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Von der Alb in die Manege

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Kle<strong>in</strong>e Schmusee<strong>in</strong>heit vom Pferdepfleger.<br />

Gerade <strong>die</strong> Neuankömml<strong>in</strong>ge aus<br />

Marbach genießen <strong>die</strong> Zuwendung.<br />

Das Steigen <strong>der</strong> Hengste <strong>in</strong> freier Wildbahn<br />

o<strong>der</strong> auch auf <strong>der</strong> Weide ist immer<br />

Ausdruck e<strong>in</strong>es Kampfverhaltens, im<br />

Zirkus aber müssen <strong>die</strong> Pferde es <strong>in</strong> Reih‘<br />

und Glied tun. Es dauert lange, bis e<strong>in</strong><br />

Pferd begreift, dass von e<strong>in</strong>em neben<br />

ihm steigenden Hengst ke<strong>in</strong>erlei Gefahr<br />

o<strong>der</strong> Aggression ausgeht.<br />

Bei e<strong>in</strong>em Hengst weiß Jana Mandana<br />

bereits heute, dass er es nie richtig lernen<br />

wird: Samir, auch aus Marbach, jetzt siebenjährig.<br />

„Steigen kann er, aber mir dabei<br />

zu folgen, ist nicht so se<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g”, sagt<br />

sie lachend. Dafür hat <strong>der</strong> Graue an<strong>der</strong>e<br />

Qualitäten. Selbstbewusst hat er sich se<strong>in</strong>en<br />

Platz an <strong>der</strong> Tete erarbeitet und <strong>die</strong><br />

Rout<strong>in</strong>iers <strong>der</strong> Gruppe, <strong>die</strong> teils schon<br />

über 20 Jahre alt s<strong>in</strong>d, h<strong>in</strong>ter sich gelassen.<br />

Trotz se<strong>in</strong>es jungen Alters macht er<br />

sich als „Anführer“ schon ganz gut.<br />

Welcher Hengst welche Stärken mitbr<strong>in</strong>gt,<br />

kann auch Jana Mandana nicht<br />

erkennen, wenn sie auf „E<strong>in</strong>kaufstour”<br />

nach Marbach fährt. „Aber das Auge sagt<br />

sehr viel über das Interieur, über den<br />

Charakter aus und auch über <strong>die</strong> Bereitschaft<br />

sich unterzuordnen“, me<strong>in</strong>t sie<br />

überzeugt. Stets dabei ist Zirkus-Chef<strong>in</strong><br />

Christel Sembach-Krone, <strong>der</strong>en Freiheitsdressuren<br />

über Jahrzehnte zum<br />

Besten <strong>der</strong> Zirkuswelt gehörten und von<br />

<strong>der</strong> Jana alles gelernt hat. Auf das Urteil<br />

<strong>der</strong> Grande Dame, <strong>die</strong> seit zwei Jahren<br />

nicht mehr selber <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Manege</strong> auftritt,<br />

vertraut ihre 31-jährige Musterschüler<strong>in</strong><br />

une<strong>in</strong>geschränkt: „Wir lassen uns <strong>die</strong><br />

Hengste zeigen, <strong>die</strong> das Landgestüt verkaufen<br />

möchte, und schauen, welche <strong>in</strong><br />

unser Programm passen. Für <strong>die</strong> Arbeit<br />

im Zirkus ist es wichtig, dass <strong>die</strong> Pferde<br />

nicht zu groß werden. Heute ten<strong>die</strong>rt <strong>die</strong><br />

Araberzucht aber lei<strong>der</strong> zu mehr Stockmaß.“<br />

Damit das Bild stimmig ist, sich<br />

<strong>die</strong> Gruppe später recht e<strong>in</strong>heitlich präsentiert,<br />

kommen nur Schimmel mit<br />

e<strong>in</strong>em vergleichbaren Fundament <strong>in</strong><br />

Frage. Nicht ohne Stolz fügt Jana Mandana<br />

h<strong>in</strong>zu: „Bislang haben we<strong>der</strong> Frau<br />

Sembrach-Krone noch ich je e<strong>in</strong> Pferd<br />

als unbrauchbar abgegeben. Okay, es<br />

lernen nicht alle Hengste gleich schnell,<br />

aber irgendwann platzt bei jedem <strong>der</strong><br />

Knoten.“<br />

Zirkus-Chef<strong>in</strong> <strong>in</strong> spe<br />

Christel Sembach-Krone war immer mit<br />

dem Zirkus verheiratet und hat ke<strong>in</strong>e<br />

eigenen K<strong>in</strong><strong>der</strong>. So adoptierte sie Jana<br />

Mandana, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>st <strong>in</strong> ihre Fußstapfen<br />

treten und als künftige Inhaber<strong>in</strong> den<br />

größten europäischen Zirkus leiten<br />

soll. Zirkusluft liegt <strong>der</strong> gebürtigen<br />

Schweizer<strong>in</strong> im Blut. Schon mit drei<br />

Jahren stand Jana erstmals <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Manege</strong>.<br />

Ihr Vater Urs Pilz ist Leiter des<br />

Zirkusfestivals <strong>in</strong> Monte Carlo. Dass<br />

Jana nicht Pilz heißt, son<strong>der</strong>n Mandana,<br />

hat e<strong>in</strong>en Grund: Mandana lautete<br />

ihr zweiter Vorname und ist zugleich<br />

<strong>der</strong> Nachname ihrer persischen Großmutter.<br />

E<strong>in</strong> wohl kl<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> Be<strong>in</strong>ah-<br />

Künstername, <strong>der</strong> auf echten familiären<br />

Wurzeln basiert.<br />

Viele <strong>der</strong> Tiere, <strong>die</strong> Jana heute <strong>in</strong> den<br />

Vorstellungen und im Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g dirigiert,<br />

stammen aus <strong>der</strong> Ära von Christel Sembach-Krone.<br />

Die vier Elefanten s<strong>in</strong>d<br />

schon rund 40 Jahre alt, älter als ihre<br />

„Dompteur<strong>in</strong>“. Jana Mandana liebt <strong>die</strong><br />

Dickhäuter über alle Maßen: „Elefanten<br />

s<strong>in</strong>d viel sensibler als Pferde, sie nehmen<br />

es mir richtig übel, wenn ich mich mal<br />

e<strong>in</strong> paar Tage nicht so <strong>in</strong>tensiv um sie<br />

kümmere.“<br />

Auch <strong>die</strong> vier Friesen, <strong>die</strong> jetzt knapp 20<br />

Jahre alt s<strong>in</strong>d, hatte Chef<strong>in</strong> Christel Sembach-Krone<br />

e<strong>in</strong>st <strong>in</strong> den Nie<strong>der</strong>landen<br />

gekauft. Zum 50-köpfigen Hengstlot zählen<br />

ferner Lusitanos und Andalusier, mit<br />

denen <strong>die</strong> Hohe Schule vorgeführt wird,<br />

sowie Palom<strong>in</strong>os. Die kle<strong>in</strong>en Blonden<br />

hatten <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Januar Vorstellungspause,<br />

kamen nur <strong>in</strong> den Morgenstunden<br />

<strong>der</strong> Bewegung halber <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Manege</strong> sowie<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Außenpaddocks. Alles Hengste<br />

wohlbemerkt. Jana Mandana erklärt:<br />

„Hengste präsentieren sich e<strong>in</strong>fach besser,<br />

sie wollen gefallen, s<strong>in</strong>d richtige kle<strong>in</strong>e<br />

Angeber.“ Stressig sei <strong>die</strong> geballte<br />

Männertruppe übrigens nicht. „Ke<strong>in</strong>er<br />

<strong>der</strong> Hengste hat jemals gedeckt, und Stuten<br />

haben wir natürlich nicht.“<br />

Eigenes Kraftwerk<br />

In den W<strong>in</strong>termonaten, wenn <strong>der</strong> Zirkus<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Münchner Stammquartier<br />

pausiert, werden drei wechselnde Programme<br />

angeboten – mit Erfolg, denn<br />

<strong>die</strong> wahren Krone-Fans <strong>der</strong> bayerischen<br />

Landeshauptstadt pilgern gleich mehrmals<br />

pro Saison zur Vorstellung. Da ist<br />

Abwechslung gefragt. Zur Kernmannschaft<br />

im W<strong>in</strong>terbau zählen rund 200<br />

Mitarbeiter. Im Sommer, wenn <strong>der</strong> Zirkus<br />

auf Tournee geht, mal fünf Tage hier,<br />

mal fünf Wochen dort gastiert, kommt<br />

das Doppelte zusammen. Das Unternehmen<br />

ist fast autark, hat e<strong>in</strong> eigenes Kraftwerk,<br />

e<strong>in</strong>e eigene Feuerwehr, sogar e<strong>in</strong>e<br />

eigene Schule für <strong>die</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> Angestellten.<br />

„Nur Wasser für <strong>die</strong> Tiere brauchen<br />

wir“, sagt Jana Mandana.<br />

Die Logistik, <strong>die</strong> h<strong>in</strong>ter dem Zirkus steht,<br />

ist bee<strong>in</strong>druckend. 30.000 Quadratmeter<br />

braucht <strong>die</strong> Zirkus-Familie, um das 5.000<br />

Sitzplätze fassende Tourneezelt (das<br />

➣<br />

Fotos: J. Reumann<br />

132 ReiteR Revue <strong>in</strong>teRnational 3/2011 ReiteR Revue <strong>in</strong>teRnational 3/2011 133<br />

ReVue<br />

Oben: Morgenarbeit im Krone-W<strong>in</strong>terbau mit Marbacher Hengsten: Die<br />

noch grauen Schimmel s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> sechsjährigen Araber Izam und Jassi<br />

sowie <strong>der</strong> siebenjährige Samir, ganz l<strong>in</strong>ks.<br />

L<strong>in</strong>ks: Sattlermeister Eugeniusz Niescior zeigt stolz das edle Zaumzeug<br />

<strong>der</strong> Pferde. Unten: Gleich ist es soweit: Die Pfleger holen <strong>die</strong> Hengste<br />

zur Vorführung ab.<br />

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