LÄUFT. Mai/Juni 2018
Mehr Gesundheit. Mehr Fitness. Mehr Laufen. Das neueste Magazin von LÄUFT. ist da. Das sind die aktuellen Themen von LÄUFT.: Einfach besser laufen – in LÄUFT steht, wie du die perfekte Technik lernst. Wie du schneller wirst. Und wie du dein Ausdauer-Gen fördern kannst | In LÄUFT. findest du die 30 besten Laufschuhe des Jahres. | Und: Deshalb ist Rote Bete ein echter Leistungsbooster. Mit vielen leckeren Rezepten | Ernährung: Unser Experte verrät, worauf es wirklich ankommt | Laufend gutes tun: So viel spenden wir Läufer für den guten Zweck
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LAUFENDE<br />
ZEIT-<br />
REISE<br />
—<br />
› SERIE: TRAINING VON DEN 80ERN BIS HEUTE ‹<br />
Text: Frank Steinseifer | Fotos: Frank Steinseifer (4), Imago (1)<br />
↦ 10. September 1960. Leichtfüßig<br />
und scheinbar mühelos läuft<br />
ein drahtiger Mann aus Äthiopien<br />
durch die Straßen von Rom. Er<br />
gewinnt den Marathonlauf völlig<br />
überraschend und wird im Ziel<br />
von den Zuschauern frenetisch gefeiert.<br />
Das Besondere: Abebe Bikila<br />
lief die 42,195 Kilometer über<br />
Asphalt und Kopfsteinpflaster<br />
barfuß – damals wie heute eine unvorstellbare<br />
Leistung. Im ostdeutschen<br />
Dörfchen Neugattersleben<br />
sitzt ein zehnjähriger Junge bei<br />
den Nachbarn gebannt vor einem<br />
der wenigen Schwarz-Weiß-Fernseher<br />
der Gegend und verfolgt<br />
das Rennen. Er ist fasziniert von<br />
diesem afrikanischen Läufer, von<br />
seinem Laufstil, von seinem Sieg,<br />
von der Atmosphäre.<br />
Es war der kleine Waldemar Cierpinski,<br />
der zu sich selbst sagte: „So<br />
laufen, das will ich auch mal schaffen!“<br />
Was er noch nicht wusste: Er<br />
hatte soeben den olympischen Marathonlauf<br />
gesehen – er wollte also<br />
Olympiasieger werden. So begann<br />
die Karriere des Waldemar Cierpinski<br />
durch einen reinen Zufall und zwei<br />
Jahrzehnte später wurde der Junge<br />
einer armen polnischen Bauernfamilie<br />
selbst zu einer Lauflegende durch<br />
seine Siege in Montreal 1976 und<br />
Moskau 1980. Waldemar Cierpinski<br />
und der Äthiopier Abebe Bikila<br />
(1960, 1964) sind bis heute die einzigen,<br />
die ihre Marathon-Olympiasiege<br />
wiederholen konnten. Sein Leben<br />
als Marathonläufer packte Cierpinski<br />
zwischen zwei Buchdeckel mit<br />
dem schlichten Titel „42,195“. Mehr<br />
braucht es nicht, jeder Läufer auf<br />
der Welt versteht die Sprache dieser<br />
Zahlen.<br />
WETTRENNEN MIT<br />
DEM LINIENBUS<br />
Beeindruckt von Bikilas Barfuß-Sieg<br />
begann auch Waldemar zu laufen.<br />
Mit dem Ranzen auf dem Rücken<br />
lieferte er sich auf dem Schulweg<br />
ein Rennen mit dem Linienbus. „Ich<br />
habe schon als Kind Eigenschaften<br />
wie Disziplin und Ausdauer, die Bereitschaft,<br />
körperliche Strapazen auf<br />
mich zu nehmen, gelernt. Ich denke,<br />
dass war einer der Schlüssel zum Erfolg“,<br />
erzählt der heute 67 Jahre alte,<br />
immer noch drahtige Sportler. Leise,<br />
bescheiden, weil er nicht viel Aufhebens<br />
um seine Person machen will.<br />
Als 15-Jähriger ist er an einem<br />
Sonntag einfach so lange gelaufen<br />
wie er konnte. Er wollte herauszufinden,<br />
wie weit er es ohne Pause<br />
schafft. Es wurden unglaubliche 55<br />
Kilometer. Eine Belastung, die man<br />
heutzutage einem Heranwachsenden<br />
hierzulande verbieten würde, bei den<br />
kenianischen Läufern aber als natürlichen<br />
Bewegungsdrang bewundert.<br />
Das kann Sohn Falk Cierpinski, der<br />
Kenia auf vielen Laufreisen kennen<br />
gelernt hat, nur bestätigen: „Da sieht<br />
man, wie natürlich das Laufen von<br />
Kindesbeinen an ist. In Iten, einem<br />
Ort auf 2400 Metern Höhe, läuft das<br />
ganze Dorf. Da treffen sich alle paar<br />
Tage über 300 Läufer zum Fahrtspiel.<br />
Einfach unvorstellbar“, ist<br />
der 39-Jährige noch immer bewegt<br />
von den Erlebnissen in Afrika. Nach<br />
seiner Profikarriere als Duathlet,<br />
Triathlet und Marathonläufer ist<br />
er nun Organisator der Laufcamps<br />
„Kenia mit Falk“, nimmt Läufer aller<br />
Alters- und Leistungsklassen mit auf<br />
eine Reise in ein Land, in dem Laufen<br />
eine Religion ist.<br />
DER TRAUM VOM<br />
OLYMPIASIEG<br />
Auch für den jungen Waldemar<br />
wurde das Laufen zum Lebensinhalt.<br />
Erfolge bei Schulsportfesten,<br />
Kreismeistertitel, später die erste<br />
Kinder- und Jugendspartakiade. „Irgendwann<br />
fiel mir aber wieder dieser<br />
Abebe Bikila ein. Ich will doch nicht<br />
nur Kreismeister, sondern Olympiasieger<br />
werden. Da habe ich alle meine<br />
Preise und Urkunden weggeworfen<br />
und mich an mein Ziel Marathon<br />
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