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E_1938_Zeitung_Nr.101

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BERN, Freitag, 16. Dezember <strong>1938</strong> II. Blatt, Nr. 101<br />

Automobil-Revue<br />

Mit Volant and Skistock . . .<br />

Skisport, motorisiert<br />

Ein Gespräch über Skifahren und Autofahren,<br />

aufgefangen Ton Dr. E. Pf ister<br />

c Hallo, hallo, alter Bergfreund und Seitgenosse,<br />

wie läufst denn du mir über den<br />

Weg? Zurück aus den Tropen, genug Petrd<br />

gebohrt? Grad angekommen, sagst du? Nach<br />

soviel Jahren hat man sich ja allerhand zu erzählen.<br />

Was sind deine Pläne? ... komm, wir<br />

kehren da mal. zu einem guten Tropfen ein!»<br />

Ungefähr mit diesen Worten fielen sich zwei<br />

alte Schulkameraden sozusagen um den Hals<br />

und übersprudelten, wie es so geht nach jahrelanger<br />

Trennung, vörrküriterbunteri Erinnerungen.<br />

So ging es eine Weile, dann sprang der<br />

Heimkehrer plötzlich aufs Skifahren ober. Er<br />

brenne darauf, sich wieder mal in" kühlen Elementen<br />

tummeln zu können. «Grossartig, Hans,<br />

da fahren wir am nächsten Samstag gleich<br />

mal mit meinem kleinen Auto los!»<br />

— Mit dem Auto? fragte zweifelnd der<br />

Ueberseer.<br />

— Aber natürlich, das machen schon Immer<br />

mehr Leute so. Schöner geht's nimmer.<br />

— Wohin mit den Brettern?<br />

— Da, schau grad diesen Wagen an: aufs<br />

Dach! Den ganzen Winter über lassen wir diesen<br />

Rost auf dem Wagendach oder -heck. Das<br />

Trittbrett oder die Kotflügelmulde sind nämlich<br />

verpönt, man kann keine Türen versperren<br />

oder mit Spiessen herumfahren.<br />

— Schön, aber die Dreckerei mit den rostigen<br />

Schneeketten?<br />

— Macht die Servicestation am Fuss der<br />

Bergstrasse für ein Fränkli. Wir haben aber<br />

Schneepneus während der Schneezeit, da ist<br />

man die Sorge ebenfalls los. Ich achte darauf,<br />

dass keine Vibrationen entstehen, fahre<br />

also damit nicht grad hundert, und das Profil<br />

(es kam so nur halb so teuer) habe ich genau<br />

auf Vibrationsquellen geprüft. Auf den Posfsfrassen<br />

ist der Schnee immer hart genug, und<br />

wenn ich mal wirklich ins Tiefe gerate, so helfe<br />

ich mir mit Gurtenketten aus der Patsche.<br />

— Schön, du fährst also ebenso sicher wie<br />

im Sommer. Und die Eisblumen, meine kalten<br />

Füsse ...? Bedenke, ich komme aus den Tropen!<br />

— Passe, lieber Freund! Mein Wagen Ist mit<br />

einer Zweigleitung des Kühlwassers mollig<br />

geheizt — vorher nahm ich Decken und Bettflaschen.<br />

Eisblumen entfernst du mir mit einem<br />

Lappen voll Glyzerin, das heisst ich lasse mir<br />

entweder eine Klarsichtscheibe montieren oder<br />

ein Warmluftgebläse auf die Scheiben richten,<br />

dann bist du sogar diese klebrige Pflicht los.<br />

— Also auch das hat dir die Bahn nicht mehr<br />

voraus. Und der Wagen selbst, wie verträgt<br />

der denn den Winter?<br />

— Sozusagen ohne Murren, denn ich bin<br />

auch nett mit ihm. Frostschutz im Kühler, Spezialöl,<br />

das bei Polarkälte noch flott durch die<br />

Pumpe fliesst, mit Oberschmieröl und Graphitzusatz<br />

ergänzt..., gesunde Batterie und gute<br />

Lampen, alles doppelt sorgfältig geschmiert<br />

und erst noch gegen Rost durch Schneewasser<br />

mit Sprühöl geschützt..., was kann mir noch<br />

viel passieren?<br />

— Startschwierigkeiten, mein lieber?<br />

— Sicher, gelegentlich, das bestreite Ich<br />

nicht. Aber da kann ich dir nicht alle unsere<br />

Tricks aufzählen, von heissen Tüchern am Vergaser,<br />

Im Waschkessel gewärmtes Kühlwasser<br />

etc. Am simpelsten ist's, sich anschleppen zu<br />

lassen, wenn der Motor wirklich einmal nicht<br />

mehr anspringen will. Bei grossen Skirennen<br />

wird das bei uns direkt organisiert. Nach<br />

hundert Meter Anschleppen läuft noch jeder<br />

an. Ich hatte das erst ein einziges Mal nötig,<br />

weil Lausbuben mir den Scheibenwischer während<br />

vielen Parkstunden laufen Hessen und die<br />

Batterie asthmatisch wurde. Moderne Motoren<br />

vertragen etwas! ., - r^*<br />

— Du bist ja schon ein Mordskerl. Hand<br />

drauf, am nächsten Samstag! Aber wohin?<br />

Wieder zu unserer komischen Wirtin in Be<br />

wil? Herrlich war's, wenn sie ihren guten<br />

hatte, aber aufgeschmissen waren wir,<br />

der Wind verkehrt pfiff. Da kam man<br />

müde an und wurde noch so blöd<br />

— Oho, die haben wir dressiert! Als<br />

der einmal den Rappel hatte, gingen wir eirw<br />

fach weg und der Schäfliwirt im Unterdorf, das<br />

wir mit dem Wagen in zehn Minuten erreichen,<br />

lachte. Die Bahn- und Postautokunden<br />

konnten das nicht, aber unsere Demonstration<br />

kam ihnen dann auch zugut.<br />

— Lass mich überlegen, was brauche ich mitzunehmen?<br />

— Was überlegen? Nimm ruhig zuviel, im<br />

Wagen ist Platz, was nicht in Koffern und<br />

Rucksäcke geht, kommt auf die nichtbenützten<br />

Plätze. Ich bin fast liederlich geworden punkto<br />

Packen!<br />

— Wann fahren wir?<br />

•— Haha, immer noch Fahrplansorgen!<br />

Wann du willst! Ich hol dich ab, Haus-Hauslieferung<br />

ohne Schlangenstehen, ohne Krieg<br />

um Platz im Abteil, ohne Spiessrutenlaufen an<br />

den grauen Seelen vorbei, die uns für verrückt<br />

ansehen, .weil sie die Bergherrlichkeit einfach<br />

nicht erfassen können.<br />

— Hör auf, sonst musst du schon morgen, am<br />

heiligen Werktag, mit mir wegfahren! Die<br />

SjSbrtzüge sindj.ja ganz Igstig, aber so imponierfmir<br />

die Sache.noch viel mehr. Hör zu.<br />

Das werden wir diesen Winter noch öfter machen,<br />

auf Spesenteilung natürlich.<br />

Im weihnachtlichen Winterwald — und die Skier aufgeschnallt!<br />

Photo Dr. Wollt tc Tritachler (Schostal<br />

— Wie du willst, mit Vergnügen. Den Wagen<br />

habe ich von Geschäfts wegen ja sowieso.<br />

Steuern, Garage, Versicherung, das sind Unkosten,<br />

ich brauche ja nur die reinen Betriebsspesen<br />

für solche zusätzliche Fahrten zu rechnen.<br />

Wenn wir zu viert fahren, dann kommt's<br />

ja sicher spottbillig. Davon reden wir dann,<br />

wenn dir die erste Probe gefallen hat. Und es<br />

wird dir gefallen, das weiss ich jetzt schon.<br />

Entschuldige jetzt meine Eile, die Arbeit ruft.<br />

Also, auf Samstag, sagen wir zwei Uhr bei<br />

dir... deine Adresse stecke ich gleich in die<br />

Brieftasche. —<br />

Skiheil!<br />

Mit Ski und Auto<br />

Von F.J.Berchtold.<br />

«Eins ... zwei... drei... vier.,,<br />

Hebt... Ski... Rumpf... beugt..,<br />

Bei... ne ... lok ... ker .,,<br />

Locker, Fräulein Huber, nicht lockend!<br />

Wie,., der... ho... len ..,-,<br />

Eins ... zwei... drei... halt.<br />

So, meine Damen und Herren, jetzt nehmen<br />

wir noch einmal das Rechtsumkehrt. Abstand,<br />

meine Damen und Herren, Abstand nehmen, immer<br />

Abstand halten, hier und im Leben. Es geht<br />

immer besser, wenn man genügend Abstand hat.<br />

So, jetzt langsam auf... zwei... drei. Der<br />

andere auf... zwei... drei.»<br />

In dem Moment passierte das Malheur. Der<br />

Lehrer hatte recht: Locker, nicht lockend. Da<br />

Nellys Beine eben nicht locker genug waren,<br />

erhielt sie das Uebergewicht, ihr Ski schlug<br />

ziemlich kräftig gegen meinen Schädel, und<br />

da ich meine Drehung auch noch nicht ganz<br />

beendet hatte, befand ich mich bald in derselben<br />

Position wie sie.<br />

Helfende Hände stellten uns auf die Füsse.<br />

Ich fühlte die rasend schnelle Entwicklung<br />

einer Beule auf meinem Hinterhaupt. Leider<br />

kam ich nicht dazu, meine Gedanken laut zu<br />

äussern, da der Kursleiter bereits wieder<br />

sprach.<br />

«Meine Damen und Herren», sagte er, «wir<br />

beschliessen heute unseren Trockenskikurs, der<br />

zu meiner Freude ohne jeden Unfall abgelaufen<br />

ist. (Frechheit, mich dabei so anzuschauen.)<br />

Ich hoffe, dass jeder von euch das,<br />

was er im Kurs gelernt hat, zu seiner Freude<br />

und, wenn es nötig sein sollte, zur Hilfeleistung<br />

an verunglückten Sportsleuten verwenden<br />

kann und wird. Den Herren Automobilisten<br />

unter euch (aha!) muss man ja nicht<br />

speziell erklären, wie sich ein Gentleman im<br />

Falle eines Unglücks zu verhalten hat (natürlich,<br />

sehr richtig), da diese vom Gesetz dazu<br />

verhalten sind (o du schiächte Ch .,.), einem<br />

Verunfallten die erste Hilfe zu leisten. Den<br />

andern aber möchte ich recht warm ans Herz<br />

legen: Seid ritterlich und hilfsbereit, auch<br />

dann, wenn es sich nicht gerade um ein junges<br />

Fräulein handelt.»<br />

«Amen», sagte ich laut, und das war meine<br />

Rache für den «unfallfreien Verlauf»,<br />

Meine Beule schmerzte. Man wird verstehen,<br />

dass ich leicht wütend war. Nelly hatte<br />

mit einem Sitz im Fond des Wagens vorlieb<br />

zu nehmen. Auch Kuss kriegte sie keinen diesen<br />

Abend,<br />

«Mach, dass du wenigstens am Sonntag<br />

pünktlich bist», hauchte ich sie zum Abschied<br />

an.

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