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Das Vermessungs- und Kartenwesen

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Kapitel 3 Politische Rahmenbedingungen<br />

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wickelung ist, sollte keiner besonderen Erwähnung bedürfen. Denn es gibt keinen Zweig 1 civilisatorischer<br />

Thätigkeit, welcher der Karte nicht täglich bedarf“ (BAUMANN, 1891; S. 360).<br />

3.2 Eroberungsphase (1890-1906)<br />

Der Startschuss für die Kolonialkartographie musste von offizieller Seite gegeben werden, d.h. von<br />

− Diplomaten des Auswärtigen Amtes <strong>und</strong> der beteiligten Kolonialmächte zur Festlegung der<br />

Schutzgebietsgrenzen (einschl. kartographischen Darstellung des Grenzstreifens),<br />

− Kolonialressorts zur Erschließung der Schutzgebiete (zunächst nur Auswärtiges Amt, später<br />

Reichskolonialamt <strong>und</strong> Reichsmarineamt),<br />

− Gouverneuren für die administrative Einteilung ihres Zuständigkeitsgebiets <strong>und</strong> für das Ausplanen<br />

der konkreten Erschließungsmaßnahmen,<br />

− Schutztruppen bzw. Polizeitruppen für Planung <strong>und</strong> Durchführung der Eroberungs- <strong>und</strong> Strafexpeditionen,<br />

− Kolonialgesellschaften zur Vorbereitung von Forschungsexpeditionen <strong>und</strong> zur Verbreitung der kolonialen<br />

Idee.<br />

Der Informationsbedarf war aber an die ganz spezifische Entwicklung jedes einzelnen Schutzgebiets<br />

geb<strong>und</strong>en. Der neue Reichskanzler, Graf v. Caprivi, gab dafür folgenden politischen Rahmen vor:<br />

„Die Periode des Flaggenhissens <strong>und</strong> des Vertragschließens muß beendet werden, um das Erworbene<br />

nutzbar zu machen. Es beginnt die Zeit ernster, unscheinbarer Arbeit“ (DKL 2 , 1920; I. Band, S. 265).<br />

3.2.1 Grenzfestlegung<br />

Die vorläufige Abgrenzung von Interessensphären der Kolonialmächte <strong>und</strong> die spätere exakte Festlegung<br />

der Schutzgebietsgrenzen lagen in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes. <strong>Das</strong> „Dezernat für<br />

die deutschen überseeischen Interessen“ bearbeitete bis zur Schaffung einer „Kolonialabteilung“<br />

(01.04.1890) alle Kolonialfragen. Der bisherige Kolonialreferent, jetzt Abteilungsleiter, wurde durch<br />

einen Vortragenden Rat <strong>und</strong> 4 Hilfsarbeiter unterstützt. „Eine der Schlüsselfiguren in der Ausgestaltung<br />

der deutschen Kolonialgrenzen“ war Alexander v. Danckelman, der seit 1890 als „Beirat für<br />

Geographie <strong>und</strong> Grenzangelegenheiten der Schutzgebiete“ (DKL, 1920; I. Band, S. 284) der Kolonialabteilung<br />

des Auswärtigen Amtes zugeordnet war. Trotzdem waren die Grenzen das Ergebnis<br />

politischer Verhandlungen/Kompromisse <strong>und</strong> widersprachen oft den geographischen Bedingungen.<br />

„Denn in sehr vielen Fällen ist die Grenzziehung der geographischen Erforschung vorangegangen“<br />

(HÄNSCH, 1906; S. 561).<br />

<strong>Das</strong> prinzipielle Vorgehen zeigt das Beispiel an der Ostgrenze Deutsch-Südwestafrikas: „Da die damals<br />

vorhandenen Karten des Grenzgebietes sehr ungenau waren, entstanden sehr bald Meinungsverschiedenheiten<br />

über die Lage der Grenze an Ort <strong>und</strong> Stelle <strong>und</strong> namentlich darüber, ob die wichtigsten<br />

Wasserplätze … auf englischem oder deutschem Gebiet lägen“ (MITT-SCH 1904, S. 6). In den<br />

1880er <strong>und</strong> 1890er Jahren waren nicht einmal für das Festlegen der Interessensphären genügend genaue<br />

<strong>und</strong> detaillierte topographische Karten verfügbar. Die Diplomaten der jeweils beteiligten Kolonialmächte<br />

konnten nur das einfachste Verfahren wählen: Grenzziehung entlang der Längen- <strong>und</strong><br />

Breitengrade, ohne Rücksicht auf die natur- <strong>und</strong> kulturgeographischen Verhältnisse. Daraufhin folgten<br />

die international üblichen Schritte:<br />

1 „Der Werth naturhistorischer, philologischer, ethnographischer <strong>und</strong> anderer wissenschaftlicher Forschungen<br />

wird ohne Karte nahezu illusorisch, da man nicht weiss, wo die Objecte gesammelt oder die Beobachtungen<br />

gemacht wurden. Der Kaufmann, der Pflanzer, der Missionär bedürfen in neuen Ländern der Karte zu ihrer<br />

Orientirung, noch mehr der Ingenieur, der Soldat <strong>und</strong> der Verwaltungsbeamte“ (BAUMANN, 1891; S. 360).<br />

Anmerkung zur Schreibweise: Zitate sind unverändert übernommen worden.<br />

2 Siehe Liste „Abkürzungen“<br />

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