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BUKU 2018_DE

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Zwei Gleichberechtigte<br />

GROSSE UND KLEINE KAMMER<br />

PARLAMENT<br />

Das Zweikammersystem schafft einen Ausgleich zwischen<br />

den grossen und den kleinen Kantonen und gibt den verschiedenen<br />

Sprachregionen mehr Gewicht. Ein Zweikammersystem<br />

ist keine Selbstverständlichkeit – in vielen Ländern<br />

gibt es nur eine Parlamentskammer. Wo es zwei<br />

Kammern gibt, hat in der Regel die «grosse» Kammer, die<br />

meist eine Volksvertretung ist, mehr zu sagen als die<br />

«kleine», die oft die Regionen vertritt. In der Schweiz ist<br />

das anders: Beide Räte haben dieselben Kompetenzen,<br />

sie behandeln dieselben Geschäfte auf dieselbe Art. Das<br />

gilt auch für Budgetfragen. Abwechslungsweise berät der<br />

eine oder der andere Rat ein Geschäft zuerst. Beide Räte<br />

müssen übereinstimmende Beschlüsse fassen, damit diese<br />

gültig sind. Auch die einzelnen Mitglieder des Ständerats<br />

und des Nationalrats haben dieselben Rechte: Jeder und<br />

jede kann Gesetzesentwürfe oder Aufträge an den Bundesrat<br />

einreichen. Diese vollständige Gleichberechtigung<br />

der beiden Kammern gibt es auch im amerikanischen<br />

Kongress, wo Senat und Repräsentantenhaus identische<br />

Kompetenzen haben. In Europa jedoch ist die Schweiz das<br />

einzige Land, bei dem das so funktioniert. Auch die<br />

Kantone haben nur eine Parlamentskammer.<br />

Gesetzesentwürfe werden von jedem Rat bis zu dreimal<br />

beraten, damit man am Schluss zu gleichlautenden<br />

Beschlüssen kommt. Das kann manchmal schwierig sein –<br />

meistens gelingt es, weil jeder Rat Hand bietet für Kompromisse<br />

und Annäherungen. Dies obwohl die beiden<br />

Kammern nicht gleich funktionieren: Wegen der unterschiedlichen<br />

politischen Zusammensetzung kommen<br />

sie oft nicht zu denselben Abstimmungsergebnissen. Der<br />

Ständerat ist zudem den Kantonen näher als der Nationalrat.<br />

Auch die Grösse hat einen Einfluss: Die 46 Mitglieder<br />

des Ständerats können sich zu jedem Geschäft spontan<br />

äussern, während für die 200 Mitglieder des Nationalrats<br />

eine komplexe Rede ordnung gilt, die spontane Voten kaum<br />

zulässt. Deshalb ist es im Ständerat einfacher als im Nationalrat,<br />

mit guten Argumenten eine Abstimmung zu beeinflussen.<br />

Bis ein Gesetz in beiden Kammern völlig gleichlautend<br />

beschlossen ist, vergeht oft einige Zeit. Wenn es aber einmal<br />

beschlossen ist und die Hürde eines eventuellen Referendums<br />

genommen hat, hat es auch Bestand. Diese Vorhersehbarkeit<br />

und Stabilität der politischen Entscheide<br />

tragen viel zum Erfolg und Wohlstand der Schweiz bei.<br />

Allianzen<br />

Allein bringt keine Fraktion ein Geschäft durch; um<br />

zu gewinnen, braucht es Allianzen. Meist teilt sich<br />

das Parlament bei strittigen Vorlagen in ein eher bürgerliches<br />

und ein eher linkes Lager. Damit entscheidet<br />

letztlich die politische Mitte über Ja oder Nein,<br />

je nachdem, auf welche Seite sie sich schlägt. Ab und<br />

zu kommt es allerdings auch zu einer sogenannt<br />

unheiligen Allianz: Die linke – SP und Grüne – und<br />

die rechte Ratsseite – SVP – spannen zusammen, um<br />

eine Vorlage mit vereinten Kräften, aber aus teils völlig<br />

entgegengesetzten Motiven, grundlegend zu verändern<br />

oder gar abzulehnen.<br />

Die Parlamentsmitglieder von A – Z und nach Kantonen:<br />

www.parlament.ch > Organe<br />

30 Der Bund kurz erklärt <strong>2018</strong> | Parlament

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