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E_1939_Zeitung_Nr.011

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6 AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, 7. FEBRUAR 1989 — N° 11<br />

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Am Steuer sein Leiben lang!<br />

Jeder mit dem Auto reisende Kaufmann<br />

kann sich mit Leichtigkeit ausrechnen, wie<br />

viele Stunden im Jahr er am Steuer seines<br />

Wagens sitzt. Er wird dabei auf etwa 500 bis<br />

1000 Stunden kommen und entdecken, dass<br />

er in seinem Wagen eher einen grösseren Teil<br />

seines Lebens verbringt als beispielsweise am<br />

Esstisch. Wenn man nun bedenkt, mit welcher<br />

Gründlichkeit und Raffiniertheit jede Bequemlichkeit<br />

bei der Anschaffung von Mobiliar ausgetüftelt<br />

wird, so ist es eigentlich verwunderlich,<br />

wie wenig Aufmerksamkeit dem Komfort<br />

bei der Anschaffung eines Automobils geschenkt<br />

wird. Da wird stundenlang an einigen<br />

Kilometern Unterschied in der Spitzengeschwindigkeit<br />

oder an ein paar Franken Benzin-<br />

oder Steuerspesen herumstudiert, aber<br />

sehr oft ganz vergessen, dass der einmal angeschaffte<br />

Wagen während durchschnittlich<br />

dreier Jahre für viele Stunden jeden Tages<br />

unsere Körperstellung tyrannisch festlegt.<br />

Diese Körperstellung im Sitz und einige<br />

andere Faktoren am Wagen sind aber grundlegend<br />

bestimmend für unsere körperliche<br />

Verfassung, und von dieser hängt weitgehend<br />

unser Erfolg im Geschäft ab.<br />

Aus diesen Erwägungen heraus muss sich<br />

daher der reisende Kaufmann bei der Anschaffung<br />

seines Wagens einprägen, dass er für<br />

den erreichbaren Betrag vor allem das<br />

den herausholen muss. Nicht der schönste,<br />

nicht der nobelste, nicht der rassigste,<br />

nicht der in irgend einer Hinsicht<br />

billigste Wagen ist für ihn unbedingt der<br />

richtige, sondern derjenige, der ihn, gerade<br />

ihn, am wenigsten ermüdet.<br />

Das ist natürlich nicht für alle Leute dasselbe<br />

Modell. Man tut daher gut, die verschiedenen<br />

Marken als Passagier oder als Lenker<br />

auf längeren Strecken auszuprobieren. Man<br />

wird sich ferner mit Vorteil nicht für eine<br />

teure Kategorie entscheiden, sondern sich besser<br />

darauf einstellen, den Wagen verhältnismässig<br />

häufig zu wechseln. Dieser Wechsel<br />

soll indessen nicht so oft erfolgen, dass es sich<br />

nicht lohnt, den Wagen weitgehend nach seiner<br />

eigenen Bequemlichkeit einzurichten.<br />

Da wir einen vollen Zehntel unseres Lebens<br />

im Wagen zubringen, kann die geringste Kleinigkeit<br />

sich unter Umständen zu einem wichtigen<br />

Faktor unseres Wohlbefindens auswach*<br />

sen, wie z. B. kleine Verschiebungen in der<br />

Polsterung, Verbesserung der Hebel in Anpas-<br />

Lerne<br />

Di© Redewendung vom «Kamerad Automobil<br />

» ist keine hohle Phrase. Und es<br />

braucht einer ganz und gar nicht zur Kategorie<br />

der Fanatiker zu zählen, um mit seinem<br />

Wagen zu verwachsen wie der Reiter<br />

mit dem Pferd. Gerade beim reisenden Kaufmann,<br />

der sozusagen jahrein, jahraus unterwegs<br />

ist und dem das Auto im Existenzkampf<br />

als treuer und wackerer Bundesgenosse<br />

zur Seite steht, gerade bei ihm bildet<br />

sich oft genug ein enges persönliches<br />

Verhältnis, ein Gefühl der Verbundenheit mit<br />

seinem Wagen heraus. Die Maschine ist ihm<br />

mehr als nur tote Materie und Mittel zum<br />

Zweck. Er verwächst innerlich mit ihr wie<br />

vielleicht kaum eine andere Gattung von<br />

Automobilisten, er gestaltet sie in seiner Vorstellung<br />

um in ein lebendiges Wesen, das er,<br />

besonders dann, wenn er etwas technisches<br />

Verständnis besitzt, mit aufmerksamer bis<br />

liebevoller Pflege umgibt, je nach dem Grad<br />

besagten Verständnisses, nach Temperament<br />

und Charakter. Bringt er aber dem Wagen<br />

weiter nichts als kühle Gleichgültigkeit oder<br />

Wurstigkeit entgegen, dann ist was faul im<br />

Staate Dänemark. Entweder fehlt's am Wagen,<br />

oder der Mann hat sich bei der Wahl<br />

des Fahrzeugs vergriffen und ist eine mesalliance<br />

eingegangen, oder aber : der Mensch<br />

taugt nichts. Denn auch das kommt vor, und<br />

wenn Automobile reden könnten, dann wüsste<br />

wohl dieses und jenes unter ihnen ein Liedlein<br />

davon zu singen. Unmöglich, die Grenzen<br />

zwischen Tauglichkeit und Untauglichkeit<br />

bestimmen zu wollen, schon deshalb,<br />

Maximum an körperlichem Wohibefinsung<br />

an unsere eigene Anatomie, vielleicht<br />

sogar Verbesserung von Federung und Steuerung<br />

durch allerlei besondere Vorrichtungen.<br />

Die Engländer sind in dieser Beziehung vorbildlich,<br />

und es ist bezeichnend für diese praktische<br />

Nation, dass ihre Kataloge stets einen<br />

Karosseriequerschnitt mit genauen Massen aufweisen.<br />

Immer mehr werden übrigens, nebenbei<br />

bemerkt, die Sitze von Medizinern entworfen.<br />

Welche Wagenklasse im übrigen für einen Reisenden<br />

der bequemste ist, muss jeder selber<br />

ausprobieren, insbesondere muss sich jeder<br />

selber darüber klar werden, ob er die weichen<br />

langen Schwingungen verträgt, ohne seekrank<br />

zu werden, oder ob er lieber die kurzen harten<br />

Stösse eines Wagens mit dafür besserer Strassenhaltung<br />

in Kauf nimmt. Für den reisenden<br />

Kaufmann wird die Wahl meistens auf eine<br />

mittlere Wagenklasse fallen, da die teuren den<br />

erwähnten raschen Wechsel nicht rentieren<br />

und meistens auch zu viel brauchen; die billigen<br />

Wagen mit kleinen Radständen hingegen<br />

neigen mehr zum Hüpfen oder Springen und<br />

ermüden daher mehr als man denkt; mit ihrem<br />

Benzinverbrauch gehen sie auch nicht unter<br />

ein gewisses Niveau.<br />

Ratschläge aus der Praxis für die Praxis.<br />

Wegen des hohen Fixkostenanteils des Autobetriebes<br />

ist man meistens gezwungen, das<br />

ganze Jahr seine Reisen im Auto zu machen.<br />

Eine moderne Winterausrüstung wie Warmwasserheizung,<br />

Klarsichtscheibe, Nebellampe,<br />

Schneepneu etc. ist daher eine gut angewandte<br />

Ausgabe. Im Sommer bedeuten Schiebdächer<br />

eine besondere Annehmlichkeit. Für solche,<br />

die oft dieselbe monotone Strecke zurücklegen<br />

müssen, ist ein Autoradio nicht zu verachten.<br />

In einer Beziehung ist das Auto ja wirklich<br />

herrlich und erlaubt uns beinahe, so wie die<br />

Schnecke ihr Haus, unseren halben Geschäftsbetrieb<br />

mitzunehmen: Muster fast beliebig<br />

viele, für jede mögliche und unmögliche Eventualität,<br />

Preislisten, Kataloge, Ersatzteile,<br />

Kundenkartei, Poviant, Kleidungsstücke für<br />

jedes Wetter usw. Mindestens führt der kluge<br />

Kaufmann immer eine fixfertige Uebernachtungsgarnitur<br />

mit sich, so dass Strassensperren,<br />

unfahrbares Wetter (Nebel), Uebermüdung,<br />

Pannen, späte Rendez-vous mit Kunden<br />

ihn' nie schrecken müssen. Gewiss steigt der<br />

Benzinverbrauch etwas an, je mehr Gewicht<br />

man befördert; aber was macht das aus, wenn<br />

man, dank dieser Vorsorgen, auch nur ein<br />

Geschäft mehr tätigen konnte, das einem sonst<br />

entgangen wäre! Denn in einem Punkt macht<br />

uns das Auto ja überlegen: in der Anpassungsfähigkeit<br />

und unbedingten Schlagfertigkeit<br />

allen Wechselfällen des Geschäftslebens gegenüber.<br />

Und diese Vorteile wollen wir gewiss<br />

restlos ausnützen!<br />

er.<br />

deinen Wa^en kennen!<br />

Vom Fingerspitzengefühl und anderem<br />

weil die Skala des technischen Interesses<br />

und Einfühlungsvermögens annähernd gleichviele<br />

Nuancen umfasst als es Automobilisten<br />

gibt.<br />

Der Herrgott hat allerlei Kostgänger. Und<br />

man trifft welche darunter, die finden ihrer<br />

Lebzeit nie den Weg zur Maschine. Und<br />

wollen ihn auch gar nicht finden, weil sie<br />

ihnen nichts sagt. Erkennbar sind sie daran,<br />

dass ihnen das<br />

Gefühl für den Wagen<br />

etwas gänzlich Fremdes bleibt. Rein mechanisch<br />

nützen sie ihn aus, ohne sich um sein<br />

Innenleben zu kümmern und wundern sich<br />

dann erheblich, wenn er ihnen im Vergleich<br />

mit den Aufwendungen anderer stärker auf<br />

der Tasche liegt. Na ja, mit dem < Tränken >,<br />

dem Oelnachfüllen allein ist's nicht getan,<br />

ebensowenig wie damit, dass man «ihn ><br />

kurzerhand einem Mechaniker zur Betreuung<br />

überlässt, hoffend, sich damit auf elegante<br />

Art seiner Unterhaltspflichten entledigt zu<br />

Haben.<br />

Ganz so einfach liegen nun die Dinge nicht.<br />

Und der alte Busch könnte sehr leicht recht<br />

kriegen, wenn er deklamiert: erstens kommts<br />

und überhaupt etwas anders als man glaubt!<br />

Auch der ausgekochteste Mechaniker kann,<br />

selbst wenn er den Wagen in regelmässigen<br />

Abständen auf Herz und Nieren prüft, nicht<br />

so tief in dessen Wesen eindringen, er vermag<br />

nicht jene Vertrautheit mit ihm zu erlangen,<br />

die beim Fahrer selbst vorausgesetzt<br />

werden müsste und die oft genug allein er-<br />

laubt, eine Fehldiagnose zu vermeiden. Zwar,<br />

der Garagist, der das Fahrzeug in Pflege hat,<br />

bietet eine gewisse Gewähr dafür, dass<br />

schleichende Uebel, denen im allgemeinen<br />

nur der mit Fingerspitzengefühl begabte Automobilist<br />

selbst auf die Spur zu kommen imstande<br />

ist, noch zeitig genug erkannt werden.<br />

Hundertprozentig ist indessen auch da<br />

drauf kein Verlass, denn die Mucken und<br />

Marotten, die der Wagen beispielsweise bei<br />

heisser Maschine auf langer Fahrt produziert,<br />

brauchen sich durchaus nicht unbedingt<br />

beim Laufenlassen des Motors auf dem Prüfstand<br />

zu zeigen, das nicht. Woraus sich der<br />

Schluss ergibt, dass der reisende Kaufmann,<br />

dem das Gefühl für die Maschine abgeht,<br />

immerhin die Eventualität in Kauf nehmen<br />

muss, unterwegs durch vermeidbare Pannen<br />

Zeit zu verlieren und sein Unkostenkonto unnötig<br />

zu belasten. Ergo sollte er<br />

den Wagen nicht nur als Transportmittel<br />

betrachten, mit dem er überall hinkommt,<br />

sondern sich auch mit ihm befassen und<br />

in ihn hineinhorchen,<br />

wie es sich für einen « Betriebsunternehmer »<br />

gehört. Und liegt im Auto des reisenden Geschäftsmannes<br />

nicht ein Teil seines Betriebskapitals,<br />

mitunter sogar ein sehr erheblicher,<br />

investiert ? Er vergibt sich beileibe nichts,<br />

wohl aber handelt er als kluger Mann, wenn<br />

er sich müht, in die Funktionen, das Wesen,<br />

in die Individualität seines Fahrzeugs einzudringen.<br />

Der Wege dazu sind viele, angefangen<br />

beim genauen Studium der Betriebsanweisung<br />

bis zur Lektüre der Fachblätter. Ungezählte<br />

nützliche und wertvolle Tips hat die<br />

« Automobil-Revue > auch in diesen Belangen<br />

ihren Lesern schon vermittelt<br />

« Nicht zu klein >.<br />

rät Ihnen jeder Praktikus bei der Wahl des<br />

Wagens. Womit nun allerdings keineswegs<br />

behauptet sein soll, dass nicht auch das<br />

Kleinauto in bestimmten Fällen seinen Dienst<br />

« zu vollster Zufriedenheit» verrichte. Für<br />

Vertreter, Versicherungsleute oder Kontrollbeamte,<br />

die nur einen bescheidenen Rayon<br />

zu bearbeiten haben, kann er durchaus der<br />

wahre Jakob sein. Muss einer aber längere<br />

Strecken fahren, dann legt er sich mit Vorteil<br />

ein mittelgrosses Modell zu. Für die<br />

höheren Anschaffungs- und Betriebskosten<br />

entschädigt ihn mancher Vorteil, nicht zuletzt<br />

der gesteigerte Komfort, die grössere<br />

Behaglichkeit, die vor Ermüdung: schützt<br />

Funkelnagelneu muss er übrigens nicht um<br />

'eden Preis sein, denn auch ein gebrauchter<br />

Wagen kann seinen Zweck recht wohl erfüllen.<br />

Nur vertiefe man sich vor dem Kaufabschluss<br />

angelegentlichst in das Kapitel Betriebskosten,<br />

um auf Nummer sicher zu gehen<br />

und allfällige Ueberraschungen von der<br />

unangenehmen Sorte von sich fernzuhalten.<br />

Nebenbei bemerkt, hat unser Blatt auch das<br />

Thema Betriebskosten schon wiederholt zu<br />

Nutz und Frommen se'ner Anhänger beackert<br />

und dabei allerhand Wissenswertes ausgekramt.<br />

Und gerade in der vorliegenden Nummer<br />

finden Sie an anderer Stelle einen Leitfaden,<br />

wie Sie es anzustellen haben, um sich<br />

genauen Einblick in diese anscheinend so<br />

verzwickten Dinge verschaffen zu können.<br />

Erstrahlt Ihr Wagen auch nicht im Glanz<br />

eines c Salonschaustücks >, so sei er wenigstens<br />

nicht schäbig.<br />

Vor allem aber erwecke er einen tepflegten<br />

Eindruck.<br />

Weil sonst auch an Ihnen etwas hängen<br />

bleibt, weil auch Sie im Urteil Ihrer Kunden<br />

kaum eben untadelig dastehen, so Sie mit<br />

zerschlissenem Verdeck, abgewetzten und beschmutzten<br />

Polstern, mit verbeulten Kotflügeln<br />

oder c blatternarbiger > Lackierung vorfahren.<br />

Irgendwie werfen solche Dinge immer<br />

ein Licht auf Sie. Denn darauf, dass der<br />

Kunde Ihren Wagen ja doch nicht sieht, ist<br />

kein hundertprozentiger Verlass und es genügt<br />

vollauf, wenn er ihn auch nur einmal<br />

zu Gesicht kriegt. Natürlich aber muss<br />

auch der beste Wille, sein Auto dauernd mit<br />

sozusagen frischgeplätteten Bügelfalten zu<br />

präsentieren, mitunter scheitern. Doch kein<br />

Fühlender wird Sie verdammen, wenn der<br />

Wagen im Sudelwetter einen Besenwurf abgekriegt<br />

hat oder wenn ihm nach langer<br />

Fahrt auf Strassen zweiter Güte der Staub<br />

in dicker Schicht auf der Haut liegt.<br />

Viel fahren, wie es im Pflichtenheft des<br />

reisenden Geschäftsmanns geschrieben steht,<br />

schafft Routine. Und Routine verführt zum<br />

Leichtsinn. Man mag sich am Volant noch so<br />

sicher fühlen, gegen die Tücken des Verkehrs,<br />

gegen die in Sekundenschnelle auftauchenden<br />

Gefahren ist kein Kraut gewachsen.<br />

Lassen Sie sich also auf kein Risiko ein,<br />

folgen Sie der Stimme der Vernunft, die<br />

Ihnen eingibt, dass es jede unübersichtlich«<br />

Kurve, jede Kreuzung oder Einmündung « in<br />

sich haben» kann, dann \rird Ihnen diese<br />

Fahrweise zur zweiten Natur. Gerade weil<br />

Sie fast das ganze Jahr hindurch am Steuer<br />

sitzen, hat dieser Imperativ für Sie doppelte<br />

Geltung.

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