Look4 Juni 2018
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food<br />
Frisch ist<br />
beim Fleisch<br />
nicht immer<br />
gut“<br />
Herr Neumaier, Sie sind der erste<br />
Fleisch-Sommelier der Region. Statt<br />
Wein empfehlen Sie Fleisch oder wie<br />
muss man sich das vorstellen?<br />
Neumaier: Das ist ähnlich wie beim Wein.<br />
Ich kann sagen, wie ein bestimmtes Stück<br />
Fleisch schmeckt. Das macht den Sommelier<br />
aus, dass er die verschiedenen Stücke<br />
kennt und entsprechend empfehlen kann.<br />
Vorrangig geht es dabei um neue, sogenannte<br />
„Cuts“, also Stücke vom Tier, die<br />
bei uns noch nicht so bekannt sind.<br />
Was macht den Unterschied aus zwischen<br />
Fleisch, das beim Metzger gekauft<br />
wird und Fleisch aus dem Supermarkt?<br />
Das ist ein großer Unterschied. In meinem<br />
Laden gibt es nur Fleisch von Tieren, von<br />
denen ich weiß, wo sie herkommen und<br />
die ein gewisses Alter haben. Die werden<br />
nicht rasant auf Mast hochgezogen und<br />
leben das ganze Jahr draußen. Generell<br />
ist es so, dass eine Metzgerei ein Handwerksbetrieb<br />
ist und daher ohne Chemie<br />
gearbeitet wird. Und der Metzger kann<br />
eben auch beraten.<br />
Woran erkennt man, dass das Fleisch<br />
frisch ist und von guter Qualität?<br />
Frisch ist beim Fleisch nicht immer gut.<br />
Aus frischen Abschnitten des Tieres wird<br />
Wurst gemacht. Die Edelteile sollten mindestens<br />
21 Tage reifen. Das geschieht entweder<br />
wet aged, das heißt, die Fleischstücke<br />
werden vakuumverpackt gereift oder<br />
dry aged, also im speziellen Reifeschrank<br />
mit Salzplanke und hoher Luftfeuchtigkeit.<br />
Dem Fleisch sieht man als Laie leider<br />
nicht an, ob es genügend gereift ist. Daher<br />
ist das Vertrauen zum Metzger wichtig.<br />
Jetzt ist Grillsaison und jeder ist auf der<br />
Suche nach dem perfekten Grillfleisch,<br />
was würden Sie empfehlen?<br />
Erstmal sollte es Fleisch mit Fett sein, da<br />
empfehle ich vom Schwein das Schwenksteak.<br />
Das kann man auch mal 5 Minuten<br />
länger auf dem Grill lassen, das wird nicht<br />
sofort zäh. Oder eben besondere „Cuts“,<br />
wie das „cuscino“ – das kleine Kissen<br />
vom Schulterblattknochen. Besonders<br />
eignet sich auch das Spider Steak – auch<br />
Kachelfleisch oder Fledermaus Steak<br />
genannt. Vom Rind ist das ovalförmige<br />
Flank/Bavette Steak ideal, das ist fein<br />
marmoriert und deshalb sehr geschmacksintensiv<br />
und saftig.<br />
Und wie grillt man perfekt, so dass<br />
alles zart wird?<br />
Manche Kunden kommen und sagen,<br />
dass die argentinischen Rumpsteaks die<br />
Besten seien und immer zart werden<br />
würden. Dann muss ich sagen, ja okay,<br />
die reifen drei Monate, aber das Fleisch<br />
wird auch bestrahlt und hat dafür keinen<br />
Eigengeschmack mehr. So oder so sollte<br />
das Fleisch circa ein bis zwei Stunden<br />
vorher aus dem Kühlschrank genommen<br />
werden, bevor es auf den Grill kommt.<br />
Gesalzt wird erst kurz vorher, damit dem<br />
Fleisch nicht zuviel Wasser entzogen wird.<br />
Pfeffern erst nach dem Grillen, da der<br />
Pfeffer nur auf dem Feuer verbrennt. Dann<br />
gibt es beim Grillen die Rückwärts- oder<br />
die Vorwärtsmethode. Entweder kommt<br />
das Fleisch zunächst ein paar Minuten<br />
bei voller Hitze auf den Grill, damit sich<br />
die Röstaromen bilden. Dann wird es<br />
bei schwacher Hitze noch acht bis zehn<br />
Minuten je nach Dicke bei 120 bis 140<br />
Grad im Backofen oder auf dem Grill mit<br />
indirekter Hitze nachgegart. Bei mariniertem<br />
Fleisch lieber die Rückwärts-Methode<br />
wählen, also erst auf niedriger Temperatur<br />
und dann nochmals kurz auf Vollgas.<br />
Was gibt es noch zu beachten?<br />
Das Fleisch nicht zu oft wenden und<br />
nicht mit der Gabel stechen, da sonst der<br />
Fleischsaft austritt. Geflügel muss auf den<br />
Punkt gegrillt werden, da empfiehlt sich<br />
immer mal zu testen oder ein Grillthermometer<br />
zu benutzen. Spareribs müssen<br />
ganz langsam, mindestens aber eine<br />
Stunde lang, am besten auf dem Smoker,<br />
gegrillt werden. Eine tolle Methode ist<br />
auch das Sous-Vide-Verfahren. Dazu wird<br />
ein gutes Stück vakuumverpackt erstmal<br />
4 Stunden im Wasserbad bei 55 Grad<br />
gegart. Man kann sich beim Metzger<br />
dann noch Rosmarin oder Knoblauch<br />
mit in die Packung legen lassen. Danach<br />
kommt es kurz auf den Grill. Das wird<br />
immer top.<br />
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