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Dahlem & Grunewald extra JUN/JUL 2017

Journal für Dahlem, Grunewald und Schmargendorf

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<strong>Dahlem</strong> & <strong>Grunewald</strong> <strong>extra</strong><br />

Eine Waldschule in gefährlicher Zeit<br />

Lotte Kaliski und ihre Reformschule von 1933 bis 1939<br />

Jung, engagiert, gut ausgebildet<br />

– Lotte Kaliski, als<br />

älteste Tochter einer jüdischen<br />

Familie 1908 in Breslau<br />

geboren, wollte in Berlin als<br />

Lehrerin arbeiten. Aufgrund<br />

ihrer Gehbehinderung, die aus<br />

einer Erkrankung an Kinderlähmung<br />

resultierte, wollte jedoch<br />

keine Schule die junge Frau einstellen.<br />

Lotte Kalinski, die einen<br />

Abschluss als Mittelschullehrerin<br />

und ein Studium der Mathematik<br />

und Physik für das Lehramt am<br />

Lyzeum absolviert hatte, konnte<br />

das nicht abschrecken. Mit nur<br />

24 Jahren stellte sie gemeinsam<br />

mit ihrem Compagnon Heinrich<br />

Selver und dem Lehrer Paul Abraham<br />

Jacob im Jahr 1933 mit<br />

ihrer Privaten Waldschule Kalinski<br />

ihr eigenes Projekt auf die<br />

Beine. Bei der Finanzierung half<br />

ihr Großvater, der ihr vorzeitig ihr<br />

Erbe auszahlte.<br />

Von Eichkamp in<br />

den <strong>Grunewald</strong><br />

Mit ihrer Gründung traf sie den<br />

Nerv der Zeit. Reformpädagogische<br />

Schulen die kleine Klassen,<br />

Unterricht im Freien und körperliche<br />

Betätigung für die Schüler<br />

boten, hatten Hochkonjunktur.<br />

Der erste Sitz ihrer Schule befand<br />

sich in der Mommsenstraße<br />

in Westend. Die Räume hatte<br />

Lotte Kaliski vom Sportverein<br />

SCC gemietet, der froh über die<br />

zusätzlichen Einnahmen war. Allerdings<br />

zog die Schule schon im<br />

Folgejahr um, da die Stadt Berlin<br />

das Areal vom SCC übernommen<br />

hatte und für das Mommsen-<br />

Gymnasium nutzen wollte. Der<br />

Name Waldschule erforderte<br />

Waldnähe und so bezogen die<br />

Schüler nun Räume in der Villa<br />

der Kaufmannsfamilie Hartog<br />

Frank in der Bismarckallee in<br />

<strong>Grunewald</strong>. Die jüdische Familie<br />

war bereits 1931 emigriert.<br />

Die Zahl der Schüler wuchs zusehends,<br />

die Hälfte der Schüler<br />

stammte aus jüdischen Familien,<br />

andere hatten einen jüdischen<br />

Elternteil. Aber auch viele nichtjüdische<br />

Schüler und Schülerinnen<br />

besuchten die Schule.<br />

Nachdem jüdische Kinder ab<br />

1933 auf öffentlichen Schulen<br />

oft schikaniert wurden, stieg<br />

die Zahl jüdischer Schüler an.<br />

Ihre Eltern wollten den Kindern<br />

die schlimmen Erfahrungen ersparen<br />

und wichen auf jüdische<br />

Privatschulen aus. 1934 mussten<br />

die nichtdeutschen Kinder<br />

die Schule auf Anordnung der<br />

Schulbehörden verlassen. Die<br />

Waldschule musste umfirmieren<br />

– aufgrund der neuen Bestimmungen<br />

hieß sie nun Private<br />

Jüdische Waldschule Kaliski.<br />

Vor dem Hintergrund möglicher<br />

Emigrationen wurde nun nicht<br />

nur vermehrt über das Judentum<br />

informiert, auch der Unterricht in<br />

Englisch und Hebräisch gewann<br />

zunehmend an Bedeutung.<br />

Erneuter Umzug<br />

und Emigration<br />

Die <strong>Grunewald</strong>er Nachbarn empörten<br />

sich zunehmend über die<br />

„Judenschule“ und die Schülerzahl<br />

stieg. So suchte Lotte Kaliski<br />

neue Räume und fand sie in<br />

<strong>Dahlem</strong>. Sie konnte 1936 die Villa<br />

Im Dol 2 – 6 mieten, deren jüdi-

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