E_1940_Zeitung_Nr.044
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2 AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, 29. OKTOBER <strong>1940</strong> — N° 44<br />
Die Bildung von sogenanntem Wassergas<br />
(Mischung von Wasserstoff- und Kohlenmonoxydgas).<br />
Zur Verbesserung der Zündfähigkeit des<br />
Generatorgases und aus anderen Gründen ist<br />
nämlich ein beträchtlicher Gehalt an Wasserstoffgas<br />
erwünscht. Man erhält ihn durch Beimischung<br />
von Wasserdampf zu der über die<br />
glühenden Kohlen streichenden Luft. Hiebei<br />
zerfällt das Wasser in seine Komponenten<br />
Wasserstoff und Sauerstoff, wobei sich das<br />
zweitgenannte Gas ähnlich wie der Luftsauerstoff<br />
sogleich mit der glühenden Kohle<br />
zu Kohlenmonoxydgas verbindet, das dann<br />
zusammen mit dem Wasserstoffgas und dem<br />
durch unvollständige Verbrennung entstehenden<br />
Gas zum Motor gelangt. Der Grund für<br />
diese Zersetzung des Wassers liegt darin,<br />
dass der Sauerstoff bei hohen Temperaturen<br />
eine grössere Vorliebe für den Kohlenstoff<br />
als für den Wasserstoff zeigt und dem Wasserstoff<br />
daher kurzerhand die Treue bricht,<br />
um mit dem heissen Kohlenstoff die Ehe einzugehen.<br />
Zur Ehre des Kohlenstoffs sei immerhin<br />
gesagt, dass er seinerseits dieser<br />
Leidenschaft erst dann freien Lauf lässt,<br />
wenn sozusagen der ganze «ledige » Luft-<br />
Sauerstoff aufgezehrt ist und nur noch mit<br />
Wasserstoff «verheiratete» Sauerstoff-Atome<br />
zur Verfügung stehen. Bei Holzkohlegasanlagen<br />
wird der in den Gasgenerator strömenden<br />
Luft vielfach direkt Wasserdampf<br />
zugesetzt, um die Wasserstoffbildung zu verstärken,<br />
bei Holzgasanlagen dagegen stammt<br />
das Wasser aus dem Feuchtigkeitsgehalt des<br />
lufttrockenen Brennstoffs selbst.<br />
Schliesslich ist bei den Holzgasgeneratoren<br />
noch ein dritter Vorgang an der Gasbildung<br />
massgebend beteiligt, nämlich<br />
die trockene Destillation des Holzes und Aufspaltung<br />
der entstehenden Dämpfe zu brennbaren<br />
Gasen in der Feuerzone.<br />
Bei der Holzkohle wurden diese flüchtigen<br />
Bestandteile des Holzes bereits während des<br />
Köhlvorganges ausgetrieben und je nach der<br />
Vollkommenheit des dabei angewandten Verfahrens<br />
daraus eine grössere oder kleinere<br />
Menge wertvoller Nebenprodukte gewonnen.<br />
Beim Holzgasgenerator geschieht diese<br />
trockene Destillation des Holzes in der an die<br />
Glühzone anschliessenden Schwelzone, welche<br />
das von oben nachrutschende Holz<br />
zwangsläufig ganz langsam passieren muss,<br />
bevor es allmählich in den Feuerherd gelangt.<br />
Auf diesem Weg, den es im Schnekkentempo<br />
durchläuft, erhitzt es sich immer<br />
stärker, je näher es der Feuerzone rückt.<br />
Hiebei tritt erst das im lufttrockenen Holz<br />
enthaltene Wasser (ca. 20—25% des Gewichts)<br />
in Dampfform aus, später entweichen<br />
brennbare Gase, sodann Holzgeist, Essigsäure,<br />
leichter Teer und endlich schwerer<br />
Teer sowie Paraffin. Damit ist aus dem Holz<br />
bereits Holzkohle geworden. Die genannten,<br />
kondensierbaren Dämpfe aber machen in der<br />
Glühzone eine Art Krackprozess durch, wobei<br />
sie ebenfalls in brennbare Gase zerfallen.<br />
Diese überaus wichtige Zersetzung ist an die<br />
Aufrechterhaltung einer ausreichenden Betriebstemperatur<br />
in der Glutzone gebunden.<br />
Das auf Grund dieser zwei oder (bei Holz)<br />
drei Umsetzungen (unvollständige Verbrennung,<br />
Wassergasbildung und trockene Destillation<br />
verbunden mit Krackvorgang) entstehende<br />
Gasgemisch enthält noch allerhand unerwünschte<br />
Beimengungen wie Flugasche<br />
sowie bei Holzvergasung (oder Holzkohlevergasung<br />
mit Wasserdampfzusatz) auch<br />
überschüssigen Wasserdampf, ferner Spuren<br />
mitgerissenen Teers und anderer Verunreinigungen.<br />
Ausserdem ist das Gas heiss und<br />
muss daher in einem Gaskühler auf 30 bis<br />
Sicheritats-Knithtbel-<br />
Versc/iluä<br />
Fig. 2. Schema einer Imbert-Holzgasanlage. Generator zur Hälfte geöffnet. Gasweg durch Pfeile angedeutet.<br />
Der Gaskühler wird vor dem Wasserkühler des Motors am Wagen angebracht.<br />
40 C abgekühlt werden, wobei sich auch gerade<br />
das im Gas enthaltene Wasser niederschlägt.<br />
Andere Unreinigkeiten werden je<br />
nach Bauart der Generatoranlage durch alle<br />
möglichen Arten von Filtern oder Reinigern<br />
zurückgehalten. Schliesslich gelangt das gereinigte<br />
Gas in den<br />
Gas-Luft-Mischer<br />
am Saugrohr des Motors, wo ihm die nötige<br />
Verbrennungsluft zugesetzt wird. Der Gasmischer<br />
besteht in dem im Bild 2 gezeigten<br />
Fall aus einem T-Rohr, das hier rechts an<br />
den Saugstutzen des Motors, links an die<br />
Gasanlage und unten an einen Stutzen mit<br />
Luftfilter und Luftdrosselklappe angeschlossen<br />
ist. Läuft der Motor, so saugt er somit<br />
gleichzeitig Gas und Luft in das T-Rohr. Vermittelst<br />
der Luftdrossel lässt sich das Mischungsverhältnis<br />
Gas : Luft regulieren.<br />
Schliesst man sie ein wenig, so wird verhältnismässig<br />
mehr Gas angesaugt, und umgekehrt<br />
mehr Luft, wenn sie geöffnet wird.<br />
-b-<br />
Die beiden Verfügungen über die Verwendung flüssiger Ersatztreibstoffe und über<br />
Generatoren und Apparate rollen eine Reihe wichtiger Fragen auf. Im Bestreben, Klarheit<br />
darüber zu gewinnen, hat sich die « Automobil-Revue » an den Chef der Sektion für Kraft<br />
und Wärme gewendet Was antwortet Nationalrat Grimm?<br />
Unmittelbar vor Redaktionsschluss der<br />
letzten Nummer veröffentlichte das eidg.<br />
Kriegsindustrie- und Arbeitsamt zwei Verfügungen,<br />
deren Gegenstand die Verwendung<br />
flüssiger Ersatztreibstoffe einerseits und .die<br />
Bewilligungspflicht für Generatoren und<br />
Apparate zur Verwendung von Ersatztreibstoffen<br />
anderseits bildete. Nach dem offiziellen<br />
Communique, das im Zusammenhang<br />
damit herausgegeben wurde, «sollen die<br />
Verfügungen eine möglichst einheitliche Ordnung<br />
in der Frage der Versorgung und Verwendung<br />
von Ersatztreibstoffen gewährleisten<br />
und die Motorfahrzeughalter nach Möglichkeit<br />
vor Schädigungen, die sich aus einem<br />
ungeregelten Markt von Ersatztreibstoffen<br />
ergeben könnten, bewahren ».<br />
Zu einer Würdigung und Kommentierung<br />
der beiden Erlasse reichte die Zeit damals<br />
nicht mehr aus, dagegen zeigte das Studium<br />
ihres Wortlautes, dass sie eine ganze Menge<br />
von Fragen offen lassen, die von unverkennbarer<br />
Bedeutung für die weitere Gestaltung<br />
der Dinge auf diesem Gebiet und damit für<br />
die ganze schweizerische Automobilwirtschaft<br />
sind, insofern als sie überhaupt noch<br />
existiert. Wir haben uns einige dieser Fragen<br />
notiert, zusammengestellt und sie dem<br />
Chef der Sektion für Kraft und Wärme, Nat.-<br />
Rat Grimm, mit der Bitte unterbreitet, uns<br />
Caskühler<br />
tfo/zgasgenena/ör Absitzbehäfter Nachreiniger<br />
«Einheitliche Ordnung in der Frage der Ersatztreibstoffe»<br />
Wir möchten gerne wissen...<br />
darüber im Rahmen des Möglichen Aufschluss<br />
zu gewähren. Wenn wir im Nachstehenden<br />
die Fragen und die uns darauf<br />
zuteil gewordenen Antworten wiedergeben,<br />
dann bildet sich der Leser wohl selbst ein<br />
Urteil darüber, inwieweit damit der ganze<br />
Fragenkomplex einer Abklärung näher gerückt<br />
ist.<br />
Red.<br />
1. Sind die beiden Verfügungen über die Verwendung<br />
flüssiger Ersatztreibstoffe und über die<br />
Generatoren und Apparate als Grundlage für die<br />
staatliche Ordnung der Ersatatreibstofffrage zu betrachten,<br />
wovon schon früher die Rede war?<br />
— Die beiden Verfügungen bilden einen Bestandteil<br />
der staatlichen Ordnung der Ersatztreibstoffe.<br />
Je nach der Entwicklung der Verhältnisse<br />
bleiben weitere Anordnungen vorbehalten.<br />
2. Mit dem Erlass Verfügung über flüssige Ersatztreibstoffe<br />
werden diese doch der Rationierung<br />
unterstellt? Soll dadurch die Zuteilung grösserer<br />
Mengen an die Bezugsberechtigten bewirkt werden,<br />
sofern die Treibstoffeinfuhr keinen weiteren Rückgang<br />
erleidet?<br />
— Die flüssigen Ersatztreibstoffe unterliegen,<br />
wie die normalen Treibstoffe, der Rationierung.<br />
Diese Massnahme empfiehlt sich aus Gründen<br />
einer gerechten Versorgung. Die flüssigen Ersatztreibstoffe<br />
stellen ein Streckmittel dar und<br />
werden, sofern die Importe nicht noch welter<br />
zurückgehen, einer Ausweitung der Versorgung<br />
dienen.<br />
3. Erfolgt die Abgabe des Gemisches durch die<br />
Petrola sofort? Oder von welchem Zeitpunkt an?<br />
— Die Abgabe des Gemisches durch die<br />
Petrola erfolgt, sobald die erforderlichen organisatorischen<br />
Arbeiten getroffen sind.<br />
4. Was werden die Weisungen der Sektion bezüglich<br />
der Beimischung bestimmen? Hat diese<br />
einen Einfluss auf den Säulenpreis?<br />
— Der Säulenpreis bleibt vorläufig unverändert.<br />
Er wird indes je nach den Einstandspreisen<br />
Veränderungen erfahren können.<br />
5. Was geschieht mit den bereits vorhandenen<br />
Vorräten an flüssigen Ersatzbrennstoffen oder Gemischen?<br />
Uebernimmt sie die Petrola? Und wie ist<br />
die Lösung der Entschädigungsfrage gedaoht?<br />
— Ich verweise auf die Weisung Nr. 1 (die<br />
sich auf Seite 3 abgedruckt findet. Red.).<br />
6. Wie steht es mit der Verteilung von festen<br />
Ersatebrennstoffen? Wird sie ebenfalls vom Bund<br />
geordnet? (Nach dem Inhalt der Verfügung betr.<br />
Generatoren und Apparate muss man dies annehmen.)<br />
— Die Verteilung von festen Ersatztreibstoffen<br />
wird ebenfalls durch den Bund grundsätzlich<br />
geordnet. Zuständig hiefür ist die<br />
Sektion für Holz und Torf.<br />
Mit zwölf weiteren Fragen versuchten wir, wichtige<br />
Punkte, welche die Verfügung über die Bewilligungspflicht<br />
von Generatoren und Apparaten<br />
für die Verwendung von Ersatztreibstoffen offen<br />
gelassen hatte, soweit als möglich abzuklären. Im<br />
einzelnen lauteten diese Fragen:<br />
7. Verfügung über die Bewilligungspflicht von<br />
Generatoren usw. Weshalb die Bewilligungs- und<br />
nicht die Anmeldepflicht? Die Vertreter der Automobilverbände<br />
hatten letztere befürwortet. Stellt die<br />
Bewilligungspflicht ein Verbot dar?<br />
8. Wird durch die Bewilligungspflicht nicht die<br />
Privatinitiative tangiert, die bisher doch teilweise<br />
Brauchbares geschaffen hat? Es bestehen Bedenken<br />
nach dieser Richtung hin. Inwieweit sind Einschränkungen<br />
vorgesehen?<br />
9. Man hört on Befürchtungen, dass mit dem<br />
Bewilligungsverfahren vorläufig alles abgestoppt<br />
werde und der Umstellungsprozess dadurch eine<br />
Verzögerung erleide. Was ist darauf zu sagen?<br />
10. Mit welcher Zeitspanne muss für die Erledigung<br />
der Bewilligungsgesuche gerechnet werden?<br />
11. Auf welche Kriterien wird bei der Erteilung<br />
und Verweigerung einer Bewilligung im einzelnen<br />
abgestellt?<br />
12. Wenn sich eine Generatorenfirma um die<br />
Bewilligung bewirbt, wird diese dann für jeden<br />
einzelnen Wagen, für gewisse Serien oder generell<br />
erteilt? Genügt es für die Erteilung, wenn die<br />
Firma nachweist, dass sie selbst die Garantie für<br />
ausreichende Versorgung ihrer Kunden mit Ersatztreibstoffen<br />
übernehme? Und was geschieht in einem<br />
solchen Fall, wenn nachher der Staat die Versorgung<br />
mit festen Ersatztreibstoffen in seine Hände<br />
nimmt?<br />
13. Läuft die Verfügung nicht auf eine gewisse<br />
Typenbeschränkung heraus? Nach welcher Richtung<br />
hin bewegen sich die Auflagen konstruktiver Natur,<br />
die bei der Erteilung der Bewilligung angeordnet<br />
werden können?<br />
14. Gilt die Bewilligungspflicht auch für Generatoren<br />
usw., die sich vor Erlass der Verfügung<br />
bereits im Bau befanden?<br />
15. Was, wenn der Bewilligungspflicht zuwidergehandelt,<br />
wenn Generatoren ohne Bewilligung gebaut<br />
werden und einer nachher mit einem solchen<br />
Wagen fährt? Besteht überhaupt die Möglichkeit,<br />
den Bau und Einbau zu verhindern, wenn der<br />
Kunde keine Bewilligung vorweist? Wie ist die<br />
Kontrolle gedacht?<br />
16. Wie soll der als Strafe angedrohte Ausschluss<br />
vom Bezug von festen Treibstoffen erfolgen,<br />
wenn deren Abgabe noch frei ist, z. B. bei einem<br />
Selbstversorger? Setzt die Durchführung der Strafandrohung<br />
nicht die Abgabepflicht und Rationie-<br />
Tung für feste Brennstoffe voraus?<br />
17. Besteht die Absicht einer weitergehenden<br />
Aufklärung der Oeffentlichkeit über diejenigen<br />
Fragen, die sich beim Studium der beiden Verfügungen<br />
erheben und einer Abklärung bedürfen?<br />
18. Sind Ausführungsbestimmungen vorgesehen<br />
und was werden sie vorausichtlich enthalten?<br />
Aus Gründen, über die man lediglich Vermutungen<br />
anstellen kann, sieht sich der Chef der Sektion<br />
für Kraft und Wärme ausserstande, diese Fragen<br />
einzeln zu beantworten. Vielmehr fasst er die Aufschlüsse,<br />
welche er darauf zu erteilen hat, wie folgt<br />
zusammen:<br />
Fragen 7 bis 18. — Ueber diese Fragen kann<br />
zur Zeit im Detail noch nicht gesprochen werden.<br />
Im allgemeinen ist folgendes zu sagen:<br />
Pflicht der Behörden ist es, zu verhindern,<br />
dass massenweise Generatoren<br />
usw. hergestellt werden, für<br />
F E U I L L E T O N<br />
Ein Mann entlaufen!<br />
Roman von Vera Bern.<br />
46, Fortsetzung<br />
Es wetterleuchtet um die alte Kathedrale<br />
von Grasse. Es zuckt schwefelfarben um den<br />
alten Stadthausturm. Dunkle Wolken aus<br />
Ost und Nord ziehen über dem Südabhang<br />
des Rocavignon zusammen.<br />
Die Einwohner von Grasse und Umgebung,<br />
die in Scharen zur Zirkuswiese strömen,<br />
blicken immer ängstlicher zum Himmel auf<br />
und beschleunigen die Schritte.<br />
Es gilt die .Grosse Gala-Abschieds-Vorstellung'<br />
des .Cirflue d'et6' für ,gross und klein'!<br />
Madame Molignon an ihrem immer dichter<br />
umdrängten Kassentisch sitzt wie in einem<br />
Dampfbad.<br />
Wenn es nur kein Gewitter gibt!... Der<br />
breite klaffende Riss an der linken Seite der<br />
Zeltwand sollte erst nach Zeltabbruch — in der<br />
Nacht — von den Männern geflickt werden.<br />
Wenn es vorher lospladderte, schwamm der<br />
ganze Zirkus —! Donnerte es nicht schon?....<br />
Sie reisst die Billette von den perforierten<br />
roten, gelben und grünen Kartenblocks. Kassiert.<br />
Wechselt. « Zwei Sperrsitze ?... Bitte<br />
schön ! > — « Jawohl, Militär und Kolonialsoldaten<br />
auch halbe Preise ! » — « Nur noch<br />
zwei getrennte Logenplätze ! » — « Ah, guten<br />
Abend, Herr Staniol! Augenblick ... ! —<br />
'« Stehplätze ! » < Gleich fünf Stück ? Hier<br />
bitte ! > — «... für Sie, Herr Staniol!... »<br />
— « Nein, auf dem Namen Duval liegen keine<br />
Billette ! » — «... hab ich noch mit Mühe<br />
einen guten iPlatz reserviert...» — « Natürlich<br />
kann ich wechseln ! » — «... mein Mann<br />
wollte Sie vorher noch sprechen, Herr Stanio.1...»<br />
— « Doch, sie liegen zusammen, ein<br />
Vorder- und ein Rücksitz ! » — « Fünfzehn<br />
Francs, bitte ! > — « mein Mann ist noch im<br />
Wagen, Herr Staniol... > — «Zehnte Reihe»<br />
Ja, zwei Plätze ! »<br />
Staniol gibt's auf. Er hätte zwar gern gewusst,<br />
wie sich die ganz vernünftige Frau<br />
dazu stellte, dass er Henri Rene wie ein<br />
Wegelagerer mit dem Vertrag überfallen<br />
sollte — vielleicht war der gute Molignon<br />
nicht ganz richtig im Kopf... er hatte schon<br />
die tollsten Sachen erlebt!<br />
Aber kriegen musste er den Henri Rene!<br />
Unter allen Umständen ! Er ! Staniol! Nicht<br />
der junge Bengel, den der Konzern neuerdings<br />
in der Welt herumschickte, weil er —<br />
Staniol — kein Glück gehabt hatte mit den<br />
letzten Nummern, die durchgerasselt waren.<br />
Die Mentalität des Publikums hat eben keine<br />
Anhaltspunkte mehr: es war sensationsgierig<br />
und sensationsmüde zugleich; wenn er<br />
nicht ordentlich hinterhakte und eine Kanone<br />
anschleppte wie den Rene, war er nicht<br />
mehr beim Konzern im nächsten Vierteljahr!<br />
Konnte vielleicht als Propagandachef eines<br />
Elefantenmädchens auf die Messen ziehen !<br />
Staniol findet Molignon in erregtem Selbstgespräch.<br />
« Eh bien, Molignon, was ist los ? ! »<br />
« Gar nichts ist los ! Angst hab ich ! »<br />
« Wovor denn ? »<br />
« Vor der Geschichte mit dem Rene" nachher<br />
!»<br />
« Aha !! Na sehen Sie ! Das wollt' ich<br />
Ihnen gerade sagen : Blödsinn ist das, wie<br />
Sie die ganze Geschichte aufziehn !... Gehen<br />
Sie in seine Garderobe. Sagen Sie ihm :<br />
Staniol ist da! Staniol will Sie sprechen!...<br />
Dann setzen wir uns hinterner in die ,Oigogne*<br />
und bringen die Sache bei einem<br />
Glase Wein unter urbanen Formen zum Abschluss<br />
! Ihre Provision verbleibt Ihnen ja.»<br />
« Unter .urbanen Formen' unterschreibt er<br />
nicht!»<br />
« Zum Donnerwetter, der Mann wird doch<br />
wohl auch seinen schwachen Punkt haben ? !<br />
... Jeder Mensch ist zu fassen. Was für 'n<br />
Landsmann ist er denn ? »<br />
«Keine Ahnung. Spricht aus allen Sprachen<br />
gemixtes Zirkuskauderwelsch!»<br />
«Ihre Verträge hat er doch immer anstandslos<br />
unterschrieben ? ! ><br />
«Nur den allerersten: Henri Rene, in<br />
grossen schwungvollen Buchstaben. Später<br />
hat er mir immer nur telegraphisch mitgeteilt<br />
: Bin pünktlich am Platz. Henri Rene ! »<br />
Vom Zelt herüber schallt der Sousa-Marsch<br />
.Unter dem Sternenbanner'.<br />
Molignon schlägt die Tür seines Wohnwagens<br />
zu : « Jetzt muss ich 'rüber !... Verfluchte<br />
Ischias! » Er blickt zum Himmel auf:<br />
« Es wird doch nicht etwa...? »<br />
Die beiden Herren gehen zum Zelt hinüber<br />
mit seiner von flimmernden grünen und roten<br />
Zwerglämpchen gerahmten Fassade. Die Bogenlampen<br />
tauchen die sich bedrohlich<br />
stauende Menge in fahles Licht.<br />
Hans Römer schiebt seinen Arm in den<br />
Gerdas.<br />
« Keine Bange, kleine Gerda. ><br />
«Ich hab nur immer Angst vor Panik,<br />
wenn so viele Menschen zusammen sind »,<br />
sagt Gerda und schmiegt sich enger an Hans<br />
Römer.<br />
« Angst, dass die .Könige der Wüste' ausbrechen<br />
? » lacht er. «Ich schätze, es werden<br />
zwei altersschwache mummelige Riesenkatzen<br />
sein, die der Dompteur mit Müh und<br />
Not zum Schnurren bringt.»<br />
(Fortsetzung folgt.)