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RAL1015 taxi news Heft 03-2018

Die freie und unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe

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atgeber<br />

Sitzen Sie im Taxi lieber vorne oder hinten?<br />

Einst hatte man keine Wahl: In den<br />

Black Cabs, den traditionellen Londoner<br />

Taxis, gab es vorne keinen<br />

Sitz für Fahrgäste. Der Platz war<br />

für etwaiges Gepäck reserviert.<br />

Heute entscheiden sich aber nicht nur<br />

Anhänger der guten alten Zeit für die Rückbank.<br />

„Sie dient als Rückzugsort, besonders<br />

für Menschen, die nicht gerne Smalltalk mit<br />

Fremden halten“, sagt der Diplompsychologe<br />

Christian Müller von TÜV NORD. Das treffe<br />

zum einen auf schüchterne Persönlichkeiten<br />

zu. Diese täten sich schwer damit, Kontakte<br />

zu knüpfen, entspannt auf Fremde zuzugehen<br />

und ein unverbindliches Gespräch<br />

anzufangen.<br />

Hinter schüchtern wirkendem Verhalten<br />

könne aber noch etwas anderes stecken,<br />

erklärt der Psychologe. „Auch introvertierte<br />

Menschen verhalten sich zurückhaltend,<br />

aber aus anderen Gründen. Sie haben<br />

einfach kein besonderes Interesse an einem<br />

Smalltalk.“ Gespräche mit Fremden oder in<br />

Gruppen fänden sie eher anstrengend und<br />

bevorzugten den Austausch mit wenigen,<br />

vertrauten Personen. Plaudern Fahrgäste<br />

im Taxi also sofort lebhaft übers Wetter,<br />

handele es sich in der Regel um eher<br />

extrovertierte Persönlichkeiten. Sie sind per<br />

Definition gesellig und gesprächig, suchen<br />

den Kontakt und das Gespräch mit anderen<br />

Menschen.<br />

Doch nicht nur kommunikative Personen<br />

nehmen neben dem Fahrer Platz. Manchen<br />

ist es schlichtweg unangenehm, sich chauffieren<br />

zu lassen, erläutert Müller von TÜV<br />

NORD weiter: „Sie wollen nicht den Eindruck<br />

erwecken, dass sie sich für vornehm oder<br />

etwas Besseres halten.“ Umgekehrt sei<br />

natürlich auch nicht jeder Fahrgast auf der<br />

Rückbank ein reservierter Mensch.<br />

Geschäftsleute etwa zögen sich gerne<br />

auf die hinteren Plätze zurück, um zu<br />

telefonieren oder um Aktentasche und<br />

Laptop auszubreiten.<br />

Ängstliche oder vorsichtige Fahrgäste tendieren<br />

womöglich noch aus einem anderen<br />

Grund zum Rücksitz. Ende des 20. Jahrhunderts<br />

galten die hinteren Plätze nämlich als<br />

sicherer: Dort waren die Überlebenschancen<br />

bei einem Crash höher, wie US-Daten zu<br />

tödlichen Verkehrsunfällen aus den Jahren<br />

1993 bis 20<strong>03</strong> nahelegten. Auf der Rückbank<br />

starben damals im Vergleich zu einem Sitz<br />

vorne rund ein Drittel weniger Menschen.<br />

Heute ergeben Crashtests jedoch ein anderes<br />

Bild. »Vorne Top, hinten Flop«, lautete<br />

das Fazit von Unfallforschern des ADAC<br />

nach simulierten Frontalaufprallen bei 64<br />

Stundenkilometern. Das läge an besseren<br />

Sicherheitssystemen für Fahrer und Beifahrer,<br />

wohingegen es hinten an Airbags fehle<br />

und Sicherheitsgurte sowie Kopfstützen<br />

dort häufiger zu wünschen übrig ließen. Die<br />

Konsequenz: ein erhöhtes Verletzungsrisiko<br />

für Kopf, Brust- und Halswirbelsäule. Man<br />

habe das Gefühl, so der ADAC, die Autobauer<br />

hätten die Rückbank bei der Weiterentwicklung<br />

der Sicherheitssysteme vergessen –<br />

von einigen positiven Ausnahmen, darunter<br />

Kindersitze, abgesehen.<br />

Ob per Konvention oder aus Sicherheitsgründen:<br />

In den USA sitze man eher hinten,<br />

berichten Taxifahrer auf der Wissensplattform<br />

„Quora“ über die Platzvorlieben ihrer<br />

Gäste. Eine klare Regel gebe es jedoch nicht.<br />

Ein ehemaliger Taxifahrer aus San Francisco<br />

findet, es komme darauf an, ob der Fahrgast<br />

in Plauderstimmung sei. Ein weiterer stimmt<br />

zu – doch letztlich sei ihm der Sitzplatz gleich,<br />

solange sich der Kunde anständig verhalte.<br />

Manche Fahrer möchten vorne aber lieber<br />

allein bleiben und signalisieren das, indem<br />

sie Dinge auf den Beifahrersitz legen.<br />

Diesem Wink mit dem Zaunpfahl sollte man<br />

höflich folgen, findet der Diplompsychologe<br />

Christian Müller von TÜV NORD; schließlich<br />

möchte ein Taxifahrer auch mal seine Ruhe<br />

haben. „Wer will schon jeden Tag ein<br />

Dutzend Mal über das Wetter sprechen?“<br />

TÜV Nord<br />

26 RAL 1015 <strong>taxi</strong><strong>news</strong> · 3/<strong>2018</strong>

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