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Das Vermessungs- und Kartenwesen

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Kapitel 4 Organisatorische, fachliche <strong>und</strong> finanzielle Rahmenbedingungen<br />

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Doppelarbeit auf diesem Gebiet zu vermeiden. Wilhelm Jordan fand beim 7. Deutschen Geographentag<br />

in Karlsruhe (14. April 1887) für die preußischen Verhältnisse folgende Formulierung: „Wir halten<br />

an der Hoffnung fest, dass die zerstreuten Landesvermessungsarbeiten unseres Vaterlandes noch ihre<br />

Zusammenfassung <strong>und</strong> Sichtung in einer Centralbehörde finden werden“ (JORDAN, 1888; S. 324).<br />

<strong>Das</strong> Deutsche Reich war in den Kreis der Kolonialmächte eingetreten ohne zu wissen, wie die völlig<br />

neuartigen Aufgaben bewältigt werden sollen. Deutsche Beamte konnten nicht auf den Erfahrungsschatz<br />

zurückgreifen, den z.B. die Spanier, Portugiesen <strong>und</strong> Briten in den vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

angesammelt hatten (FIELDHOUSE, 1965). Auch in der Kolonialkartographie musste man bei Null<br />

beginnen. Die Zuordnung der staatlichen Aufgaben zu vorhandenen Institutionen, die Priorisierung der<br />

Staatsaufgaben nach Bedeutung, Dringlichkeit <strong>und</strong> Finanzierbarkeit sowie der Aufbau einer fachspezifischen<br />

Organisation entwickelten sich daher entsprechend den Möglichkeiten der zuständigen Ressorts,<br />

nämlich<br />

− des Ressorts, das noch nie mit Aufgaben des <strong>Vermessungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kartenwesen</strong>s in Berührung gekommen<br />

war: Auswärtiges Amt,<br />

− des Ressorts, das erst seit den 1870er Jahren für Seevermessung, Küstenaufnahme <strong>und</strong> Seekartenherstellung<br />

verantwortlich war: Reichsmarineamt.<br />

4.1.1 Unter der Regie des Auswärtigen Amtes bzw. des Reichskolonialamts<br />

Solange das neue Aufgabenpaket „Verwaltung der deutschen Schutzgebiete in Afrika <strong>und</strong> Südsee“ nur<br />

einem Dezernat in der politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes zugeordnet war, konnte niemand<br />

erwarten, dass der Handlungsbedarf auf dem Gebiet der Kolonialkartographie erkannt wurde. Der<br />

Reichskanzler Otto v. Bismarck betonte ja immer wieder, dass er die Regierungsaufgaben in den<br />

Schutzgebieten den Kolonialgesellschaften, die ausländische Gebiete erworben hatten, übertragen<br />

wolle <strong>und</strong> dass er nur den Schutz des Reiches gewährleisten könne.<br />

Erst unter seinem Nachfolger, Graf v. Caprivi, wurde für die Wahrnehmung der kolonialen Aufgaben,<br />

vor allem der Verwaltung der Schutzgebiete, eine Aufbauorganisation geschaffen: die Kolonialabteilung<br />

als IV. Abteilung des Auswärtigen Amtes (seit 01.04.1890). Der Leiter dieser neuen Abteilung<br />

durfte zwar unter dem Briefkopf „Auswärtiges Amt, Kolonialabteilung“ selbst unterschreiben; aber<br />

seine Abteilung war von Anfang an ein Fremdkörper <strong>und</strong> belastete immer mehr den Etat des Auswärtigen<br />

Amtes. Im Jahr 1894 wurde ihm das Verwaltungspersonal der Schutzgebiete unterstellt. Zwei<br />

Jahre später übertrug man ihm sogar noch „die Bearbeitung aller Angelegenheiten der Schutztruppe“<br />

(FLORACK, 1906). Aber eine explizite Zuständigkeit für die Kolonialkartographie ist in keiner Kaiserlichen<br />

Ordre <strong>und</strong> in keiner Verfügung des Reichskanzlers zu finden.<br />

Die jetzt seit 1888 von politischer Seite forcierten Grenzregelungen erzwangen die Festlegung eines<br />

Bearbeiters. Man wählte die ablauforganisatorische Lösung <strong>und</strong> bestellte den Naturwissenschaftler<br />

Alexander v. Danckelman als „Beirat für Geographie <strong>und</strong> Grenzangelegenheiten“, der sich auch als<br />

zentraler Ansprechpartner für die Planung <strong>und</strong> Auswertung geographischer Forschungsexpeditionen<br />

verstand.<br />

Nach der realistischen Einschätzung der Verhältnisse durch den Regierungslandmesser Gast schien<br />

der Gedanke, rechtzeitig auch der Vermessung/Kartographie den geeigneten Platz vorzubehalten, „der<br />

Kolonialverwaltung zur Zeit noch fern zu liegen, <strong>und</strong> es ist deshalb angebracht, auf seine<br />

Berechtigung <strong>und</strong> Durchführbarkeit ausdrücklich hinzuweisen“ (GAST, 1899-1900; S. 205). Er forderte<br />

− die Errichtung „eines eigenen Dezernats für das <strong>Vermessungs</strong>wesen in der Kolonialabteilung“, das<br />

einheitliche Gr<strong>und</strong>sätze erlassen <strong>und</strong> einen Arbeitsplan ausarbeiten sollte,<br />

− ein „Landesvermessungsamt“ für jede Kolonie, in der Triangulation, Topographie <strong>und</strong> Kartographie<br />

durchgeführt werden sollten, mit unterstellten „Bezirksvermessungsämtern“.<br />

Derartige Ideen mussten dem, der die Auffassungen <strong>und</strong> Äußerungen der Reichstagsabgeordneten in<br />

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