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Dompfarrbrief 2018/01

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zählen kannst! … So zahlreich werden<br />

deine Nachkommen sein.“ (Gen<br />

15,4-5) „Deine Frau Sara wird dir<br />

einen Sohn gebären und du sollst ihm<br />

den Namen Isaak geben. Ich werde<br />

meinen Bund mit ihm aufrichten als<br />

einen ewigen Bund für seine Nachkommen<br />

nach ihm.“ (Gen 17,19)<br />

Der Auftrag Gottes, Abraham sollte<br />

seinen Sohn opfern, den einzigen,<br />

den er liebt (vgl. V. 2), bringt ihn an<br />

die Grenze seines Vertrauens auf<br />

Gott. Das lässt der Erzähler seine<br />

Hörer bzw. Leser spüren, indem er<br />

das Gespräch zwischen Isaak und<br />

Abraham in bedrückender Kürze darstellt<br />

und Abraham eine ausweichende<br />

Antwort geben lässt (vgl. VV.<br />

7-8).<br />

Nach menschlichem Ermessen gibt<br />

Abraham das auf, was ihm von Gott<br />

verheißen ist, seinen Sohn, seine<br />

Nachkommenschaft und die Zusage,<br />

dass seine Nachkommen ein Segen<br />

sein werden.<br />

Oder – so könnte ich diese Geschichte<br />

auch lesen – vertraut Abraham<br />

darauf, dass der Gott, der ihn<br />

ruft und ihm eine Verheißung gibt,<br />

dieses Versprechen auch dann noch<br />

einhält, wenn alles dagegen zu sprechen<br />

scheint? Es zeigt sich in dieser<br />

Geschichte eine dunkle Seite des Bildes,<br />

das wir von Gott haben. Gott<br />

mutet dem Abraham ein letztes Vertrauen<br />

zu – ein Vertrauen gegen alle<br />

menschliche Vernunft. Abraham lässt<br />

sich darauf ein, er durchlebt dabei<br />

eine sehr dunkle Stunde seines Lebens.<br />

Am Ende hört er erneut die Verheißung,<br />

die ihm schon lange<br />

gegeben ist (VV. 16-18).<br />

Die Überschrift, die in der neuen Einheitsübersetzung<br />

(2<strong>01</strong>6) diesem Abschnitt<br />

gegeben ist („Die Erprobung<br />

Abrahams“), bringt einen ganz zentralen<br />

Aspekt dieser Erzählung zum<br />

Ausdruck. Die Luther-Bibel von<br />

1984 wählt als Überschrift „Abrahams<br />

Versuchung. Bestätigung der<br />

Verheißung“. Die Versuchung Abrahams<br />

bestand wohl darin, die Verheißung<br />

und damit einen wichtigen Teil<br />

seines Lebens als „Irrtum“ einzustufen<br />

und in sein früheres Leben zurückzukehren,<br />

den Glauben an einen<br />

Gott aufzugeben, der ihn an die<br />

Grenze des menschlich Verkraftbaren<br />

führt. Weil Abraham die Versuchung<br />

besteht, erfährt er die „Bestätigung<br />

der Verheißung“. Sein Gottesbild hat<br />

eine neue Facette bekommen.<br />

diesem Weg Zweifel an der Richtigkeit<br />

seines bisherigen Lebens und der<br />

Treue zu seiner Lebensaufgabe gekommen<br />

wären.<br />

Am Kreuz erlebt Jesus wohl auch,<br />

dass die Verheißung Gottes in Frage<br />

gestellt erscheint. Ob er am Kreuz an<br />

diese Erzählung von „Abrahams Versuchung“<br />

gedacht und aus der „Bestätigung<br />

der Verheißung“ eine letzte<br />

Hoffnung geschöpft hat, wissen wir<br />

nicht. Isaak – festgebunden am Altar<br />

– und Jesus – angenagelt am Kreuz –<br />

erleben eine unüberwindlich erscheinende<br />

Grenze. Das Ende der Abrahamsgeschichte<br />

und das Bekenntnis<br />

der Auferweckung Jesu machen dem<br />

Glaubenden deutlich, dass Gott noch<br />

unvorstellbare Möglichkeiten hat, wo<br />

wir nach menschlichem Ermessen<br />

nur Grenzen sehen.<br />

Letztlich bereitet die Hoffnungsdimension<br />

der Abrahamsgeschichte den<br />

Glauben an die Auferstehung Jesu<br />

vor.<br />

Pfarrer Maximilian Strasser<br />

Isaak und Jesus<br />

6<br />

Fotos: Franz Wurm<br />

isaak - hier dargestellt mit dem bündel<br />

Holz - in einem mosaik im mariendom<br />

(altar Königin der<br />

patriarchen)<br />

Die christliche Tradition hat diese<br />

Geschichte auf Jesus hin oder von<br />

Jesus her gedeutet. In Isaak, dem das<br />

Holz aufgeladen wird (V. 6), sahen<br />

die Christen ein Vorbild Jesu, der<br />

sein Kreuz (vgl. Joh 19,17) zur Schädelstätte<br />

trägt.<br />

Die Leseordnung der Kirche sieht<br />

diese Erzählung von „Abrahams Erprobung“<br />

am 2. Fastensonntag im<br />

Lesejahr B und als eine der sieben<br />

alttestamentlichen Lesungen der<br />

Osternacht vor. Jesus kommt auf seinem<br />

Kreuzweg, der zum gewaltsamen<br />

Tod führt, wohl auch an die<br />

Grenze des menschlich Verkraftbaren.<br />

Ich würde es menschlich verständlich<br />

finden, wenn ihm auf<br />

Jesus, der das Kreuz trägt - mosaik am<br />

historischen Hochaltar im mariendom<br />

<strong>Dompfarrbrief</strong> 1/<strong>2<strong>01</strong>8</strong>

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