NATUR-SPAZIERGANG Blauer Erlenblattkäfer (Agelastica alni) Rosenkäfer (Cetonia aurata) Ovaläugiger Blattkäfer (Chrysolina fastuosa) 06 Ein Tag im Thüringer Wald bietet ein Wechselspiel der Formen und Farben. Text und Bilder von Christopher Schmidt Gold-Laufkäfer (Carabus auratus) Gewöhnlicher Widderbock (Clytus arietis)
NATUR-SPAZIERGANG Ein azurblauer Himmel ohne eine Wolke strahlt über dem Thüringer Wald, der abseits der bekannten Wanderwege seine unentdeckten Rückzugsmöglichkeiten hat. Im Wechselspiel aus Licht und Schatten zieht es mich aus meinem «Versteck« für den heutigen Tag mal in die wärmende Sonne am Rand der Wiese, dann wieder in den angenehm kühlenden Schatten der Buchen, Eichen, Eschen. Der Sommertag ist ruhig, ein Tag, der zum Faulenzen einlädt. WARTEN UND GUCKEN Und so lasse ich die Dinge einfach auf mich zukommen, das Fernglas neben mir auf der Decke. Ich bin offen für all das, was sich durch mich nicht gestört fühlt: Der Rotmilan, der seine Kreise zieht, der Mäusebussard, der sich in den Himmel schraubt, der Buchfink, die Goldammer, der Trauerschnäpper, der Waldbaumläufer, der Neuntöter – all diese Vögel zeigen sich so viel besser, als wenn man zielgerichtet nach ihnen suchen würde. Meine unauffälligen, aber immer präsenten Nachbarn für diesen Nachmittag sind zwei Zauneidechsen. Nur durch ein Rascheln werde ich auf sie aufmerksam – und wie es bei Eidechsen so ist, sieht man zumeist erst einmal nur Körperpartien, die farblich der Umgebung entsprechen. Die feine, braune Musterung auf dem Rücken der weiblichen Zauneidechse entspricht den Ästen und Hochstauden des Vorjahres, das Grün der Männchen fügt sich perfekt ein in das Kaleidoskop aus Grüntönen und das Wechselspiel aus Licht und Schatten, das sich hier präsentiert. In einigen kurzen Momenten, dann, wenn ich wirklich absolut bewegungslos lange Zeit gesessen haben, werden die Reptilien mutiger. Sie kriechen ruckartig zu einer besonnten Stelle des Waldbodens, blinzeln in die Sonne und schnappen hier und da nach unvorsichtigen Insekten. BLAUER SCHIMMER Eines dieser Insekten entdecke ich Sekundenbruchteile vor der Eidechse, aber dann ist es schon zu spät: Die schwarzblau schimmernde Oberseite, die rundliche Körperform und die geringe Größe verraten mir, dass es ein Erlenblattkäfer war, dessen bessere Entscheidung der Verbleib auf einem Erlenblatt gewesen wäre. Sein kurzer Ausflug auf den Boden hat die kleine Lichtung am Thüringer Wald zu seinem letzten Aufenthaltsort gemacht. Die unglaublich schillernde Oberseite dieses Käfers hat mein Interesse geweckt an all dem, was sich an entomologischen Kostbarkeiten noch hier verbirgt. Meine nur rudimentäre Artenkenntnis, die mit der Anzahl der Beinpaare der beobachteten Tiere zunimmt, führt schließlich dazu, dass ich mich erst einmal nur von der Schönheit einfangen lasse, die mir ins Auge springt. GOLD UND ROTGOLD Und so drehe ich an diesem Nachmittag das Fernglas um und benutze es als Lupe. Es sind die Farben des Regenbogens, die der Moschusbock auf seinem Körper trägt, das Smaragdgrün der Karibik, in denen der Goldlaufkäfer und der Rosenkäfer schimmern, das Wechselspiel aus Gold und Rotgold verbunden mit intensiven Kupfertönen und dem Himmelblau, die der Ovaläugige Blattkäfer zur Schau stellt. Dieser Nachmittag ist ein Ausflug in die Welt der Farben, die weitestgehend und nur zum Teil berechtigterweise den Tropen zugeschrieben werden. Die Schönheit liegt im scheinbar Unauffälligen und Verborgenen. Alle Rechte an Text und Bildern bei Christopher Schmidt. 07 Moschusbock (Aromia moschata)