KUNSTINVESTOR AUSGABE MAI 2018
Kunst als Kapitalanlage AUSGABE MAI 2018 Chefredakteur: Michael Minassian
Kunst als Kapitalanlage
AUSGABE MAI 2018
Chefredakteur: Michael Minassian
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KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien<br />
Mit einer Intervention führt die Künstlerin die Installation<br />
im Außenraum weiter – eine Vertiefung im Boden<br />
erinnert an Ablaufrinnen in urbanen Räumen. Newby<br />
greift häufig architektonische Sonderheiten und<br />
unauffällige Details auf und setzt sie in einen neuen<br />
Kontext. Dabei bleibt oft unklar, was durch die<br />
Künstlerin hinzugefügt wurde und was Teil der realen<br />
Umgebung ist. Bezug nehmend auf Arbeiten der Land<br />
Art, die in den 1960er und 1970er Jahren in den USA<br />
entstanden sind, fügen sich Newbys ebenso minimale<br />
wie radikale Gesten in den bestehenden Ort ein und<br />
lassen Veränderung über die Zeit zu. Ihre Arbeit im<br />
Freien wird, abhängig von den Jahreszeiten und<br />
umgebenden alltäglichen Aktivitäten, Rückstände aus<br />
der Umwelt wie Schutt, Blätter und Regenwasser<br />
aufnehmen. Im Gegensatz zu objektbezogenen<br />
Praktiken integriert sich das Werk in die bestehende<br />
Umgebung, wird Teil davon und verweist auf die<br />
darunter liegende Infrastruktur: die U-Bahn und das<br />
Kanalsystem am Karlsplatz. Newby bringt Ideen<br />
künstlerischer Bewegungen wie der Land Art in einen<br />
urbanen Kontext und spürt Verbindungen zu Zeit, Ort<br />
und Zusammenleben nach, die einen Bezug zu<br />
unserem zeitgenössischen Umfeld und alltäglichem<br />
Leben herstellten. Indem das Alltägliche als<br />
allgegenwärtiger, aber wandelbarer Horizont erscheint,<br />
in dem wir leben (und der mit uns lebt), ist es<br />
gleichzeitig Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse.<br />
Als kapitalistisch besetzter Raum (angelehnt an Henri<br />
Lefebvre) werden Alltag und Freizeit zu Orten des<br />
Konsums, der wirkliche Selbstbestimmung verhindert;<br />
und ist dadurch entscheidend für das Verständnis von<br />
gesellschaftlichen Wirkungskräften. Newbys<br />
künstlerische Auseinandersetzungen greifen diese<br />
Themen auf. Ihre Kritik nimmt dabei ebenso<br />
unaufdringliche wie ästhetische Formen an. Sie schafft<br />
Kunstwerke, die nicht von kommerziellen Interessen<br />
geleitet sind, und die die poetische Qualität des<br />
Gewöhnlichen zum Ausdruck bringen. Newbys Kunst<br />
bezieht die Besucher/innen direkt mit ein. Ihre Arbeiten<br />
wollen nicht nur durch bloßes Betrachten, sondern<br />
durch eine körperliche Auseinandersetzung erfahren<br />
werden. In früheren Arbeiten etwa bat die Künstlerin<br />
Bekannte, von ihr hergestellte Keramiksteine übers<br />
Wasser springen zu lassen und winzige Objekte in der<br />
Hosentasche mitzutragen; oder aber sie installierte<br />
Windspiele aus Keramik in entlegenen Landschaften,<br />
wo erst das vom Wind erzeugte Geräusch den Weg zu<br />
ihnen erahnen ließ. Auch die Spuren der Herstellung<br />
bleiben in Newbys Werken meist sichtbar. Objekte aus<br />
Ton und Glas entstehen oftmals in Handarbeit und<br />
bewahren trotz teils komplexer Bearbeitungsprozesse<br />
einen informellen wie dynamischen Charakter. Der<br />
Bezug auf das Vergängliche in Newbys Arbeiten<br />
spiegelt sich auch im Ausstellungtitel I can’t nail the<br />
days down wider. Der direkte, unvermittelte Schreibstil<br />
von Autor/innen der sogenannten New York School wie<br />
James Schuyler, ebenso wie Alice Notley und Eileen<br />
Myles stellen einen wichtigen Bezugspunkt für die<br />
Arbeitsweise der Künstlerin dar. Kate Newby zieht<br />
ortsbezogene, alltägliche Details heran, um Werke zu<br />
schaffen, die gleichzeitig außerhalb, aber auch im<br />
Kontext zeitgenössischer künstlerischer Diskurse<br />
gelesen werden können. Ihre Kunst ist Teil eines<br />
Prozesses, der mit der unmittelbaren Umgebung<br />
verbunden ist und sich im Laufe der Zeit verändern<br />
kann. In Auseinandersetzung mit gegenwärtigen<br />
Produktionsweisen und Kunst im erweiterten Feld<br />
erscheinen Newbys Beschäftigungen mit dem Ort als<br />
Raum des Alltäglichen als glaubwürdig und<br />
sensibel(Kuratorin: Juliane Bischoff). [Kunsthalle Wien<br />
Karlsplatz. Ausstellungsdauer: 16. Mai – 2. September<br />
<strong>2018</strong> – Foto: © Kunsthalle Wien]