (Photo w,conitz.)<br />
Die Zeiten sind lange vorbei, da die Frau am<br />
Volant sich dem lächelnden Spott der Vorübergehenden<br />
aussetzte. Nur in Witzblättern sieht man<br />
Frauen fassungslos ihren Wagen betrachten, der<br />
trotz aller Versuche nicht mehr vom Fleck will.<br />
Erst ein gutmütiger Passant, der die Frage aufwirft,<br />
ob vielleicht mangelndes Benzin die Ursache der<br />
Ratlosigkeit sei, trifft den Nagel auf den Kopf.<br />
Heute wird die Automobilistin in gleicher Weise<br />
wie ein Mann gewertet. Das kommt vor allem<br />
daher, weil sie ihren Kraftwagen genau kennt, bei<br />
einer Panne nicht hilfesuchend, den Verkehr behindernd<br />
stehen bleibt, sondern-imstande.ist, alle kleiv<br />
nen Vorkommnisse selbst zu beheben. Jede Frau<br />
' führt heute ihren gut ausgestatteten- Werkzeugkasten<br />
mit sich, in dem sie genau Bescheid weiss,<br />
ebenso wie sie mit ihrem' feinen Gehör sofort<br />
etwaige Unregelmässigkeifen an ihrem Wagen erkennt<br />
urid sich mit einem Fachmann berät. Meist<br />
hat die selbstfahrende Frau viel «Gefühl» für ihren<br />
Wagen. Sie bleibt dem Mechaniker, dem Elektriker,<br />
kurz ihren Spezialarbeitern treu und kehrt immer<br />
wieder zu ihnen zurück. Durch diese konsequente<br />
Pflege aber werden häufig grössere Schäden<br />
vermieden; und so ist es zu erklären, dass es<br />
Frauen gelingt, ihren Wagen ebenso tadellos instand<br />
zu halten, wie ein Mann, dem alle technischen<br />
Dinge naturgemäss näher liegen.<br />
Frauen fahren meist langsamer als Männer. Im<br />
Stadtverkehr fällt diese Tatsache weniger auf als<br />
bei langen Strecken auf ebenen Strossen. Es fehlt<br />
ihnen oftmals der notwendige Mut, um den Wagen<br />
mit seiner vollen Geschwindigkeit auslaufen<br />
zu lassen. Dafür aber ist meistens ihr automobilistischer<br />
Ehrgeiz nicht so ausgebildet, dass sie das<br />
unbedingte Verlangen. fühlen, jedem Wagen vorfahren<br />
zu müssen. Dagegen bewähren sich Frauen<br />
als Bergfahrerinnen ausserordentlich. Sie lassen es<br />
"hierbei ebenso wenig an Verständnis für den Motor<br />
als an Vorsicht fehlen. Es ist erstaunlich, welch<br />
grosse Anzahl Automobilistinnen man selbst auf den<br />
schwersten Schweizer Bergstrassen antrifft, die<br />
Schulung voraussetzen. Das Hauptkontingent stellen<br />
Frauen aus der Schweiz selbst, die ganz ausgezeichnete<br />
Fahrerinnen sind und mit erstaunlicher Sicherheit<br />
oft grosse, schwere Wagen über schmale<br />
Pässe lenken. Die österreichischen Fahrerinnen erfreuen<br />
sich grosser Beliebtheit. Sie sind, wie man<br />
erfährt, ob ihrer Diszipliniertheit bekannt, ein Lob,<br />
das man den Amerikanerinnen nicht immer spendet.<br />
In vielen Ländern ist die selbstfahrende Frau<br />
noch immer eine Seltenheit. Die Frau am Volant<br />
wird in manchen italienischen* Städten mit Bewunderung<br />
angesehen, während es in England fast<br />
selbstverständlich erscheint, dass eine Frau ausserhalb<br />
der Stadt ihren Kraftwagen selbst lenkt.<br />
Die Automobilistin hat sich eine eigene, praktische<br />
Mode zurechtgelegt. Der Zug der Mode<br />
strebt seit langem zur Einfachheit, zu praktischer<br />
Verwendbarkeit. Deshalb hat die Automobilistin<br />
es leicht, eben nur diese Neuheiten herauszugreifen.<br />
Der englische Mantel ist bei der gutgekleideten<br />
Frau am beliebtesten. Er wird meist zweireihig<br />
geknöpft, die etwas militärisch anmutende<br />
Note kleidet gut. Was Farben anbelangt, gibt es<br />
keine Begrenzung, denn keine Frau hält sich in<br />
der Kleidung irgendwie durch die Farbe der Karosserie<br />
gebunden. Die heurige Mode bringt<br />
eine Reihe Modelle, die speziell für Frauen, die<br />
einen Wagen lenken, von besonderem Interesse<br />
sind. Dazu gehören die zweiteiligen Kostüme, bei<br />
denen etwa eine karierte oder in Fischgrätenmuster<br />
gehaltene Jacke zu einem glatten Rock getragen<br />
wird. Der Rock wird nach einiger Zeit<br />
durch das Sitzen leichter die Form verlieren, während<br />
die Jacke tadellos bleibt. Deshalb ist es bei<br />
solchen Kostümen schon bei der Anschaffung ausserordentlich<br />
bequem, zwei in den Farben unterschiedliche<br />
Röcke zu einer Jacke abzustimmen.<br />
Auch die kommende Pelzmode bringt für die Automobilistin<br />
geeignete Modelle. Da sind vor allem<br />
die kurzen, losen Paletots, die weit übereinanderschliessen,<br />
so dass sie nicht nur flott aussehen,<br />
sondern auch Wärme geben. In den modernen<br />
Innenlenkern ist zwar jede Zugluft vermieden, aber<br />
trotzdem erfordert das ruhige Sitzen im Wagen<br />
entsprechende Kleidung. Persianer erweist<br />
sich als ideales Fell. Es leidet weder durch dos<br />
lange Sitzen, anderseits ist es sowohl für vormittägige<br />
als auch nachmittägige Eleganz geeignet.<br />
Die losen Paletots aus diesem Edelfell mit der<br />
leicht sportlichen Note, wie sie bei der alljährigefl<br />
grossen Pelzmodeschau in New-York im Waldorf-<br />
Astoria-Hotel vorgeführt wurden, fanden so grossen<br />
Beifall, dass sie von den führenden Häusern<br />
jetzt als «Ideal Car Modell», das ideale Modell für<br />
den Wagen, angeboten werden.<br />
An den Hut und die Schuhe sind bei Fahrten in<br />
der Stadt keinerlei Gebote gestellt. Die kleinen,<br />
hochstrebenden Hüte der Herbst- und Wintermode<br />
beeinträchtigen das Blickfeld in keiner Weise. Die<br />
niedrigen Absätze, die von der Mode lanciert werden,<br />
sind ganz im Sinne der Automobilistin.<br />
Eine uniformierte Ommbusschaffnerin<br />
Während ihre männlichen Kollegen am<br />
Steuer sitzen, versieht die japanische<br />
Frau im Omnibus ihren Dienst. Mit leiser,<br />
zierlicher Stimme ruft sie die Strassen<br />
aus, verkauft die Fahrscheine und hilft<br />
allen beim Ein- und Aussteigen.<br />
(Photo W. Conitz.)