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E_1940_Zeitung_Nr.021

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ne Lösung bis auf gewisse Datailfragen befriedigen.<br />

Anders verhält es sich dagegen mit der Ablehnung<br />

einer Kaskoversicherung, denn hier, bei der Ueberfiihrung<br />

durch Fremdpersonen, entsteht ein erhöhtes<br />

Risiko, ein Fall, der bei der Ueberführung durch<br />

das gewohnte Personal viel weniger in Betracht<br />

kommt und dessen ursprüngliche Ursache in der<br />

militärischen Requisition des- Fahrzeuges liegt. Die<br />

Unterhandlungen nach dieser Richtung sind somit<br />

nicht abgeschlossen.<br />

£«8aw«><br />

Die Bildung von Arbeitsgemeinschaften<br />

im Autotransportwesen Tatsache<br />

geworden<br />

Das Eidg. Kriegs-Industrie- und -Arbeitsamt<br />

teilt mit :<br />

Gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom<br />

16. April <strong>1940</strong> betreffend die teilweise Abänderung<br />

des Bundesratsbeschlusses vom 26.<br />

September 1939 über die Landesversorgung<br />

mit flüssigen Kraft- und Brennstoffen hat das<br />

Kriegs-Industrie- und -Arbeitsamt die Sektion<br />

für Kraft und Wärme beauftragt, für die<br />

Dauer der Beanspruchung vieler Lastwagen<br />

durch die Armee, die Bildung von Arbeitsgemeinschaften<br />

im Autotransportwesen anzuordnen.<br />

In einer Konferenz vom 14. Mai<br />

wurde bestimmt, dass die kantonalen Kriegswirtschaftsämter<br />

die Organisation der Arbeitsgemeinschaften<br />

übernehmen. Jeder Halter<br />

eines Motorlastwagens, Anhängers, Lieferwagens<br />

oder Traktors (Halter von ausschliesslich<br />

der Landwirtschaft dienenden<br />

Traktoren ausgenommen) wird automatisch<br />

Mitglied der Arbeitsgemeinschaft, deren Region<br />

sein Wohnort angehört. Die Halter von<br />

nicht mit militärischen Aufgebotzetteln beleg-<br />

ten Nutzfahrzeugen erhalten in den nächsten<br />

Tagen ein aufklärendes Schreiben mit einem<br />

Marschbefehl, der ihr oder ihr© Fahrzeuge<br />

der Kriegswirtschaft unterstellt.<br />

Zweck der Arbeitsgemeinschaften ist die<br />

rationellste Ausnutzung der im Besitz ihrer<br />

privaten Halter verbliebenen Nutzfahrzeuge<br />

zur Sicherstellung der kriegswirtschaftlichen<br />

Transporte und der Landesversorgung. Die<br />

Arbeitsgemeinschaften dienen in erster Linie<br />

als Vermittlungsstellen zwischen ihren Mitgliedern<br />

und den Verfrachtern lebenswichtiger<br />

Güter. Sie haben überdies Sammelund<br />

Verteilerdienste für Güter zu organisieren.<br />

Autotransporte von den Meerhäfen nach der<br />

Schweiz.<br />

Die Motion Nationalrat Duttweilers über die Organisation<br />

von Autotransporten von den Meerhäfen<br />

nach der Schweiz, worüber auch an dieser Stelle<br />

(Nr. 16 der A.-R.) die Rede war, ist nunmehr vom<br />

Chef des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes entgegengenommen<br />

worden. Dass die Verwirklichung*<br />

dieses Gedankens auch in der Industrie begrüsst<br />

würde, beweist eine in der «Tat» veröffentlichte<br />

Einsendung aus diesen Kreisen. Wenn der Transportfrage<br />

— so liest man da — vor allem für die<br />

Sicherung der Einfuhr eine besondere Rolle zukomme,<br />

so gewinne das Problem noch an Bedeutung,<br />

sofern man die Ausfuhr darin mit einbeziehe.<br />

Für den Export von Schweizer Waren nämlich bestehen<br />

heute grosse Schwierigkeiten hinsichtlich der<br />

Beförderung der Fabrikate nach den Verschiffungshäfen.<br />

Wenn die Lastwagen auch auf der Hinreise<br />

nach den Häfen Waren mitnehmen würden, so<br />

könnte dadurch deren Rentabilität und Wirtschaftlichkeit<br />

wesentlich gesteigert werden.<br />

Benzinzollanteil der Kantone.<br />

Der Bundesrat hat die auf Grund der Strassenlängen<br />

berechneten prozentualen Anteile der Kantone<br />

am Benzinzollertrag für die Jahre 1939 bis<br />

1943 neu berechnet. Wie wir zu wissen glauben,<br />

bewegt sich der Benzinzollviertel, der für das Jahr<br />

1939 zur Ausrichtung gelangt, zwischen 10 und 11<br />

Millionen. Die Festsetzung der auf die einzelnen<br />

Kantone entfallenden Betreffnisse durch den Bundesrat<br />

wird in den nächsten Tagen erfolgen.<br />

Zürcher Automobilismus zur Generalmobil«<br />

machungszeit.<br />

Hatten die letzten sieben Monate im schweizerischen<br />

Automobilwesen wieder Verkehrsverhältnisse<br />

geschaffen, die, wenn sie auch in bezug auf<br />

die zur Verfügung stehenden begrenzten Brennstoffmengen<br />

zwar nicht als normal, aber immerhin<br />

als einigermassen akzeptabel bezeichnet werden<br />

durften, und war man an dieses «Vorfriedensstadium<br />

> fast wieder gewöhnt, so ist nun mit dem<br />

10. Mai, dem Tag der Generalmobilmachung, wiederum<br />

eine vollständige Aenderung der Situationen<br />

eingetreten. Schätzungsweise rund 2000 Motorfahrzeuge<br />

mit zürcherischer Polizeinummer mögen gegenwärtig<br />

requiriert sein. Darunter fallen vor allem<br />

viele Lieferungs- und Lastwagen, wodurch das Verkehrswesen<br />

einer Stadt vom Ausmasse Zürichs erheblich<br />

in Mitleidenschaft gezogen wird. Einschränkungen<br />

mannigfachster Art erwiesen sich als unerlässlich,<br />

und es musste zu mancherlei Hilfsmassnahmen<br />

gegriffen werden, um die teilweise Lahmlegung<br />

einzelner öffentlicher Betriebe und grösserer<br />

Unternehmen zu verhüten. So erlitt der Zürcher<br />

Autobusbetrieb am 11. Mai eine einschneidende Reduktion.<br />

Vor allem machte sich eine namhafte Nachfrage<br />

nach Chauffeuren und Fahrzeugen geltend. Dabei<br />

offenbarte sich die Wünschbarkeit der Schaffung<br />

einer speziellen Vermittlungsstelle, an welche Angebot<br />

und Nachfrage zu richten wären. Eine solche<br />

Einrichtung könnte, wenn sie richtig aufgezogen ist,<br />

die wertvollsten Dienste leisten.<br />

Die zürcheriBchen Geschäftsstellen der Automobilverbände<br />

hatten seit der Generalmobilmachung<br />

wieder in Hunderten von Fällen Auskunft zu geben<br />

über Evakuierung, Fahrzeugrequisition, Brennstoffrationierung,<br />

Steuer- und Versicherungsfragen.<br />

Zahlreiche eingestellte Fahrzeuge wurden betriebsbereit<br />

gemacht und wieder in Verkehr genommen.<br />

Erfreulich war, dass die Brennstoffzuteilung mit<br />

Ausnahme des strengeren Maßstabes für die Abgabe<br />

von Zusatzbenzin bis anhin keine weitere Einschränkung<br />

erfuhr, was besonders jenen C- und<br />

D-Fahrern zustatten kam, die ihre Familienangehörigen<br />

enach der Zentral- und Westschweiz verbringen<br />

wollten.<br />

Sehr viele Automobilisten meldeten sich und ihre<br />

Wagen übrigens für alle möglichen Hilfsdienste<br />

bei den Ortswehren, um dem Lande zu dienen, trotzdem<br />

sie nicht mehr militärpflichtig sind. Auch die<br />

seinerzeit mit Hilfe des A. C. S. und T". C. S. vorbereitete<br />

Hilfs-Automobilkolonne ist nun in ihrer<br />

Organisation gesichert.<br />

Bekanntlich soll am 16. Juni das Ermächtigungsgesetz,<br />

das dem Regierungsrat die Kompetenz erteilt,<br />

die Verkehrssteuern an die Benzinrationierung<br />

anzupassen, d. h. zu ermässigen, zur Abstimmung<br />

gelangen. Ob der Urnengang nun trotz Generalmobilmachung<br />

stattfindet, steht npch nicht fest<br />

Es wäre wohl angezeigt, die Angelegenheit dem<br />

Volksentscheid zu unterbreiten, damit der Regierungsrat<br />

auf alle Fälle die nötigen Kompetenzen<br />

erhält.<br />

Dem nach Zürich kommenden Automobilisten<br />

fällt es auf, dass alle automatischen Verkehrssignale<br />

seit der Generalmobilmachung ausser Betrieb stehen.<br />

Der Verkehr hat eben eine gewisse Einschränkung<br />

erfahren, bedingt durch das vollständige Verschwinden<br />

des Fremdenverkehrs und den Wegfall der<br />

requirierten Wagen. Es zeigt sich dabei, dass es,<br />

wenn nötig, auch ohne .Signalanlagen geht, sofern<br />

sich alle Strassenbenützer, wie dies heute etwas<br />

mehr der Fall ist, gegenseitig erhöhter Rücksichtnahme<br />

befleissigen.<br />

Aus der Tätigkeit der Basler Verkehrsliga.<br />

Eben legt die Basler Verkehrsliga ihren Jahresbericht<br />

1939 vor, der wiederum Zeugnis ablegt von<br />

der vielseitigen und erfolgreichen Arbeit dieser<br />

Organisation. Trotzdem die Generalmobilmachung<br />

vom September natürlich hemmend auf die Lösung<br />

der sich erhebenden Aufgaben wirkte, vermochte<br />

die Liga bei den Behörden doch manches zu Nutz<br />

und Frommen des Strassenverkehrs zu erreichen,<br />

wie die lange Reihe der im Bericht erwähnten Geschäfte<br />

erkennen lässt.<br />

Was darunter im Rahmen des lediglich Lokalen<br />

sprengt und Anspruch auf allgemeines Interesse<br />

beanspruchen darf, sei an dieser Stelle besonders<br />

ins Licht gerückt, so z. B. der Kampf gegen<br />

die Undiszipliniertheit einer gewissen<br />

Kategorie Radfahrer, denen die Polizei<br />

auf Betreiben der Liga hin durch periodische<br />

Kontrollen und Zudiktierung von Bussen das Handwerk<br />

zu legen versuchte. Durchaus mit Recht spricht<br />

AUTUMUBIL-REVUP N° 21<br />

dabei der Bericht den Radfahrerverbänden, die sich<br />

je und je für anständiges und korrektes Verhalten<br />

ihrer Mitglieder im Strassenverkehr verwendet<br />

haben, den Dank aus. Entschieden nimmt er im<br />

weiteren Stellung gegen die namentlich in Basel<br />

grassierende Signal - Hypertrophie und<br />

pflichtet der Ansicht der Verkehrsabteilung bei,<br />

wonach inskünftig Signale nur noch dort angebracht<br />

werden sollen, wo sie einer unbedingten Notwendigkeit<br />

entsprechen. Ihren Weitblick in verkehrstechnischen<br />

Belangen dokumentiert die Liga mit dem<br />

Vorschlag, an der Eidg. Technischen Hochschule<br />

Vorlesungen über Verkehrsplanung<br />

einzurichten, wobei es sich darum handelt, die angehenden<br />

Bauingenieure und Architekten auch auf<br />

diesem Gebiet systematisch auszubilden. Der Ueberlegung,<br />

dass bei der Ausarbeitung von Projekten<br />

durch die Behörden auch der Verkehrspraktiker<br />

zum Worte kommen sollte, entsprang die Eingäbe<br />

an das Baudepartement, inskünftig in solchen<br />

Fällen "Vertreter der Liga zur Vernehmlassung beizuziehen,<br />

eine Anregung übrigens, die an zuständiger<br />

Stelle auf fruchtbaren Boden fiel. Beifälliger<br />

Aufnahme nicht nur bei den Basler, sondern aueh<br />

bei den auswärtigen Automobilisten darf die Absicht<br />

gewiss sein, zu gegebener Zeit an die Behörden<br />

zu gelangen, um den Pferdefuhrwerksbetrieb<br />

in den engen Strassen der<br />

Aueh für die neutralen Länder, die noch nach<br />

allen Seiten Wirtschaftsverbindungen haben und<br />

durch die Presse aller Sprachen wenigstens einigermassen<br />

über die Geschehnisse informiert sind,<br />

ist es eehr schwer, den industriellen Status der in<br />

den Krieg verwickelten Mächte zu überblicken. Das<br />

liegt einerseits daran, daos die Nachrichtenübermittlung<br />

unter sehr erschwerten Bedingungen arbeitet,<br />

anderseits aber naturgemäss auch in der<br />

Verschleierung der einzelnen Faktoren der Volksökonomie,<br />

die im Zeitalter des totalen Krieges eine<br />

mindestens eo grosse Rolle spielt wie die rein militärische<br />

Vorbereitung. So gewinnen Mitteilungen,<br />

die uns ein aus Deutschland kommender Schweizer<br />

über den Kriegsautomobilismus im Deutschen Reich<br />

gemacht hat, besonderes Interesse.<br />

Im Gegensatz zu den anderen kriegsführenden<br />

Ländern ist in Deutschland die Verkehrstoeschränkung<br />

nicht von einer mehr oder weniger knappen<br />

Benzinrationierung abhängig, vielmehr wurden,<br />

praktisch genommen, alle Fahrzeuge unmittelbar<br />

nach Kriegsausbruch aus dem Verkehr gezogen<br />

unid es durften nur die Automobile und Motorräder<br />

wieder in den Verkehr gebracht werden, deren Betrieb<br />

im gesamten Volksinteresse liegt. (Wohlgemerkt,<br />

der Nutzen für die Gesamtheit, nicht aber<br />

die Notwendigkeit für den Besitzer ist der ausschlaggebende<br />

Faktor.) Diese Fahrzeuge wurden<br />

bei der Neuzulassung zur Erleichterung der Kontrolle<br />

durch die Polizeiorgane mit einem roten Win- ;<br />

kel auf den Polizeiriummerschildern gekennzeich- v<br />

net. Seit der erstmaligen Zulassung solcher bewinkelter<br />

Fahrzeuge wurden im Laufo der Monate<br />

angeord-<br />

zweimal noch schärfere Nachprüfungen<br />

net, die dazu führten, dass<br />

heute nur etwa 15 •/• der vor dem Kriege zugelassenen<br />

privaten Motorfahrzeug« im Betrieb stehen.<br />

Eine feste Rationierungsalbstufung ibei der Benzinzuteilung<br />

gibt es nicht. Die Besitzer von bewinkelten<br />

Fahrzeugen müssen vielmehr bei ihrer zuständigen<br />

Gemeindeverwaltung die Benzinzuteilung<br />

beantragen, und eie erhalten die Mengen, die von<br />

Fall zu Fall notwendig sind, um den Bestimmungszweck<br />

sicherstellen zu können. Die Zuteilung ist<br />

also durchaus individuell. Es Kann sogar für ein<br />

bewinkeltes Fahrzeug jede Benzinbewilligung abgeschlagen<br />

werden.<br />

Trotz dieser sehr streng gebandhabten Einschränkung<br />

erweckt der Verkehr in den deutschen<br />

Städten alles eher als den Eindruck einer<br />

Lahmlegung. Das liegt daran, dass neben den Privatfahrzeugen<br />

eine ausserordentlich grosse und seit<br />

Kriegsausbruch sogar noch gestiegene Zahl von<br />

Automobilen und Motorrädern im öffentlichen<br />

Dienet der Armee und der Parteiorganisationen<br />

steht. Natürlich ist die Verkehrsdichte in den einzelnen<br />

Städten völlig verschieden, alber im grossen<br />

und ganzen kann man annehmen, dass<br />

In den Städten etwa 40 Ve des Vorkriegsverkehrs<br />

fluktuiert.<br />

Völlig anders ist es natürlich auf dem Lande. Für<br />

Reisezweeke wird überhaupt kein Benzin abgegeben,<br />

vielmehr soll sich im Ueberlandverkehr die Wirtschaft<br />

der Eisenbahnen bedienen. So sieht man auf<br />

Innerstadt namentlich in den Stosszeiten einzuschränken.<br />

In Prüfung befindet sich, auf die<br />

von der Liga unternommenen Schritte hin, bei der<br />

Verkehrsabteilung auch die Idee der Einführung<br />

von Stopstrassen, die sich an einigen Stellen<br />

in Basel ausgezeichnet eignen würden. Allerdings<br />

stösst die Verwirklichung des Gedankens insofern<br />

auf Schwierigkeiten, als nur lokale Einzelregelungen<br />

getroffen werden können, denn das Gesetz kennt<br />

die Einrichtung von Stopstrassen nicht Wie andernorts,<br />

so ergab sich auch in Basel die Notwendigkeit<br />

einer Anpassung der Verkehrssteuern<br />

an die durch die Benzinrationierung<br />

geschaffene Situation. Machten<br />

sich bei den Verhandlungen mit den Behörden<br />

anfänglich auch Widerstände geltend, so gelang es,<br />

sie zu überwinden. Zwar fällt die Erledigung<br />

dieser Frage nicht mehr ins Berichtsjahr, aber die<br />

Leser der A. R. sind darüber orientiert, dass der<br />

Kanton Baselstadt dieses Problem in wirklich annehmbarer<br />

Weise gelöst hat: durch einen Beschluss<br />

des Grossen Rates wurde die Regierung ermächtigt,<br />

während der Dauer der Mobilisation für ganzjährig<br />

in Betrieb stehende Fahrzeuge eine Reduktion der<br />

Steuern um 12°/o zu gewähren. Dabei gilt es, sich<br />

daran zu erinnern, dass Baselstadt, was die Motorfahrzeugbesteuerung<br />

anbelangt, zu den fortschrittlichsten<br />

Kantonen der ganzen Schweiz zählt.<br />

Das AutomoAlt in JOueqsdeutscMand<br />

der Landstrasse fast nur Wagen des Militärs und<br />

der Parteiorganisationen neben Lastwagen als Zubringer<br />

•wichtiger Transportgüter.<br />

Was mit den zahlreichen Privatfahrzeugen geschehen<br />

ist? Sehr viele wurden natürlich requiriert,<br />

wobei die Vorliehe der Abnahmekommissionen gerade<br />

für Cabriolets ins Auge fiel. Die noch in Privathand'<br />

verbliebenen Motorfahrzeuge wurden, sofern<br />

sie nicht mit rotem Winkel versehen waren,<br />

zum Teil aufgebockt, zum Teil aber fristen sie im<br />

Freien ihr Dasein, sich allmählich von einem stolzen<br />

Auto in einen Rosthaufen verwandelnd. Es ist<br />

erstaunlich, mit welcher Gleichgültigkeit viele Fahrzeugbesitzer<br />

ihren Wagen richtiggehend verrotten<br />

•laesen. Allerdings kann diese Vernachlässigung für<br />

die Besitzer unter Umständen recht üble Folgen mit<br />

sich bringen. Die aufgezogenen Reifen, ebenso die<br />

Batterien (wenn nicht einer Pflegestation übergelben)<br />

mussten angemeldet werden und sind eigentlich<br />

Eigentum de« Staates, der sie jederzeit abrufen<br />

kann. Werden in diesem Falle die Pneue<br />

oder die Batterie in einem zweifelhaften Zustand<br />

abgeliefert, der sorglose Behandlung auf den ersten<br />

Blick erkennen lässt, dann kann es dem Fahrzeughalter<br />

passieren, dass man ihn an den Hammelbeinen<br />

packt. Was übrigens heute für Reifen und<br />

Batterien gilt, kann morgen auch für andere Teile<br />

zutreffen, denn die Behörden besitzen jederzeit die<br />

Möglichkeit, «u verfügen, dass noch andere Ausrüstungsteile<br />

(Vergaser, Dynamo, Anlasser, Zündspule,<br />

Kerzen usw.) abzuliefern sind.<br />

Die Bewinkeluno,<br />

also die Zulassung eines Motorfahrzeuges zum Verkehr<br />

auch in Kriegszeiten, erfolgt nur für einen bestimmten<br />

Verwendungszweck, wie beispielsweise<br />

bei einem kriegswichtigen Betrieb für die Fahrt<br />

zur entlegenen Fabrik mit schlechten Verkehrsverbindungen,<br />

zum Besuch von Behörden, zur Auslieferung<br />

lebenswichtiger Waren, wie vor allem von<br />

Lebensmitteln, zur Abholung von für die Fabrikation<br />

unerlässlichen Rohstoffen oder Materialien,<br />

zum Besuch von Patienten durch den Arzt usw.<br />

Jede Benützung des Fahrzeuges für einen anderen<br />

Zweck ist strafbar. Dabei aber hat es der Automobilist<br />

mit einem Kautschukparagraphen zu<br />

tun, denn schön die Mitnahme eines Bekannten<br />

auf einer Fahrt, die an sich zwar durchaus im<br />

Rahmen des Erlaubten liegt, kann, bei scharfer<br />

Auslegung der Bestimmung, Strafe nach sich ziehen,<br />

da der Wagen ja nicht auch für die Mitnahme<br />

dieser Person zugelassen wurde. Tatsächlich haben<br />

die Gerichte in dieser Hinsicht auch schon empfindliche<br />

Strafen verhängt. Ebenso riskiert man eine<br />

Zitierung vor die Schranken, wenn auf dem Wege<br />

zu oder von der Arbeitsstätte beispielsweise eine<br />

Wirtschaft oder gar eine Vergnügungsstätte besucht<br />

wird.<br />

In letzter Zeit richten die Behörden ein scharfes<br />

Auge auch auf die Fahrten mit Taxametern.<br />

In jedem Taxi ist ein Schild angebracht, das ausdrücklich<br />

darauf hinweist, daes sich sowohl der<br />

Fahrgast als auch der Chauffeur strafbar machen,<br />

wenn der Wagen für eine nicht im Gesamtinteresse<br />

liegende dringende Berufsfahrt benützt wird.<br />

die schwarze Kappe, von der so 'ne Feder<br />

runterbaumelt, weggeschenkt.»<br />

« Macht nichts », sagt Else. « Es war mir<br />

sowieso schon über... Meinst du, dass Mama<br />

jetzt wieder viel an Vater denkt ? ... Sie<br />

spricht überhaupt nicht mehr von ihm ! »<br />

Aus Hans bricht es heraus, im Zorn :<br />

« Wenn Vater nicht von selbst, vielleicht<br />

aus einer plötzlichen Ahnung heraus, dass<br />

Mutter erkrankt ist, schreibt oder sich sonst<br />

wie rührt oder meldet, dann rück' ich Inserate<br />

in alle <strong>Zeitung</strong>en ... mit vollem Familien-<br />

und Firmennamen ! Mir ist alles egal<br />

jetzt! Und fordere ihn auf, nach Hause zu<br />

kommen !... Du weisst, wie ich mit Vater<br />

stand ! Er war mir das Höchste überhaupt,<br />

aber nun kann ich nicht mehr mit! Nun ist<br />

Schluss bei mir ! »<br />

« Wo willst du denn inserieren ? »<br />

« Ueberall! In allen grossen Blättern. »<br />

« Du, Else... pass mal auf. Du bist ja<br />

schliesslich ein erwachsener Mensch... meiner<br />

Meinung nach hat Vater einen Knax. Irgend<br />

einen Knax!... Braucht ja nicht so<br />

schlimm zu sein... Du weisst ja, unsere<br />

Grossmutter väterlicherseits ist in einem<br />

Sanatorium gestorben! »<br />

«Na, irgendwo muss der Mensch doch<br />

sterben. ><br />

«Das Sanatorium hatte Gitterstäbe vor<br />

den Fenstern, Else ! »<br />

« Ach, um -Gottes willen...! Das wusste<br />

ich alles gar nicht. — Wie war denn das ? »<br />

« Vater erzählte mir mal, während ihrer<br />

Schwangerschaft, als sie den Vater trug, soll<br />

sie ihren ersten Verwirrungszustand gehabt<br />

haben. Aber dann, nach der Geburt, wurde<br />

es ärger.»<br />

Else wird blass :<br />

« Weisst du, so was ist ganz interessant,<br />

wenn's bei andern Leuten passiert. Aber bei<br />

einem selber — »<br />

Else fühlt zum erstenmal, dass jedes Ding<br />

je nach dem Standpunkt ein anderes Aussehen<br />

hat. Sie möchte darüber reden mit dem<br />

Bruder, weiss aber nicht, wie sie es ausdrücken<br />

soll. Ausserdem ist sie es nicht gewöhnt,<br />

mit dem Bruder andere Sachen zu<br />

besprechen als die kleinen Selbstverständlichkeiten<br />

des täglichen Lebens : die Einteilung<br />

des Tages, die wechselseitige Ausnützung<br />

des Wagens und derlei.<br />

Else denkt wieder an die Mutter, und ob<br />

sie ihr wohl ein Beruhigungsmittel gegeben<br />

haben, als Hans wieder anfängt:<br />

« Wir haben da so ein Mädel auf dem<br />

Büro... am Telephon... ich faab sie mal ausgeführt<br />

... in"' allen Ehren !... Mach kein<br />

freches Gesicht, Else... Ich dachte, die<br />

könnte ein wenig rumhorchen in der Fabrik,<br />

mir zutragen, was man über Vater sagt. Hab'<br />

sie auch mal zu einem Graphologen geschickt<br />

mit einem Brief vom Vater; aber die eignet<br />

sich zu solcher Mission wie ein Igel, zur<br />

Puderquaste. Vor lauter gutem Willen verpatzt<br />

sie alles ! Hat also keinen Zweck. Aber<br />

nun pass auf: Du bist doch ein hübsches<br />

Mädel... Wenn wir Karsten mal zum Tee<br />

einlüden und du machst dich ein bisschen<br />

niedlich... Ihr versteht ja so was, ihr<br />

Frauen. Vielleicht bringst du ihn — wenn<br />

auch nicht gleich beim erstenmal — dazu,<br />

dass er sich näher über Vater äussert.»<br />

Else nickte ernst:<br />

« Tu das, Hans. Lad ihn ein. Ich glaube,<br />

mir erzählt er, was ich will. ><br />

Beide stehen auf und gehen nach Hause.<br />

Cote d'Azur.<br />

Der Eisenbahnzug schlängelt sich von<br />

Cannes nach Vence. In einem Abteil erster<br />

Klasse ein einzelner Herr.<br />

Dem Kondukteur, der kontrollierend durch<br />

den Zug geht, fäMt die starke Nervosität des<br />

Reisenden auf, der anscheinend einem wichtigen<br />

Ziel zustrebt und die Fahrt beschleunigen<br />

möchte.<br />

Der Kondukteur, dessen Gehalt sich nicht<br />

unwesentlich durch die Trinkgelder erhöht,<br />

die von den Erstklassreisenden oft für geringfügige<br />

Dienste gezahlt werden, schiebt<br />

die Tür auf.<br />

« Nous arrivons, Monsieur ! Dans dix minutes<br />

nous sommes ä Vence.»<br />

«Bon. II est temps. Envoyez-moi un porteur»,<br />

antwortet der Reisende im pariserischesten<br />

Französisch.<br />

Der Kondukteur beschliesst, keinen « porteur<br />

» zu besorgen, sondern das Gepäck selbt<br />

aus dem Abteil zu heben. Er wirft einen<br />

Blick auf das Gepäcknetz. Es ist leer.<br />

Schade — nur grosse Koffer !<br />

Er geht weiter. Da wird er von rückwärts<br />

angerufen, wieder in der fabelhaft reinen<br />

Diktion, die aller Südfranzosen unerreichtes<br />

Ziel ist.<br />

(Fortsetzung folgt)

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