naturgucker Nr. 37

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NATUR-BESTIMMUNG Die Orchideengattung der Stendelwurze umfasst etwa 70 Arten in ganz Europa. In Deutschland sind davon über zehn Arten beheimatet, manche davon nur mit sehr kleinen Populationen. Die Zugehörigkeit einer Orchidee zur Gattung Stendelwurz lässt sich meist relativ leicht erkennen. Markant ist der Blütenbau mit weit geöffneten Blüten, welche schon fast exotisch wirken. Auch hinsichtlich ihrer oft standortbedingt variierenden Farbgebung zählen die Arten der Gattung mit zu den attraktivsten Pflanzen unserer Flora. Der wissenschaftliche Name dieser Gattung lautet «Epipactis« und stammt aus dem Griechischen. Übersetzt bedeutet er «eine dem Germer ähnliche Pflanze«, was wohl auf die ähnliche Blattform wie bei dem im Hochgebirge wachsenden Germer zurückzuführen ist. Ursprünglich wurde dieser Name aber auch für andere Pflanzen verwendet, sodass erst Mitte des 18. Jahrhunderts der Botaniker Johann Gottfried Zinn den Namen «Epipactis« auf diese Orchideengattung beschränkte. Im Deutschen am meisten verbreitet ist die Bezeichnung Stendelwurz (in manchen Gegenden wird auch von Sitter oder Sumpfwurz gesprochen). Vermutlich stammt der Name aus der Signaturenlehre und weist auf die steife und aufrechte Wuchsform der Pflanzen hin. Jedoch gibt es auch Hinweise, dass der frühere Aberglaube, dass Orchideenwurzeln eine erotisierende Wirkung haben, eine Rolle spielt. Ähnlich wie beim Knabenkraut oder der Ragwurz schrieb schon 1534 der Botaniker Otto Brunfels, dass «die Stendelwurz die Ursache sei, dass der Mann es freudig mache«. Während die Zuordnung zur Gattung Stendelwurz meist recht eindeutig ist, so ist eine Unterscheidung der einzelnen Arten häufig nicht einfach. Dies hat zum einen mit der Variabilität mancher Arten zu tun, zum anderen kann eine gewisse Ähnlichkeit untereinander auch nicht abgestritten werden. Wie so oft bei Orchideen kann man auch ähnliche Arten unterscheiden, wenn man weiß, worauf man genau achten muss. so schwebt manches Mal ein vanilleähnlicher Duft durch die Luft. Grund hierfür sind sie stark duftenden und Nektar produzierenden Blüten der Braunroten Stendelwurz (Epipactis atrorubens). Die etwa 30 bis 60 Zentimeter hohen Pflanzen besitzen violett-rote Blüten, welche in der Mitte ein gelbes Staubgefäß tragen. Durch ihre markante Blütenfarbe ist die Braunrote Stendelwurz eigentlich unverwechselbar. Die im Volksmund als «Strandvanille« bezeichnete Orchidee kann auch außerhalb von Wäldern auf 01 Die Sumpfstendelwurz gedeiht in Sümpfen und Mooren, aber auch feuchten Sandgruben und Steinbrüchen. / Alle Fotos: Florian Fraaß 02 Die Blüten der Art werden von Schwebfliegen und Bienen bestäubt. 03 Durch die typische Blütenfarbe und ihren Vanilleduft ist die Braunrote Stendelwurz kaum zu verwechseln. 04 Buchenwald mit Schmallippiger-, Übersehener- und Breitblättriger Stendelwurz. ‣ 05 Blütenstand der Kleinblättrigen Stendelwurz. Der Stängel der Art ist filzig behaart. 61 DUFT WIE VANILLE Stendelwurz-Orchideen kommen häufig im Wald, auf Lichtungen, an Waldrändern oder auch in Randbereichen von Halbtrockenrasen vor. Dabei blühen sie zumeist erst im Hochsommer ab Mitte oder Ende Juni und kommen damit deutlich später als unsere Knabenkrautarten. Geht man im Juni und Juli durch lichte Kiefernwälder auf kalkhaltigem Boden,
NATUR-BESTIMMUNG 62 Halbtrockenrasen oder an Wegrändern gefunden werden. Interessant ist, dass manches Mal Samen durch Weg-Aufschotterung (Kalk) in saure Gebiete eingetragen werden. Hier blühen die Pflanzen dann wenige Jahre und verschwinden wieder. In vielen Gebieten Deutschlands ist die überwiegend von Hummeln, Bienen und Wespen bestäubte Art noch relativ verbreitet. Fast zur selben Zeit blüht in schattigen Buchenwäldern die seltene Kleinblättrige Stendelwurz (Epipactis microphylla). Die etwa 20 bis 50 Zentimeter hohe Pflanze besitzt einen graufilzig behaarten Stängel mit zwei bis sechs sehr kleinen Blättern, denen sie ihren Namen verdankt. Die Pflanzen stehen meist nur vereinzelt und kleinflächig. Die weißlich-grünen bis violetten Blüten sind klein und besitzen eine funktionslose Klebedrüse (Selbstbestäubung). Bei genauem Hinsehen erkennt man, dass die Blüten eine auffällig zarte Struktur haben. Mit anderen Epipactis-Arten kann sie eigentlich nicht ver-
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