p-FAST Kursmanual
....für Sie zum download. Damit fing alles an.....p-FAST war das von Felix Walcher in Frankfurt entwickelte Konzept für die präklinische Notfallmedizin. Danach wurde p-FAST zu E-FAST weiterentwickelt, ist aber als Stethoskop-artige Grunduntersuchung gleich geblieben. Auch in unserem E-FAST Buch enthalten.
....für Sie zum download. Damit fing alles an.....p-FAST war das von Felix Walcher in Frankfurt entwickelte Konzept für die präklinische Notfallmedizin. Danach wurde p-FAST zu E-FAST weiterentwickelt, ist aber als Stethoskop-artige Grunduntersuchung gleich geblieben. Auch in unserem E-FAST Buch enthalten.
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Manual<br />
Sonographiekurs<br />
AST
VORWORT<br />
Die Entwicklung der präklinischen Sonographie ist rasant. Innerhalb von wenigen<br />
Jahren hat sich die Sonographie von der klinisch äußerst wichtigen<br />
Untersuchungstechnik in der Notfallversorgung in die Präklinik vorgewagt und nimmt<br />
nun auch hier einen wichtigen Stellenwert in der Diagnostik ein. Vor etwa 9 Jahren<br />
kamen die ersten mobilen Ultraschallgeräte auf den Markt, welche speziell für den<br />
präklinischen Einsatz entwickelt wurden.<br />
Mittlerweile liegen valide Daten über den Einsatz der Sonographie in der<br />
präklinischen Phase insbesondere bei verunfallten Patienten vor. Zudem wird die Liste<br />
der möglichen Indikationen der Ultraschalluntersuchung zur Differentialdiagnostik im<br />
außerklinischen Einsatz kontinuierlich länger.<br />
Das vorliegende Manual zum Kursmodul <strong>FAST</strong> ist aus dem Studienprotokoll der<br />
Luftrettung entstanden und nun mehrfach überarbeitet. Es gibt einerseits einen<br />
Überblick über die bisherigen wissenschaftlichen Daten, zum anderen soll mit der<br />
ausführlichen Darstellung des Untersuchungsganges die Erlernung der Technik<br />
unterstützt werden. Es ist jedoch unerlässlich, die ersten Ultraschalluntersuchungen<br />
unter kompetenter Anleitung durchzuführen und die erlernten Fähigkeiten durch<br />
wiederholte Anwendung in der Praxis zu festigen.<br />
Die Arbeitsgemeinschaft Notfallsonographie bietet einen Kurs an, dessen<br />
Konzept und Ausbildungsgegenstand mittlerweile in Deutschland und im benachbarten<br />
Ausland etabliert ist und von der DEGUM zertifiziert wurde. Entsprechend den<br />
Erfahrungen in der Praxis und der Kurse werden daher Details dieses Manuals und des<br />
Kursablaufes bei Bedarf geringfügig geändert. Ungereimtheiten und Fehler schleichen<br />
sich trotzdem ein, so dass wir konstruktive Kritik gerne entgegennehmen.<br />
Das Organisationsteam und die Instruktoren wünschen allen Teilnehmern einen<br />
erfolgreichen und interessanten Kurs. Die p-<strong>FAST</strong> Kurse wurden ab 2002 angeboten.<br />
Frankfurt am Main, 2011, bearbeitet im Juli 2018 für Online-Publikation<br />
Prof. Dr. Felix Walcher (vormals Frankfurt, jetzt Ordniarius Unfallchirurgie, Uni Magdeburg)<br />
Priv.-Doz. Dr. Dr. med. Raoul Breitkreutz, Universtät Frankfurt<br />
1
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Vorwort 1<br />
Inhaltsverzeichnis 2<br />
Hintergrund / Einleitung 4<br />
Problematik des abdominellen Traumas 4<br />
Optimierung des Traumamanagements durch präklinische Sonographie 5<br />
Kommunikation 7<br />
Mobiles Ultraschallgerät 8<br />
Ergebnisse der Pilotstudie aus Frankfurt / Main 9<br />
Beispiel eines optimierten Managements bei abdominellem Trauma 11<br />
Multicenterstudie 12<br />
Abdominelle Sonographie im Schockraum 12<br />
Zeitfaktor der Präklinischen Sonographie 13<br />
Ausbildung und Training 14<br />
Einsatz der Sonographie in der Triage 14<br />
Durchführung der abdominellen Sonographie 15<br />
Patienten 15<br />
Nachweis freier Flüssigkeit 15<br />
Untersuchungsablauf 15<br />
Standardeinstellungen des Schallkopfes 17<br />
1. Schnittebene 17<br />
2. Schnittebene 20<br />
3. Schnittebene 22<br />
4. Schnittebene 23<br />
5. Schnittebene 24<br />
Kontrolluntersuchungen 26<br />
Dokumentation 26<br />
Anhang 27<br />
Literatur 28<br />
2
3
HINTERGRUND / EINLEITUNG<br />
PROBLEMATIK DES ABDOMINELLEN TRAUMAS<br />
Das Abdominaltrauma nimmt einen zentralen Stellenwert in der präklinischen und<br />
frühen klinischen Versorgung polytraumatisierter Patienten ein. Abdominelle<br />
Massenblutungen sind neben der schweren Schädel-Hirn-Verletzung die wesentliche<br />
Ursache der Todesfälle nach Polytraumatisierung. Nast-Kolb konnte in einer großen<br />
retrospektiven Analyse zeigen, dass mehr als 40% der Todesfälle, die sich innerhalb<br />
von 24 Stunden nach dem Unfall ereignen, auf schwerste abdominelle<br />
Massenblutungen in Kombination mit schweren Beckentraumen zurückzuführen sind<br />
[Nast-Kolb]. Die Problematik der frühen Letalität nach Abdominal- und Beckentrauma<br />
liegt im Management der präklinischen und frühen klinischen Phase sowie der<br />
chirurgischen Akutversorgung. Die kritische Situation und Folgen übersehener<br />
abdomineller Verletzungen spielt bzgl. der Letalität polytraumatisierter Patienten eine<br />
eher untergeordnete Rolle [Enderson].<br />
Aufgrund fehlender diagnostischer Möglichkeiten am Unfallort ist das<br />
Abdominaltrauma eine besonders schwierig zu beurteilende Verletzung und stellt eine<br />
besondere Herausforderung an den Notarzt und das Rettungsteam dar. Die<br />
entscheidende Frage, ob eine lebensbedrohliche abdominelle Massenblutung vorliegt,<br />
muss zunächst unbeantwortet bleiben, da die klinische Untersuchung die<br />
Diagnosestellung auch bei ausgeprägtem Befund nur selten erlaubt. In einigen<br />
Analysen zur Evaluierung der Diagnosesicherheit von Notärzten musste konstatiert<br />
werden, dass die Einschätzung abdomineller sowie thorakaler Traumen erhebliche<br />
Fehlerquoten aufweist. Insbesondere lenkt die häufig präklinisch noch wirksame<br />
Kompensation des systemischen Kreislaufes von der Möglichkeit einer schweren<br />
abdominellen oder thorakalen Blutung ab [Blaivas]. Dringend zu klärende<br />
therapeutische und rettungstechnische Entscheidungen am Unfallort können daher<br />
nicht mit ausreichender Sicherheit gefällt werden. Aus diesem Grund ist eine<br />
Optimierung des präklinischen Managements nur durch zusätzliche diagnostische<br />
Möglichkeiten zu erreichen.<br />
4
OPTIMIERUNG DES TRAUMAMANAGEMENTS<br />
DURCH PRÄKLINISCHE SONOGRAPHIE<br />
Mittels präklinisch durchgeführter Sonographie, die freie abdominelle Flüssigkeit<br />
nachweisen kann, können relevante Blutungen durch abdominelle Verletzungen<br />
diagnostiziert werden [Walcher, Brooks]. Mit der Entwicklung kleiner mobiler<br />
Ultraschallgeräte ist der Einsatz der Sonographie am Unfallort auch unter erschwerten<br />
Bedingungen problemlos möglich. Bei sicherer Diagnosestellung intraabdomineller<br />
Blutung ergeben sich wesentliche therapeutische und logistische Veränderungen des<br />
präklinischen Managements:<br />
1) Die Kenntnis einer abdominellen Massenblutung kann Einfluss auf die präklinische<br />
Volumengabe haben. Bei perforierenden Verletzungen des Stammes konnte gezeigt<br />
werden, dass eine verzögerte Volumengabe im Vergleich zur Standardvolumentherapie<br />
die Letalität signifikant vermindern kann [Bickell]. Es wurde diskutiert, dass die rasche<br />
Wiederherstellung eines suffizienten systemischen Kreislaufs durch initiale<br />
Volumensubstitution die frühzeitig in der Hypotension gebildeten Thromben ablöst. Des<br />
Weiteren wird angenommen, dass der Verdünnungseffekt durch das verabreichte<br />
Volumen eine Koagulopathie begünstigt [Bickell]. In einer experimentellen<br />
Untersuchung wurde der positive Effekt der permissiven Hypotension auf das Outcome<br />
bei unkontrollierter akzidentiell gesetzter Blutung bestätigt [Kowalenko]. Inwieweit die<br />
Ergebnisse dieser Studie, die ausschließlich an Patienten mit penetrierenden<br />
Verletzungen in den USA durchgeführt wurde, auf Mehrfachverletzte mit zumeist<br />
stumpfem Bauchtrauma in einem anderen Rettungsdienstsystem übertragen werden<br />
kann, ist bisher nicht sicher zu beantworten. Jedoch ist davon auszugehen, dass die<br />
Art und Menge der präklinischen Volumengabe Einfluss auf die Blutungsdynamik<br />
schwerer Massenblutung hat.<br />
Von der beschriebenen Therapie, die bei perforierenden Abdominal- und<br />
Thoraxtraumen ein eher volumenrestriktives Vorgehen propagiert, müssen Blutungen<br />
eines Mehrfachverletzten mit einem Schädel-Hirn-Trauma unterschieden werden. In<br />
diesen Fällen kommt der Vermeidung des sekundären Hirnschadens durch<br />
Aufrechterhaltung der zerebralen Perfusion essentielle Bedeutung zu. Eine zu<br />
diskutierende Alternative bei Kombinationsverletzungen könnte die Verwendung<br />
hyperonkotisch-hyperosmolarer Lösungen sein [Hatoum].<br />
Die abdominelle Sonographie würde daher nicht zu einer Vereinfachung der<br />
präklinischen Therapie beitragen, sondern fordert vielmehr einen differenzierteren<br />
Umgang mit der Volumentherapie in Anhängigkeit der Vor-Ort gestellten Diagnosen<br />
[Krausz].<br />
2) Bei abdominellen Massenblutungen hat der Transport des Patienten absolute<br />
Priorität, um den Patienten unmittelbar einer definitiven chirurgischen Blutstillung<br />
zuzuführen. Erweiterte Maßnahmen am Unfallort, müssen relativiert werden und ggf.<br />
unterbleiben, da die Zeit vor operativer Blutstillung die entscheidende Rolle in der<br />
prähospitalen Phase spielt [Clarke]. Da nun mit der präklinischen Sonographie die<br />
abdominelle Blutung erkannt werden kann, sollte sich daraufhin das Management Vor-<br />
Ort dahingehend ändern, nicht alles präklinisch Mögliche anzuwenden, sondern<br />
stattdessen den unmittelbaren Transport anzustreben.<br />
3) Neben dem zügigen Transport ist das weitere logistische Management eines<br />
Schwerverletzten mit abdominellen Verletzungen zügig zu planen und zu organisieren.<br />
5
Während der vor Ort durchgeführten Therapie muss geklärt werden, welches geeignete<br />
Krankenhaus angefahren bzw. angeflogen werden kann, um die vorliegenden<br />
Verletzungen unmittelbar zu versorgen. Auch wenn jede chirurgische Klinik, die an der<br />
Behandlung schwerverletzter Patienten beteiligt ist, eine Notfallaparotomie in der Regel<br />
nach einer gewissen Vorbereitungszeit durchführen kann, sollte vor Transport des<br />
Patienten die Kapazität des aufnehmenden Krankenhauses auch definitiv durch die<br />
Rettungsleitstelle oder direkt mit dem aufnehmenden Krankenhaus abgeklärt werden.<br />
Die präklinische Diagnose einer Abdominalverletzung könnte daher logistische<br />
Fehlentscheidungen während der präklinischen Phase minimieren.<br />
Die präklinische sonographische Diagnose<br />
eines abdominellen Traumas kann durch<br />
therapeutische und rettungstechnische<br />
Modifikationen zu einer Optimierung des<br />
Traumamanagements führen.<br />
4) Die Optimierung des frühen klinischen Managements ist u.a. abhängig von der<br />
Informationsweitergabe des Vor-Ort diagnostizierten Verletzungsmusters. Zur<br />
definitiven chirurgischen Blutungskontrolle bei abdominellen Trauma muss möglichst<br />
frühzeitig eine Entscheidung über eine Notfallaparotomie gestellt werden, die derzeit<br />
nach Durchführung der abdominellen Sonographie im Schockraum bzw. nach<br />
Computertomographie des Abdomens erfolgt [Marzi]. Aus verschiedenen Gründen<br />
können jedoch bis zur definitiven Laparotomie zeitliche Verzögerungen innerhalb des<br />
frühen klinischen Managements entstehen, die unter Umständen als<br />
prognoseentscheidend eingestuft werden müssen [Clarke]. Die frühzeitige Information<br />
des Zielkrankenhauses bzgl. einer ggf. notwendigen Laparotomie bei abdomineller<br />
Verletzung würde einen deutlichen Zeitvorsprung bedeuten, um das Schockraumteam<br />
zu erweitern, sowie die Bluttransfusion und die Operation vorbereiten zu können.<br />
6
KOMMUNIKATION<br />
Zentrale Funktion im Rahmen des präklinischen und frühen klinischen Managements<br />
eines schwerverletzten Patienten kommt der Rettungsleitstelle zu. Eine optimale<br />
chirurgische und intensivmedizinische Versorgung, d.h. die Auswahl des richtigen<br />
Zielkrankenhauses ist nur dann effizient zu bewerkstelligen, wenn die Informationen<br />
von der Einsatzstelle, insbesondere die Verletzungsart möglichst frühzeitig und präzise<br />
übermittelt werden.<br />
Die Art der Informationsweitergabe vom Unfallort an den im Schockraum<br />
verantwortlichen Chirurgen oder Anästhesisten bleibt dem Team überlassen und ist<br />
abhängig von den ortsüblichen Kommunikationswegen. Dies kann über die Leistelle<br />
oder in einem direkten Arzt-Arzt-Gespräch erfolgen. Die Form der Meldung oder<br />
Mitteilung, wie z.B. „V.a. abdominelle Blutung“ „freie Flüssigkeit“ oder „Indikation zur<br />
Laparotomie“ ist abhängig von der Diagnosesicherheit des Untersuchers.<br />
Zunächst wird derzeit noch eine verständliche Skepsis der klinisch tätigen<br />
Kollegen gegenüber der präklinischen Sonographie bestehen, sofern sich diese<br />
Untersuchung präklinisch in dem jeweiligen Rettungsdienstbereich noch nicht<br />
ausreichend etabliert hat. Die klinisch-logistische Konsequenz könnte daher ggf.<br />
geringer ausfallen, als zunächst vom primär versorgenden Notarzt aufgrund der<br />
abgesetzten Meldung erwartet werden würde. Mit der zunehmenden Akzeptanz<br />
gegenüber der neuen Untersuchungstechnik kann auch mit einer konkreteren<br />
Modifikation des Schockraummanagements bei Ankündigung einer abdominellen<br />
Blutung gerechnet werden.<br />
Die Einführung und die noch vorhandene kritische Haltung gegenüber der<br />
präklinischen Sonographie sind mit der damaligen Etablierung des präklinisch<br />
durchgeführten 12-Kannal-EKG zur Diagnostik des Myokardinfarktes vergleichbar. Mit<br />
der Diagnose des Myokardinfarktes spielt das Intervall vom Infarktereignis bis zur<br />
Coronarangiographie und ggf. notwendige PTCA die zentrale Rolle. Nachdem vor mehr<br />
als einem Jahrzehnt zunächst eine erhebliche Zurückhaltung gegenüber dem<br />
präklinisch durchgeführtem 12-Kanal geübt wurde, gilt heute die präklinische Diagnose<br />
eines Infarktes mittels ST-Hebungen als Standard und führt bei Weitergabe dieser<br />
Information an die Zielklinik in der Regel zu einer Aktivierung des Katheterlabores zur<br />
Durchführung einer Coronarangiographie. Wir gehen davon aus, dass die präklinische<br />
Sonographie eine vergleichbare Stellung in der präklinischen Phase spielen und damit<br />
eine zentrale Rolle in der notfallmäßigen Behandlung verletzter Personen einnehmen<br />
wird.<br />
7
MOBILE ULTRASCHALLGERÄTE<br />
Eine Reihe von mobilen Ultraschallgeräten werden auf dem Markt angeboten, die in<br />
unterschiedliche Ausstattungs- und Qualitätsmerkmale aufweisen.<br />
In einem Gemeinschaftsprojekt der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiedererstellungschirurgie<br />
sowie dem Frankfurter Institut für Rettungsmedizin und Notfallversorgung<br />
wurde ein Ultraschallgerät für den präklinischen Einsatz entwickelt. Obgleich die<br />
Kompaktheit, gute Bedienbarkeit und Robustheit des Gerätes Primedic Handyscan<br />
zunächst überzeugte hat sich der mechanische Schallkopf nicht bewährt und führte zu<br />
wiederholten Ausfällen des Gerätes.<br />
(Damals) speziell für den Rettungsdienst entwickeltes<br />
Sonographiegerät der ersten Generation, nicht mehr verfügbar<br />
Für Kurse stehen tragbare und ultraportable Geräte zur Verfügung,<br />
die notfallmedizinsch einsetzbar sind.<br />
Ultraportable Ultraschallgeräte,<br />
die weltweit vertrieben werden.<br />
Einsatz der mobilen Sonographie im<br />
Schockraum<br />
Pocketultraschall P10, welches Vscans 2. und 3. Generation für Point-of-Care Ultraschall<br />
in Praxis bislang nur in begrenztem Umfang eingesetzt wurde.<br />
Weitere Geräte in der Zeitschrift Rettungsdienst 8-2018<br />
8
ERGEBNISSE DER PILOTSTUDIE IN FRANKFURT/MAIN<br />
Die prospektive Untersuchung zum Einsatz der präklinischen Sonographie verunfallter<br />
Patienten erfolgte von 10/2001 bis 5/2002 im Stadtgebiet Frankfurt/Main [Walcher]. Die<br />
notärztliche Versorgung wird im Rendezvous-System durch 4 Notarztstandorte mit<br />
Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) und das nähere Einzugsgebiet des<br />
Rettungshubschraubers Christoph 2 sichergestellt.<br />
Bei allen Unfallmeldungen, die den Einsatz eines NEF oder des RTH<br />
erforderten, wurde gleichzeitig ein zusätzliches Einsatzfahrzeug der Feuerwehr zum<br />
Einsatzort geschickt. Dieses Fahrzeug wurde mit einem speziell geschulten und<br />
ausgebildeten Rettungsassistenten besetzt, der die abdominelle Sonographie Vor-Ort<br />
durchführte. In der Studie wurden alle Patienten untersucht, bei denen eine thorakale<br />
oder abdominelle Verletzung klinisch oder anamnestisch nicht sicher ausgeschlossen<br />
werden konnte. Dabei handelte es sich um Patienten mit isolierten Verletzungen sowie<br />
um polytraumatisierte Patienten. Insgesamt wurden 61 Patienten untersucht. In 38<br />
Fällen waren die Unfallursachen im weiteren Sinne Unfälle im Straßenverkehr, 12<br />
Stürze aus mehr als 3 m Höhe, 5 Schuss- und Stichverletzungen sowie 6 andere<br />
Ursachen. Ein Schädelhirntrauma wurde in 21 (34%) Fällen diagnostiziert. 19 (31%)<br />
Patienten zeigten ein Thoraxtrauma, 20 (33%) ein Abdominaltrauma und 11 (18%) ein<br />
Beckentrauma.<br />
Die Untersuchung am Unfallort oder im Rettungswagen erfolgte in 5<br />
Standardschnitten. Die Unterscheidung in moderaten und massiven Befund freier<br />
Flüssigkeit erfolgte im Sinne einer semiquantitativen Beurteilung, wie sie zuvor von<br />
Wherrett beschrieben wurde [Wherrett].<br />
Die Bildqualität des Premedic Handyscan war trotz unterschiedlicher z.T. kritischer<br />
Untersuchungsbedingungen befriedigend bis sehr gut. Alle Untersuchungen lieferten<br />
Bilder, die eine Aussage und Beurteilung erlaubten. Durch das extreme kleine mobile<br />
Gerät war der Untersucher erstmals am Unfallort unabhängig vom Umgebungslicht,<br />
Stromversorgung, ausreichend Platz oder entsprechender Lagerung des Patienten. So<br />
konnten auch im PKW eingeklemmte oder auf dem Bauch liegende Patienten ohne<br />
weitere Schwierigkeiten sonographiert werden.<br />
Bei einer mittleren Therapiezeit am Unfallort von 21 + 10 min (Mittelwert +<br />
Standardabweichung) betrug die durchschnittliche Untersuchungszeit für die<br />
Sonographie 2.8 + 1.2 min. In 54% der Fälle war die Diagnose innerhalb der ersten 2<br />
Minuten gestellt. Die präklinische sonographische Diagnose konnte im Durchschnitt<br />
aller Untersuchungen 20,2 + 8.6 min vor Klinikaufnahme gestellt werden, bei Diagnose<br />
eines massiven Befundes 28,5 + 4,3 min vor der ersten klinischen<br />
Ultraschalluntersuchung.<br />
Zur Durchführung der Sonographie war in 90% der Fälle ausreichend Zeit, in 2%<br />
konnte aufgrund Zeitmangels keine Untersuchung durchgeführt werden und in 8%<br />
musste die Untersuchung aufgrund einer Änderung der Situation der kritisch kranken<br />
Patienten abgebrochen werden. In diesen Fällen wurde bereits im rechts lateralen<br />
Schnittbild ein positiver abdomineller Befund und eine sich verschlechternde<br />
systemische Kreislaufreaktion festgestellt, so dass unter der Diagnose einer massiven<br />
abdominellen Blutung die Einstellung der anderen abdominellen Schnittebenen nicht<br />
mehr notwendig und der sofortige Transport indiziert war. Unmittelbar nach der<br />
sonographischen Diagnose erfolgte während der Fahrt die Übermittlung der Information<br />
an die Rettungsleitstelle.<br />
Zur Beurteilung der Blutungsdynamik wurde bei allen Patienten mit positivem<br />
Befund innerhalb von 15 und 30 min eine Kontrolluntersuchung durchgeführt. Ebenfalls<br />
9
sonographisch kontrolliert wurden Patienten mit Mehrfachverletzungen und Patienten<br />
mit klinischem oder anamnestischen Verdacht auf ein abdominelles oder thorakales<br />
Trauma, auch wenn initial in diesen Fällen keine freie Flüssigkeit diagnostiziert werden<br />
konnte.<br />
Bei 16 Patienten (26.2%) wurde freie Flüssigkeit gefunden. Der Befund war bei 7<br />
Patienten massiv, bei 9 Patienten konnte ein moderater Befund erhoben werden. 3 von<br />
den insgesamt 5 am Unfallort verstorbenen Patienten zeigten eine massive<br />
intraperitoneale Flüssigkeitsmenge. In 9 Fällen wurde vom Notarzt vor der Diagnose<br />
durch die Ultraschalluntersuchung der Verdacht auf eine intraperitoneale Blutung<br />
geäußert, lediglich in 4 Fällen (45%) konnte dieser Verdacht sonographisch bestätigt<br />
werden. In den 16 Fällen, bei denen sonographisch eine Blutung diagnostiziert wurde,<br />
wurde lediglich 4-mal zuvor der Verdacht durch den Notarzt (25%) geäußert.<br />
Das Management am Unfallort wurde aufgrund der sonographischen Diagnose<br />
in 36% der Fälle modifiziert. Im Wesentlichen wurde ein modifiziertes<br />
Volumenmanagement durchgeführt und die präklinische Therapiezeit im Sinne eines<br />
„load and go“ verkürzt. Die Wahl des Zielkrankenhauses wurde in 21% im Hinblick auf<br />
eine möglichst kurze Transportstrecke und eine OP-bereite unfallchirurgische Klinik<br />
geändert.<br />
Unmittelbar nach Klinkaufnahme erfolgte die sofortige routinemäßig<br />
durchgeführte Sonographie. Bei Auffälligkeiten in der Ultraschalluntersuchung, bei<br />
anamnestischen Hinweisen oder klinischem Verdacht auf ein abdominelles Trauma<br />
wurde bei stabilen Kreislaufverhältnissen der Befund mittels Computertomographie<br />
verifiziert. 4 Patienten wurden unmittelbar nach Klinikaufnahme laparotomiert, 3<br />
aufgrund einer Milzruptur splenektomiert. Bei 2 der splenektomierten Patienten wurde<br />
aufgrund zusätzlicher diffuser Blutung aus dem Leberparenchym bei oberflächlichen<br />
Lazerationen ein „packing“ des Abdomens mit Bauchtüchern durchgeführt. 9 Patienten<br />
mit geringer intraperitonealer Flüssigkeitsmenge zeigten in der Computertomographie<br />
nicht chirurgisch zu versorgende Leberkontusionen, Einblutungen in das<br />
Retroperitoneum oder das Mesenterium.<br />
Die präklinische Untersuchung ergab ein falsch positives Ergebnis jedoch kein<br />
falsch negatives Ergebnis. Die Spezifität der präklinischen Sonographie betrug somit<br />
97.9%, die Sensitivität 100%, der positive Vorhersagewert 94.2% und der negative<br />
Vorhersagewert 100%.<br />
Diese Ergebnisse zeigen, dass die klinische Einschätzung des Abdominal- und<br />
Thoraxtrauma durch den Notarzt klinisch schwer und anspruchsvoll ist sowie<br />
erhebliche Fehler aufweisen kann. Insbesondere lenkt die häufig präklinisch noch<br />
wirksame Kompensation des systemischen Kreislaufes von der Möglichkeit einer<br />
schweren abdominellen oder thorakalen Blutung ab. Eine Optimierung des<br />
präklinischen Managements ist daher nur durch zusätzliche diagnostische<br />
Möglichkeiten zu erreichen. Mit der Sonographie wird nun dem Notarzt ein<br />
diagnostisches Instrument an die Hand gegeben, um die Sicherheit der<br />
Verdachtsdiagnosen zu erhöhen. Die Sensitivität und Spezifität der<br />
Untersuchungsmethode der vorliegenden Studie hat gezeigt, dass die Aussage der<br />
abdominellen Sonographie bereits in der Frühphase nach Trauma eine verlässliche<br />
Diagnose zulässt.<br />
10
BEISPIEL EINES OPTIMIERTEN MANAGEMENTS BEI ABDOMINELLEM TRAUMA<br />
Ein 75 jähriger Fußgänger verunfallte, als er von einem, im Schritttempo-fahrenden Bus<br />
seitlich angestoßen worden war und daraufhin auf die Bordsteinkante stürzte. Ein<br />
Überrolltrauma hatte nicht stattgefunden. Die initial erhobenen Kreislaufverhältnisse<br />
waren stabil. Bei der klinischen Untersuchung am Unfallort wurde ein leichtes Schädel-<br />
Hirn-Trauma diagnostiziert. Weitere Verletzungen ergaben sich nicht, insbesondere<br />
das Abdomen war zum Zeitpunkt der Untersuchung klinisch weitgehend unauffällig. Die<br />
unmittelbar über den Zustand informierte Rettungsleitstelle ordnete den Transport in ein<br />
nahe gelegenes Stadtkrankenhaus an. Die daraufhin noch am Unfallort durchgeführte<br />
Sonographie ergab jedoch massiv freie Flüssigkeit subphrenisch links sowie einen<br />
geringgradigen Befund subhepatisch und perisplenisch.<br />
Vitalparameter und sonographische<br />
Untersuchungsergebnisse eines klinisch<br />
zunächst unauffälligen 75-jährigen<br />
Fußgängers, nachdem er von einem Bus<br />
erfasst wurde.<br />
Im Koller- sowie Morison-Pouch konnte initial ein deutlich positiver Befund erhoben<br />
werden. Die Diagnose der bereits durch die Sonographie gesicherten abdominellen<br />
Verletzung wurde an die Rettungsleitstelle unmittelbar weitergeleitet, die daraufhin das<br />
Zielkrankenhaus änderte und ein Haus der Maximalversorgung anfahren ließ. Das<br />
sonographische Ergebnis konnte an das aufzunehmende Krankenhaus übermittelt<br />
werden, so dass die zur Laparotomie notwendigen Vorbereitungen noch vor Aufnahme<br />
des Patienten getroffen werden konnten. Die unmittelbar vor Ankunft in der Zielklinik<br />
durchgeführte Wiederholung der Sonographie zeigte bei weiterhin stabilen<br />
Kreislaufverhältnissen eine deutliche Zunahme der pathologischen Befunde aller<br />
relevanten Kompartimente. Innerhalb von 15 min nach Aufnahme der Patientin wurde<br />
bereits mit der Laparotomie begonnen. Aufgrund einer Milzruptur erfolgte die<br />
Splenektomie. Der Patient konnte nach kurzer intensivmedizinischer Behandlung auf<br />
die Normalstation verlegt und schließlich nach Hause entlassen werden.<br />
11
MULTICENTERSTUDIE<br />
Die positiven Ergebnisse der Pilotstudie haben uns veranlasst, mit Hilfe einer<br />
Multicenterstudie zu klären, ob die Ultraschalluntersuchung auch ohne zusätzlichen<br />
Untersucher vom Rettungsteam selbst am Unfallort durchgeführt werden kann und ob<br />
die zusätzliche Diagnostik am Unfallort eine Änderung des präklinischen Managements<br />
bewirkt. In der Multicenterstudie waren die Luftrettungszentren in Frankfurt, Freiburg,<br />
Leonberg, Mannheim und Ochsenfurt beteiligt. Die ärztliche Besetzung der<br />
Hubschrauber rekrutiert sich in etwa zu gleichen Teilen aus Anästhesisten, Chirurgen<br />
und Internisten. 230 Patienten wurden am Unfallort sonographiert.<br />
Anhand 202 Fälle, die vollständig ausgewertet werden konnten, zeigte sich,<br />
dass in über 90% der Einsätze ausreichend Zeit zur Durchführung der Sonographie<br />
war. Durch die Schulung der Notärzte und Rettungsassistenten sowie weitere<br />
Standardisierung des Untersuchungsablaufes konnte die mittlere Untersuchungsdauer<br />
auf 2,4 Minuten gesenkt werden. Die sonographische Diagnose konnte nun 35 Minuten<br />
früher als im Schockraum gestellt werden. In etwa 1/3 der Fälle änderte das Team das<br />
präklinische Management aufgrund der Ultraschalldiagnose. Das Meldebild des<br />
Rettungsteams an die Leitstelle wurde in 53% um die Information des sonographischen<br />
Befundes erweitert, woraufhin in 21% der Einsätze auch das Zielkrankenhaus geändert<br />
wurde.<br />
Die Diagnose der präklinischen Untersuchung wurde wie in der Pilotstudie in<br />
Frankfurt bei Aufnahme des Patienten mittels erneuter Sonographie wie auch<br />
Computertomographie überprüft. Es ergaben sich ein falsch positiver und zwei falsch<br />
negative Befunde. Die Sensitivität und Spezifität der Sonographie am Unfallort betrug<br />
somit 93% bzw. 99%.<br />
ABDOMINELLE SONOGRAPHIE IM SCHOCKRAUM<br />
Die abdominelle Sonographie ist seit mehr als einem Jahrzehnt eine<br />
Standarduntersuchung im Schockraum. Sie hat die diagnostische Peritoneallavage zur<br />
Diagnostik freier abdomineller Flüssigkeit in europäischen wie mittlerweile auch in<br />
angloamerikanischen Ländern abgelöst [Arrillaga, Frezza, McKenney]. Die<br />
Sonographie wird von Unfallchirurgen, Visceralchirurgen oder Radiologen unmittelbar<br />
nach Aufnahme des Patienten angewendet. Der sonographische Nachweis freier<br />
abdomineller Flüssigkeit reicht aus, um bei kreislaufinstabilen Patienten auf weitere<br />
Diagnostik zu verzichten und unmittelbar eine Notfallaparotomie durchzuführen<br />
[Wherrett]. Die Verifizierung des sonographischen Untersuchungsbefundes mittels<br />
abdomineller Computertomographie instabiler Patienten erscheint durch die hohe<br />
Sensitivität und Spezifität der Untersuchungsmethode unnötig [Hoffmann].<br />
Die präklinische abdominelle Sonographie darf die im Schockraum durchgeführte<br />
Sonographie nicht ersetzen, da der Chirurg im Schockraum für die Indikationsstellung<br />
zur Laparotomie verantwortlich ist. Die am Unfallort durchgeführte Sonographie<br />
optimiert dahingegen die präklinische und frühe klinische Logistik und leitet die zur<br />
Laparotomie notwendigen Schritte ein.<br />
12
ZEITFAKTOR DER PRÄKLINISCHEN SONOGRAPHIE<br />
Es wird wiederholt diskutiert, ob durch die präklinische Sonographie eine<br />
Zeitverzögerung in der Versorgung schwerverletzter Patienten zugunsten einer<br />
gegebenenfalls nicht therapierelevanten Untersuchung in Kauf genommen würde. In<br />
der Pilotstudie zeigte sich jedoch eindeutig, dass in etwa 90% der Fälle die zur<br />
Diagnosestellung notwendige Zeit von den Notärzten als akzeptabel eingestuft wurde.<br />
Während der Untersuchungszeit der Sonographie wurde keine weitere Therapie oder<br />
andere Untersuchungen durchgeführt, die den Untersuchungsablauf gestört hätten.<br />
Bereits in weniger als durchschnittlich 3 Minuten stand das Ergebnis der<br />
Ultraschalluntersuchung fest, in der Hälfte der Fälle bereits nach weniger als 2 Minuten.<br />
Vergleichbare Zeitangaben zur Durchführung der umfassenden<br />
Ultraschalluntersuchungen wurden von verschiedenen Autoren angegeben [Rozycki,<br />
Thomas, Wherrett]. Wherrett gibt in seiner Untersuchung an, dass bei positiven<br />
Befunden die Untersuchungsdauer lediglich 19 Sekunden betragen hätte, wohingegen<br />
die Untersuchungsdauer bei einem Normalbefund 154 Sekunden dauern würde, diesen<br />
als negativ zu beurteilen [Wherrett]. In unserer Untersuchung war in den übrigen 10%<br />
der Fälle entweder keine ausreichende Zeit vorhanden oder die Untersuchung musste<br />
wegen einer raschen Zustandsverschlechterung des Patienten abgebrochen werden.<br />
Trotz der Tatsache, dass in der Regel vor Ort genügend Zeit für die<br />
Ultraschalluntersuchung vorhanden ist, wollen wir daraufhin weisen, dass die<br />
präklinische Sonographie lediglich ein Instrument zusätzlicher Diagnostik darstellt und<br />
keineswegs zwingend, insbesondere nicht unter Zeitdruck, vom Notarzt eingesetzt<br />
werden muss oder sollte.<br />
AKTUELLE STUDIE<br />
Aktuell wurde die dritte prospektive randomisierte Studie im Frühjahr 2010 beendet. An<br />
der Studie nehmen 2 Luftrettungszentren und 8 bodengebundene arztbesetzte<br />
Rettungsmittel teil. Sie vorläufige Auswertung zeigt eine signifikante Reduktion der<br />
Transportzeit in den Schockraum, wenn präklinisch ein positiver intraabdomineller<br />
Befund nachgewiesen wurde. Die hohe Genauigkeit der präklinischen Sonographie im<br />
Vergleich zur rein klinischen Untersuchung konnte erneut bestätigt werden.<br />
Mit einer Publikation der endgültigen Ergebnisse wird im zweiten Quartal 2011<br />
gerechnet.<br />
13
AUSBILDUNG UND TRAINING<br />
Nachdem die Durchführung der Sonographie am Unfallort eine weltweite Innovation ist,<br />
gibt es derzeit noch keine Empfehlungen oder Richtlinien, die die Ausbildung der<br />
Notärzte und Rettungsassistenten zur Erlernung und Durchführung dieser Technik<br />
festlegen.<br />
Es wurde jedoch eine Reihe von ähnlichen Studien durchgeführt, die die<br />
Ausbildung zur Durchführung der „Traumasonographie“ eingehend untersucht haben.<br />
In den 90er gab es eine Vielzahl von Studien, um die Frage zu klären, welche<br />
Ausbildung absolviert sein sollte, um die abdominelle Sonographie in der<br />
Akutversorgung nach Aufnahme des Patienten in der Notaufnahme oder im<br />
Schockraum anwenden zu können. In den meisten Studien wird eine Spezifität und<br />
Sensitivität zwischen 80% und 100% der in der Notaufnahme durchgeführten<br />
Ultraschalluntersuchungen angegeben [Hoffmann, Ma, McKenney]. Es konnte in einer<br />
Studie gezeigt werden, dass nach einer kurzen theoretischen Einführung und<br />
praktischen Unterweisung bereits nach wenigen, selbst durchgeführten<br />
Untersuchungen mit einer Genauigkeit von 92% Flüssigkeitsmengen von 200-400 ml<br />
erkannt wurden [Frezza]. Auch in anderen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass<br />
nach eingehender Anleitung und einigen wenigen selbst durchgeführten<br />
Ultraschalluntersuchungen eine sichere Untersuchungstechnik erlangt werden kann<br />
[Shackford, Smith]. Die Anzahl der Untersuchungen bzgl. der in den Studien<br />
angegebenen Ausbildungsempfehlungen unterscheiden sich nicht wesentlich [Ma,<br />
Rozycki, Shackford, Smith, Thomas]. Eine klare und einheitliche Regelung bzgl. der<br />
Gestaltung eines Curriculums und eine definitive Anzahl zu absolvierender<br />
Ultraschalluntersuchungen gibt es jedoch nicht.<br />
In Analogie zu den o.g. Studien erscheint daher eine sonographische Ausbildung<br />
der Notärzte im Rahmen eines eintägigen Seminars praktikabel. Das erarbeitete<br />
Curriculum für den Kurs richtet sich nach den in den o.g. Studien angeführten Zahlen.<br />
Die internationale Publikation zu der Thematik ist 2010 publiziert worden [Walcher].<br />
Des Weiteren stellt sich die Frage, inwieweit die Ausbildung erfahrener<br />
Rettungsassistenten in der Sonographie Resonanz findet. Denkbar ist, dass die<br />
Untersuchung vom Rettungsassistenten durchgeführt und der erhobene Befund<br />
lediglich durch den Notarzt kontrolliert, interpretiert und ggf. daraus eine therapeutische<br />
Konsequenz abgeleitet wird. Über die Durchführung der präklinischen Sonographie<br />
durch nicht-ärztliches Personal gibt es ebenfalls keine Richtlinien, Erfahrungen oder<br />
sonstige Daten.<br />
Unmissverständlich möchten und müssen wir im Rahmen dieser Überlegungen<br />
jedoch darauf hinweisen, dass die komplette Verantwortlichkeit der sonographischen<br />
Untersuchung insbesondere deren Interpretation beim Notarzt verbleiben muss.<br />
EINSATZ DER SONOGRAPHIE IN DER TRIAGE<br />
Durch die Einfachheit der Untersuchungsmethode kann die Sonographie als schnell<br />
und einfach anzuwendende Skreeningmethode zur Unterstützung der Triage bei einem<br />
Anfall von zahlreichen Unfallverletzten mit konkurrierenden Verletzungen angewendet<br />
werden [Sarkisian]. Insbesondere die Klärung der Transportpriorität bei Vorliegen einer<br />
relevanten und dringend chirurgisch zu versorgenden abdominellen Blutung kann<br />
schließlich zügig mit Hilfe der Sonographie geklärt werden.<br />
14
DURCHFÜHRUNG DER ABDOMINELLEN SONOGRAPHIE<br />
PATIENTEN<br />
Die präklinische Sonographie sollte bei allen verunfallten Patienten durchgeführt<br />
werden, bei denen aufgrund der anamnestischen Angaben zum Unfallhergang und<br />
durch den klinischen Untersuchungsbefund ein Thorax- und Abdominaltrauma nicht<br />
sicher ausgeschlossen werden kann. Wie bereits ausführlich dargestellt, besteht bzgl.<br />
der Beurteilung des stumpfen Thorax- und Abdominaltraumas bei der rein klinischen<br />
Untersuchung eine erhebliche Diagnoseunsicherheit.<br />
Die sonographische Untersuchung kann unabhängig der<br />
Umgebungsbedingungen in der Regel bei allen Patienten durchgeführt werden. Weder<br />
Lagerung des Patienten noch extreme Lichtverhältnisse schränken die Bedingungen<br />
derart ein, dass eine Beurteilbarkeit nicht möglich ist.<br />
NACHWEIS FREIER FLÜSSIGKEIT<br />
Entscheidend bei der abdominellen Sonographie beim Unfallverletzten ist der<br />
Ausschluss oder eben der Nachweis freier abdomineller Flüssigkeit. Die Diagnose von<br />
Parenchymverletzungen ist nicht Gegenstand der Sonographie in der präklinischen<br />
Phase oder im Schockraum.<br />
Intraabdominelles Blut sammelt sich an den jeweils tiefsten Punkten im<br />
Abdomen an. Die entsprechenden Räume in denen sich Flüssigkeiten zuerst<br />
ansammelt haben Eigennamen, deren Lokalisation im Folgenden gezeigt wird. Blut<br />
oder andere Flüssigkeiten sind echoarm und stellen sich im Ultraschallbild dunkel bzw.<br />
schwarz dar.<br />
In den meisten Studien wird lediglich der Nachweis von freier Flüssigkeit in einer<br />
der präformierten Räume als positiver Befund gewertet, ohne dass eine Quantifizierung<br />
versucht wird. Eine Unterscheidung in moderaten und massiven Befund kann nur<br />
semiquantitativ erfolgen [Wherrett]. Um jedoch in der Praxis eine Aussage über die<br />
Dynamik einer intraabdominellen Blutung machen zu können, kann bei Befundkontrolle<br />
eine Progression festgestellt werden. Voraussetzung hierbei ist jedoch, dass der<br />
gleiche Untersucher die Ultraschalluntersuchung vornimmt.<br />
UNTERSUCHUNGSABLAUF<br />
Die Untersuchung am Unfallort erfolgt in der Reihenfolge der in der folgenden<br />
Abbildung gezeigten 5 Schallkopfeinstellungen. Der Untersuchungsgang richtet sich<br />
nach dem allgemein praktizierten und häufig zitierten Procedere, welches in der<br />
angloamerikanischen Literatur als <strong>FAST</strong> (Focused Abdominal Sonographie for Trauma)<br />
bezeichnet wird.<br />
15
Reihenfolge der Schallkopfeinstellungen in der präklinischen Sonographie<br />
Einstellung des Sektorschallkopfes<br />
Untersuchte<br />
Strukturen<br />
Verdachtsdiagnose<br />
1 Lateral-diaphragmaler Längsschnitt Pleuraraum<br />
Hämatothorax, Pleuraerguß<br />
rechts<br />
Subphrenisch<br />
2 Lateral-caudaler Längsschnitt rechts Perihepatisch freie abdominelle Flüssigkeit<br />
3 Lateral-diaphragmaler Längsschnitt<br />
links<br />
Morison-Pouch<br />
Retroperitoneum<br />
Pleuraraum<br />
retroperitoneale Blutung<br />
durch - Gefäßverletzung<br />
- Nierenverletzung<br />
- Beckenfraktur<br />
- Wirbelsäulenfraktur<br />
Hämatothorax, Pleuraerguß<br />
Subphrenisch Freie abdominelle Flüssigkeit<br />
Perisplenisch subcapsuläres Milzhämatom<br />
freie abdominelle Flüssigkeit<br />
4 Lateral-caudaler Längsschnitt links Koller-Pouch freie abdominelle Flüssigkeit<br />
Retroperitoneum retroperitoneale Blutung<br />
durch - Gefäßverletzung<br />
- Nierenverletzung<br />
- Beckenfraktur<br />
- Wirbelsäulenfraktur<br />
5 Medianer Unterbauchschnitt quer /<br />
längs<br />
retro- und paravesikal freie abdominelle Flüssigkeit<br />
Standardeinstellungen des Schallkopfes zur Erfassung freier abdomineller Flüssigkeit,<br />
eines Pleuraergusses oder Blutung im Retroperitoneum.<br />
16
STANDARDEINSTELLUNGEN DES SCHALLKOPFES<br />
1. Schnittebene<br />
Der lateral-diaphragmale Längsschnitt rechts (1. Schnittebene) liegt in Höhe des 8. bis<br />
10. Intercostalraumes in der mittleren Axillarlinie. Um die Schallausbreitung ungehindert<br />
durch die Thoraxwand zu bringen, muss die Schallebene etwa 45° gedreht werden.<br />
Diese Ebene ist dadurch einzustellen, indem die Markierung des Schallkopfes nach<br />
dorsal-cranial weist. Durch Drehung des Schallkopfes aus der korrekten Achse<br />
entstehen durch die angeschnittenen Rippen radiäre Schatten im Ultraschallbild.<br />
Die Stellung der untersuchenden Hand kann in die rechts lateralen<br />
Schallkopfposition auf zwei Arten erfolgen. Wesentlich ist hierbei, dass die Hand des<br />
Untersuchers Kontakt zum Körper des zu Untersuchenden hält, da sonst der<br />
Ultraschallkopf durch die gelige und dadurch rutschige Haut unbemerkt die Position<br />
ändert, ohne dass dies durch den Untersuchers bemerkt wird. Die ist besonders für den<br />
eher Ungeübten zu beachten.<br />
Die „Vorhand“-Stellung der rechten Hand des Untersuchers bei der Einstellung der rechts lateralen<br />
Schallkopfpositionen. Zu beachten ist der Kontakt der Hand zum Körper des zu Untersuchenden<br />
17
Die „Rückhand“-Stellung der Schallkopf-führenden Hand an der rechts lateralen Thoarxwand.<br />
Auch hier muss auf den Kontakt zum Patienten geachtet werden, welches im linken Bild korrekt gezeigt wird.<br />
Bei der rechts dargestellten Untersuchung hat die Hand keinen Kontakt zum Patienten.<br />
Man erkennt in der 1. Schallkopfposition rechts im Bild das Parenchym der Leber mit<br />
den in die V. cava mündenden Lebervenen und die Verzweigungen der Portalvene.<br />
Vereinzelte Gallengänge können anhand ihrer echoreichen Wand erkannt werden. Das<br />
Zwerchfell zeigt sich als breite echoreiche d.h. kräftige weiße Linie oberhalb der Leber.<br />
Die Lunge kann aufgrund des intraalveolären Luftgehaltes nicht geschallt werden. Bei<br />
tiefer Inspiration zeigt sich ein „Schleier“ der sich über die dargestellten Strukturen der<br />
Leber und des Zwerchfelles legt.<br />
Leber<br />
Lebervenen<br />
Zwerchfell<br />
V. cava<br />
Der lateral-diaphragmale Längsschnitt rechts (1. Schnittebene) bei einem unauffälligen Befund.<br />
18
Ein Hämatothorax stellt sich in der rechts lateral-diaphragmalen Schallkopfrichtung als<br />
schwarze Fläche oberhalb der Leber und des Zwerchfells dar. Die häufig<br />
atelektatischen Lunge kann sich innerhalb des Hämatothorax als eine an das<br />
Zwerchfell adhärente Struktur finden.<br />
Hämatothorax<br />
Atelektase<br />
Zwerchfell<br />
Lebervenen<br />
Leber<br />
Im rechts lateral-diaphragmalen Längsschnitt (1. Schnittebene) findet sich ein ausgedehnter Hämatothorax.<br />
subphrenisch<br />
Flüssigkeit<br />
Zwerchfell<br />
Lebervenen<br />
Leber<br />
Hier kann zwischen Zwerchfell und Leber ein schmaler Flüssigkeitssaum erkannt werden.<br />
19
2. Schnittebene<br />
Um die 2. Schallkopfposition zu erhalten wird im Untersuchungsablauf der <strong>FAST</strong> der<br />
Schallkopf ausgehend von der 1. Position, ohne die Richtung und Achse zu ändern,<br />
einen Intercostalraum nach caudal verschoben. Man erkennt nun gleichzeitig das<br />
Leber- wie auch caudal das Nierenparenchym. Um nun die korrekte Schnittebene zu<br />
erhalten muss die rechte Niere im Längsschnitt eingestellt werden. Hierzu wird die<br />
Ebene des Schallkopfes nahezu horizontal bis maximal 10° nach cranial ansteigend<br />
eingestellt. Die Niere kommt in einer Art Bohnenform zur Darstellung. Die zentral in der<br />
Niere sichtbare echoreiche Struktur ist der Markbereich der Niere mit seinen<br />
Pyramiden. Das Parenchym des Rindenbereichs der Niere ist deutlich echoärmer als<br />
das Mark. Umgeben wird die Niere gelegentlich von einer gut sichtbaren echoreichen<br />
Kapsel bzw. teilweise von kräftigem perirenalen Fettgewebe. Zwischen dem kaudalen<br />
Nierenpol und dem schallkopfnahen Leberunterrand befindet sich der so genannte<br />
Morison-Pouch. In dieser anatomischen Lokalisation findet sich bei Aszites oder<br />
abdomineller Blutung ein schwarzes Dreieck.<br />
Leber<br />
Morison-<br />
Pouch<br />
Niere<br />
Zwerchfell<br />
Im lateral-caudalen Längsschnitt rechts (2. Schnittebene) zeigt sich freie Flüssigkeit im Morison-Pouch.<br />
Leber<br />
Morison–<br />
Pouch:<br />
freie<br />
Flüssigkeit<br />
Niere<br />
Im lateral-caudalen Längsschnitt (2. Schnittebene) rechts kann bei starker Blutung am Unterrand der Leber<br />
Flüssigkeit gefunden werden.<br />
20
Bei vermehrter intraperitonealer Flüssigkeitsmenge zeigt sich diese am Unterrand der<br />
Leber. Bei weiterer Zunahme der Blutung findet sich ein breiter schwarzer Saum um die<br />
Leber.<br />
Subphrenisch<br />
freie<br />
Flüssigkeit<br />
Leber<br />
Subhepatisch<br />
freie<br />
Flüssigkeit<br />
Niere<br />
Bei massiver Blutung findet sich perihepatisch und im Morison-Pouch reichlich Flüssigkeit.<br />
21
3. Schnittebene<br />
Der lateral-diaphragmale Längsschnitt links (3. Schnittebene) liegt etwa ein<br />
Intercostalraum höher als die 1. Schnittebene auf der rechten Seite, d.h. zwischen dem<br />
7. und 9. Intercostalraumes, jedoch in der hinteren Axillarlinie. Auch hier muss für eine<br />
ungehinderte Schallausbreitung der Schallkopf etwa 45° in der Achse gedreht werden.<br />
Der lateral-diaphragmale Längsschnitt links (3. Schnitt-Ebene) am liegenden Patienten. Auch hier<br />
muss darauf geachtet werden, dass sich die Hand des Untersuchers wiederum am Patienten abstützt.<br />
Hämatothorax<br />
Atelektase<br />
Zwerchfell<br />
Atelektase der<br />
Im lateral-diaphragmalen Längsschnitt links (3. Schnittebene) kann ein Hämatothorax diagnostiziert werden<br />
Lunge<br />
Milz<br />
.<br />
Zwerchfel<br />
l<br />
22
4. Schnittebene<br />
Der anschließend einzustellende lateral-caudale Längsschnitt links (4. Schnittebene)<br />
liegt wiederum 1 bis 2 Intercostalräume tiefer als die 3. Schnittebene. Der<br />
Einfallswinkel sowie Drehung des Schallkopfes sind bei beiden Einstellungen nahezu<br />
gleich.<br />
Milz<br />
Im dargestellten lateral-caudalen Längsschnitt (4. Schnittebene)<br />
Koller-Pouch<br />
Niere<br />
Freie Flüssigkeit im Koller Pouch am unteren Milzpol<br />
Zwerchfell<br />
Milz<br />
Freie Flüssigkeit<br />
Freie Flüssigkeit am oberen Milzpol<br />
untererMilzpol<br />
perisplenisch<br />
freie<br />
Flüssigkeit<br />
Zwerchfell<br />
oberer Milzpol<br />
Niere<br />
Bei Milzruptur findet sich perisplenisch reichlich Flüssigkeit.<br />
23
5. Schnittebene<br />
Die 5. und letzte Schnittebene wird unmittelbar oberhalb der Symphyse eingestellt.<br />
Hierzu hält der Untersucher mit dem Schallkopf Kontakt zu den knöchernen Strukturen<br />
der Symphyse und stellt die Richtung des Schallkopfes in der Medianlinie unmittelbar<br />
senkrecht. Die gefüllte Blase wird als Schalltransportmedium genutzt, so dass der<br />
Schall ungehindert und ohne weitere Artefaktbildung tief in den retrovesikalen Raum<br />
eindringen kann und dieser daraufhin auf freie Flüssigkeit hin untersucht werden kann.<br />
Beim medianen Unterbauchquer- und Längsschnitt<br />
wird der Schallkopf unmittelbar oberhalb der Symphyse<br />
senkrecht gehalten<br />
Im medianen Unterbauchlängsschnitt (5. Schnittebene)<br />
kann über die Blase als ideales Schallmedium freie<br />
paravesikale und retrovesikale freie Flüssigkeit erkannt<br />
werden. Hier ist ein Normalbefund im Längsschnitt<br />
gezeigt<br />
24
Freie Flüssigkeit<br />
Blase<br />
Freie Flüssigkeit<br />
Hier ist ein medianer Unterbauchquerschnitt (5.Schnittebene) gezeigt. Die gefüllte Blase stellt sich quadratisch dar.<br />
Retrovesikal/paravesikal kann freie Flüssigkeit erkannt werden.<br />
Darmschlinge<br />
Freie<br />
Flüssigkeit<br />
Darmschlinge<br />
Bei fulminanter Massenblutung kann der gesamte Bauchraum mit Blut ausgefüllt sein, so dass die Darmschlingen<br />
„im Blut schwimmen“.<br />
Darmschlinge<br />
freie Flüssigkeit<br />
Darmschlinge<br />
Mesenterium<br />
25
KONTROLLUNTERSUCHUNGEN<br />
Die Dynamik des sonographischen Befundes hat eine entscheidende Information über<br />
die Relevanz der Verletzung. Bei initial geringem Befund muss auf jeden Fall von einer<br />
abdominellen Verletzung ausgegangen werden, so dass auch eine sonographische<br />
Kontrolle indiziert ist [Frezza]. Die Kontrollsonographie sollte innerhalb von 15<br />
spätestens nach 30 Minuten erfolgen. Sofern bei der präklinischen<br />
Kontrolluntersuchung eine Zunahme des Befundes zu erkennen ist, muss von einer<br />
schweren lebensbedrohlichen abdominellen Blutung ausgegangen werden.<br />
Auch bei zunächst unauffälligem sonographischen Befund ist eine<br />
Kontrollsonographie durchzuführen, insbesondere wenn sich klinisch oder<br />
anamnestisch ein Abdominaltrauma nicht sicher ausschließen lässt. Aus Erfahrung hat<br />
sich gezeigt, dass bei einer Parenchymverletzung der Leber oder Milz aufgrund der<br />
initial am Unfallort häufig anzutreffenden hypotonen Kreislaufsituation zunächst keine<br />
intraabdominelle Blutung nachzuweisen ist. Der durch Volumensubstitution akzidentiell<br />
gehobene Blutdruck führt häufig zum verzögerten Auftreten von Blutungen, die dann<br />
bei der Kontrollsonographie im Verlauf der präklinischen Therapie erkannt werden<br />
kann.<br />
DOKUMENTATION<br />
Um in der frühen klinischen Phase eine bessere Beurteilung der Blutungsdynamik<br />
durchführen zu können, sollte der präklinische Sonographiebefund mit Angabe der<br />
Uhrzeit detailliert dokumentiert werden. Die Angabe der systemischen<br />
Kreislaufparameter zum Zeitpunkt der präklinischen Ultraschalluntersuchung erleichtert<br />
die Interpretation des Befundes durch das Schockraumteam.<br />
Mit der neuen Generation von Ultraschallgeräten kann eine Speicherung der<br />
Bilder erfolgen, die anschließend über eine Infrarotschnittstelle oder USB-Schnittstelle<br />
auf einen PC überspielt werden kann.<br />
26
Leitung der Sektion Notfallsonographie des FINeST<br />
Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie<br />
Universitätsklinikum Homburg Saar<br />
Kirrberger Straße, 66424 Homburg/Saar<br />
27
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