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o7_Bitburg_Juni18

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am autonomen Fahrzeug. Und in Silicon Valley<br />

fahren sie bereits zu tausenden ohne Fahrer und<br />

sammeln Erkenntnisse. Die sind für uns nicht<br />

mehr einzuholen.“ Er weiß, dass Google-Cars<br />

bereits 9.000 Kilometer ohne menschliches<br />

Eingreifen schaffen. Bei uns sei Mercedes vorne,<br />

aber diese Fahrzeuge brächten es gerade mal auf<br />

2,9 Kilometer, schon muss jemand Hand<br />

anlegen.<br />

In den Metropolen ist das Verkehrsaufkommen<br />

extrem hoch. Wenn man dort autonome<br />

Fahrzeuge hätte, die man bei Bedarf rufen<br />

könne, wären viel weniger Fahrzeuge unterwegs.<br />

„Statt der Parkhäuser könnte man Grünflächen<br />

anlegen und Wohnraum schaffen“, sagt Stark. In<br />

kleinen Dörfern, wo fast nur noch Senioren<br />

leben, müsste niemand mehr ein eigenes<br />

Fahrzeug haben. Stattdessen könnten alle<br />

zusammen per Carsharing autonom gefahren<br />

werden. Warum das hierzulande immer noch<br />

Musik aus ferner Zukunft ist? „Wir haben zu spät<br />

auf die Entwicklung reagiert, und Umfragen<br />

zufolge wollen viele Menschen gar nicht<br />

autonom fahren“, sagt Stark. Hinzu komme die<br />

typisch deutsche Haltung, zuerst eine Ethik-<br />

Kommission einzusetzen, wo US-Amerikaner der<br />

Schwarmintelligenz der Fahrzeuge vertrauten.<br />

Zum Beispiel dann, wenn es um Entscheidungen<br />

mit hoher Tragweite geht. Was soll das Auto tun,<br />

wenn es einem Kind nur ausweichen kann,<br />

indem es seine älteren Insassen gegen den<br />

Baum fährt. Ungeklärt ist auch die Frage der<br />

Haftung: Trägt der Autobesitzer künftig die<br />

Verantwortung, oder ist es der Hersteller? Das<br />

Auto ist schließlich nur so klug, wie das<br />

Programm, auf dem es basiert. Würde Fahrlehrer<br />

Stark in der autonomen Welt nicht wegrationalisiert?<br />

Darüber macht er sich keine Sorgen: „Es<br />

muss immer Leute geben, die das Auto und die<br />

Verkehrsregeln erklären – auch wenn man<br />

vielleicht den Führerschein gar nicht mehr<br />

braucht.“<br />

Kürzlich wurde auf dem Deutschen Ärztetag<br />

beschlossen, der Telemedizin mehr Möglichkeiten<br />

einzuräumen. Bis dato war es Ärzten<br />

untersagt, aus der Ferne zu heilen. Bald könnten<br />

wir uns den Weg in die Praxis sparen, was ja<br />

angesichts des Ärztemangels auf dem Land Sinn<br />

machen kann. Wann wird es soweit sein? Dr.<br />

Michael Jager, Hausarzt in <strong>Bitburg</strong>, meint, das sei<br />

alles noch Zukunftsmusik. „Im Prinzip ist das ja<br />

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nicht schlecht. Allerdings kann diese Art der<br />

Kommunikation nie das ärztliche Gespräch und<br />

den Kontakt zum Patienten ersetzen.“ Er möchte<br />

auch in Zukunft seine Patienten mit allen Sinnen<br />

erleben und das würde bei der Konsultation via<br />

Facetime oder Skype wegfallen. Wenn die ältere<br />

Patientin nicht richtig hört, wenn er sie unter<br />

„Telemedizin via Skype oder Facetime wird nie das persönliche<br />

Gespräch zwischen Arzt und Patient ersetzen<br />

können“: Dr. Michael Jager, Hausarzt in <strong>Bitburg</strong>, möchte<br />

auch in Zukunft seine Patienten mit allen Sinnen wahrnehmen<br />

können.<br />

Hans-Peter Pick, der den „Bundesverband mittelständische<br />

Wirtschaft“ im Bereich Eifel und Mosel in Rheinland-<br />

Pfalz vertritt, ist überzeugt davon, dass Unternehmen die<br />

Chancen der Digialisierung noch nicht ausschöpfen.<br />

Umständen falsch versteht, könnte das<br />

verheerende Folgen haben. „Wenn da etwas<br />

schief gehen würde, sehe ich auch rechtliche<br />

Probleme. Wie will ich denn die Patienten<br />

untersuchen?“ Eine Chance sieht er bestenfalls<br />

darin, dass seine Praxisassistentin vor Ort bei<br />

einem Patienten ist und ihm ihre Resultate<br />

virtuell mitteilt oder das Aussehen einer Wunde<br />

mit ihm bespricht. Mit einer solchen Befundübermittlung<br />

könnte Jager Entscheidungen treffen<br />

und das würde seinen Hausbesuch sparen.<br />

Allerdings fehle es hier in der Eifel an Infrastruktur.<br />

Jager: „In den kleinen Dörfern fehlt teilweise<br />

das Netz. Man hat zuweilen nicht einmal<br />

Handyempfang.“<br />

Das kritisiert auch Hans-Peter Pick, der den<br />

„Bundesverband mittelständische Wirtschaft“<br />

im Bereich Eifel und Mosel in Rheinland-Pfalz<br />

vertritt und in der Region die „Innovationsoffensive<br />

Handwerk“ vorantreibt. „So lange der<br />

Mailaustausch teilweise in der Nacht stattfinden<br />

muss, weil tagsüber die Leitungen überlastet<br />

sind, haben unsere Mitglieder in der Eifel ein<br />

Problem“, sagt Pick. Selbst das Minimum von<br />

50 Mbit sei oft nicht gegeben, dabei bräuchten<br />

Firmen inzwischen Glasfaser bis ins Büro.<br />

Allerdings sieht er auf der anderen Seite, dass<br />

den deutschen Unternehmern zuweilen der<br />

Mut fehlt, einfach mal eine Idee umzusetzen.<br />

„Man will es gleich zu Anfang perfekt machen.<br />

Dabei würde es ausreichen, mit kleinen Schritten<br />

anzufangen und sich weiter zu entwickeln“, so<br />

Pick. Unternehmen könnten jenen Kunden, die<br />

bereits digitale Rechnungen verarbeiten können,<br />

diese auch digital schicken. Und den anderen so<br />

wie bisher auf Papier. Auch die Kooperation der<br />

Unternehmen könnte durch die Digitalisierung<br />

verbessert und verschlankt werden. Sogar die<br />

Vormachtstellung von Amazon sei angreifbar,<br />

wenn der lokale Einzelhändler sich gemeinsam<br />

im Netz präsentieren würden. Pick: „Sie haben<br />

den großen Logistik-Vorteil, dass sie vor Ort<br />

sitzen und sehr schnell ausliefern können.“<br />

Bei Dienstleistungen, die per Internet geordert<br />

werden können, hält er Deutschland insgesamt<br />

noch für sehr schwach. Dabei würde manches<br />

gerade auf dem Land Sinn machen. Mit Blick<br />

in eine noch etwas fernere Zukunft sieht Pick<br />

selbstfahrende Autos in Verbindung mit Carsharing<br />

als Chance für Mobilität auf dem Land. Vor<br />

dem Hintergrund des demographischen Wandels<br />

und des lückenhaften ÖPNV wäre das eine<br />

Lösung: „Ältere Menschen könnten zu beliebigen<br />

Zeiten eine kleine Box ordern, die sie zum<br />

Supermarkt oder zum Kaffeekränzchen bringt<br />

und wieder zurück.“ Aus seiner Sicht bietet<br />

die Digitalisierung viele Chancen zur Komfort-<br />

Steigerung für uns alle und zum sparsamen Umgang<br />

mit unseren Ressourcen. Pick spart gerne<br />

Energie, indem er Smart-Home-Anwendungen<br />

nutzt. Allerdings würde er diese zurzeit nicht mit<br />

Alexa verknüpfen. „Die kann noch keinen Kaffee<br />

kochen und sie ist mir zu neugierig.“ Was Risiken<br />

der Digitalisierung betrifft, so sieht er gerade<br />

darin eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft:<br />

„Wir sind gefordert, die Entwicklung so zu<br />

gestalten, dass sie den Menschen dient.“ In dem<br />

Punkt stimmen alle Befragten überein: Die Chancen<br />

und Risiken der Digitalisierung werden sich<br />

direkt auf unseren Alltag, unser Zusammenleben<br />

und unsere Kultur auswirken. Da ist eine gewisse<br />

Skepsis sogar angebracht.

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