E_1940_Zeitung_Nr.045
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2 AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, 5. NOVEMBER <strong>1940</strong> — N° 45<br />
Genossenschaft für die Versorgung mit flüssigen<br />
Kraft- und Brennstoffen in Zürich) auf<br />
Grund der Meldungen, über Import und Abschlüsse,<br />
gestützt auf die Uebersicht über<br />
Anfall und Verbrauch im Inland und, soweit<br />
die technische Verwertbarkeit in Frage steht,<br />
nach Rücksprache mit der Eidg. Materialpiüfungsanstalt<br />
die importierte Ware von<br />
den Importeuren ab Grenze. Erscheint ihr<br />
der verlangte Preis zu hoch, so unterbreitet<br />
sie den Fall mit ihrem Antrag der Sektion<br />
für Kraft und Wärme.<br />
Im weiteren wird die Petrola verpflichtet,<br />
die Errichtung eines oder mehrerer Lager in<br />
der Nähe der Importwege vorzubereiten.<br />
Ausserdem hat sie der Sektion für Kraft<br />
und Wärme Vorschläge für die Regelung der<br />
Beimischung und der Verwertung, sowie der<br />
Abnahme im Inland anfallender flüssiger Ersatztreibstoffe<br />
und Streckungsmittel zu unterbreiten<br />
und jeweils bis zum 7. des folgenden<br />
Monats Bericht über die getätigten Käufe,<br />
den Umfang der Import- und der Abschlussmeldunsren<br />
zu erstatten.<br />
Die Petrola hat unverzüglich sämtliche wirtschaftlichen<br />
Gruppen, Interessenten und die ihr<br />
bekannten "Wiederverkäufer über die Verfügung des<br />
Kriegsindustrie- und Arbeitsamtes vom 17. Oktober<br />
und die Weisungen der Sektion für Kraft und<br />
Wärme unterrichtet und hofft, damit alle Kreise<br />
erfasst zu haben, die sich bisher mit dem Import,<br />
der Beimischung und dem Vertrieb von flüssigen<br />
Ersatztreibstoffen befasst haben oder bei denen<br />
Vorräte liegen könnten. Anhand der eingehenden<br />
Meldungen wird sie das ganze Problem systematisch<br />
bearbeiten, um daraus für Interessenten und<br />
Volkswirtschaft den grösstmöglichen Nutzen ziehen<br />
zu können.<br />
Eine Konferenz<br />
bei der Sektion für Kraft und Wärme<br />
Am 31. Oktober fand, zum erstenmal in<br />
Anwesenheit des neuen Chefs der Abteilung<br />
für Ersatzbrennstoffe, Herrn Treyer, eine<br />
unter dem Vorsitz von Oberst Renggli, Chef<br />
des Kriegsindustrie- und Arbeitsamtes stehende<br />
Konferenz statt, woran sich auch die<br />
Herren Nat.-Rat Grimm und Ziipfel (Sektion<br />
für Kraft und Wärme), Fürsprech Hauser<br />
(Zentralstelle für Kriegswirtschaft), Dechevrens<br />
(Via Vita), Primault (A.C.S.) und<br />
Britschgi (T.C.S.) beteiligten.<br />
Die Sitzung war der Prüfung der zwei<br />
Verfügungen gewidmet, die wir in unserer<br />
vorletzten Nummer veröffentlicht haben.<br />
Ueber die den beiden Erlassen zugrunde<br />
liegenden Erwägungen herrschte Einigkeit<br />
auf der ganzen Linie. Was die praktischen<br />
Fragen anbelangt, so bildeten sie nachher den<br />
Gegenstand von Beratungen durch die Experten.<br />
Noch offen bleiben die durch die Verfügungen<br />
aufgerollen Fragen juristischer Natur,<br />
-doch bildet in dieser kriegswirtschaftlichen<br />
Angelegenheit der Umstand die Hauptsache,<br />
dass man zu greifbaren Ergebnissen<br />
gelangt.<br />
Im Zeichen der Umstellung von Lastwagen<br />
auf Holzgasbetrieb<br />
Das Gasholz wird teurer!<br />
Am 11. Oktober vernahm die Oeffentlichkeit die<br />
Kunde von den Massnahmen, welche die Behörden<br />
planen, um den Umbau von ca. 1000 Lastwagen<br />
auf Holzgasbetrieb zu verwirklichen. Seither ist es<br />
darum wieder um ein Beträchtliches stiller geworden;<br />
der Aufruf, den man damals als nächsten<br />
Schritt im Gange dieser Aktion in Aussicht stellte,<br />
lässt auch heute noch auf sich warten und wer sich<br />
etwa um Formulare für die Einreichung von Anmeldungen<br />
bemühen •wollte, kann dabei Dinge erleben,<br />
die zu allerhand mehr oder weniger ketzerischen<br />
Betrachtungen über die Art und das Tempo<br />
Anlass geben, womit diese dringliche und lebenswichtige<br />
Frage behandelt wird.<br />
Dafür erliess die eidg. Preiskontrolle drei Tage<br />
später, am 14. Oktober, eine Verfügung, wonach ab<br />
16. Oktober auf den Höchstpreisen für Gasholz eine<br />
Steigerung eintrat. Erfolgte die Massnahme sozusagen<br />
unter Ausscbluss des Publikums? Betrachtete<br />
man dabei wieder einmal Diskretion als Ehrensache?<br />
Dank einer unzureichenden Informierung<br />
gelangt nämlich dieser «Fall» von Preispolitik<br />
erst später und auf Umwegen zur Kenntnis weiterer<br />
Kreise, auch wenn sie auf eine solche Botschaft<br />
vorbereitet waren, denn schon in der Konferenz<br />
vom 4. Oktober, welche die Behörden mit<br />
den am Automobilwesen interessierten Verbänden<br />
zusammengeführt hatte, wies der Vertreter der Sektion<br />
für Holz darauf hin, dass sich die Preise nicht<br />
mehr halten lassen. Standen sie damals noch auf 8,<br />
resp. 9 Rappen pro Kilo, so setzt die Verfügung<br />
die neuen Engrospreise auf 11 Rp. für Würfel- und<br />
10 Rp. für Hackholz fest, währenddem die Tankstellenpreise<br />
13 bzw. 12 Rappen betragen. Wohlverstanden:<br />
sie gelten für gemischtes Holz; besteht<br />
aber das Gasholz zu 100% aus Buchenholz, dann<br />
darf noch ein Zuschlag bis zu 10% erhoben werden.<br />
Beschlagnahme der privaten Benzinreserven?<br />
Ein Gerücht? Oder eine Tatsache? Auf<br />
jeden Fall munkelt man davon, immer deutlicher<br />
und präziser. Es heisst auch£die Weisungen<br />
an die Kantone seien dieser Tage<br />
abgegangen. Dazu steht fest, dass die Kantonsvertreter<br />
auf Montag nach Bern einberufen<br />
worden sind, um die zu ergreifenden<br />
Massnahmen zu besprechen.<br />
Die Sektion für Kraft und Wärme dagegen<br />
erklärt, von allem nichts zu wissen.<br />
Steuerrückvergütung für requirierte Motorfahrzeuge<br />
hat pro rata temporis zu erfolgen<br />
Welche Stellung nehmen die Kantone zu<br />
diesem Urteil des Bundesgerichts ein?<br />
Der Entscheid des Bundesgerichts in der Frage<br />
der Steuerrückvergütung für requirierte Motorfahrzeuge,<br />
veröffentlicht in Nr. 41 der «A.-R.», stellt<br />
grundsätzlich fest, dass die Kantone gehalten sind,<br />
die Rückerstattung dieser Steuern pro rata temporis,<br />
d. h. genau nach Tagen der Requisitionsdauer zu<br />
gewähren. Im Anschluss an dieses Urteil, dessen<br />
Dispositiv zur Zeit zwar noch aussteht, richtete die<br />
Aspa eine Rundfrage an die Kantonsregierungen,<br />
um sich zu erkundigen, welche Stellung sie dazu<br />
einnehmen und welche Folge sie ihm zu geben gedenken.<br />
Als Triebfeder wirkte dabei der Wunsch,<br />
die Absichten der Kantone kennenzulernen, soweit<br />
es sich um die ihnen durch den bundesgerichtlichen<br />
Wahrspruch auferlegte Rückerstattungspflicht handelt.<br />
Dass nämlich jetzt dem cSchachbrett der<br />
25 Kantone» wenigstens in dieser Hinsicht sein<br />
Stündchen geschlagen hat, sollte ausser Z Die Waadt<br />
möchte vorsichtshalber erst einmal das Urteilsdispositiv<br />
abwarten, ebenso die Behörden des Kantons<br />
Zürich, denen daran liegt, sich zu vergewissern,<br />
ob die Rückvergütung wirklich auf den Tag<br />
genau berechnet werden muss. Schaffbausen und<br />
Obwalden erachten eine Stellungnahme für überflüssig,<br />
zumal sie schon von Anfang an die Methode<br />
der Rückerstattung nach Tagen angewendet<br />
hätten und auch Nidwaiden siebt keinen Anlass,<br />
auf die Sache näher einzutreten, sintemalen bisher<br />
keine Anstände eingetreten seien. Am elegantesten<br />
hielt sich bislang St. Gallen, dessen Regierung<br />
schrieb, sie werde zu der Anfrage noch Stellung<br />
beziehen, begrüsse es jedoch im übrigen, wenn die<br />
Verbände an ihre Mitglieder ein Zirkular erlassen,<br />
um den Kantonen einen Teil der mit den Rückerstattungsgesuchen<br />
verbundenen Arbeit abzunehmen.<br />
Wieder andere lassen es bei einer simplen,<br />
farblosen, unverbindlichen Empfangsbestätigung bewenden.<br />
Was die Aspa nun zu unternehmen vorhat? Den<br />
Kantonen eine Abschrift des vollständigen Urteils<br />
zu überreichen, sobald sie in dessen Besitz ist, was<br />
voraussichtlich schon in naher Zeit der Fall sein<br />
wird. Ob man sich (siehe Graubünden) auch dann<br />
noch aufs hohe Ross setzen oder ob man nicht<br />
Auch Sie jqiit dec Appdt dec Ae&eUsqenteitisdiaftm im Autatcanspoxitaesut!<br />
Schluss mit der Benzinvergeudung!<br />
Rationalisierung der Autotransporte muss oberstes Gebot sein<br />
Wir Automobilisten haben weiss Gott<br />
nichts mehr zu lachen. Das Benzin wird<br />
knapper, noch und noch, magere Zeiten sind<br />
für uns angebrochen und wer überhaupt noch<br />
fahren kann, weil er fahren muss, für den<br />
gibt es nur einen Imperativ: Benzin sparen,<br />
wo immer und solange er noch kann! Allein<br />
das ist es eben: mit dem Sparwillen, mit<br />
der Einsicht in diese absolute Notwendigkeit<br />
haperts noch da und dort, zum Schaden der<br />
Gesamtheit. Wenn deshalb kürzlich Direktor<br />
W. Ed. Huber, der die kantonal-bernische<br />
Arbeitsgemeinschaft im Autotransportwesen<br />
präsidiert, einer « vom Bau» also,<br />
sich in einem Radiovortrag mit diesen Herrschaften,<br />
vorerst einmal väterlich mahnend,<br />
beschäftigte und dabei Mittel und Wege aufdeckte,<br />
wie es die in den Arbeitsgemeinschaften<br />
zusammengefassten Liefer-, Lastwagen-<br />
und Traktorenbesitzer anzustellen<br />
haben, um die Benzinvorräte wirklich zu<br />
schonen, weniger durch technische Kniffe als<br />
vielmehr durch betriebliche Rationalisierung,<br />
dann war diese aufschlussreiche und eindringliche<br />
Lektion durchaus am Platz.<br />
Was für ein Bewenden es mit den Arbeitsgemeinschaften<br />
hat? Auf Anordnung des Bundesrats<br />
ins Leben gerufen (weil der freiwillige Zusammenschluss<br />
versagte), sollen sie der Aufgabe<br />
dienen, im Interesse der Landesversorgung und der<br />
Wirtschaft mit den uns heute noch zur Verfügung<br />
stehenden Treibstoffmengen solange ab möglich ein<br />
Minimum von lebenswichtigem Motorfahrzeugverkehr<br />
aufrechtzuerhalten. Auf einen andern Nenner<br />
gebracht heisst das: Ueberwachung und Rationalisierung<br />
des Verkehrs mit Nutzfahrzeugen, wozu<br />
nötigenfalls zum Mittel des Zwangs gegriffen werden<br />
kann. Um bei der herrschenden Benzinnot,<br />
von der niemand zu sagen weiss, ob sie sich nicht<br />
verschärft, die lebenswichtigen Transporte auch für<br />
das Morgen zu sichern, müssen<br />
alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, damit<br />
wir mit einem Mindestverbrauch an Treibstoffen<br />
auskommen.<br />
In der Region Bern hat man nun damit angefangen,<br />
die zirkulierenden Lastwagen zu kontrollieren,<br />
wobei die Meinung die ist, dass sich durch eine<br />
solche Prozedur die Grundlagen für die geplante<br />
Rationalisierung schaffen Messen. Und die Ergebnisse?<br />
Nicht gerade erhebend, muss man schon<br />
sagen, so dass nicht darum herumzukommen sein<br />
wird, die Polizei mit der Weiterführung der Kontrollen<br />
zu betreuen. Zur Illustration eine<br />
Handvoll Beispiele:<br />
ein 2H-Tonnen-Wagen fyhrt eine Person auf die<br />
nächstgelegene Bahnstation (Kommentar überflüssig!),<br />
oder ein 5-T-Lastwagen mit Anhänger fährt<br />
115 km, und dieselbe Strecke wieder, zurück zu<br />
einer Bremsreparatur, beide Male leer (weshalb<br />
nicht einen Monteur kommen lassen?), oder ein<br />
besser beraten sein wird, sein «peccavi» zu sprechen<br />
und das gutwillig zurückzugeben, was man an<br />
Steuern von requirierten Motorfahrzeugen zuviel<br />
einkassiert hat? Weil kneifenwollen doch nichts abträgt?<br />
Landwirtschaftstraktor gondelt mit 2 Sack Kartoffeln<br />
und 4 Sack Holz in die Stadt (zweimal<br />
17 km = 34 km). Die Kontrollen hahen es aber<br />
auch an den Tag gebracht, dass bei unzulässig vielen,<br />
weiten Fahrten die Wagen nur auf dem Hinoder<br />
Rückweg belastet waren. Wenn sich so etwas<br />
nicht Benzinverschwendung nenntl Und das zu<br />
einer Zeit, da dieses Nass ständig kostbarer und<br />
rarer wird.<br />
Haushälterisch damit umgehen — denn wir<br />
kämpfen um nicht mehr und nicht weniger als um<br />
die Sicherung unserer wirtschaftlichen Selbständigkeit<br />
— muss also die selbstverständliche Parole<br />
lauten. Und Dir. Huber geizte nicht mit<br />
Winken, wie das Sparen zu bewerkstelligen ist.<br />
Bei gutem Willen lässt sich da noch mancherlei<br />
machen, weshalb seine Ratschläge zuhanden aller,<br />
die es angeht, aber auch zu Nutz und Frommen<br />
der gesamten Wirtschaft nochmals kurz skizziert<br />
seien:<br />
1. Motorfahrzeughalter gleicher oder ähnlicher<br />
Branchen sollten sich zu gemeinschaftlicher Abwicklung<br />
ihrer Werktransporte zusammenschliessen, um<br />
die volle Auslastung der Wagen zu erreichen. Dürfen<br />
wir es uns noch leisten, dass jeder Metzger<br />
sein Fleisch im Schlachthaus selbst abholt? Warum<br />
nicht eine Sammelfuhre, die ihre Tour ja wechseln<br />
könnte, auf dass keiner zu kurz komme?<br />
2. Um die vielen Einzelfarten zu ersparen, sollten<br />
sich auch die Landmetzger, welche den Wochenmarkt<br />
besuchen, zur Organisation von Gemeinschaftstransporten<br />
für Ware und Personal entschliessen,<br />
ebenso die Landwirte, Gärtner, die jetzt,<br />
ein jeder auf eigene Faust, mit kleinen Camionetten<br />
zu Markt fahren. Gelänge die Verwirklichung dieses<br />
Gedankens, dann Hessen sich für ca. 75 Landmetzger,<br />
welche zweimal wöchentlich den Berner Markt<br />
besuchen, im Jahr rund 30 000 Liter Benzin einbringen.<br />
Und solche Fälle gibt es zu Hunderten<br />
in der Schweiz, wenn man die Sache ernsthaft anpacken<br />
will.<br />
3. Bessere Auslastung der über den Ortsbezirk<br />
hinausreichenden Lebensmittel- und anderen Transporte,<br />
für welche die Benützung eines Lastwagens<br />
noch verantwortet werden darf, tut not. Leerfahrten<br />
auf dem Hin- oder Rückweg gehören ins Kapitel<br />
der Benzinverschwendung.<br />
4. Nicht länger zu umgehen ist eine starke Einschränkung<br />
des Hauszustelldienstes, bei dem nur<br />
noch ganz schwere Stücke per Wagen befördert<br />
werden dürfen, wenns für die Hausfrauen auch<br />
schwer fällt.<br />
5. Auch bei den Domizillieferungen drängen sich<br />
Eingriffe auf. Die Kundschaft, d. h. der Detaillist,<br />
ist verwöhnt worden. Weshalb solche Lieferungen<br />
lediglich noch für Wiederverkäufer in Betracht<br />
kommen sollen, die in Gegenden ohne eigene<br />
Bahnverbindung wohnen oder dann in Fällen, da<br />
es sich um leicht verderbliche Waren handelt. Auch<br />
hier heisst es, sich von gewissen Bequemlichkeiten<br />
lossagen und das Wohlergehen des ganzen Volkes<br />
den eigenen Interessen voranstellen.<br />
6. Soweit Transporte nicht aus zwingenden<br />
Gründen weiterhin per Lastwagen besorgt werden<br />
müssen, sind sie den öffentlichen Transportanstalten<br />
zu übergeben. Wobei es sich indessen von selbst<br />
verstehen sollte, dass man auch hier durch weitestgehende<br />
Berücksichtigung der Bedürfnisse von Industrie,<br />
Handel und Gewerbe Gemeinschaftssinn an<br />
den Tag legt.<br />
7. Im Verteilersystem von festen und flüssigen<br />
Brennstoffen wären ebenfalls noch Vereinfachungen<br />
möglich. (Fortsetzung Seite 3.)<br />
Die Sektion für Kraft und Wärme<br />
konzentriert ihre Lokale.<br />
Um den Unzulänglichkeiten ein Ende zu machen,<br />
die sich daraus ergaben, dass die Bureaus der Sektion<br />
für Kraft und Wärme in der Bundesstadt bisher<br />
teilweise weit auseinander lagen, werden sie<br />
dieser Tage, zum Teil wenigstens, zusammengelegt.<br />
Im Hotel «Schweizerhof > am Bahnhof platz hat die<br />
Sektion eine ganze Etage gemietet, so daas nun<br />
eine gewisse lokale Konzentration der Bureaus erfolgen<br />
kann. Auch der Chef der Abteilung für Ersatzbrennstoffe,<br />
Herr Ing. Treyer, wird sich im<br />
«Schweizerhof» etablieren. Bereits liegen auch von<br />
einzelnen Verbänden die Vorschläge für die Experten<br />
vor, mit denen Herr Treyer die sich erhebenden,<br />
ebenso dringenden wie schwierigen Probleme<br />
bearbeiten wird.<br />
Die Kapele spielt die Zwischenaktmusik.<br />
Henri Rene kommt an Molignon vorbei,<br />
ohne ihn zu beachten. Er legt die Requisiten,<br />
die ihm auf ein bestimmtes Stichwort nach<br />
seinem Auftritt nachgeworfen werden, auf die<br />
Planken, mit denen der Wiesenboden im Auftrittsgang<br />
bedeckt ist.<br />
Stani&l schneit vor: < 'ran wie Blücher!»<br />
Molignon reisst ihn am Aermel zurück :<br />
« Noch nicht! Viel zu früh ! Wir müssen<br />
warten, bis er eingeschaltet ist... richtig<br />
eingeschaltet auf seine Nummer ! Sie werden's<br />
selbst sehen !... Nach den ersten Takten<br />
des Sambre-et-Meuse-Marsches ... beim<br />
neunten Takt springt er ein ! Also zwischen<br />
dem ersten und neunten Takt 'ran ! »<br />
Madame Molignon ist in den Gang getreten,<br />
schickt ein Stossgebet zum Himmel.<br />
Merini schiebt sich heran : «Ist das wahr,<br />
Madame, dass der schwarze Herr drüben ein<br />
Varietidirektor ist ? »<br />
« Ja. Nein. Gar nichts ist er. Lassen Sie<br />
mich zufrieden.»<br />
Merini beschliesst, sich auf eigene Faust<br />
an den .Direktor' heranzumachen. Die Zwischenaktmusik<br />
verstummt.<br />
Näher rollt der Donner. Nun prasselt es<br />
wie Erbsen auf das Zeltdach.<br />
« Füllfederhalter aufdrehen ...! Vertrag<br />
entfalten ! » kommandiert Molignon.<br />
Staniols Finger versagen den Dienst.<br />
Beide Herren schrauben abwechselnd am<br />
Füllfederhalter, beflecken sich die Hände.<br />
Die Kapelle schmettert den ersten Takt<br />
des Sambre-et-Meuse-Marsches in die unruhig<br />
erwartungsvolle Menge.<br />
Henri Rene pflanzt sich hinter den rot befrackten<br />
Stallmeistern auf. Seine Augen werden<br />
glasig. Abgestellt ist er gegen alle Eindrücke<br />
von aussen.<br />
Zweiter Takt des Sambre-et-Meuse-Marsches:<br />
Ren© steigt auf das Sprungbrett.<br />
Dritter Takt des Sambre-et-Meuse-Marsches<br />
: Renes Oberkörper beugt sich vor.<br />
Seine Muskeln spannen sich.<br />
Vierter Takt des Sambre-et-Meuse-Marsches:<br />
Renes Ferse hebt sich vom Boden.<br />
Fünfter Takt des Sambre-et-Meuse-Marsches<br />
: Alle Luft scheint Renes Körper entwichen<br />
— ein Wurfgeschoss ist er nur noch.<br />
Abflugbereit.<br />
« Los ! » befiehlt Molignon.<br />
Mit einem Satz schnellen beide Männer auf<br />
den Clown zu.<br />
« Henri Rene" ! Augenblick ! ><br />
Der Clown wirft sich herum. Doch er sieht<br />
sie nicht. Er fühlt nur irgend einen Gestalt<br />
gewordenen Willen, der ihm den Weg versperrt<br />
zum Sprung, zur Entladung der in<br />
ihm bis zur Schmerzhaftigkeit angesammelten<br />
Energien, die ihn auseinandersprengen<br />
müssen, wenn er sich nicht zum doppelten<br />
Salto mortale in die Höhe schwingen kann :<br />
« Platz ! ! Platz ! ! »<br />
Er keucht. Er schlägt mit den Fäusten um<br />
sich. Seine Augen quellen aus 'den Höhlen angesichts<br />
des Unbegreiflichen, das ihm den<br />
Weg versperrt.<br />
Molignon entreisst Staniol den Füllfederhalter.<br />
Schiebt den Vertrag dem Henri Rene"<br />
beinahe unters Kinn. Drückt ihm den Halter<br />
in die Hand :<br />
« Unterschreiben Sie! Unterschreiben...! »<br />
Siebenter Takt des Sambre-et-Meuse-Marsches<br />
: Renes Augen unter den buschigen<br />
roten Brauen glotzen in fahrigem, hilflosem<br />
Lodern.<br />
Achter Takt des Sambre-et-Meuse-Marsches:<br />
« Los, Rene" !... Setzen Sie Ihren Namen<br />
hin !... Los, Ihr Auftritt ! »<br />
Renes um den Federhalter gekrampfte<br />
Hand fährt über das Papier... dann schlägt<br />
er den Vertrag aus seiner Brustnähe, wirft<br />
den Federhalter im Bogen von sich und<br />
schnellt mit einem Pfiff in doppeltem Salto<br />
mortale über Köpfe und rote Rücken hinweg<br />
in die Manege, in knatternden Beifall und<br />
Jubel rufe.<br />
Den beiden Herren klebt der Anzug am<br />
Körper. Nassgeschwitzt sind sie und erschöpft<br />
wie von einem schweren Ritt:<br />
«Uff! Na...!><br />
Sie schütteln einander die Hand. Sie beglückwünschen<br />
einander : « Das war auch<br />
eine artistische Leistung ! Und keine üble !»<br />
Das unbeschäftigte Zirkuspersonal steht um<br />
Merini und tuschelt.<br />
Madame Juliette schiebt sich heran : « In<br />
Ordnung ? ><br />
« All right! > Beide wie aus einem Mund.<br />
« Dann ist's gut! Dann hält er den Vertrag<br />
auch ein !» sagt Madame Molignon und<br />
entreisst ihrem Mann das noch krampfhaft<br />
von seiner Hand umschlossene Papier. « Er<br />
ist gewissenhafter als die ganze andere Gesellschaft<br />
zusammen !... Wie hoch ist seine<br />
Gage ?... Wieviel Prozent haben wir ? ><br />
Und plötzlich wird die Frau mit dem<br />
krebsroten, vor Hitze feuchten Gesicht weiss<br />
wie ein Linnen und greift in die Luft.<br />
Staniol und Molignon springen hinzu,<br />
schleppen sie zu einem Stuhl.<br />
Dann entwinden sie ihren vor Schreck<br />
festgeklammerten Fingern den eben von<br />
Henri Ren6 unterschriebenen Vertrag und<br />
beugen sich über den Namenszug :<br />
Heinrich Römer.<br />
(Fortsetzung<br />
folgt.)