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Das Vermessungs- und Kartenwesen

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Kapitel 3 Politische Rahmenbedingungen<br />

___________________________________________________________________________<br />

Aber nicht nur bei der Raumordnung, sondern auch bei der Landesplanung (z.B. beim Festlegen der<br />

deutschen Farmen, Ausweisen von Reservaten für die Einheimischen, Planen von Eisenbahnlinien)<br />

müssen fast alle Gouverneure der afrikanischen Kolonien das Kartendefizit deutlich gespürt <strong>und</strong> ihren<br />

Kollegen im Kiautschou-Gebiet, der schulmäßig vorgehen konnte, beneidet haben. Julius Graf v. Zech<br />

war der einzige Gouverneur, „der in seiner 15jährigen Tätigkeit in Togo der Schaffung guten Kartenmaterials<br />

– auch durch eigene topographische <strong>und</strong> astronomische Arbeiten – stets das größte Interesse<br />

entgegengebracht hat“ (SEEFRIED, 1910; S. 894). Er war von 1903 bis 1905 als stellvertretender<br />

Gouverneur <strong>und</strong> von 1905 bis 1910 als Gouverneur von Togo tätig. Horst Gründer bezeichnet ihn „als<br />

einen der fähigsten Kolonialbeamten der deutschen Kolonialzeit“ (GRÜNDER, 2000; S. 135).<br />

3.2.4 Einsatz der Kaiserlichen Schutztruppe<br />

Der Kaiser verfügte über keine Kolonialarmee, die für die Eroberung bzw. Befriedung der deutschen<br />

Schutzgebiete aus dem Stand mobilisiert <strong>und</strong> zu den Brennpunkten der Unruhen/Aufstände geschickt<br />

werden konnte. Nach der schweren Kolonialkrise von 1888/1889 (Probleme bei der Durchsetzung der<br />

deutschen Herrschaft in Deutsch-Ostafrika) wurde eine Kaiserliche Schutztruppe geschaffen, d.h. ein<br />

Truppenkörper mit eigenen Regeln, außerhalb von Reichsheer <strong>und</strong> Kaiserlicher Marine. Sie wurde in<br />

drei Schutzgebieten stationiert; in den anderen waren Polizeikräfte eingesetzt.<br />

In Deutsch-Ostafrika war sie aus der „Wissmann-Truppe“ hervorgegangen; durch das Gesetz vom<br />

22. März 1891 wurde sie formell mit der „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung <strong>und</strong> Sicherheit“<br />

beauftragt <strong>und</strong> sollte gebildet werden<br />

„a. aus Offizieren, Ingenieuren des Soldatenstandes, Sanitätsoffizieren, Beamten <strong>und</strong> Unteroffizieren<br />

des Reichsheeres <strong>und</strong> der Kaiserlichen Marine, welche auf Gr<strong>und</strong> freiwilliger Meldung der<br />

Schutztruppe zeitweise zugetheilt werden,<br />

b. aus angeworbenen Farbigen“<br />

(HAUPT, 1988; S. 21).<br />

Vier Jahre später wurden die Kaiserlichen Schutztruppen für Deutsch-Südwestafrika <strong>und</strong> für Kamerun<br />

(durch Gesetz vom 9. Juni 1895) eingerichtet, wobei folgende Abweichung von den bisherigen<br />

Gesetzesbestimmungen festgelegt wurde: „Die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika<br />

besteht auch aus Gemeinen des Reichsheeres <strong>und</strong> der Kaiserlichen Marine“.<br />

Die Kaiserliche Schutztruppe dieser drei Schutzgebiete war der Hauptbedarfsträger für ein gutes topographisches<br />

Kartenwerk, dessen Kartenblätter aneinander passen mussten. Da Eroberungs- bzw. Befriedungsfeldzüge<br />

in jedem Bezirk notwendig werden konnten, war ein Kartenwerk des gesamten<br />

Schutzgebiets mit Darstellung der wichtigsten topographischen Merkmale erforderlich.<br />

3.3 Reformphase (1907-1914/18)<br />

Die Periode des Experimentierens ohne klares Konzept, die Phase der Eroberungen mit zu geringen<br />

Machtmitteln <strong>und</strong> drei große Aufstände gegen die deutsche Kolonialherrschaft ergaben eine insgesamt<br />

negative Bilanz der mehr als zwanzigjährigen Aktivitäten des Deutschen Reiches in Übersee. Der<br />

tiefste Punkt war erreicht, als der Reichstag am 13. Dezember 1906 den Nachtragsetat für Deutsch-<br />

Südwestafrika (Reduzierung der Truppenstärke, Bahnbau Kubub-Keetmanshoop) ablehnte. Reichskanzler<br />

Fürst v. Bülow verlas daraufhin unter „teilweise großer Überraschung“ der Abgeordneten<br />

(STELTZER, 1984; S. 249) die Order des Kaisers zur Auflösung des Reichstags.<br />

Der stellvertretende Kolonialdirektor (seit 05.09.1906) <strong>und</strong> designierte Leiter der Kolonialabteilung,<br />

Bankdirektor Bernhard Dernburg, nutzte die Zeit des Wahlkampfs für die Erläuterung seiner Reformideen.<br />

Bei seinem Vortrag am 8. Januar 1907 definierte er z.B. die Kolonisation als „Nutzbarmachung<br />

des Bodens, seiner Schätze, der Flora, der Fauna <strong>und</strong> vor allem der Menschen zugunsten der Wirt-<br />

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