s'Magazin usm Ländle, 17. Juni 2018
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FUßBALL-WM<br />
FORTSETZUNG<br />
Sir unter den Trainern, Arsene Wenger.<br />
Sportlich haben mich die Brasilianer<br />
immer wieder fasziniert, ich<br />
hatte natürlich mit vielen Spielern<br />
während der Matches persönlichen<br />
Kontakt – vor allem bei strittigen<br />
Entscheidungen. Eskaliert sind diese<br />
Gesprächeaber zum Glück nie.<br />
Wer viel auf Reisen ist, hat was zu erzählen.<br />
Haben Sie eine skurrile Anekdote<br />
auf Lager?<br />
Allerdings! Vor der WM in Südkorea<br />
und Japan wurde ich von einem Kollegen<br />
gebeten, ihm doch bitte eine<br />
ganz spezielle Tinktur gegen Rückenbeschwerden<br />
aus Asien mitzubringen.<br />
Ich fand dann das Mittelchen<br />
auch tatsächlich auf einem<br />
Markt in Seoul. AmAbend imHotel<br />
habe ich mir dann die Verpackung<br />
genauer angeschaut – und da fand<br />
sich dann die Aufschrift: „Made in<br />
Sulzberg“ –allerdings imAllgäu! –<br />
Lacht.<br />
Geld regiert die Welt, ein Satz, der im<br />
Fußball auf die Spitze getrieben wird.<br />
Sie selbst sind ja Geschäftsleiter einer<br />
Bank. Wenn Sie die Summen hören, um<br />
die es im Fußball geht:Ist das noch gesund?<br />
Nein, das ist alles schon lange irrwitzig<br />
geworden, eine Grenze nach oben<br />
scheint’s ja nicht mehr zu geben.<br />
Schon zumeiner Zeit waren wir als<br />
Schiedsrichter die einzigen Nicht-<br />
Millionäreauf dem Spielfeld.<br />
Hat der Fußball seine Seele verloren?<br />
Er hat sich zumindest den finanziellen<br />
Aspekten untergeordnet. Doch<br />
auf dem Rasen gibt’s immer noch<br />
eine andere Wahrheit, da geht’s nur<br />
ums Spiel, keiner der Stars denkt da<br />
ans Geld –die meisten wissen wahrscheinlich<br />
ja nicht einmal, wie viel<br />
Geldsie überhaupt haben.<br />
Wenn’s ums Geld geht,kommen Fehler<br />
teuer –das betrifft insbesondere die<br />
Schiedsrichter. Jeder hat ein Auge auf<br />
sie, jede strittige Szenewirddiskutiert.<br />
STECK<br />
BRIEF<br />
Geboren am 11. Mai 1963 in Alberschwende.<br />
Seit 1983 als Schiedsrichter<br />
aktiv.Zahlreiche internationale<br />
Einsätzebei WM, EM oder<br />
Champions League. Im Hauptberuf<br />
Geschäftsleiter der Raiba Alberschwende.<br />
Egon Bereuter ist verheiratet<br />
und Vater vierer Töchter.<br />
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Wie sind Sie persönlich mit diesem<br />
Druck umgegangen?<br />
Ich habe eigentlich immer ganz gut<br />
abschaltenkönnen. Wenn’s mal während<br />
eines Spieles nicht sorund lief,<br />
habe ich mich über Selbstgespräche<br />
selbst gepusht –speziell auch nach<br />
Fehlentscheidungen.<br />
Gibt es eine Fehlentscheidung, die Sie<br />
bis heute verfolgt?<br />
Leider ja. Beim WM-Spiel Mexiko<br />
gegen die USAhätteden Mexikanern<br />
eigentlich ein Handelfmeter zugestanden<br />
– das Handspiel habe ich<br />
zwar gesehen, konnte esaber nicht<br />
zuordnen. Letztlich haben die USA<br />
die Partie mit 2:0 gewonnen. Müßig<br />
darüberzudiskutieren, wiedie Partie<br />
ausgegangen wäre, hätte Mexiko den<br />
Elferbekommen.<br />
Ein Schiedsrichter kann ja unglaublich<br />
großen Einfluss auf das Spiel nehmen.<br />
Manche Ihrer Kollegen scheinen sich<br />
dessen auch bewusst zu sein, sie treten<br />
teils doch sehr arrogant auf ...<br />
Es stimmt, dass manche Schiedsrichter<br />
überheblich wirken mögen. Aber<br />
das liegt auchdaran,dass sie letztlich<br />
auf dem Platz Einzelkämpfer sind.<br />
Die Überheblichkeit ist oft nur eine<br />
gespielte und dient in erster Linie<br />
dem Selbstschutz.<br />
Warum sind Sie eigentlich Schiedsrichter<br />
geworden?<br />
Weil ich kein guter Kicker war! –<br />
Lacht. Ich habe imgleichen Monat<br />
die Schiedsrichter-Prüfung bei Viktor<br />
Pamminger und die Trainerausbildung<br />
bei Günther Kerber abgelegt.<br />
Und habe mich dann letztlich für das<br />
Schiedsrichterwesen entschieden.<br />
Sie haben ihre Schiedsrichterkarriere<br />
aber vergleichsweise früh –mit 45 Jahren–beendet.Warum?<br />
20 Jahre lang habenmir meineFamilie<br />
und mein Arbeitgeber den Rücken<br />
freigehalten –eswar mir dann einfach<br />
auch wichtig, ihnen das wieder<br />
zurückzugeben.Alles zu seiner Zeit.<br />
Sie leben im Bregenzerwald. Wer viel<br />
unterwegs ist, bekommt ja oft über<br />
den Blick von außen eine ganz neue<br />
Perspektive auf seine Heimat.War das<br />
bei Ihnen auch so?<br />
Allerdings. Immer wenn ich nach<br />
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