28.02.2018 Aufrufe

E_1940_Zeitung_Nr.037

E_1940_Zeitung_Nr.037

E_1940_Zeitung_Nr.037

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ersatztreibstoff -Probleme :<br />

Von den Möglichkeiten des<br />

Azetylenbetriebs<br />

Wir haben uns aus verschiedenen, guten<br />

Gründen bisher einer ausführlichen Stellungnahme<br />

zur Verwendung von Azetylen als<br />

Ersatztreibstoff enthalten. Die Jahresversammlung<br />

des Schweizerischen Azetylenvereins<br />

in Biel, zu der wir freundlicherweise eingeladen<br />

waren um uns über den derzeitigen<br />

Stand der Angelegenheit eingehend zu informieren,<br />

gibt uns Gelegenheit, das Problem<br />

einmal in seiner ganzen Breite aufzurollen.<br />

Wenn wir heute nach Ersatztreibstoffen<br />

Ausschau halten, so richtet sich der Blick<br />

naturgemäss in erster Linie nach jenen Rohstoffen,<br />

die uns im Lande dauernd zur Verfügung<br />

stehen, und das sind vor allem das<br />

Holz und die Elektrizität. Auf der andern<br />

Seite können auch jene Treibstoffe wenigstens<br />

zeitweise gewisse Möglichkeiten bieten,<br />

die sich wohl zum Teil aus importierten,<br />

ausländischen Rohstoffen zusammensetzen,<br />

jedoch aus solchen, die sich verhältnismässig<br />

leichter in genügenden Mengen einführen<br />

lassen als die flüssigen Motorbrennstoffe. Ob<br />

dies für die zur Herstellung von Karbid benötigte<br />

Kohle (bzw. Koks) stets zutreffen<br />

wird, kann im Augenblick niemand voraussagen.<br />

Immerhin ist zu berücksichtigen, dass<br />

der für die Karbidfabrikation erforderliche<br />

Koks nach den Ausführungen von Herrn<br />

Prof. Keel an der gestrigen Tagung nur ungefähr<br />

1 % unserer normalen, jährlichen Importe<br />

an festen Brennstoffen ausmacht. Ferner<br />

ist vor allem wichtig, dass gegenwärtig<br />

in unserem Lande Tausende von Tonnen an<br />

Karbidvorräten liegen, die als Betriebsstoff<br />

für beispielsweise tausend Personenwagen<br />

und kleinere Lastfahrzeuge jahrelang ausreichen<br />

würden. Eine Umstellung auf Karbid in<br />

diesem Rahmen Hesse sich also angesichts<br />

dieser sofort verfügbaren Reserven, die ursprünglich<br />

für den Export bestimmt waren<br />

und nun nicht ausgeführt werden können,<br />

ohne weiteres rechtfertigen, soweit nicht<br />

andere Fragen, wie beispielsweise die Wirtschaftlichkeit<br />

des Betriebs, mit hineinspielen.<br />

Für die Verwendung von Azetylen als Motortreibstoff<br />

stehen uns heute zwei Wege offen:<br />

1. Erzeugung des Azetylens aus Karbid in einem<br />

Gasentwickler, der au£ dem Wagen selbst oder<br />

einem ganz leichten Anhänger untergebracht<br />

, würde, sowie<br />

2. Verwendung von Azetylen-Dissous, das in Stahlflaschen<br />

unter Druck auf dem Wagen mitgeführt<br />

wird.<br />

Der Umbau dürfte sich in beiden Fällen im<br />

Minimum auf 1200.—, im Maximum auf 2000.—<br />

Franken stellen, wobei wir beim Azetylen-Dissous<br />

voraussetzen, dass vom Wagenbesitzer eine Batterie<br />

von Stahldruokflaschen angeschafft würde, um jeweils<br />

nur den für die Neufüllung zu bezahlenden<br />

Preis ohne Flaschenmiete auslegen zu müssen. Denn<br />

es wäre den im Azetylen-Dissous-Handel tätigen<br />

Firmen kaum zuzumuten, nun gleich einige tausend<br />

solcher Flaschen zu kaufen, um den Erfordernissen<br />

mehrerer hundert Kunden gerecht zu werden.<br />

Die Betriebsstoffkosten dürften sich bei Entwicklung<br />

des Azetylens auf dem Fahrzeug auf jeden<br />

Fall bedeutend billiger stellen als bei Verwendung<br />

von Dissous. Immerhin wird nach unserer Rechnung<br />

der Karbidbetrieb, ohne Einrechnung der Anlagekosten,<br />

selbst dann noch etwa l,3mal so teuer<br />

zu stehen kommen wie der Betrieb mit Benzin.<br />

Ausserdem bedarf der Azetylen-Generator einer<br />

gewissen Wartung, und der Fahrer muss sich mit<br />

verschiedenen neuen Bediemmgsgriffen vertraut<br />

machen. Schliesslich sind wohl vorerst hinsichtlich<br />

des Winterbetriebs noch einige Bedenken gerechtfertigt.<br />

Man hat uns jedoch versichert, dass es dank<br />

der bei der Gasentwicklung im Generator entstehenden<br />

Wärme möglich sein werde, die Gefahr des<br />

Gefrierens auch beim Stillstand über Nacht auszuschliessen.<br />

Wie weit dies auf die Leitungen und<br />

besonders die Ventile zutrifft (vergleiche Einfrieren<br />

von Luftdruckbremsen) soll uns hier nicht beschäftigen,<br />

da wir die Behebung allfälliger Mängel ebenso<br />

wie die Verantwortung hierfür vertrauensvoll<br />

den Azetylen-Fachmännern überlassen dürfen. Bei<br />

der Verwendung von Azetylen-Dissous kann sich<br />

übrigens auch im Winter .kein Eis im Innern der<br />

Apparatur bilden, weil das Dissous selbst keinen<br />

Wasserdampf enthält und die zur Vermeidung des<br />

Klingeins eingespritzte Flüssigkeit wegen ihres<br />

hohen Alkoholgehalts ebenfalls gefrierfest ist. Der<br />

Motor arbeitet dabei selbst in Steigungen überraschend<br />

weich, und seine Leistung ist ungefähr<br />

AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, 10. SEPTEMBER <strong>1940</strong> — N° 37<br />

gleich hoch wie bei Benzin (Aktionsradius 150 bis<br />

250 km).<br />

Wer also ohne Rücksicht auf die Brennstoffkosten<br />

fahren muss und auf sofortige Betriebsbereitschaft<br />

angewiesen ist, für den eignet sich das<br />

Azetylen-Dissous. Fallen die Brennstoffkosten doch<br />

stärker ins Gewicht, so wird dagegen der Karbidbetrieb<br />

mit seinen etwas höheren Anforderungen an<br />

Wartung vorzuziehen sein. Immerhin muss der<br />

Wagenbesitzer in beiden Fällen damit rechnen, die<br />

Umstellungskosten ä fonds perdu auszulegen und<br />

dazu mehr für Karbid zu zahlen als für Kriegsbenzin.<br />

Die Meinungen übeT den Azetylenverbrauch im<br />

praktischen Durchschnittsbetrieb, wobei meist nicht<br />

sehr sparsam mit dem Brennstoff umgegangen wird,<br />

gehen zwar vorderhand noch ziemlich weit auseinander.<br />

Wir sind jedoch nach wie vor fest davon<br />

überzeugt, dass sich der Kalorienverbrauch bei<br />

Azetylenbetrieb nur wenig niedriger stellen wird als<br />

bei Benzinbetrieb, so dass die reinen Brennstoffkosten<br />

selbst bei Verwendung eines Entwicklers<br />

Verbrauchszahlen, die unsere<br />

Auffassung bestätigen.<br />

Araässlicli der letzten Jahresversammlung<br />

des Schweizerischen Azetylenvereins hatten<br />

wir Gelegenheit, auch eine kurze Probefahrt<br />

mit einem Chevrolet De Luxe, Modell 1939<br />

zu machen, der mit Azetylen-Dissous betrieben<br />

wurde. Zur Erhöhung der Klopffestigkeit<br />

diente bei diesem Wagen ein Gemisch aus<br />

2 Teilen Sprit und 1 Teü Wasser. Die Anlage<br />

funktionierte tatsächlich so überzeugend,<br />

dass man überhaupt keines Unterschiedes<br />

gegenüber Benzinbetrieb gewahr wurde. Als<br />

Verbrauch gab man uns folgende Zahlen an,<br />

die durchaus möglich erscheinen : 6.5 kg<br />

Azetylen-Dissous + 7 Liter Wasser-Sprit-<br />

Gemisch (enthaltend 4.6 Liter Sprit) pro 100<br />

km. Da nun l m 3 Azetylen 1.17 kg wiegt<br />

und einen Heizwert von 14 000 KCal besitzt<br />

(vergl. C. F. Keel, « Der praktische Autogen-<br />

Schweisser», <strong>1940</strong>), während 1 Liter Sprit<br />

rund 5000 KCal enthält, führt man dem Motor<br />

durch den Brennstoff zu :<br />

durch das Azetylen<br />

durch den Sprit<br />

6.5<br />

X 14000 = 78 000 KCal<br />

1.17<br />

4.6 X 5 000 = 23 000 KCal<br />

Total<br />

101 000 KCaj<br />

höher ausfallen werden als dort*) Dies bedeutet<br />

aber in Kriegszeiten weiter nichts, als dass sich<br />

eben der Verwendungsbereich etwas verengert<br />

Sicher wird unter heutigen Umständen auch so noch<br />

dieser und jener Automobilist willens sein, selbst<br />

einen Franken oder gar bedeutend mehr pro Liter<br />

ersetzten Benzins auszulegen, um nur wenigstens<br />

auf das Fahren trotz Einreihung in die Kategorie G<br />

oder D nicht ganz verzichten zu müssen. Er wird<br />

dann eben von selbst seine Fahrten auf das absolut<br />

nötige Mindestmass einschränken. In den andern<br />

Kategorien dürfte sich ebenfalls mancher WagenbesitzeT<br />

finden, der die Mehrkosten in Kauf nimmt,<br />

um weiter fahren zu können als mit der Benzinration<br />

allein.<br />

Auf kurzen Probefahrten überzeugten wir uns<br />

davon, dass die Verwendung von Azetylen als Ersatztreibstoff<br />

heute technisch durchaus als gelöst zu<br />

betrachten ist, wenn auch bei Verwendung von<br />

Karbid mit Wassereinspritzung noch einige Kleinig-<br />

*) Siehe unseren Artikel «Verbrauchszahlen, die<br />

unsere Auffassung bestätigen».<br />

Rechnet man mit einer runden Zahl von<br />

8000 KCal pro Liter Benzin, so entspricht<br />

obiger Gesamtheizwert 101000/8000 = 12.6<br />

Liter Benzin. Da nun aber Gase im Durchschnitt<br />

vollständiger verbrennen, darf man<br />

annehmen, dass bei Gasbetrieb die Verbrennunigswarme<br />

um maximal etwa 10 % besser<br />

ausgenützt wird als bei Benzinbetrieb. Infolgedessen<br />

würde der angegebene Verbrauch<br />

an Azetylen-Dissous und Alkohol einem Verbrauch<br />

von rd. 14 Liter Benzin pro 100 km<br />

im praktischen Betrieb entsprechen. Dies ist<br />

zwar nicht viel, jedoch durchaus nicht unmöglich.<br />

Damit ist aber auch der Beweis der<br />

Stichhaltigkeit der angegebenen Verbrauchszahlen<br />

geleistet.<br />

Darüber hinaus ist es möglich, auf Grund<br />

dieser im praktischen Betrieb erhaltenen<br />

Zahlenangaben zu berechnen, wieviel Karbid<br />

gebraucht würde, wenn man statt mit<br />

Dissous-Flaschen mit einem Azetylen-Entwickler<br />

fahren würde. Nach dem bereits genannten<br />

Werk sind nämlich zur Erzeugung<br />

von 1 m 3 Azetylen 3.5 bis 4 kg Karbid notwendig,<br />

wenn man die kleinen Verluste im<br />

Betrieb berücksichtigt. Zur Erzeugung von<br />

1 kg Azetylen sind demnach 3—3.4 kg Karbid<br />

nötig. Einem Verbrauch von 6.5 kg Dissous<br />

entspricht somit ein Karbidverbrauch<br />

von 19.5—22.1 kg. Unter der Annahme, dass<br />

der Alkohol in Anbetracht des geringen Zusatzes<br />

im Motor genau so vollständig verbrennt<br />

wie das Gas, ersetzen die 4.6 Liter<br />

Sprit 3.2 Liter Benzin (Heizwert entspricht<br />

2.9 Liter Benzin). Das Azetylen hat also von<br />

den bei Benzinbetrieb benötigten 14 Litern<br />

10.8 Liter Benzin zu ersetzen, wozu 19.5 bis<br />

22.1 kg Karbid aufzuwenden wären. Hierin<br />

liegt eine Bestätigung unserer Auffassung,<br />

wonach zum Ersatz-eines Liters Benzin nicht<br />

1, sondern rd. 2' kg Karbid benötigt werden.<br />

-b-<br />

XXI.<br />

Schweizer<br />

SK-'j:- ; ,;i ; i?(l'iSKviV::i '?'sv i-:;«;K-Vi -/-.w-/<br />

COMPTOIR<br />

Lausanne<br />

Motorwagenfabrik Berna AG., Ölten<br />

7. bis 22. September <strong>1940</strong><br />

Grosste<br />

wirtschaftliche<br />

Herbstveranstaltung<br />

Schutz dem Polster!<br />

Ein Auto*Potster hält nur selten die<br />

Lebensdauer eines Wagens durch.<br />

Darum sind Polsterüberzüge — von<br />

der Hand des Fachmanns angepasst —<br />

unerlässlich- Wir haben uns in der<br />

Anfertigung solcher spezialisiert,<br />

passen sie in kurzer Frist an und<br />

berechnen nur massige Preise- Verlangen<br />

Sie doch einmal «nverbind«<br />

Offerte.<br />

MULLER<br />

Autosattlerei, Bigerplatz<br />

in Leichtmetall oder Stahl:<br />

Eigengewicht 1000 kg, Nutzlast 4000 kg<br />

Mo bei kästen,<br />

kombiniert mit Stahl und Leichtmetall<br />

Lastwagen brücken in Leichtmetall<br />

verkörpern Qualität, Fortschritt und<br />

Wirtschaftlichkeit.<br />

Job. Knupp, St.Gallen-W<br />

KONSTRUKTIONS- WERKSTÄTTE<br />

Telephon 26.276<br />

Einfadie Billette für die Rückfahrt gültig

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!