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Psychologie des Aristoteles

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Wenn nun aber die Lust oder Unlust, für die man heutzutage meistens<br />

ein besonderes Vermögen, nämlich das s. g. Gefühl, annimmt,<br />

nach <strong>Aristoteles</strong> ein Affect derselben Fähigkeit ist, in welcher, als ein<br />

anderer Affect, die sinnliche Begierde sich findet, so ist es gewiss<br />

höchst unwahrscheinlich, dass er für die zornige En^egung, welche<br />

jeder von beiden näher , als die eine der anderen zu stehen scheint,<br />

die Annahme einer besonderen Kraft für nöthig gehalten habe.<br />

In dieser Meinung werden wir aber auch noch durch andere Betrachtungen<br />

bestärkt. Einmal spricht hiefür, dass alles sensitive<br />

Streben zunächst in Abhängigkeit von ein und demselben formaufnehmenden<br />

Vermögen, nämlich von dem inneren Sinne, thätig ist,<br />

wie sich dieses offenbar daraus ergibt, dass, wenn auch das oj £v£za cj<br />

(das, wonach man begehrt) bei dem Streben <strong>des</strong> sensitiven Theiles etwas<br />

dem Strebenden Frem<strong>des</strong> ist, das ov svzy.c/. w (das, wofür man etwas begehrt)®^)<br />

doch nichts anderes als das Strebende selber<br />

sein kann, wesshalb<br />

ein solches Streben ohne Selbstbewusstsein nicht denkbar wäre ^°).<br />

Zudem werden alle Bewegungen der sinnlichen Affecte dm'ch<br />

Vorstellungen von sinnlich Gutem oder Bösem , Angenehmem oder<br />

Unangenehmem , obwohl in mannigfachen Mischungen und Abstufungen<br />

hervorgerufen^'). Die Verschiedenheit derselben ist nicht grösser<br />

als die Verschiedenheit der Farben ist, imd wie daher diese<br />

nicht hinreicht, die Einheit <strong>des</strong> sensibelen Objectes und demzufolge<br />

die <strong>des</strong> Gesichtssinnes aufzuheben, so wird auch trotz der Mannigfaltigkeit<br />

<strong>des</strong>sen, was die Affecte erregt, das appetibele Object und somit<br />

das sinnlich begehrende Vermögen ein einziges bleiben ; denn von<br />

der Einheit <strong>des</strong> eigenthümlichen Objectes hängt, wie schon öfter bemerkt<br />

wurde , immer die Einheit <strong>des</strong> Vermögens ab.<br />

Dem wäre noch beizufügen , dass , wenn es mehrere Vermögen<br />

der sinnlichen Affecte gäbe<br />

,<br />

gleichzeitig eine Mehrheit solcher Bewegungen<br />

in uns statt finden könnte ^^). Dieses aber ist niemals der<br />

89) Vgl. 0. Theil 11. Anm. 17.<br />

90) Vgl. De Anim. III, 7. §. 6. p. 431, b, 12., wo zunächst in Betreff <strong>des</strong> intelligibelen<br />

Guten gesagt wird, es unterscheide sich von Anderem, was wir erkennen<br />

TW ccTtAws xat TtvL<br />

91) Von der inL^ufjAx sagt <strong>Aristoteles</strong> De Anim. II, 3. §. 2. p. 414, b, 6., sie sei<br />

die opz^tg rou TtSioi. Vgl. Eth. Nicom. HI, 4. p. Uli, b, 15. Statt S-u/aös gebraucht<br />

er Rhetor. I, 10. p. 1369, a, 2. den Ausdruck dpyri , von welcher er De Anim. I, 1.<br />

§. 11. p. 403, a, 30. sagt, sie sei die ope^ig avTiAuTrv^o-swg yj rt TotouTov. Die Rache<br />

ist aber ohne Zweifel auch in gewisser Weise süss, wenngleich die Lust in ihr<br />

nicht rein und unvermischt ist. Wenn <strong>Aristoteles</strong> in der Anm. 88. citirten Stelle<br />

aus dem dritten Buche von der Seele das sinnhche Gute und Böse dem -^Sü und<br />

Xvnripöv gleichsetzt und es als Object der sinnHchen opsitg bezeichnet, scheint er<br />

sowohl die kru^\JiJ.iv. als den Su^ö? gemeinsam darunter zu begreifen.<br />

92) Es wäre ähnhch wie bei den Sinnesvorstellungeri, ftir welche ob. Anm. 35.<br />

die Stelle aus De Seus. et Sens. 7. zu vergleichen ist.

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